Gericht bvwg entscheidungsdatum 19. 11. 2014 Geschäftszahl



Yüklə 0,49 Mb.
səhifə5/6
tarix24.07.2018
ölçüsü0,49 Mb.
#57368
1   2   3   4   5   6

CIA - Central Intelligence Agency (22.6.2014): The World Factbook - Ethiopia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html, Zugriff 3.9.2014


GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (ohne Datum): Weltweit - Afrika - Äthiopien, http://www.giz.de/de/weltweit/336.html, Zugriff 3.9.2014
Medizinische Versorgung
Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal entspricht die Lage in den Krankenhäusern (auch in der Hauptstadt) nicht dem europäischen Standard (BMEIA 3.9.2014).
Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen. Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden (AA 8.4.2014).
Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind. Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kann es bei bestimmten Medikamenten gelegentlich zu Versorgungsengpässen kommen (AA 8.4.2014).
Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.9.2014): Reise & Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 3.9.2014


Behandlung nach Rückkehr
Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es nicht. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (AA 8.4.2014).
Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen wird aber manchmal durch Behörden, bewaffnete Gruppen und die unstete Sicherheitslage eingeschränkt (USDOS 27.2.2014).
Für Opfer staatlicher Repression besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen, womit sie einer lokalen Bedrohungssituation entgehen können. Die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen ist jedoch angesichts des niedrigen Existenzniveaus in allen Landesteilen und der ethnischen Abgrenzung schon aus sprachlichen Gründen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang im Vergleich leichter möglich (BAA 5.2010).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
BAA/BAMF/BFM (5.2010): Bericht zur D-A-CH Fact Finding Mission Äthiopien/Somaliland
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Anfragebeantwortung von ACCORD zu Äthiopien: Informationen zur Lage von alleinstehenden Frauen mit und ohne familiäre Anknüpfungspunkte bei einer Rückkehr [a-8915] vom 27. Oktober 2014
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche nur wenige Informationen zur Lage von alleinstehenden Frauen mit und ohne familiäre Anknüpfungspunkte gefunden werden. Dies lässt nicht notwendigerweise Rückschlüsse auf die Lage dieser Personen zu.
Im Folgenden finden Sie allgemeine Informationen zur (wirtschaftlichen) Lage von Frauen und RückkehrerInnen.
Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass Diskriminierung von Frauen ein Problem gewesen sei und in ländlichen Gebieten, wo schätzungsweise 85 Prozent der Bevölkerung leben, am intensivsten aufgetreten sei. Das äthiopische Recht beinhalte diskriminierende Vorschriften, wie die Anerkennung des Ehemannes als rechtlichen Familienvorstand und als alleinigen Vormund der Kinder über fünf Jahre. Traditionelle Gerichte hätten in wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen weiterhin Gewohnheitsrecht angewendet. Laut der Verfassung gehöre alles Land der Regierung. Männer und Frauen hätten Rechte auf Landnutzung, die weitervererbt werden könnten. Das Landgesetz unterscheide sich regional. Alle bundesstaatlichen und regionalen Landgesetze würden Frauen Zugang zu Regierungsland ermöglichen. Die Erbschaftsgesetze würden auch verwitweten Frauen ermöglichen, gemeinsames Eigentum zu erben, das während einer Ehe erworben wurde.
In städtischen Gebieten hätten Frauen weniger Arbeitsmöglichkeiten als Männer und bei den vorhandenen Arbeitsplätzen habe keine Lohngleichheit bestanden. Der Zugang von Frauen zu Erwerbsarbeit, Krediten und der Möglichkeit ein Unternehmen zu besitzen und zu verwalten, sei durch ihre im Allgemeinen niedrigere Stufe der Bildung und Ausbildung und traditionelle Einstellungen weiter eingeschränkt gewesen. Das Bildungsministerium habe berichtet, dass während des akademischen Jahres 2011/2012 im Vergleich zum akademischen Jahr 2010/2011 die Teilnahme von Frauen an universitären und nachuniversitären Programmen gestiegen sei:
"Discrimination against women was a problem and was most acute in rural areas, where
