09.03.2018
Gericht
BVwG
Entscheidungsdatum
09.03.2018
Geschäftszahl
L519 2171253-1
Spruch
L519 2171253-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 30.8.2017, Zl. 1084158300-151177718, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2017 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger des Iran, brachte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 25.8.2015 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF vor, dass es im Iran keine Arbeit gebe und seine finanzielle Lage dort sehr schlecht gewesen sei. Beim BFA gab der BF zusammengefasst an, dass er überhaupt keiner Religion angehöre. Er habe an einer Demonstration teilgenommen und sei dabei angeschossen worden. Er sei festgenommen und zu 7 Jahren Haft verurteilt worden, wovon er 3 1/2 Jahre verbüsst habe. Als der BF einige Zeit nach seiner Haftentlassung von der Sicherheitsbehörde bei seiner Schwester gesucht wurde, sei er ausgereist. Im Iran sei er schiitischer Moslem gewesen, jetzt sei er Zeuge Jehovas.
I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Für die Unglaubwürdigkeit des BF spreche bereits, dass er vor der Asylantragstellung in Österreich quer durch halb Europa reiste ohne einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Der BF habe dies nicht substantiiert erklärt, indem er angab, dass er ursprünglich nach Schweden wollte. Mit Blick auf die Reiseroute wäre es dem BF jedenfalls möglich gewesen, in einem anderen sicheren EU-Staat wie Griechenland oder Ungarn um internationalen Schutz zu bitten.
Bei der Erstbefragung brachte der BF ausschließlich wirtschaftliche Gründe für seine Ausreise vor. Später behauptete der BF, dass er den Dolmetscher nicht verstanden habe und ihm seine Angaben nicht rücküberstzt worden wären. Dies führte der BF aber selbst ad absurdum, als er bereits vorher zu Protokoll gegeben hatte, dass er bei der Erstbefragung vorsätzlich falsche Angaben getätigt habe. Er habe auch falsche Angaben zu seiner Religion gemacht, da er kein Moslem sei und eigentlich gar keiner Religion angehöre. Auch der Fluchtgrund sei falsch: Er sei im Zuge der Teilnahme an einer Demonstration gegen die Regierung angeschossen und ins Krankenhaus gebracht worden. Er sei festgenommen und zu 7 Jahren Haft angeklagt worden. 3 1/2 Jahre habe der BF abgesessen. Als die Sicherheitsbehörden nach seiner Haftentlassung erneut nach dem BF suchten, sei dieser ausgereist. Aus dem Akteninhalt ergebe sich kein Hinweis auf Verständigungsschwierigkeiten bei der Erstbefragung und wurde auch festgehalten, dass dem BF die Niederschrift rückübersetzt wurde.
Hätten sich derartige Vorfälle tatsächlich zugetragen, so wäre anzunehmen gewesen, dass der BF gerade jene Ereignisse, die letztlich Auslöser der Ausreise waren, schon bei der Erstbefragung geschildert hätte und sich dort nicht auf substanzlose Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage beschränkt hätte. Beim späteren Vorbringen handelt es sich auch nicht um eine Konkretisierung der Erstangaben, sonderen um einen totalen Austausch der Fluchtgründe.
Aber auch zum ausgetauschten Fluchtgrund befragt, erwies sich der BF als höchst unglaubwürdig, zumal er lediglich Behauptungen aufstellte, ohne diese auch nur durch ein einziges Bescheinigungsmittel zu untermauern, obwohl aufgrund des behaupteten Sachverhaltes plausibel anzunehmen sei, dass entsprechende Dokumente wie Anklageschrift, Urteil, Haftzeitenbestätigung , ärztliche Bescheinigungen etc. vorhanden sind bzw. einholbar sein müßten, sofern sich das Behauptete tatsächlich ereignet hat. Konkret nach solchen Bescheinigungsmitteln gefragt mußte der BF schließlich deren Nichtexistenz eingestehen, nachdem er zuvor versucht hatte sich herauszureden.
