Überregionale Artikel der Vdk-zeitung, Ausgabe November 2017



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Es kommt also darauf an, sein eigenes Risiko, einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln, zu kennen und gezielt gegenzusteuern. Zum Beispiel indem man seinen Lebensstil ändert, also beispielsweise Gewicht reduziert und mit dem Rauchen aufhört. Ein Verbund aus Wissenschaftlern hat deshalb den DlfE-Deutscher Diabetes-Risiko-Test entwickelt. Wer den Test macht und ein erhöhtes oder gar hohes Risiko feststellt, kann rechtzeitig etwas gegen den Ausbruch der Erkrankung tun und sich gegebenenfalls medizinisch behandeln lassen. Am Testende der Online-Version gibt es individuell zugeschnittene Empfehlungen zur Risikosenkung.

„Testen Sie, wie stark Sie Ihr Risiko günstig beeinflussen können, indem Sie zum Beispiel Ihren eingegebenen Wert für den Taillenumfang reduzieren oder den für den Vollkornbrotverzehr erhöhen“, so Matthias Schulze. Zudem besteht die Möglichkeit, das Ergebnis anhand einer Grafik mit dem einer Durchschnittsperson desselben Alters und Geschlechts zu vergleichen. So kann das persönliche Ergebnis besser eingeordnet werden. Mit dem Test lässt sich das individuelle Typ-2-Diabetes-Risiko einer Person sehr präzise für einen Zeitraum von fünf Jahren bestimmen. Ines Klut

Info: Der DIfE-Deutscher DiabetesRisiko-Test ist sowohl als Online-Test und auch als Fragebogenversion abrufbar. Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e. V., Ingolstädter Landstraße 1, 85764 Neuherberg; Telefon: (0 89) 31 87 20 86; E-Mail: contact@dzd-ev.de; Internet www.dzd-ev.de/diabetes/diabetes-test

*** Wenn das Herz schwächer wird

Herzinsuffizienz oft unterschätzt – Herzwochen informieren im November

Viele nehmen an, die nachlassende Pumpkraft des Herzens sei eine normale Alterserscheinung. Doch unter einer chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz) leiden keineswegs nur ältere Menschen. Und ihre Folgen können die Betroffenen in ihrem Alltag schwer beeinträchtigen. Schon einfachste Bewegungen wie Treppensteigen werden dann zur unüberwindlichen Aufgabe.

In Deutschland schätzen Experten die Zahl der Patienten mit einer Herzschwäche auf zwei bis drei Millionen. Allein 2015 wurden rund 445 000 Patienten mit einer Herzinsuffizienz in ein Krankenhaus eingeliefert, über 44 500 starben 2014 daran. Herzschwäche ist keine eigenständige Krankheit, sondern die Folge anderer Herzerkrankungen, vor allem der koronaren Herzkrankheit (KHK), des Herzinfarkts und des Bluthochdrucks. Aber auch Rhythmusstörungen, Herzmuskelentzündung und Herzklappenkrankheiten sind mögliche Ursachen. „Einer der Gründe für die hohe Sterblichkeit der Herzschwäche ist, dass viele Betroffene krankheitstypische Anzeichen wie Atemnot, Leistungsabfall und geschwollene Beine mit Wassereinlagerungen auf das Alter schieben“, warnt Prof. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Für die Betroffenen sei das fatal, denn je früher eine Herzschwäche erkannt und die Ursachen konsequent behandelt werden, desto größer sind die Chancen, einen lebensbedrohlichen Verlauf der Krankheit zu verhindern und die Lebensqualität zu erhalten. Deshalb hat die Herzstiftung die Herzschwäche zum Thema der bundesweiten Herzwochen 2017 gewählt, die unter dem Motto „Das schwache Herz“ stehen und im November stattfinden werden. ikl

Kontakt: Insgesamt finden bundesweit über 1000 Veranstaltungen in den Herzwochen vom 1. bis 30. November statt. Zudem hat die Deutsche Herzstiftung die neue Experten-Broschüre „Das schwache Herz – Diagnose und Therapie der Herzinsuffizienz heute“ mit Beiträgen von renommierten Kardiologen, Herzchirurgen und Pharmakologen, die über die Erkrankung sowie über aktuelle Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten informieren, erstellt. Sie kann bei der Herzstiftung bestellt werden.

