OVG Lüneburg, Urteil 4 A 139/87 v. 10.5.89 – IBIS 1303, InfAuslR 1989, 241; FEVS 1991, 63
Leitsätze der Redaktion InfAuslR: "1. Wenn mehrere Personen gemeinsam in einer Unterkunft leben, mag die Vermutung für einen gemeinsamen Haushalt mit gemeinsamen Wirtschaften sprechen. Vermutung in diesem Sinne bedeutet aber nur, dass bei der Würdigung der Beweise ein gemeinsames Wohnen ein Indiz für ein gemeinsames Wirtschaften sein kann. Keineswegs besteht hierfür eine gesetzliche Vermutung.
2. Mit dem BSHG ist es nicht zu vereinbaren, die (materielle) Beweislast unterschiedlich zu verteilen und sie dem Hilfeempfänger aufzuerlegen, wenn dieser ein Ausländer ist, der mittellos in die BRD einreist und beantragt, als Asylberechtigter anerkannt zu werden."
Der Kläger bewohnte zusammen mit fünf anderen Asylbewerbern aus Sri Lanka eine Dreizimmerwohnung. Das Sozialamt gewährte an alle nur den Regelsatz für erwachsene Haushaltsangehörige sowie zusätzlich den Unterschiedsbetrag zum Regelsatz eines Haushaltsvorstandes geteilt durch die Anzahl der Bewohner. Das OVG sprach dem Antragsteller den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes zu, eine Kürzung sei lediglich insoweit gerechtfertigt, als der Grundpreis für Energielieferungen in der Wohnung nur einmal anfällt.
Die materielle Beweislast für das gemeinsame Wirtschaften hat das Sozialamt. Dem Sozialamt ist es nicht gelungen nachzuweisen, dass der Kläger mit den anderen Asylbewerbern in der Wohnung gemeinsam gewirtschaftet hat. Gemeinsamkeiten wie das Wirtschaften aus einer gemeinsamen Kasse, die gemeinsame Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten, u.a. haben sich nicht in ausreichendem Maße feststellen lassen. Die Annahme des Sozialamtes, Asylbewerber, die aus Sri Lanka stammten, würden aufgrund gemeinsamer Sprache, Religion und Essgewohnheiten typischerweise auch gemeinsam wirtschaften, wenn sie eine gemeinsame Unterkunft bewohnen, ist unzutreffend.
Dostları ilə paylaş: |