Wenig glaubhaft sei auch die Behauptung, dass der BF nach seiner Haftentlassung sofort wieder Kontakt zu den damaligen Demonstranten gesucht habe, um diese für weitere Proteste zu gewinnen. Wie der BF selbst anführte, habe es sich um eine bedingte Entlassung gehandelt, deren Widerruf der BF durch die behauptete Kontaktaufnahme riskiert hätte, zumal er damit rechnen mußte, unter staatlicher Kontrolle zu stehen. Daher überraschte auch nicht sonderlich, dass der BF auch hier jeglichen Beweis schuldig blieb und sein Vorbringen postwendend abschwächte.
Bei Wahrunterstellung der Angaben des BF wäre vom Vorliegen einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben auszugehen, für die auch die österreichische Rechtsordnung eine langjährige Freiheitsstrafe vorsieht. Daher erscheint die wegen der Messerattacke des BF auf einen Polizisten verhängte Freiheitsstrafe auch nicht unverhältnismäßig hoch, weshalb nicht plausibel anzunehmen sei, dass etwa die Verfolgung einer dem BF unterstellten politischen Gesinnung das eigentliche Ziel dieser staatlichen Stellen gewesen ist.
Stichhaltige Hinweise auf eine gegenwärtige politische Verfolgung des BF im Iran ergäben sich nicht, da diesfalls anzunehmen wäre, dass die iranischen Behörden weiterhin nach dem BF gesucht hätten, was dieser aber selbst dezidiert ausschloss.
Soweit der BF eine Teilnahme an einer Demonstration vor der iranischen Botschaft in Istanbul vorbrachte, ist dazu festzustellen, dass außer dem BF eine einzige weitere Person demonstriert hat und er es offenbar darauf anlegte, durch diese Aktion bekannt zu werden. Die iranischen Behörden könnten aber sehr wohl zwischen echten Regimekritikern und Personen wie dem BF unterscheiden, die es nur darauf anlegen, durch eine solche Aktion bekannt zu werden. Vor diesem Hintergrund sei unwahrscheinlich, dass die iranischen Behörden von der Exilaktivität des BF überhaupt so weit Notiz genommen haben als dass sie den BF nunmehr als ernsthafte konkrete Bedrohung für das politische System wahrnehmen würden. Soweit der BF diesbezüglich ein Bild auf facebook gestellt hat, könne nicht angenommen werden, zumal das Posting des BF laut Privateinstellungssymbol am vorgelegten Facebookauszug nicht öffentlich war. Überdies gab der BF an, seine exilpolitischen Aktivitäten seit der Überfahrt nach Griechenland eingestellt zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass die iranischen Behörden aufgrund der einmaligen Protestaktion des BF in Istanbul oder wegen seines Beitrages dafür auf facebook ein Strafverfahren oder andere Schritte gegen den BF eingeleitet hätten.
Darüber hinaus konnte der BF auch die angebliche Konversion zum Christentum nicht glaubhaft machen, zumal eine ernsthafte Zuwendung zu den Zeugen Jehovas nicht erkennbar war und offensichtlich reine Opportunitätserwägungen in Bezug auf die Erlangung des Status eines Asylberechtigten im Vordergrund standen.
Der BF gab an, erstmals in Österreich mit den Zeugen Jehovas in Kontakt gekommen zu sein. Auch bei der Erstbefragung hat er noch angegeben, Moslem zu sein. Er konnte nicht plausibel darlegen, weshalb er sich gerade für die Zeugen Jehovas entschieden hat, zumal sich seine diesbezüglichen Ausführungen darin erschöpften, dass er in K. eben einen Zeugen Jehovas kennengelernt habe. Ein Schlüsselerlebnis, welches das plötzliche Interesse des BF am Christentum auch nur ansatzweise plausibel erklärt hätte, habe der BF nicht vorgebracht. Auch, wenn Glaube eine persönliche Entscheidung und der Prozess des Religionswechsels abhängig von der Lebens- und Glaubenssituation einer Person ist, wäre von jemandem, der seine Entscheidung bewusst und informiert trifft, doch zu erwarten, dass er gute Gründe dafür ins Treffen führt.
