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VG Saarland 4 K 66/99, U.v. 29.12.00, GK AsylbLG § 4 Abs. 1 VG Nr. 6



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VG Saarland 4 K 66/99, U.v. 29.12.00, GK AsylbLG § 4 Abs. 1 VG Nr. 6 Zur Ubernahme von Dolmetscherkosten zur Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung.

Sachverhalt: Die Klägerin ist Asylbewerberin türkischer Staatsangehörigkeit. Sie beantragte die Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung. In der Stellungnahme des Gesundheitsamtes heißt es, die Klägerin leide an einer psychoreaktiven Störung mit Somatisierung; es bestehe die Gefahr, dass die Erkrankung sich ohne psychotherapeutische Behandlung verschlechtere. Das Sozialamt lehnte den Antrag ab, weil eine Psychotherapie wegen Verständigungsschwierigkeiten nicht durchführbar und eine Therapeutin mit kurdischkenntnissen nicht vorhanden sei. Die Ubernahme der Kosten eines Dolmetschers lehnte das Sozialamt ebenfalls ab. Auf den Widerspruch der Klagerin bewilligte das Sozialmat die Ubernahme der Kosten einer Psychotherapie in Höhe der Leistungen der Krankenkassen. Die Dolmetscherkosten lehnte das Sozialamt weiterhin ab. Zur Begründung ist unter Hinweis auf ein Urteil des BSG vom 10. 5. 1995 - 1 RK 20/94 - ausgeführt, das Täitigwerden eines Dolmetschers im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung sei keine nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 S. 1 SGB V zu übernehmende Leistung.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Psychotherapie sei unstreitig notwendig und, da Verwandte als Sprachmittler nicht zur Verfügung stünden, ohne Dolmetscher nicht durchführbar gewesen. Das Urteil des BSG sei nicht einschlägig. Insoweit verweist die Klägerin auf das Urteil des BVerwG vom 25. 1. 1996 - 5 C 20/95. Sie habe an insgesamt acht psychotherapeutischen Sitzungen teilgenommen. Hierbei habe sie sich einer vereidigten Dolmetscherin bedient, die ihr 844,48 DM in Rechnung gestellt habe. Die Klage hatte Erfolg.

Gründe: Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der entstandenen Dolmetscherkosten. Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 1 S. 1 AsylbLG. Unumstritten ist, dass die Klägerin leistungsberechtigt nach AsylbLG ist und ausweislich der Stellungnahme des Gesundheitsamtes an einer psychoreaktiven Erkrankung litt, die der ärztlichen Behandlung im Sinne des § 4 AsylBLG bedurfte. Hieraus ergibt sich zwangsläufig aber auch ein Anspruch auf Übernahme der zur Durchführung der Behandlung erforderlichen Dohnetscherkosten. Die Inanspruchnahme einer Dolmetscherin gehört nämlich zu den "sonstigen Leistungen" i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AsylbLG, deren Kosten zu übernehmen sind, wenn und soweit der Anspruch auf ärztliche Behandlung anders nicht erfüllt werden kann (GK-AsylbLG, § 4 Rn. 81). Insoweit gilt im Rahmen des § 4 AsylbLG nichts anderes als für die Krankenhilfe nach § 37 BSHG (GK AsylbLG a.a.O. mit Hinweis auf das zu Dolmetscherkosten nach § 37 BSHG ergangene Urteil des BVerwG 5 C 20/95 v. 25.01.96, FEVS 47, 54ff.)

Dem kann der Beklagte nicht die Rspr. des BSG entgegenhalten, wonach Dolmetscherdienste nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragenden Leistungen gehören. Zum einen ist der Wortlaut des § 28 Abs. 1 S. 2 SGB V, auf den das BSG in seinem Urteil maßgeblich abstellt, nicht inhaltsgleich mit §§ 4 Abs. 1 S. 1 AsylbLG und 37 Abs. 2 S. 1 BSHG. § 28 Abs. I S. 2 SGB V erfasst nur die Hilfeleistungen, die vom Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten sind. Aus diesem Wortlaut zieht das BSG im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift den Schluss, dass unter § 28 Abs. 1 S. 2 SGB V nur diejenigen Tätigkeiten fallen, die ihrer Natur nach unmittelbar zur ärztlichen Behandlung zählen und die der Arzt auf Grund seines Fachwissens verantworten, das heißt überwachen und leiten kann. Demgegenüber erfassen die §§ 4 Abs. 1 S. 1 AsylbLG und 37 Abs. 2 S. 1 BSHG insoweit übereinstimmend alle Leistungen, die zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung der Krankheit oder der Krankheitsfolgen erforderlich sind, ohne die in § 28 Abs. 1 S. 2 SGB V genannte Einschränkung.

Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, Empfänger von Sozialhilfe oder Asylbewerberleistungen dürften nicht besser gestellt werden als Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein solcher Vergleich verbietet sich schon aufgrund der Wesensverschiedenheit der Leistungen. Der Krankenversicherungsschutz muss nicht umfassend sein, vielmehr gibt es Leistungen, die - auch wenn sie notwendig sind - der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2Abs. 1 S. 1 SGB V), beispielsweise der Eigenanteil zum notwendigem Zahnersatz. Demgegenüber ist die Krankenhilfe in der Sozialhilfe - dasselbe muss für die Leistungen nach § 4 AsylbLG gelten - nicht von krankenversicherungsrecht­lichen Vorschriften abhängig, die den Leistungsrahmen der Höhe nach oder für bestimmte Personengruppen einschränken (BVerwG 5 C 11/91, U. v 17.06.93, DVBI 1993, 1275; Nds. OVG 4 M 4495/98, B. v. 30.11.98 -, FEVS 49, 405). Ziel der Sozialhilfe ist es gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BSHG, dem Empfänger der Hilfe ein Leben zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Hierzu ist es unter anderem erforderlich, dem Hilfe Suchenden die Maßnahmen zu ermöglichen, die zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheitsfolgen notwendig sind (§ 37 Abs. 2 S. 1 BSHG). Eben hierauf besteht auch nach § 4 AsylbLG ein Anspruch. Ist - wie im vorliegenden Fall unstreitig - eine ärztliche Behandlung notwendig im Sinne der genannten Vorschriften und kann diese Behandlung sinnvoll und erfolgversprechend nur unter Zuhilfenahme eines Sprachmittlers durchgeführt werde, so sind dessen notwendige Kosten ebenfalls im Rahmen der Krankenhilfe zu übernehmen.




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