Ausgewählte Artikel der Vdk-zeitung, Ausgabe September 2015



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Ab und zu treffen sich die 100-Jährigen zum Kaffeeklatsch. Sie scheinen froh zu sein, wenn beim nächsten Treffen noch alle mit am Tisch sitzen. „Viele Freunde leben schon nicht mehr“, sagt Gerda Henke, die vor kurzem 100 geworden ist. Auf ihren Geburtstag angesprochen, winkt sie ab und meint, „Bloß gut, dass er vorbei ist.“ All die vielen Gratulanten, das sei ein aufregender Tag gewesen, zu viel Theater ihrer Meinung nach. Ein Patentrezept, wie man es schafft, so alt zu werden, gibt es im „Club der 100-Jährigen“ allerdings nicht. „Das muss jeder für sich selbst herausfinden“, heißt es.

Willkommen im Club sind nicht nur die Bewohner. Alle Bürger, die mindestens 100 Jahre alt sind, können Mitglied werden. Die Jubilare erhalten eine Ehrenurkunde für den „Club der 100-Jährigen“ und können unter anderem in den Einrichtungen mit ihrer Familie Geburtstage feiern oder sich mal zum Reden treffen. Darüber hinaus gibt es spezielle Veranstaltungen für alle Generationen. „Junge Menschen sollen die Möglichkeit haben, Zeitzeugen befragen zu können“, so Dagmar Klotz von der Alloheim Senioren-Residenz in Berlin-Lichterfelde. Ines Klut


Info: Alloheim/poli.care/Ensemble GmbH, Senioren-Residenz „Lichterfelde“, Lichterfelder Ring 187–199, 12209 Berlin, Telefon (0 30) 7 10 95-0, www.alloheim.de

*** Mutmacher auf dem Weg ins zweite Leben

Betroffene helfen Betroffenen: Starthilfe für Menschen nach einer Amputation

Etwa 60 000 Menschen müssen sich jedes Jahr in Deutschland einer Amputation unterziehen, die meisten infolge einer Erkrankung wie Diabetes Typ 2. Einige verlieren von heute auf morgen ein Körperteil, meist nach einem schweren Unfall. Dann können ihnen Menschen helfen, die genau das durchgemacht haben, sogenannte Peers.

„Peers im Krankenhaus“ heißt das Projekt, das 2014 bundesweit unter der Schirmherrschaft von Dr. Eckart von Hirschhausen startete. Ziel der Initiative ist es, diese Beratung deutschlandweit an den Unfallkliniken zu integrieren. Denn der Verlust eines Körperteils ist ein traumatisches Ereignis, das Patienten und Angehörige vor große Herausforderungen stellt. Ärzte, Pflegepersonal und Therapeuten tun ihr Bestes, um Betroffenen die größtmögliche Unterstützung zu geben. „Aber alle Fragen zur neuen Lebenssituation können wir nicht beantworten. Dazu braucht man jemanden, der Sorgen und Nöte von Amputierten kennt, weil er eine solche Situation selbst erlebt hat“, sagt Dr. Insa Matthes, Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie am Unfallkrankenhaus Berlin. Dort kommen schon seit ein paar Jahren Peers zum Einsatz.

Viele offene Fragen

Die Erfahrung einer Amputation musste Dagmar Marth vor 30 Jahren selbst machen. Infolge eines schweren Unfalls verlor die damals 27-Jährige ihren linken Unterschenkel und ihren linken Arm. „Als ich nach der Operation in der Klinik aufwachte, waren meine ersten Gedanken: ,Wird mich, so wie ich jetzt aussehe, je wieder jemand lieben? Werde ich je wieder im Wald spazieren gehen können?‘“

Dagmar Marth hatte große Angst und keine Ahnung, wie ihr Leben weitergehen würde. „Ich hatte so viele Fragen auf einmal in meinem Kopf, die mir niemand beantworten konnte“, erinnert sich die einstige Lehrerin. Damals stand ihr noch kein Peer zur Seite. Sie musste nach Krankenhausaufenthalt und Reha selbst sehen, wie sie ihr Leben völlig neu ordnet.