Adresse:

Deutsche Herzstiftung e. V.

Bockenheimer

Landstraße 94–96

60323 Frankfurt am Main

Telefon: 0 69 9 55 12 83 33

E-Mail: presse@herzstiftung.de

Internet: www.herzstiftung.de/herzwochen

*** Parkinson-Erkrankung behandeln

Pumpen und Hirnschrittmacher können helfen

Im Frühstadium einer Parkinson-Erkrankung können die Beschwerden mit Medikamenten gelindert werden. Mit Fortschreiten der Krankheit lässt jedoch deren Wirkung nach. Professor Dr. Jens Volkmann, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg, erklärt, welche medizinischen Alternativen es gibt.

Bei der Parkinson-Erkrankung wird im Gehirn zu wenig vom Botenstoff Dopamin hergestellt. Medikamente sollen diesen Mangel ausgleichen. Allerdings ist das nicht vollständig möglich, weil auch andere Botenstoffe im Ungleichgewicht sind. Darüber hinaus kann die Einnahme der Tabletten über den Verdauungstrakt zu Schwankungen in der Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit führen.

„Um eine gleichmäßigere Medikation zu erzielen, kann eine Medikamentenpumpe eingesetzt werden“, erklärt Volkmann. Für eine Duodopa-Pumpe wird durch die Bauchwand eine dauerhafte Darmsonde gelegt. Eine tragbare Pumpe gibt über die Sonde kontinuierlich ein Wirkstoff-Gel ab. Bei einer Apomorphin-Pumpe wird, ähnlich wie bei einer Insulinpumpe, das Medikament direkt unter die Haut gespritzt. Die Kanüle wird jeden Tag neu gesteckt.

Eine weitere Möglichkeit ist die Tiefe Hirnstimulation durch einen Hirnschrittmacher. Dabei wird eine Sonde in das Gehirn implantiert, die kontinuierlich elektrische Reize abgibt. „Die Impulse schalten Störsignale im Gehirn ab“, so Volkmann. Gesteuert wird die Sonde von einem Schrittmacher, der unter die Haut implantiert wird. Diese Methode wird meist bei jüngeren Patienten angewandt, da die Operation mit einem Risiko verbunden ist.

Bei älteren Patienten kommen zur Erkrankung alterstypische Probleme hinzu, wie beispielsweise Sturzgefährdung oder Demenz. „Deshalb ist auch die nichtmedikamentöse Therapie, wie beispielsweise Physiotherapie oder Ergotherapie, enorm wichtig“, betont Volkmann. „Oft beeinträchtigen diese Probleme die Lebensqualität stärker als die Krankheit selbst.“ ali

*** Seit 1. Oktober: neue Gesundheitskarte

Patienten, die ihre alte Krankenkassen-Karte schon seit vielen Jahren nutzen, wurden von ihrer Krankenkasse mit neuen Karten ausgestattet. Falls nicht, sollten sie bei ihrer Kasse nachfragen, teilt die Kassen-

ärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit. Denn möglicherweise könnten die Lesegeräte in den Arztpraxen Informationen auf den alten und seit 1. Oktober ungültigen Karten nicht mehr verarbeiten. Kosten entstehen den Mitgliedern durch den Austausch nicht.

Gültige und ungültige Plastikkarten kann man optisch nicht vonein-

ander unterscheiden. Ungültige Karten der ersten Generation sind ebenso mit dem Aufdruck G1 gekennzeichnet wie die gültigen Karten der Generation 1plus. Das Gültigkeitsdatum auf der Rückseite bezieht sich auf die europäische Gesundheitskarte (EHIC). Es sagt nichts über die Gültigkeit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) aus, die für Deutschland gilt und die Vorderseite der Karte bildet.