Wenngleich der BF einige allgemeine Aspekte zu den Zeugen Jehovas völlig oberflächlich anführen konnte, sei doch der Eindruck im Vordergrund gestanden, dass sich der BF dieses Wissen lediglich deshalb angeeignet hat, um im Asylverfahren bestehen zu können. Denn, obwohl er sich angeblich bereits seit 1 1/2 Jahren mit dieser Religion beschäftigt, hätten sich die Kenntnisse als äußerst rudimentär erwiesen, zumal der BF kaum tiefgreifende Aussagen treffen konnte. Solche Umstände seien bei einer Person, welche sich tatsächlich mit ihrem neuen Glauben intensiv beschäftigt und von diesem in einem derartigen Ausmaß überzeugt ist, dass sie zu diesem konvertieren will, jedoch in der Regel nicht zu beobachten.
Laut Verfassung der Zeugen Jehovas fordern diese genaue Bibelkenntnisse, ehe jemand in ihre Gemeinschaft aufgenommen wird. Deshalb sei auf die Bibelkenntnisse des BF besonders Bedacht zu nehmen gewesen, wobei der Maßstab deutlich höher anzulegen sei als bei anderen Konvertiten, denen derartige Pflichten wie regelmäßiges Bibelstudium und ausgeprägte Missionstätigkeiten in ihrer gewöhnlichen Religionsausübung nicht auferlegt sind.
Aus diesem Grund sei der BF sichtlich krampfhaft bemüht gewesen, vor der Behörde den Anschein zu erwecken, dass er über ein besonderes Bibelwissen verfügt, indem er eigeninitiativ aus der Bibel zitierte, was sich aber als völlig unzutreffend erwies. So wollte der BF unmittelbar vor der Einvernahme den 1. Brief von Petrus, Kap.5, Vers 7, gelesen haben. Er konnte aber nicht einmal angeben, was in Vers 3 -wenige Zeilen davor- steht, was an der Richtigkeit seiner diesbezüglichen Angaben ernsthafte Zweifel aufkommen ließ. Kap. 5 des 1. Petrusbriefes regelt die Beziehung zwischen Hirte und Herde.
In Vers 2 bis 3 steht konkret Folgendes: " Hütet die Herde Gottes, die in eurer Obhut ist, nicht aus Zwang, sondern freiwillig; auch nicht aus Liebe zu unehrlichem Gewinn, sondern voll Eifer, auch nicht als solche, die über die herrschen, die Gottes Erbe sind, sondern, indem ihr Vorbilder für die Herde werdet." Der BF gab auf die konkrete Frage nach dem 3. Vers indessen unbeirrt den Inhalt des
7. sinngemäß wieder, was jedoch nicht einmal darauf hindeute, dass er zumindest jenen jemals tatsächlich gelesen hat, zumal es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass eine ernsthaft interessierte bzw. verständige Person bloß einen Teilsatz - der vollständige Vers 7 lautet nämlich: " Wobei ihr all eure Sorgen auf ihn werft, denn er sorgt für euch" - aus einem ganzen Kapitel herausliest, sich aber ansonsten an unmittelbar davor oder danach stehenden Texten völlig desinteressiert zeigt, weil sich auf diese Weise in der Regel der Kontext des Geschriebenen schon nicht erschließen lasse.
Weiter konnte der BF nicht einmal seine angebliche Lieblingsstelle in der Bibel, "den" Psalm, konkret bezeichnen, sondern zog sich - angesichts der Tatsache, dass die 5 Bücher der Psalmen schon insgesamt 150 Kap. umfassen - auf eine völlig ausweichende sowie nichtssagende Einlassung zurück und lenkte dann die Aufmerksamkeit auf eine weitere vermeintliche Zitation aus der Bibel, die sich jedoch als völlig unzutreffend erwies.