Ihre Geschichte erzählt die Berlinerin oft Menschen, die heute in einer ähnlichen Situation sind wie sie vor 30 Jahren. „Die sehen mich an und denken: „Wenn sie das geschafft hat, warum ich nicht auch?“, erzählt die heute 57-Jährige. Und sie ist ein gutes Beispiel, dass der Wille zum Leben ausreicht, um alles zu schaffen. Dagmar Marth bekam nach ihrer Amputation zwei Kinder, schloss ein zweites Studium ab und ist neben ihrem Ehrenamt als Peer für die Stiftung „MyHandicap“ als Botschafterin aktiv. „Als ich mich entschied, Hilfe von anderen Menschen anzunehmen, änderte sich mein Leben gravierend. Schritt für Schritt ging ich aus dem Tal der Tränen in ein erfülltes und freudvolles Leben. Ich habe Frieden gefunden in mir und mich so angenommen und akzeptiert, wie ich jetzt bin“, beschreibt sie ihren Weg.

Hilfe anzunehmen, ist für die meisten Menschen, die amputiert werden müssen, ein großer Schritt, so die Erfahrung von Dagmar Marth. Kein Wunder, denn sie stehen mitten im Leben, haben einen Beruf, oft auch eine Familie. „Sie wollen natürlich immer ihr altes Leben wiederhaben und müssen erst begreifen, dass sie ein neues geschenkt bekommen haben“, weiß die Berlinerin. Diese Erkenntnis sei schmerzhaft. Wer sie aber irgendwann verinnerlicht habe, sei auf dem richtigen Weg. Wichtige Begleiter sind dabei ehrenamtliche Peers wie Dagmar Marth. Denn sie sind das beste Beispiel, dass es sich lohnt, weiterzugehen, auch mit einer Prothese. Diese Unterstützung ist auch für die behandelnden Ärzte ein großer Gewinn. „Wir haben so einen leichteren Zugang zu den Patienten“, beschreibt Dr. Insa Matthes. Wenn sie einem frisch Amputierten beispielsweise erkläre, dass man auch mit einer Prothese leben kann, sei das eine ganz andere Ebene, als wenn ein Peer das übernimmt. Kein Arzt oder Psychologe könne so gut nachempfinden, wie man sich nach einem traumatischen Verlust eines Körperteils fühlt, wie jemand, der diese Erfahrung am eigenen Leib gemacht hat.

Ein Fenster öffnen

Dabei ersetzen die ehrenamtlichen Peers nicht die Arbeit von Medizinern und Psychologen. „Wir sind da, um Betroffenen ein Fenster in ihr neues Leben zu öffnen“, bringt es Dagmar Marth auf den Punkt. Das laufe bei jedem anders ab. Ein Geiger, dem zwei Finger amputiert werden mussten, sei beispielsweise in einer ganz anderen Lebenssituation als ein Apotheker, der seinen Beruf weiter ausüben kann. Anteilnahme, Zuwendung, Wertschätzung, Empathie und aktives Zuhören sind die Säulen der Gespräche, die Peers wie Dagmar Marth mit frisch Amputierten führen. Das Gefühl, „Der weiß, wie es mir geht“, bilde die Grundlage.

Ines Klut

***VdK auf der REHACARE

Mit neuem Messestand in Düsseldorf präsent

Die internationale Fachmesse REHACARE öffnet ihre Tore vom 14. bis 17. Oktober in ­Düsseldorf. 630 Aussteller aus 36 Ländern präsentieren die ­neuesten Produkte und Ent­wicklungen aus den Bereichen Rehabilitation und Pflege für Menschen mit Behinderung, Pflegebedarf und chronischen Krankheiten. Auch der Sozialverband VdK Nordrhein-West­falen ist wieder dabei, mit einem Stand in neuem ­Design in ­der Halle 3 (D36/E33).