an estimated 85 percent of the population lived. The law contains discriminatory
regulations, such as the recognition of the husband as the legal head of the family and the
sole guardian of children more than five years old. Courts generally did not consider
domestic violence by itself a justification for granting a divorce. Irrespective of the number
of years the marriage existed, the number of children raised, and joint property, the law
entitled women to only three months' financial support if a relationship ended. There was
limited legal recognition of common-law marriage. A common-law husband had no
obligation to provide financial assistance to his family, and as a result, women and children
sometimes faced abandonment. Traditional courts continued to apply customary law in
economic and social relationships. According to the constitution all land belongs to the
government. Both men and women have land-use rights, which they may pass on as an
inheritance. Land law varies among regions. All federal and regional land laws empower
women to access government land. Inheritance laws also enable widowed women to inherit
joint property they acquired during marriage. In urban areas women had fewer
employment opportunities than men, and the jobs available did not provide equal pay for
equal work. Women's access to gainful employment, credit, and the opportunity to own or
manage a business was further limited by their generally lower level of education and
training and by traditional attitudes. The Ministry of Education reported female
participation in undergraduate and postgraduate programs increased to 144,286 during
the 2011-12 academic year, compared with 123,706 in 2010-11, continuing the trend of
increasing female participation in higher education." (USDOS, 27. Februar 2014, Section
6)
Auf der von der Mideast Youth betriebenen Website Migrant-Rights.org, die sich für die Rechte von WanderarbeiterInnen im Nahen Osten einsetzt, findet sich ein im April 2014 veröffentlichter Artikel zu einem Interview mit Aida Awel vom Büro der Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO) in Addis Ababa. Laut Aida Awel
sei das größte Problem für rückkehrende MigrantInnen, dass sie keine Ressourcen hätten und sehr von Hilfsmaßnahmen der Regierung und von NGOs hinsichtlich Ausbildung, psychosozialer Unterstützung, Arbeitsmöglichkeiten und Zugang zu Krediten abhängig seien. Ein wichtiges Problem sei in einigen ländlichen Gebieten die negative Einstellung der örtlichen Gemeinschaften gegenüber RückkehrerInnen. Dies sei darin begründet, dass Äthiopien eine sehr traditionelle Gesellschaft sei. RückkehrerInnen aus Saudi Arabien, deren Einstellung oder Kultur sich geändert habe, seien nicht willkommen. Einige Frauen seien mit außerehelichen Babys oder Kindern zurückgekehrt, was in Äthiopien ein Tabu darstelle. Es sei nicht akzeptabel und der Großteil dieser Frauen werde als Sexarbeiterinnen angesehen. Viele der RückkehrerInnen seien Familienernährer gewesen und hätten monatlich Auslandsüberweisungen geleistet. So würden nicht nur die RückkehrerInnen leiden, sondern
auch ihre Familien:
"Migrant-Rights.org talks to Aida Awel, chief technical adviser on migrant domestic
workers at the ILO's [International Labour Organization] Addis Ababa office about what
the future holds for returning migrants - and what the government, the ILO and the IOM
are doing to help them. [...]
MR [Migrant-Rights.org]: What are the biggest obstacles to successful reintegration into
society and the workforce for returning migrants? Are there any obstacles which are
specific to women?
AA [Aida Awel]: The main problem is that they come back without any resources, and are
very dependent on the help of the government or NGOs for training, psycho social support,
job opportunities, and access to credit. Finding productive employment sectors will continue
to be a major challenge for the government and relevant stakeholders. One main obstacle
in some rural parts of the country is the negative attitude the local communities have
towards the returnees. This is due to Ethiopia being a very traditional society; returnees
coming back from KSA [Kingdom of Saudi Arabia] with a change in attitude or culture will
not be welcomed. As mentioned above some women have returned back with babies or
kids born out of wedlock, and Ethiopia being the conservative society that it is, this is a