Weitere Zweifel ergaben sich aufgrund der viel zu oberflächlichen Angaben zur Hlg. Schrift. Folgerichtig sei der BF auch nicht in der Lage gewesen, tiefgreifende Angaben über den Inhalt seines neuen Glaubens zu machen, obwohl Zeugen Jehovas ihren Glauben aus der von ihnen nach ihrem Verständnis herausgegebenen Neue-Welt-Übersetzung der Bibel ableiten, welche für sie als die von Gott durch Inspiration offenbarte religiöse Wahrheit die Grundlage ihrer gesamten Lehre bildet. Daher überraschte die Aussage des BF auch nicht sonderlich, wonach Begriffe wie Himmel und Hölle bei den Zeugen Jehovas nicht in Verwendung stünden. Nach dem Verständnis der Zeeugen Jehovas hat das Wort Himmel in der Bibel 3 grundlegende Bedeutungen, nämlich den sichtbaren himmlischen Bereich (Erdatmosphäre), den unsichtbaren himmlischen Bereich (außerhalb des Weltraums) und als Symbol für Autorität (hohe Stellung, meist in Verbindung mit Regierungsgewalt), wobei sich die jeweilige Bedeutung erst aus dem Kontext erschließt. Insbesondere aber bezeichnet die Bibel mit dem Wort Himmel die feste Wohnstätte des wahren Gottes, was speziell jener Bereich im unsichtbaren Teil ist, wo Jehova lebt. Dies wird beispielsweise durch jene Aussage in der Bibel deutlich, wonach der Teufel und die Dämonen aus dem Himmel geworfen wurden und nicht mehr in den Bereich kommen dürfen, wo sich Jehova aufhält, jedoch immer noch im unsichtbaren Bereich leben. Hölle steht für das Grab, weshalb gute und schlechte Menschen in die Hölle kommen. Auch Jesus kam in die Hölle ehe Gott ihn auferstehen ließ. Das Angeführte zeigt, dass den Wendungen Himmel und Hölle tatsächlich eine zentrale Bedeutung in der Glaubenslehre der Zeugen Jehovas zukommt, weshalb die gegenteilige Aussage des BF nicht zu teilen war.
Soweit der BF angab, dass Liebe und Zuneigung an erster Stelle seines neuen Glaubens stünden, sei zu bemerken, dass das AT vielfach auch über Krieg, Gewalt und Tötung im Namen Gottes berichtet. Selbst das NT verwendet vor allem in den Gleichnissen Bilder der Gewalt und Motive der Unterdrückung. Von einer Person, die sich mit der christlichen Religion ernsthaft auseinandergesetzt hat und sich in der Folge aus reiflich überlegten Gründen dem neuen Glauben zuwendet, wäre zu erwarten, dass sie bei Hervorhebung der Liebe gleichzeitig auch über die Gewaltthematik reflektiert, zumal die Bibel Grundlage der gesamten christlichen Lehre bildet. Das gelte nach Ansicht der Behörde umso mehr für Zeugen Jehovas, weil diese im Rahmen ihrer verpflichtenden Missionstätigkeiten ständig dem Erfordernis einer Kommentierung der diesbezüglichen Bibelverse ausgesetzt sein können. Eine derartige Stellungnahme sei aber seitens des BF nicht erfolgt.
Die Einlassung des BF, wonach alles im Leben eines Menschen von Gott vorherbestimmt sei, entspreche nicht den religiösen Vorstellungen der Zeugen Jehovas. Denn unter Ansprechung der entsprechenden Bibelstellen wird auf der Homepage der Zeugen Jehovas indessen ausdrücklich klargestellt, dass der Mensch über Willensfreiheit verfügt und dessen Leben keinesfalls von Gott oder vom Schicksal vorherbestimmt ist. Somit hätten sich ernsthafte Hinweise ergeben, dass der BF an der Weltanschauung seiner Religionsgemeinschaft kein ernsthaftes Interesse haben kann, zumal ihm diese nicht geläufig war.