An den barrierefreien Service- und Infotischen des VdK NRW gibt es Beratungen zu einer VdK-Mitgliedschaft, Service-Angeboten und sozialrechtlichen Fragen. Der VdK-Preis „vilmA“ für Menschen mit Behinderung in Beschäftigung und Ausbildung wird bereits zum ­fünften Mal im Rahmen der REHACARE vergeben. Schirmherrin ist die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Verena Bentele. Der Preis wird am 16. Oktober im NRW-Landtag in Düsseldorf verliehen.

Die Fachmesse findet in den Hallen 3 bis 5, im Erdgeschoss der Halle 7 und in der Halle 7a statt. Sie bietet einen Überblick über Hilfsmittel und Dienstleistungen, die Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf ein weitgehend selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das Angebot reicht von Alltagshilfen über Hilfsmittel für die ambulante Pflege, Kommunikationstechnik, barrierefreies Wohnen bis zu den Themen Freizeit, Reise, Sport und Mobilität.

Das Forum „Leben mit Pflege@home“ erweitert sein Informations- und Fortbildungsprogramm zum Thema häusliche Pflege unter fachlicher Leitung der Pflegeakademie Niederrhein, Willich. Das Programm richtet sich an Pflegekräfte und pflegende Angehörige. Themen sind Demenzerkrankungen, die Zusammenarbeit von pflegenden Angehörigen und Pflegedienstleistern sowie Aspekte des neuen Experten-Standards „Förderung und Erhalt der Mobilität“.

Um das Wohnen mit Komfort geht es am Gemeinschaftsstand der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik Iserlohn in Halle 3. Dort geben Experten für Barrierefreiheit einen Überblick über Alltagshilfen und Technik für zu Hause. Im CCD Süd Congress Center Düsseldorf bieten Aussteller in Produktpräsentationen, Seminaren und Workshops Gelegenheit zu Information und Weiterbildung.

Weitere Infos und Eintrittspreise unter: www.rehacare.de sko

***VdK-Internet-TV: Nur jede fünfte Reha wird bewilligt

VdK-TV zeigt den Weg zu Rehabilitation und Vorsorge – VdK hilft bei der Antragstellung

Eine Kur und die medizinische Rehabilitation werden oft miteinander verwechselt. Dabei handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Maßnahmen, die oft unterschiedliche Kostenträger haben. VdK-TV erklärt, wie eine Reha beantragt wird und wann Anspruch auf eine Kur besteht.

Während eine Kur eine Erkrankung bereits im Vorfeld verhindern soll, geht es bei einer Rehabilitation darum, eine bereits bestehende Krankheit oder Behinderung zu heilen oder zu lindern. „Ziel der Reha ist es, die Auswirkungen einer Krankheit oder Behinderung auf das tägliche Leben so gering wie möglich zu halten“, sagt Achim Backendorf, Leiter der Abteilung Sozialpolitik beim Sozialverband VdK Deutschland. Der Begriff „Kur“ wird seit der Gesundheitsreform im Jahr 2000 nicht mehr verwendet, offiziell spricht man heute von „Vorsorge“ und „Rehabilitation“.

Erster Ansprechpartner, um eine dieser Maßnahmen zu beantragen, ist der Haus- oder Facharzt. Er muss die Behandlung befürworten und füllt das Antragsformular aus. Bei einer Reha gibt es verschiedene Kostenträger: Ist der Antragsteller erwerbstätig, springt in der Regel die Rentenversicherung ein – schließlich gilt es hier, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen. Bei Jugendlichen, Rentnern und nicht Erwerbstätigen übernimmt die Kosten die Krankenversicherung.