taboo. It is just simply unacceptable and most women will be viewed as commercial sex
workers. Last but not least, most of these returnees were the breadwinner for their families
in Ethiopia, sending monthly remittances. So it's not just the returnees that are suffering,
but their families too." (Migrant Rights, 10. April 2014)
In einem Bericht der Maastricht Graduate School of Governance, die Teil der Universität der Vereinten Nationen ist (United Nations University - Maastricht Economic and Social Research
Institute on Innovation and Technology, UNU-MERIT), wird erwähnt, dass viele Frauen bei einer Rückkehr in einer verletzlichen Lage verbleiben würden. Der Bericht erwähnt eine Studie der Migrationsforscherin Katherine Kuschminder, laut der viele Frauen aufgrund der fehlenden Arbeitsmöglichkeiten eine erneute Migration in Betracht ziehen würden. Viele Rückkehrerinnen aus dem Nahen Osten würden bei einer Rückkehr Unterstützungsleistungen benötigen. Für Frauen, die sich in "stark verletzlichen" Lagen befinden würden, gebe es in Addis Ababa eine Unterkunft, die Unterstützung und umfassende Hilfe hinsichtlich psychischer Gesundheit und Wiedereingliederung biete. Diese Unterkunft kämpfe um Finanzierung, um ihre Dienste aufrechterhalten zu können und biete nur jenen mit ernsten Bedürfnissen Hilfe. Es gebe jedoch mehrere Frauen, die von allgemeiner Beratung, Ausbildungsmöglichkeiten und Arbeitsmöglichkeiten profitieren würden. 2005 habe die Arbeitslosenrate von Frauen in städtischen Gebieten 27 Prozent betragen. Zusätzlich sei Unterbeschäftigung ein großes Thema. Äthiopien sei in den vergangenen Jahren von einer hohen Inflation betroffen gewesen und die Löhne seien nicht in demselben Ausmaß wie die Inflationsraten gestiegen ("wages have not increased to match inflation rates"). Die Löhne von schlecht ausgebildeten Frauen würden oftmals nicht die Kosten von Arbeitsweg, Nahrungsmittel und Unterkunft decken. Es gebe einen Bedarf an gesteigerten Unterstützungsleistungen für RückkehrerInnen. Dies schließe psychosoziale Unterstützung, Unterkünfte, Ausbildungsmöglichkeiten und Hilfe bei der Arbeitssuche ein. Geldgeber könnten Hilfe für existierende Organisationen, wie die Agar Shelter oder die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Addis Ababa zur Verfügung stellen. Die Regierung von Japan habe Mittel für eine Unterstützung bei Wiedereingliederung für RückkehrerInnen aus dem Nahen Osten zur Verfügung gestellt, aber dieses Programm sei kürzlich ausgelaufen:
"Situations of Vulnerability upon Return- A key challenge is that upon return many women
remain in situations of vulnerability. Kuschminder found that over 60 per cent of returnees
in her study were unemployed upon return, and of those that were employed, nearly half
reported being underemployed. The lack of employment opportunities upon return was
driving several women to consider re-migration, despite the challenges that they had
faced. Lack of Support Services for Returnees- Female returnees from the Middle East
regularly require support services upon return. For women in situations of severe
vulnerability, there is one shelter in Addis Ababa that provides support and comprehensive
mental health and reintegration assistance. This shelter is struggling to find consistent
funding to maintain its services and only provides assistance to those in dire need. There
are several women however, that would benefit from general counseling, training
opportunities, and employment opportunities. [...]
In Ethiopia, there are several elements that are driving this migration flow. The first is
poverty and unemployment. The majority of women that migrate to the Middle East do so
for the employment opportunities. The female unemployment rate in urban areas of
Ethiopia was 27 per cent in 2005 (Kirbu, 2012). In addition, underemployment is a large
issue. Ethiopia has experienced high levels of inflation in recent years and wages have not
increased to match inflation rates. Low skilled women's wages, therefore, often barely
cover their transportation to their job, food, and shelter. [...]
There is a need for increased support services to returnees. This includes psycho-social
support, shelters, training opportunities, and assistance in finding employment. Donor