Patienten, die sich mit einer ungültigen Karte vom Arzt behandeln lassen, haben keine Nachteile zu erwarten. Laut KBV hat man sich mit den Ärzten auf ein einheitliches Vorgehen geeinigt. Wenn die Karte des Patienten nicht mehr lesbar sei, wird eine Praxishelferin die Daten der Patienten einfach manuell aufnehmen. Sobald die Patienten ihre neue Karte von der Krankenkasse erhalten, müssen sie diese in der Praxis registrieren lassen. Wenn möglich, noch innerhalb des laufenden Quartals. ikl

*** Gezerrt, geprellt, gerissen

So können Freizeitsportler Muskelverletzungen vermeiden

Neun von zehn Muskelverletzungen entstehen beim Sport. Häufig führt zu starke oder einseitige Belastung beim Training zu Zerrungen und Verhärtungen. Beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2017 haben Experten erklärt, wie Hobby- und Profi-Sportler Muskelverletzungen vermeiden können und welche Diagnoseverfahren es gibt.

Die zunehmende Beliebtheit des Breitensports führt dazu, dass auch die Zahl der Muskelverletzungen zunimmt. Die Experten warnen vor allem Freizeitsportler davor, beginnende Schmerzen in der Muskulatur nicht zu beachten und so eine ernsthafte, langwierige Verletzung zu riskieren. So machen sich Muskelverletzungen entweder als Muskelverhärtung, Muskelkrampf, Muskelprellung, Muskelzerrung oder Muskelkater bemerkbar.

„Viele Sportler machen den Fehler, die Schmerzen in der Muskulatur lange zu ignorieren“, sagt Professor Dr. med. Thomas Vogl, der das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main leitet. „So kann sich eine kleinere Verletzung – wie etwa eine Zerrung – verschlimmern und den Sportler für Wochen oder gar Monate außer Gefecht setzen.“ Auch wer seine Muskeln regelmäßig überbelastet oder alte Verletzungen nicht richtig auskuriert, riskiert nachhaltige Schäden.

Schon ein Muskelkater sollte Anlass sein, die Belastung bei der nächsten Trainingseinheit etwas zu verringern. „Die Schmerzen sind ein Zeichen, dass der Muskel sich noch erholt: Wer zwischen den Trainingseinheiten nicht ausreichend pausiert, erhöht sein Risiko auf eine Zerrung oder sogar einen Muskelfaserriss“, erklärt Professor Dr. med. Ingo Marzi, Kongresspräsident des DKOU 2017.

Laut Professor Vogl stellt der Muskel „das zentrale Element der kinetischen Kette des Bewegungsapparates dar“. Im Kindesalter sei das schwächste Glied der Kette der Knochen. Sehnenrupturen – der teilweise oder vollständige Riss einer Sehne – und Muskelrupturen – ein partieller oder kompletter Riss eines Muskels – würden dagegen bei Erwachsenen auftreten. Dank bildgebender Diagnostik können Orthopäden und Unfallchirurgen Art und Ausmaß einer Verletzung sehr gut einschätzen und sogar eine Prognose zum Heilungsprozess geben, so Professor Vogl. „So können wir nachweisen, an welchen Stellen ein Muskel bereits geschädigt oder überlastet ist, bevor der Patient überhaupt Schmerzen hat.“

Ultraschall als erste Wahl

Als bildgebende Verfahren würden heute insbesondere der Ultraschall (Sonografie), der am häufigsten eingesetzt wird, sowie der breite Einsatz der magnetresonanztomografischen Technik (MRT) für die Patienten zur Verfügung stehen.

Und so können Sportler Muskelverletzungen vorbeugen: Wer krank oder verletzt ist, sollte auf das Training komplett verzichten. Die Trainingskleidung muss vor Kälte und Feuchtigkeit schützen, damit die Muskulatur nicht abkühlt. Ein Aufwärmprogramm hilft den Muskeln, ihre optimale Betriebstemperatur zu erreichen. Die Experten raten außerdem zu gezielten Kräftigungsübungen. Wer etwa die Rumpfmuskulatur trainiert, stabilisiert den ganzen Körper und schützt sich so vor Verletzungen.

Besonders zu beachten: Zu hartes Training bringt keine Leistungssteigerung. Der Trainingsplan sollte stattdessen zum individuellen Leistungsvermögen des Sportlers passen und den Muskeln ausreichend Zeit zur Erholung lassen.