Sowohl bei einer Reha als auch bei einer Vorsorge gilt der Grundsatz: Ambulant vor stationär. Erst, wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gesundung zu fördern, wird eine stationäre Unterbringung genehmigt. Beide Maßnahmen dauern im Normalfall drei Wochen und dürfen alle vier Jahre beantragt werden, ambulante Maßnahmen alle drei Jahre. In Einzelfällen, etwa nach einer Krebsoperation, sind kürzere Intervalle möglich. Für Patienten ist es nicht einfach, die richtige Klinik zu finden. Orientierungshilfe bieten der behandelnde Arzt und die Krankenkasse. „Grundsätzlich kommt es auf die Eignung der Klinik für die spezielle Erkrankung an“, erklärt Backendorf. Die Antragsteller können bei der Auswahl der Klinik auch eigene Wünsche äußern.

Nur etwa jeder fünfte Antrag auf eine Reha wird bewilligt. Bei einer Absage hat man einen Monat Zeit, Widerspruch einzulegen. „Man sollte dann auf jeden Fall auf einen schriftlichen Bescheid bestehen und eine mündliche Absage nicht akzeptieren“, rät Backendorf. Der VdK ist seinen Mitgliedern behilflich, Widerspruch einzulegen. „Krankenkassen lenken häufig ein, wenn ein starker Verband dahinter steckt“, weiß Backendorf aus Erfahrung. Annette Liebmann


Vorschau VdK-TV im September

Die Redaktion des Videoportals VdK-TV informiert Sie rund um die Uhr zu wichtigen sozialen und rechtlichen Themen, aber auch zu Freizeit und Sport. Unter der Internetadresse www.vdktv.de


sind im September folgende neue Filme abrufbar:

7. September - Gesundheit: Welche Reha-Maßnahmen es gibt und wo sie beantragt werden können.

14. September - Behinderung: Auch junge Menschen sind von Schwerhörigkeit betroffen, die Anzeichen werden aber oft übersehen. Warum es wichtig ist, schnell zu handeln, und wie viel ein Hörgerät kostet.

21. September - Generationengerechtigkeit: Der VdK setzt sich in seinem Kampf um eine stabile gesetzliche Rente auch für die jüngeren Generationen ein.

28. September - Senioren: Der Enkeltrick und andere Gemeinheiten – die raffinierten Maschen der Trickdiebe.

***In den besten Lagen auf den Geschmack kommen

Deutsche Weinanbaugebiete locken im September mit vielen Angeboten zur Lese – Federweißer ist der Erste eines Jahrgangs

„Wein ist die Poesie der Erde“, sagt ein Sprichwort. Kein Wunder, denn so vielfältig wie die Traubensorten sind auch die ­Arten seines Genusses. Wein ist eben nicht nur ein Getränk, ­sondern eine Philosophie. Im Spätsommer, wenn die Lese ­beginnt, kommen Genießer in den deutschen Weinanbaugebieten voll auf ihre Kosten.

Der erste Federweißer ist bereits gepresst, und im September werden frühe Sorten wie der Müller-­Thurgau reif. Durch das kühlere Klima brauchen die Trauben in Deutschland länger als in südlicheren Ländern, wodurch sie mehr Aroma und Geschmacksstoffe entwickeln. Durch diese lange Reifeperiode bestechen deutsche Weine mit einer besonderen Qualität. Leicht, spritzig und fruchtig – diese Eigenschaften werden allgemein deutschen Weinen zugeschrieben.

Inzwischen gibt es Hunderte von Rebsorten und Abertausende von Erzeugern in den 13 deutschen Weinanbaugebieten von der Ahr bis nach Sachsen. Schon allein dadurch lässt sich erahnen, wie unterschiedlich Wein sein kann. Dazu kommen noch die verschiedenen klimatischen und geologischen Verhältnisse, die geschmacksbildend wirken. So kann der Wein des gleichen Hangs und Winzers in zwei aufeinanderfolgenden Jahren vollkommen anders schmecken.