agencies could provide assistance to existing organizations, such as the Agar Shelter or the
IOM [International Organization for Migration] in Addis Ababa. The Government of Japan
has provided funding for reintegration support for returnees from the Middle East, but this
program recently ended. Evaluating the effectiveness of such a program would assist to
understand how to implement effective programs for reintegration support for this group."
(UNU-MERIT, 6. Februar 2014, S. 3-5)
Farm Africa, eine in Ostafrika tätige Wohltätigkeitsorganisation mit Sitz im Vereinigten Königreich, erwähnt auf ihrer Website in einem undatierten Eintrag zu Äthiopien, dass eine große Anzahl von Menschen in Äthiopien mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen müssten, und obwohl sich die Wirtschaft verändere, bilde Landwirtschaft für viele Menschen weiterhin die Grundlage. Etwa drei von vier ÄthiopierInnen seien in der Landwirtschaft beschäftigt, insbesondere in der Subsistenzlandwirtschaft und Trockenlandwirtschaft ("rain-fed farming") und der Viehzucht. Trotzdem hätten über 31 Millionen ÄthiopierInnen nicht ausreichend nahrhafte Lebensmittel zu essen. Häufige Dürren, fehlende Ausbildung und Ausstattung für Landwirte und schlechter Zugang zu Märkten würden es schwierig machen, den Lebensunterhalt zu bestreiten:
"Ethiopia is home to a large number of people living on less than $1 a day and although
the economy is diversifying, farming is still the basis for many people. Around three out of
every four Ethiopians are engaged in agriculture, mainly in subsistence and rain-fed
farming and livestock production. Despite this, more than 31 million Ethiopians don't have
enough nutritious food to eat. Frequent drought, a lack of training and equipment for
farmers, and poor access to markets make it difficult for them to earn a living." (Farm
Africa, ohne Datum)
In einem Bericht von UN Frauen (United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women, UN Women) vom September 2013 zu einem gemeinsamen Programm des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (United Nations Population Fund,
UNFPA), des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (UN World Food Programme, WFP), des äthiopischen Ministeriums für die Angelegenheiten von Frauen und der Abteilungen für die Angelegenheiten von Frauen und den Regierungen der Bundesstaaten Amhara und Tigray wird erwähnt, dass Frauen und Mädchen in Äthiopien im Vergleich mit Jungen und Männern in mehreren Bereichen, darunter Alphabetisierung, Gesundheit, Lebensgrundlagen und grundlegende Menschenrechte, stark benachteiligt seien. Sie würden auch an einem niederen Status in ihrer Gesellschaft und einem Mangel an sozialen Unterstützungsnetzwerken leiden. Frauen würden laut der äthiopischen Arbeitsmarktstudie 2005 47 Prozent der Arbeitskraft Äthiopiens mit äußerst ungleicher Teilhabe bilden. 68,5 Prozent der beschäftigten Frauen seien unbezahlte Familienarbeitskräfte und 24,8 Prozent seien informell beschäftigt. Nur sechs Prozent der Frauen in ländlichen Gebieten hätten Zugang zu Krediten und ein Prozent habe eine berufsbezogene Ausbildung. Trotz der weit verbreiteten Beteiligung am Land lebender Frauen an landwirtschaftlicher Arbeit herrsche ein hartnäckiger Glaube vor, dass "Frauen keine Landwirtschaft betreiben". Traditionelle Einstellungen, Vorstellungen und Praktiken, die schädliche Geschlechterrollen bestärkten, würden zu einer Beschränkung der Teilnahme von Frauen an der gesellschaftlichen Entwicklung beitragen. Schädliche traditionelle Praktiken, darunter weibliche Genitalverstümmelung und Kinderheirat würden am Land lebende Frauen und Mädchen unverhältnismäßig betreffen. Obwohl ein genereller politischer Wille bestehe, sich mit dem Thema Geschlechterungleichheit zu befassen, würden nur eingeschränkt Kapazitäten zur Finanzierung und Umsetzung von Eingriffen auf
Gemeindeebene hinsichtlich gefährdeter Frauen verfügbar sein. Im Allgemeinen würden Dienste in Richtung Wohlhabende, in Städten Lebende und erwachsene Männer "verzerrt"
werden. Die Einrichtung ländlicher Spar- und Kredit-Kooperativen sei Teil der Regierungsstrategie. Jedoch würden nur wenige Frauen daran teilnehmen, da Frauen generell nur eingeschränkten Zugang zu Vermögen hätten, das sie dazu berechtigen würde. Wenige Frauen hätten zudem die Fähigkeiten, sich an Erwerbsaktivitäten zu beteiligen. Deshalb würde die Strategie der Regierung für gewöhnlich auf die Bedürfnisse von männlichen Landwirten ausgerichtet sein:
"Women and girls in Ethiopia are strongly disadvantaged compared to boys and men in
several areas, including literacy, health, livelihoods and basic human rights. They also
suffer from low status in their society and lack social support networks. Manifestations of
discrimination against women are numerous and acute: [...] With regard to women's
participation in economic life, the 2005 National Labour Force Survey reveals that women
represent 47 per cent of labor force in Ethiopia, with highly unequal participation: 68.5 per
cent of employed women were unpaid family workers and 24.8 per cent were selfemployed
in informal jobs. In addition, women's illiteracy and inability to meet the initial
payment required to qualify for agricultural credit has limited their access to credit
facilities. The Programme-supported baseline survey indicates that only 6 per cent of rural
women have access to credit and 1 per cent have vocational skills training.
Moreover, despite the widespread involvement of rural women in agricultural work, there
is a persistent belief that 'women don't farm,' which discounts their vital contribution to
Ethiopia's key economic activity. Traditional attitudes, beliefs and practices that reinforce
harmful gender roles contribute to constrain women's participation in social development.
Harmful traditional practices, including female genital cutting (national prevalence rate of
74.3 per cent) and child marriage disproportionately affect rural women and girls. [...]
While there is general political will and commitment to address gender inequality, there
has been limited capacity to fund and implement community-based interventions targeting
vulnerable women. Generally, services have been skewed toward the wealthy, those living
in urban areas, and adult men. [...]
The establishment of rural savings and credit cooperatives is part of the Government
strategy. However, few women join them, because women generally have limited access to
assets that make them eligible. Few also have skills to engage in income-generating
activities. As a consequence, the Government strategy usually caters to the needs of male
farmers." (UN Women, 26. September 2013)
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Zusätzlich wurden Auszüge aus dem Strafregister, der Grundversorgung sowie dem Zentralen Melderegister eingeholt.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin und zu ihrem Vorbringen
Die Beschwerdeführerin konnte ihre Identität durch Vorlage eines unbedenklichen Ausweises nachweisen; die unterschiedliche Schreibweise des Namens lässt sich leicht mit der Transkription von der amharischen Schrift in lateinische Buchstaben erklären. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand leiten sich einerseits aus den vorgelegten Befunden sowie der Aussage der Beschwerdeführerin vor der erkennenden Richterin ab.
Was die von der Beschwerdeführerin im nunmehrigen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe anbelangt, ist zunächst festzuhalten, dass das Bundesasylamt mit der Beschwerdeführerin mehrere ausführliche Vernehmungen durchgeführt hat. Der aufgrund dieser Einvernahmen und einer Anfrage bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und die ausführlichen Länderfeststellungen zu Äthiopien finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist sohin zu konstatieren, dass das Bundesasylamt im oben angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung die wesentlichen aktuellen Feststellungen zu Äthiopien zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt und Gelegenheit gegeben, ihren Fluchtgrund nochmals im Detail zu schildern.
Das Bundesasylamt hat im angefochtenen Bescheid in seiner Beweiswürdigung schlüssig dargelegt, dass im Falle der Beschwerdeführerin keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Die seitens des Bundesasylamtes vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch in Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn nicht erst sehr spät gemachte Angaben den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Asylverfahren vorbringt (VwGH vom 06.03.1996, 95/20/0650).
Das Bundesasylamt machte im angefochtenen Bescheid insbesondere