Petra J. Huschke

*** Neuer Fluss durch Flossing

Weniger Schmerzen, mehr Beweglichkeit

Das elastische Flossband gehört in immer mehr Physiotherapie-Praxen zum Inventar: Das feste Umwickeln von Gliedmaßen und Gelenken soll Schmerzen lindern, Patienten beweglicher machen und für eine schnellere Regeneration sorgen. Wie wirkt Flossing, und wann macht es wirklich Sinn?

Das Flossband wurde ursprünglich bei Sportlern eingesetzt. Beim sogenannten Okklusionstraining werden zum Beispiel Arme oder Beine während einer Kraftübung mit einem Latexband abgebunden. Dies sorgt für einen unterbrochenen, venösen Blutstau. Das Blut wird sozusagen in den Muskeln eingesperrt, wodurch sie anschwellen und optisch sofort größer aussehen. Langfristig sorgt die Methode in den Muskeln für einen überdurchschnittlichen Anstieg an Wachstumshormonen.

Beim medizinischen Flossing geht es um Schmerzlinderung, die Verbesserung der Beweglichkeit und eine schnellere Regeneration. Die Idee, die Methode medizinisch anzuwenden, hatte Ralf Blume, Physiotherapeut und Betreuer des Fußballclubs Hannover 96. Das Fachmagazin „physiopraxis“ berichtet, dass Blume selbst Schmerzen im Schultergelenk hatte und auf der Suche nach einer alternativen Behandlungsmethode war. Er versuchte es mit dem Flossband und hatte Erfolg.

Durch die etwa zweiminütige Kompression wird das Gewebe schwammartig ausgepresst. Löst man das Band, strömt frische Flüssigkeit ein, Abfallstoffe werden ausgeschwemmt und die Durchblutung gefördert.

Eine weitere Wirkung wird als Kinetic Resolve beschrieben, was so viel bedeutet wie mechanisches Lösen von Verklebungen der Faszien. Das fördert die Beweglichkeit des Patienten und dessen Leistungsfähigkeit. Faszien bestehen aus Bindegewebe, umschließen Muskeln, Gelenke und Organe. Sie brauchen Bewegung, um elastisch und gleitfähig zu bleiben. Der Vorteil des Flossbands ist, dass es im Unterschied zur Faszienrolle einen bestimmten Körperabschnitt ringsum umschließt, während die Rolle nur auf einer Seite ansetzen kann.

In der Physiotherapie wird Flossing aber auch eingesetzt, um Schwellungen nach akuten Sportverletzungen möglichst klein zu halten oder gar nicht erst entstehen zu lassen.

Darüber hinaus soll Flossing helfen, Schmerzen zu lindern. Weil der Therapeut mit dem Flossband direkt auf der Haut arbeitet, stimuliert er Rezeptoren, die auf mechanische Reize wie Dehnung oder Druck reagieren. So werden die Schmerzsensoren überlagert.

Apropos Schmerz: Die Behandlung mit dem Flossband ist manchen Patienten zu heftig. Nicht angewendet werden darf das Flossing bei Menschen mit Hautkrankheiten, Knochenbrüchen, Thrombosen, einer Herzinsuffizienz oder Nervenerkrankungen. Wissenschaftlich bewiesen ist die Wirkung übrigens noch nicht. cam

*** Nicht ungefragt einmischen

Großeltern sollten Regeln der Eltern akzeptieren

Eltern und Großeltern haben in Erziehungsfragen oft andere Vorstellungen. Dr. Björn Enno Hermans, Familientherapeut und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), gibt Tipps, wie sich Konflikte vermeiden lassen.

Wie stark dürfen sich Großeltern in die Erziehung ihrer Enkel einmischen?

Dr. Björn Enno Hermans: Wenn sich die Großeltern viel um die Enkelkinder kümmern, kommt es zwangsläufig zur Einmischung. Ratschläge sollten aber nicht ungefragt erteilt werden. Die Generationen haben recht häufig unterschiedliche Ansichten, was für das Kind gut ist oder nicht. Das ist nicht schlimm, solange die Richtung stimmt. Diese wird immer von den Eltern festgelegt. Großeltern sollten diese Grundsätze nicht über Bord werfen.