Der Umstand, dass der BF wenigstens einige zutreffende Angaben über das Leben von Jesus machen konnte, reiche bei weitem nicht aus, um die Behörde zu überzeugen, dass der BF über ein derartiges Verständnis der Glaubenslehre der Zeugen Jehovas oder über ein solch grundlegendes Bibelwissen verfügen würde, welches ihm überhaupt erst eine gewöhnliche Religionsausübung im glaubenspezifischen Kontext ermöglichen könnte. Die Behauptung, dass die Bibel schlicht das Leben des BF sei, vermöge die Behörde somit nicht zu teilen.
Für jemand, der sich nach eigener Angabe bereits 1 1/2 Jahre ernsthaft mit den Zeugen Jehovas beschäftigt, hatte der BF nur sehr rudimentäre Kenntnisse, die etwa ein gebildeter Christ über den Islam hat, ohne eine Konversion zu erwägen. Detailkenntnisse sind nach Ansicht der Behörde zwingend erforderlich, um sich tatsächlich aus tiefstem Inneren einer neuen Religion zuwenden zu können, zumal sie zweifelsfrei jeder Konversion vorangehen, um überhaupt erst eine Entscheidungsgrundlage finden zu können. Diese Ansicht werde auch von den Zeugen Jehovas vertreten. Folglich scheiterte der BF auch bei der Aufforderung, seine missionarischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. So spielte er zuerst einen Clip in persisch auf dem Tablet ab und schwieg dazu. Gefragt ob er das auch kommentieren könne, meinte er wörtlich: " Das wichtigste ist zunächst die Feststellung, wie Gott wirklich heißt. Sie sind Referent, zugleich aber auch Vater und Sohn. Sie haben daher verschiedene Rollen. Sie haben aber nur einen Namen. Gott hat zwar mehrere Namen, aber sein richtiger Name lautet Jehova. Nun wissen wir, wie Gott heißt. Im nächsten Schritt müssen wir wissen, was Gott von uns will. Für alles weitere lade ich sie ein, sich auf unserer Homepage zu informieren. Ich kann ihnen die Internetadresse sowie die Telefonnummer einer weiteren Person bekanntgeben, von der sie sich überzeugen lassen können."
Obwohl regelmäßiges Bibelstudium und Missionstätigkeiten wesentlicher Bestandteil der gewöhnlichen Glaubensausübung der Zeugen Jehovas sind und der BF aufgrund der in Österreich herrschenden Glaubensfreiheit bereits 1 1/2 Jahre Zeit und Gelegenheit hatte, sich ohne Furcht vor Repressionen frei mit dem neuen Glauben auseinanderzusetzen, weist er weder ein für Missionstätigkeiten ausreichendes Verständnis seiner Glaubenslehre noch das erforderliche Bibelwissen auf, weshalb von einer gewöhnlichen Religionsausübung im glaubensspezifischen Kontext der Zeugen Jehovas nicht ausgegangen werden könne. Auch die nach außen sichtbaren Aktivitäten wie die Teilnahme an Veranstaltungen der Zeugen Jehovas vermöge die dargelegten Mängel nicht zu kompensieren.
Ob eine Konversion vorliegt, hänge im Wesentlichen von der religiösen Einstellung ab. Ob der Glaubenswechsel aber auf einer innerlich gefestigten Überzeugung beruht, sei ein höchstpersönlicher Umstand, der allein vom BF zu beantworten war. Naturgemäß könne weder ein nahestehender Geistlicher über höchstpersönliche Vorgänge aus dem Innenleben einer anderen Person Auskunft geben noch setze die Beurteilung der Glaubhaftigkeit eines Glaubensübertritts in der Regel theologisches Spezialwissen voraus, weshalb sich die Behörde durchaus in der Lage sah, darüber selbst zu befinden. Abgesehen davon sei die Beweiswürdigung ureigene Aufgabe der Behörde und muss sie eine allenfalls von ihrer Beurteilung abweichende Einschätzung eines Geistlichen mithin nicht berücksichtigen. Durchgehende Zweifel an der Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels lassen sich z.B. auch nicht durch die Teilnahme am religionsgemeinschaftlichen Leben entkräften, zu dem sich ein Asylwerber auch deshalb veranlasst sehen kann, weil er dort in eine gemeinschaft eingebunden ist.