geltend, dass die Beschwerdeführerin die der Flucht vorangegangenen

Ereignisse nicht konkret und nachvollziehbar geschildert habe. Der

Beschwerdeführerin gelang es auch in der mündlichen Verhandlung

nicht, ihr Vorbringen glaubhaft zu machen. Zunächst ist

festzuhalten, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin im gesamten

Verfahrenslauf durch eine gewisse Steigerung gekennzeichnet ist. In

der Erstbefragung durch die Polizei am 17.02.2010 hatte sie als

Fluchtgrund die Sehnsucht nach einem menschenwürdigen Leben und den

Umstand, dass ihre Eltern tot und in Äthiopien nicht einmal die

Versorgung mit Grundnahrungsmitteln gesichert sei, angeführt. Vor

dem Bundesasylamt erklärte sie dann am 13.04.2010, sie sei im Alter

von 15 Jahren von einem Mann vergewaltigt worden, für den sie

gearbeitet habe. Er habe ihr dann auch das Kind weggenommen. Sie

wolle auch nicht in einem Land leben, in dem es keine Demokratie

gebe; sie habe auch einmal an einer Demonstration nach Wahlen

teilgenommen. Nochmals nach den konkreten fluchtauslösenden Gründen

gefragt gab sie die fehlende Arbeit, ihre mangelnde Ausbildung und

ihr fehlendes familiäres Netzwerk an. In der Einvernahme vor dem

Bundesasylamt am 10.11.2010 erklärte sie dann, bei einer Rückkehr in

Gefahr zu sein, von den Brüdern der Frau, die ihre Flucht

organisiert und bezahlt habe, umgebracht zu werden. In der

schriftlichen Beschwerde steigerte sie ihr Vorbringen dann noch

dahingehend, dass ausgeführt wurde, sie habe die Partei Kinijit

gewählt und an Demonstrationen teilgenommen. Dies sei der Regierung

bekannt. Nach den Wahlen sei die Polizei bei ihr zuhause gewesen und

habe ihr von weiterer politischer Betätigung abgeraten. In der

mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte die

Beschwerdeführerin schließlich aus, dass sie geflüchtet sei, weil

sie von der Polizei verfolgt würde, da sie eine engagierte

Mitstreiterin der Kinijit gewesen sei und auch Flugzettel verteilt

habe. Im Folgenden werden die wesentlichen Passagen der mündlichen

Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.10.2014

wiedergegeben (RI=Richterin, BF=Beschwerdeführerin;

RV=Rechtsvertreterin):
"RI: Waren Sie in Äthiopien politisch engagiert?
BF: Ja, bei Kinijit.
RI: Waren Sie offizielles Mitglied der Kinijit?
BF: Ich war kein offizielles Mitglied, aber eine engagierte Mitstreiterin. Da ich aber nicht lesen und schreiben konnte, war mir immer jemand zur Seite gestellt, der das konnte. Aber ich ging von Tür zu Tür und verteilte Flugblätter.
RI: Waren Sie auch bei Versammlungen von Kinijit dabei?
BF: Bei regionalen Veranstaltungen.
RI: Wo fanden diese statt?
BF: XXXX.
RI: Wo genau dort?
BF: Es ist in der Region. Die Versammlungen werden in verschiedenen Plätzen ausgeschrieben.
RI: Wer war der Leiter der regionalen Gruppe der Kinijit?
BF: XXXX.
RI: Was genau waren Ihre Aufgaben bei der Partei?
BF: Meine Aufgabe war es, die Flyer zu verteilen. Vorallem, wenn große Ereignisse, wie zum Beispiel Versammlungen oder Wahlen bevorstanden.
RI: Sie haben einmal angegeben, demonstriert zu haben. Können Sie dazu etwas sagen?
BF: Ich war einmal beim Stadion bei einer großen Demonstration dabei.
RI: Wissen Sie noch wann das war?
BF: Ich weiß den Monat noch, aber nicht das Jahr. Es war im Mai.
RI: Sie haben in der Beschwerde erklärt von der Polizei wegen Ihrer politischen Einstellung belästigt worden zu sein. Können Sie das bitte näher ausführen?
BF: Meine Freundin namens XXXX ist verschwunden und niemand weiß, wo sie ist. XXXX war auch bei Kinijit engagiert, ich war öfters mit ihr zusammen und wurde mit ihr gesehen. Ich habe dann meinen Wohnort gewechselt und bin umgezogen.
RI: Sie sind umgezogen, weil Sie fürchteten, dass Sie eventuell ähnliche Probleme bekommen könnten? Oder gab es konkrete Handlungen der Polizei Ihnen gegenüber?
BF: Beides. Einerseits, da ich mit XXXX gesichtet wurde und andererseits, weil ich für Kinijit Informationen verteilt hatte.
RI: Was waren das für konkrete Handlungen, wenn Sie sagen, Sie wurden von der Polizei verfolgt?
BF: Sie sind öfters in meiner Gegend gewesen und haben meine Freunde nach mir ausgefragt.
RI: Nachdem Sie den Wohnort gewechselt haben, gab es da auch noch ähnliche Verfolgungshandlungen?
BF: Dann habe ich mich versteckt. Ich bin nicht in der Öffentlichkeit aufgetreten. Ich habe angefangen, Hausarbeiten zu erledigen.
RI: Können Sie mir sagen, wo Sie vorher gewohnt haben und wo Sie nach Ihrem Umzug gewohnt haben?
BF: Vor dem Umzug war ich in XXXX und nach dem Umzug in XXXX.
RI: Wieviele Monate oder Jahre haben Sie dann in XXXX verbracht?
BF: Ca. 2-3 Jahre.
RI: Was haben Sie da gemacht, wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt verdient?
BF: Ich habe Hausarbeiten erledigt.
RI: Für wen waren Sie tätig?
BF: Den Namen der Hausfrau habe ich vergessen, aber der Hausherr war