Was passiert, wenn sich Eltern und Großeltern in der Erziehung nicht einigen können?

Hermans: Für ein Kind ist es immer schwierig, wenn die ihm gesetzten Regeln nicht transparent sind. Weichen die Großeltern von den Erziehungsrichtlinien der Eltern ab, kann es in einen Loyalitätskonflikt geraten. Zum Beispiel: Die Großeltern erlauben dem Kind fernzusehen, zu Hause ist es verboten. Sie sagen: „Das musst du den Eltern ja nicht erzählen.“ In einer solchen Situation zerreißt sich das Kind. Das ist Unsinn! Hier stehen die Erwachsenen in der Verantwortung zu klären, was sie erlauben und was nicht.

Wie sollen sich Großeltern verhalten, wenn sie merken, in der Erziehung läuft etwas schief?

Hermans: Die Meinung der Älteren kann sehr hilfreich sein. Allerdings sollten die Eltern diese Art der Einmischung auch wünschen. Großeltern können sich mit ihrer Erfahrung anbieten, beispielsweise mit dem Satz „Wenn ihr meine Meinung hören wollt, ...“.

Was können Eltern tun, wenn sich die Großeltern zu sehr einmischen?

Hermans: Sie sollten das möglichst offen ansprechen und die Rollen klären. Zum Beispiel so: „Wir freuen uns sehr, dass ihr euch so toll kümmert, würden aber gerne ...“. Die gemeinsame Erziehung von Kindern wird nie ganz ohne Konflikte ablaufen. Dennoch führt in einem solchen Fall kein Weg an einem Gespräch vorbei. Wenn sich die Erwachsenen nicht einigen können, wird das Kind zum Leidtragenden.

Und wie sollen sich Großeltern verhalten, wenn sie sich unsicher fühlen?

Hermans: Großeltern müssen nicht alles genauso machen wie die Eltern. Sie dürfen auch strenger oder großzügiger sein, wenn das nicht im völligen Gegensatz zu den elterlichen Richtlinien steht. Wenn sie sich unsicher sind, hilft nur, zu fragen: „Wie hättet ihr das denn gerne, was findet ihr sinnvoll?“ ali

*** Enge Bindung zwischen Großeltern und Enkeln

Omas und Opas sind oft unverzichtbare Ergänzung bei der Kinderbetreuung

In Zeiten, in denen Kita-Plätze rar sind und beide Elternteile arbeiten, werden Oma und Opa wieder wichtiger. Laut dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) sind Großeltern – nach Eltern und Kindertageseinrichtungen – die drittwichtigste Betreuungsinstanz für Kinder bis zum Schuleintritt. Ihre unterstützenden Leistungen stellen in vielen Fällen eine unverzichtbare Ergänzung dar, insbesondere bei Alleinerziehenden sowie bei erwerbstätigen Müttern.

Enkel und Großeltern haben heutzutage eine viel engere Bindung als noch in der vorherigen Generation. Der Grund ist simpel: Sie sehen sich in der Regel häufiger. Zudem können Großeltern aufgrund der heute höheren Lebenserwartung deutlich länger und intensiver am Leben der Enkel teilhaben – oft 30 Jahre und mehr. Jedes dritte Kind hierzulande, das noch wenigstens einen Großelternteil hat, wird mindestens einmal in der Woche von Oma und/oder Opa betreut. Das bringt Vorteile mit sich – und zwar für die ganze Familie.

Für Kinder ist die Zeit mit den Großeltern oft eine Art „Urlaub von zu Hause“. Omas und Opas sind in Erziehungsfragen häufig gelassener. Sie haben – zumindest im Rentenalter – mehr Zeit zum Spielen oder für Unternehmungen als die alltagsgestressten Eltern und unterstützen den Nachwuchs oft auch finanziell. Zusätzliche Bedeutung erlangen Großeltern als Vermittler sozialer, beruflicher und religiöser Werte sowie als Ratgeber.