Auf zahlreichen Festen wird der erste „Neue“ des Jahrgangs 2015 getrunken. Große Weinfeste wie der Dürkheimer Wurstmarkt, die Würzburger Weinparade oder das Bodenseeweinfest und Hunderte kleinere Feste laden zum Genießen ein. Einige Weingüter bieten einen Erlebnistag „Weinlese“ an. Das Rheingau-Musikfestival veranstaltet zur Zeit der Weinlese wiederum seine literarische Reihe „WeinLese“. In den Straußwirtschaften können Proben genommen und direkt beim Winzer gekauft werden. Hier erfährt man auch viel über die Geschichte des Weins und seiner Veredlung aus erster Hand.

Das Getränk zählt zu den ältesten Kulturgütern der Menschheit. Dass der Wein auch hierzulande wächst und getrunken wird, ist vor allem den Römern zu verdanken. Diese haben die Reben vor mehr als 2000 Jahren in den deutschsprachigen Raum eingeführt. Vor allem die Klöster waren Zentren der Weinkultur. Wein war zu dieser Zeit das Volksgetränk Nummer eins. Anschaulich zeigen verschiedene Weinbaumuseen die Historie rund um den Wein, wie etwa das Weinmuseum in Speyer, das Moselweinmuseum in Bernkastel-Kues oder das Deutsche Weinbaumuseum in Oppenheim.

„Santé!“ Das rufen sich die Franzosen zu, wenn sie miteinander anstoßen. Es bedeutet „Gesundheit!“ und steht so auch für die gesundheitsfördernde Wirkung des Weines. Man vermutet, dass deshalb in Frankreich auch die Herzinfark­traten erheblich niedriger sind als zum Beispiel in Ländern, in denen weniger Wein konsumiert wird. Zu viel Wein ist natürlich schädlich und kann zu alkoholbedingten Krankheiten führen. Untersuchungen haben gezeigt, dass hingegen maßvoller Weinkonsum die Verdauung anregen, Arteriosklerose vorbeugen, die Gefäße elastisch halten und schädliche Blutfette senken kann. Das kommt nicht vom Alkohol, sondern von den Phenolen, die vor allem in Schale und Kern der Weintraube stecken und bei der Kelterung mit in den Most gelangen. Somit ist Rotwein allgemein gesünder als Weißwein, da in ihm vor allem die Traubenschale mitverarbeitet wird.

Ines Klut

Info: Auf die Spuren des Weins kann man sich in den deutschen Weinanbaugebieten auch zu Fuß begeben. Von der Mosel bis nach Sachsen-Anhalt laden reizvolle Weinwanderwege zum Erkunden ein. Entlang der Deutschen Weinstraße geht es beispielsweise fast hundert Kilometer durch Deutschlands größte zusammenhängende Weinbauregion in der Pfalz. Das milde, fast mediterrane Klima lockt nicht nur mit landschaftlichen Höhepunkten, sondern auch mit kulinarischen Verführungen. In vielen Winzerhöfen wachsen Kiwis, Zitronen oder Feigen, umstanden von uralten Glyzinien, ausladenden Oleandersträuchern oder sogar Palmen und Zypressen.

***Ein Auszug ist nicht immer die beste Lösung

Wenn die Wohnung zu groß und zu teuer wird, kann man als Mieter auch untervermieten – Tipps vom Deutschen Mieterbund

Nach einem Todesfall, einer Trennung oder dem Auszug der Kinder ist die Wohnung oft zu groß und auch zu teuer. Wer nicht ausziehen will, kann sein Zuhause auch mit einem oder mehreren Mitbewohnern teilen. Allerdings muss der Vermieter zuvor zustimmen.

Grundsätzlich darf der Mieter einen Teil seiner Wohnung untervermieten. Das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) so festgelegt. Klauseln im Mietvertrag, die dies untersagen, sind nicht zulässig. Allerdings muss der Mieter zuvor immer die Zustimmung des Vermieters einholen, am besten schriftlich. „Wer sich nicht an diese Vorgaben hält, verstößt gegen den Mietvertrag und riskiert schlimmstenfalls sogar eine Kündigung“, warnt Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds in Berlin.