XXXX.
RI: Vor dem Bundesasylamt haben Sie gesagt, dieser Mann hätte in XXXX gewohnt?


BF: Ich sagte XXXX.
RI: Haben Sie in der Zeit, als Sie in XXXX gewohnt haben, für XXXX gearbeitet?
BF: Nein, ich habe bei ihm gewohnt, aber nicht für ihn gearbeitet.
RI: In diesen zwei bis drei Jahren, in denen Sie in XXXX gewohnt haben, für wen haben Sie da gearbeitet?
BF: Ich habe den Namen vergessen.
RI: Wann ist Ihre Mutter verstorben? Wie alt waren Sie damals?
BF: Ich weiß nicht, wie alt ich gewesen bin, aber es ist ca. acht Jahre her.
RI: Woran ist Ihre Mutter gestorben?
BF: Sie war krank.
RI: Haben Sie bis zu ihrem Tod, mit Ihrer Mutter zusammengelebt?
BF: Ja.
RI: Wo haben Sie mit Ihrer Mutter zusammengelebt?
BF zögert lange.
RI: Ihre Angaben zu Ihren letzten Jahren in Äthiopien sind sehr widersprüchlich, es wäre für Sie von Vorteil, wenn Sie die Wahrheit sagen.
BF: Der Ortsteil heißt XXXX.
RI: Sie haben bis vor etwa acht Jahren in XXXX gelebt mit Ihrer Mutter?
BF: Ja.
RI: Was haben Sie zu dieser Zeit gearbeitet?
BF: Ich habe nur meiner Mutter geholfen.
RI: Wie hat Ihre Mutter Geld verdient?
BF: Sie hat anderen Leuten die Wäsche gewaschen.
RI: Wann sind Sie dann zu XXXX gezogen?
BF: Nach dem Tod meiner Mutter.
RI: Wie lange waren Sie bei XXXX?
BF: Ich habe lange bei ihm gelebt.
RI: Wie lange ungefähr?
BF: Ich kann mich nicht erinnern, wie lange, aber ziemlich lange. Es ist XXXX zu viel geworden, dass ich bei ihm wohne. Es waren verschiedene Gründe, für meinen Umzug. Was ich zuerst gesagt habe, dann aber auch, dass in dem Haus viele Kinder waren. Ich wurde für sie zu einer Belastung. Ich habe für die Bevölkerung und Demokratie gekämpft. Das war ihnen zu viel, deswegen haben sie gesehen, dass sie mich wegbekommen.
RI: Wie wurden Sie von XXXX und seiner Frau behandelt?
BF: Ich habe bei ihnen unentgeltich gearbeitet. Sie haben nur Kleidung für mich gekauft, sonst nichts. Ich habe das als Wiedergutmachung getan, weil sie einen Ausweis für mich besorgt haben.
RI: Welchen Ausweis haben sie für Sie besorgt?
BF: Einen XXXX-Ausweis.
RI: Warum brauchten Sie die Familie dazu, dass Sie diesen Ausweis bekommen?
BF: Da ich nicht in Addis Abeba geboren bin, war es für mich nicht möglich, einen Ausweis zu bekommen.
RI: Wie war es für XXXX möglich?
BF: Er war ein bekannter Mann in der Gemeinde und gab an, dass ich bei ihnen wohne und sie unterstütze.