Das Leben vieler Großmütter und -väter hingegen erhält durch die Zeit mit den Enkeln einen weiteren Sinn. Sie bekommen Zugang zur jungen Generation und lernen moderne Technologien kennen.

Und nicht zuletzt profitieren die Eltern von der großelterlichen Unterstützung. Denn durch die Entlastung bei der Betreuung ist oft erst gewährleistet, dass beide Elternteile arbeiten können und die Familie somit über ein höheres Haushaltseinkommen verfügt. mib

*** Ein Herz für Kinder von gestern

Sänger Abi Ofarim hat ein „Jugendzentrum für Senioren“ gegründet, um Einsamkeit und Altersarmut entgegenzuwirken

In den 1960er-Jahren hat der Sänger Abi Ofarim zusammen mit seiner damaligen Frau Esther ein Millionenpublikum begeistert. Nun schenkt er älteren Menschen Lebensfreude. Sein „Jugendzentrum für Senioren“ im Münchner Stadtteil Schwabing ist ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt.

2015 hat die Einrichtung den Deutschen Alterspreis der Robert-Bosch-Stiftung gewonnen. Die Jury lobte das Zentrum als „eine vorbildliche Initiative, wie in einem Stadtteil soziale Verantwortung übernommen und durch einen einfallsreichen Ansatz mit den Altersbildern in unseren Köpfen gespielt werden kann“.

Viele Menschen werden im Alter einsam, und viele können von ihrer Rente kaum leben. Genau für diese Menschen hat Abi Ofarim im Jahr 2014 den Treffpunkt ins Leben gerufen. Für ihn ist das Jugendzentrum ein Ort, an dem Ältere wieder unbeschwert sein dürfen. „Bei uns sollen Senioren mit emotionalen und finanziellen Engpässen an allen Aktivitäten teilnehmen können – auch mit eingeschränkter Mobilität“, erklärt er. Neben dem normalen Café-Betrieb werden Zeichen- und Bastelkurse, Lesungen und Gesangsabende angeboten.

Auslöser für die Gründung des Jugendzentrums war eine TV-Dokumentation, die Ofarim gesehen hat. Ein Mann hatte seine Mutter in ein Pflegeheim nach Rumänien gebracht, weil es dort billiger ist. Dass die alte Frau die Sprache nicht versteht, spielte für ihn keine Rolle, da sie ja ohnehin dement sei. Das hat Ofarim so wütend gemacht, dass er beschloss, etwas zu tun. Er sammelte Geld und gründete den Verein „Kinder von gestern“, der Träger der Einrichtung ist. Mit Spenden sowie den Erlösen aus Benefizkonzerten, Versteigerungen und Basaren wird die Begegnungsstätte finanziert.

Es ist Dienstagnachmittag, das „Jugendzentrum für Senioren“ füllt sich. Knapp 20 Besucher zwischen 40 und 80 Jahren, darunter viele Stammgäste. Einige sitzen draußen, um die Sonne zu genießen. Andere bleiben drinnen und spielen Rommé, wie Günther. Mit seinem wettergegerbten Gesicht, dem Vollbart und den Tattoos sieht der 77-Jährige aus wie ein Seemann. Der ehemalige Bauarbeiter ist Witwer und bezieht eine niedrige Rente und Grundsicherung. Jeden Tag, auch bei Wind und Wetter, fährt er mit dem Moped hierher. „Daheim fällt mir sonst die Decke auf den Kopf“, sagt er. Für die Besucher sind Essen und Getränke kostenlos, und wenn der große Ansturm vorüber ist, bekommen Günther und andere öfter mal was zum Essen zugesteckt. „Viele sind dankbar für diese Unterstützung“, sagt Vera Pratschko. Sie gehört zu den ehrenamtlichen Helfern, die sich um die Gäste und die Bewirtung kümmern.

Auch VdK-Mitglied Elisabeth Franke kommt regelmäßig ins Jugendzentrum. Die Rentnerin wohnt gleich um die Ecke und ist anfangs nur hingegangen, weil ihr Sohn von dem Treffpunkt so begeistert war. „Abi Ofarim war eine wichtige Bezugsperson für ihn“, erinnert sie sich. 2015 ist ihr Sohn gestorben, seitdem fühlt sie sich sehr einsam. „Ich muss erst noch lernen, allein zu sein.“ Im „Jugendzentrum für Senioren“ kann sie sich unterhalten, Karten spielen und neue Leute kennenlernen.