Es macht einen großen Unterschied, ob die ganze Wohnung oder nur ein Teil davon untervermietet werden soll. Bei einem oder mehreren Zimmern kann der Vermieter kaum Nein sagen, wenn der Mieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seine Entscheidung nennt. Dazu zählen beispielsweise finanzielle Argumente. „Wenn der Mieter nach Tod, Trennung oder Scheidung die Wohnung allein nicht mehr oder nur schwerlich ­finanzieren kann, macht es Sinn, einen Teil unterzuvermieten“, betont Ropertz. Es reiche aber auch schon der Wunsch, die Rente aufzubessern. Genauso nachvollziehbar sei es, wenn der Mieter argumentiere, nach dem Auszug der Kinder sei die Wohnung für ihn zu groß, er fühle sich allein oder unsicher.

Verweigert der Vermieter seine Zustimmung oder reagiert er nicht, rät Ropertz, den örtlichen Mieterverein einzuschalten. Denn die geltende Rechtslage stärkt den Mieter, der im Falle einer unberechtigten Ablehnung sogar Schadens­ersatz fordern kann. Anders verhält es sich, wenn er die gesamte Wohnung untervermieten möchte. Dann steht es dem Vermieter frei, ob er zustimmt oder nicht.

Mieter wird zum Vermieter

Ab dem Moment, in dem ein Mieter einen Mitbewohner aufnimmt, wird er automatisch zum Vermieter – mit allen Rechten und Pflichten. Ropertz rät, einen schriftlichen Mietvertrag abzuschließen, „dann hat man alles schwarz auf weiß“. Formulare für einen Vertrag gibt es in Schreibwarengeschäften und im Internet zum Herunterladen. In der Vereinbarung sollte genau festgelegt sein, welche Räume der Untermieter nutzen darf, ob er eine Kaution hinterlegen muss, wie viele Schlüssel er bekommt und ob er beim Auszug sein Zimmer renovieren muss. Weiterhin sollte nicht nur die Höhe der Miete geklärt werden, sondern auch, ob es sich dabei um Warmmiete handelt, oder ob zusätzlich Heizungs- oder Betriebskosten zu bezahlen sind.

Die Höhe der Untermiete ist nicht zwingend an die eigene Miete gebunden. Ropertz rät aber, aus Gründen der Fairness keine überhöhten Forderungen zu stellen. Orientieren kann man sich am örtlichen Mietspiegel, der die Quadratmeterpreise je nach Lage bewertet.



Untermieter oder Mitbewohner sucht man am besten in Wohnungsbörsen im Internet oder im Anzeigenteil von Tageszeitungen sowie lokalen Werbezeitschriften. Ropertz rät: „Wichtig ist, dass man sich den künftigen Untermieter vorab genau anschaut und mit ihm oder ihr ein, zwei Gespräche führt und schaut, ob man zusammenpasst und mit­einander klarkommen kann.“ Klare Absprachen und gegenseitige Rücksicht erleichtern das Zusammenwohnen und vermeiden Konflikte.

Sollte es dennoch nicht klappen, kann der Unter-Vermieter das Mietverhältnis wieder kündigen. Hier gilt es, die Kündigungsfrist einzuhalten. Sie beträgt beispielsweise bei Eigenbedarf drei Monate bei einer Mietzeit von bis zu fünf Jahren. Da der Untermieter in der Wohnung des Unter-Vermieters wohnt, gilt ein Sonderkündigungsrecht. Das heißt, der Unter-Vermieter kann auch dann kündigen, wenn er keinen Eigenbedarf anmeldet. Dann verlängert sich allerdings die Kündigungsfrist um weitere drei Monate. Keinen Kündigungsschutz genießt der Untermieter, wenn er möblierte Räume gemietet hat. Annette Liebmann
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