Die Einschätzung der Behörde werde auch dadurch untermauert, dass der BF bislang nicht als Zeuge Jehovas getauft ist. Als solcher kann man rechtmäßig getauft werden, wenn man auf eigenen Wunsch von der Ältestenschaft seiner Versammlung zur Taufe zugelassen wird. Dies setzt in der Regel voraus, dass dem Taufanwärter von der Ältestenschaft der Status "ungetaufter Verkünder" bereits zuerkannt wurde, wodurch er berechtigt ist, an der Predigttätigkeit von Zeugen Jehovas teilzunehmen. In Gesprächen wird geklärt, ob ein ausreichendes Verständnis der Lehre sowie grundlegende Bibelkenntnisse vorhanden sind und ob sich die Bewerbung auf den eigenen freien Willen gründet und sich der Bewerber der Tragweite seines Schrittes bewußt ist. Aus der Tatsache, dass der BF trotz dringenden Taufinteresses bislang nicht getauft wurde, sei abzuleiten, dass er sich offensichtlich nicht als Verkünder qualifiziert hat.
Zumal eine ernsthafte innere Zuwendung zum Christentum nicht glaubhaft war, sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr in den Iran diesen Glauben praktizieren wird und deshalb in das Blickfeld der Behörden gerät oder missionierend oder in einer herausgehobenen Position tätig sein wird.
Zur angeblichen Verfolgung aufgrund illegaler Ausreise sei noch festzuhalten, dass diese für sich alleine betrachtet keine staatlichen Repressionen auslöst. Personen, die das Land illegal verlassen und keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier erlangen und in den Iran zurückkehren.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.
Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.
I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde neben Wiederholungen und allgemeinen Angaben vorgebracht, dass die Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar sei und großteils aus Zitaten aus dem Protokoll und Textbausteinen bestünde. Der BF würde im Iran verfolgt, da er politisch aktiv war und in Österreich vom Islam abgefallen sei. Die Erstbefragung diene auch nicht dazu, den Fluchtgrund eines Asylwerbers im Detail zu erörtern.
Die Erklärungen des BFA seien widersprüchlich, unlogisch, aktenwidrig und voreingenommen. Angaben des BF seien aus dem Zusammenhang gerissen worden und Ermittlungen irgendeiner Art dazu seien unterblieben. Es werde daher die Einholung eines Ländersachverständigengutachtens beantragt. Die belangte Behörde habe sich auch nicht ausreichend mit dem konkreten Vorbringen des BF auseinandergesetzt.
Der BF spreche auch bereits ausreichend deutsch und habe sich gut eingelebt.
I.4. Für den 13.11.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, an der der BF teilnahm. Seine Rechtsvertretung blieb der Verhandlung unentschuldigt fern. Der BF löste das Vollmachtsverhältnis in der Verhandlung auf.
I.4.1. Mit Schriftsatz vom 13.11.2017, in dem der BF seine bisherige Rechtsvertretung erneut bevollmächtigte, wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der BF an Hausbesuchen beteilige und sich am 16.12.2017 taufen lasse. Beantragt wurde die Beiziehung des gerichtsbekannten Sachverständigen für Zeugen Jehovas, XXXX zum Beweis dafür, dass der BF tatsächlich Zeuge Jehovas ist.
Im Schreiben vom 18.1.2018 behauptete der BF zusammengefasst, dass er teils von der Richterin nicht richtig verstanden wurde, ohne dass diese um eine Klarstellung bemüht gewesen wäre. Der BF sei am 16.12.2017 getauft worden.
I.5. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführer:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen Staatsangehörigen des Iran, welcher zur Volksgruppe der Perser gehört. Der BF ist damit Drittstaatsangehöriger. Nicht festgestellt werden kann, dass sich der BF tatsächlich aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet hat und dass er am 16.12.2017 tatsächlich als Zeuge Jehovas getauft worden wäre.
Der BF ist ein lediger, junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit einer im Iran - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.
Der BF stammt aus der Region XXXX und hat 12 Jahre die Schule besucht. Er spricht Farsi auf muttersprachlichem Niveau.
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