Es ist schon früher Abend, als plötzlich ein Raunen durch den Raum geht. Ruth Magary wirbelt herein, eine elegant gekleidete Frau mit Puppengesicht und schneeweißem Haar. Die Opernsängerin ist 94 Jahre alt, aber sie strahlt wie ein junges Mädchen und scheint es zu genießen, dass sie im Mittelpunkt steht. „Ich komme gerne hierher, hier sind viele tolle Menschen und auch Künstler zu Gast“, sagt sie. Besonders schätzt sie die lockere und herzliche Atmosphäre.

Neues Projekt geplant

Erst kürzlich hat Abi Ofarim seinen 80. Geburtstag gefeiert. Lange Zeit war es nicht sicher, ob er ihn überhaupt noch erlebt. Nun hat er sich nach schwerer Krankheit erholt und kehrt in die Öffentlichkeit zurück. Zwar steht er noch sehr wackelig auf den Beinen, hat aber schon ein neues soziales Projekt geplant: „Ich will ein Haus für Senioren eröffnen, die an der Schwelle zur Obdachlosigkeit stehen.“ Annette Liebmann

*** Sich verstehen ohne Sehen und Hören

Taubblinde Menschen sprechen per Handberührung miteinander und können so aktiv am Leben teilhaben

Hände und Finger sind für taubblinde Menschen die wichtigsten Kommunikationsmittel. Denn sie können sich nur per Berührung miteinander verständigen. Da Sprache und Blickkontakt fehlen, ist die Unterhaltung viel körperbetonter.

Malgorzeta Zabinski und Franz Kupka sitzen sich gegenüber, fassen sich ständig an den Händen, umarmen sich, und immer wieder hält sie mit ihrer linken Hand sein linkes Handgelenk fest und tippt mit dem rechten Zeigefinger in enormer Geschwindigkeit auf seine Handinnenfläche.

Während sie gehörlos ist und nur noch minimal sieht, kann er weder hören noch sehen. Die schwarze Sonnenbrille schützt ihn vor zu großer Helligkeit. Die beiden treffen sich regelmäßig. Dieses Mal sind sie zu Gast beim „Überregionalen Fachdienst zur Integration taubblinder und hörsehbehinderter Menschen in Bayern“ (ITM). Diese deutschlandweit einzigartige, staatlich geförderte Einrichtung veranstaltet Treffen für hörsehbehinderte Menschen. So organisieren die ITM-Mitarbeiter Britta Achterkamp, Thomas Asam und Nicole Hauf Zoobesuche, bei denen nicht nur Ziegen und Schafe, sondern auch Spinnen und Schlangen angefasst werden. Mit der Informations- und Servicestelle des Bayerischen Landesverbands für die Wohlfahrt Gehörgeschädigter veranstalten sie „kulinarische Reisen“. Ziel aller Aktivitäten ist es, die funktionierenden Sinne Fühlen, Riechen und Schmecken anzusprechen.

Daumenspitze = A

An diesem Nachmittag mit Kaffee und Kuchen tauschen sich alle lebhaft aus: Gebärdensprachdolmetscher übersetzen für diejenigen, die noch ein geringes Sehvermögen haben, mit FM-Anlagen (drahtlose Tonübertragung) verständigen sich die Menschen mit Rest-Hörvermögen, und diejenigen, die nicht mehr sehen und hören können, „lormen“. Dies ist eine Kommunikationsform der Taubblinden. Der „Sprechende“ tastet dabei auf die Handinnenfläche des „Lesenden“. Dabei sind einzelnen Fingern sowie Handpartien bestimmte Buchstaben zugeordnet. So bedeutet beispielsweise eine Berührung auf der Daumenspitze „A“, auf der Zeigefingerspitze „E“ und ein Kreis auf dem Handteller „S“. Hieronymus Lorm, der selbst hörsehbehindert war, entwickelte diese Sprache im Jahr 1881.


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