RI: Wann wurde Ihr Sohn geboren?
BF: Im September. XXXX
RI: In welchem Jahr?
BF: Das Jahr weiß ich nicht.
RI: Sie meinten in der Beschwerde, Sie hätten nicht genug Geld gehabt, um ihn großzuziehen?
BF: Ja.
RI: Vor dem Bundesasylamt sagten Sie, dass Kind wurde Ihnen weggenommen. Wurde es Ihnen unter Zwang weggenommen, oder haben Sie es freiwillig wegegeben, weil Sie es nicht aufziehen konnten?
BF: Als das Kind weggenommen wurde, war ich nicht zu Hause, ich habe es vom Nachbarn erfahren. Da ich aber keine Mittel hatte, dagegen anzukämpfen, hatte ich keine Möglichkeit zu versuchen, mein Kind zurück zu bekommen.
RI: Bei wem war Ihr Kind zu diesem Zeitpunkt?
BF: Ich habe es bei der Nachbarin gelassen, ich war arbeiten.
RI: Wo haben Sie gearbeitet?
BF: Ca. zwei Stunden von meiner Wohngegend entfernt, dort habe ich gearbeitet.
RI: Was war Ihre Wohngegend?
BF: XXXX
RI: Haben Sie dort alleine mit Ihrem Sohn gewohnt?
BF: Ja.
RI: Wo war Ihre Mutter zu diesem Zeitpunkt?
BF: Meine Mutter war sehr krank und sie war öfters im Krankenhaus.
RI: Was ist der Name Ihres Sohnes?
BF: XXXX
RI: Warum haben Sie früher andere Namen angegeben?
BF: Damals war ich sehr verwirrt und habe mich nicht ausgekannt. Ich war ängstlich und daher habe ich den Namen der Nachbarn angegeben.
RI: Warum haben Sie bei der Befragung im Februar 2010 falsche Angaben zu Ihrer Reise nach Österreich gemacht? Sie haben nie erwähnt, dass Sie über die Schweiz eingereist sind.
BF: Damals habe ich mich nicht ausgekannt, wo Österreich ist.
RI: Damals sagten Sie, Sie seien über Libyen und Italien eingereist. Sie haben einen ganz anderen Weg beschrieben.
BF: Zu dieser Zeit war ich sehr verwirrt. Ich habe mich nicht ausgekannt, in welchem Land ich bin. Ich kann keine andere Sprache, außer Amharisch.
RI weist nochmals daraufhin, wie wichtig es ist, dass die BF heute die Wahrheit sagt.
BF: Ja.
RI: Wann hatten Sie erstmals den Gedanken, Äthiopien zu verlassen?
BF: Der Gedanke kam, als ich gespürt habe, dass ich von der Polizei verfolgt werde.
RI: Was konkret war der Grund für Ihre Flucht?
BF: Damals habe ich viele Probleme mit den Polizisten gehabt. Ich hatte auch Probleme mein Leben zu führen, da ich kaum Mittel hatte.
RI: Wie war Ihre finanzielle Situation in Äthiopien?
BF: Ich hatte genug, um die Miete zu bezahlen und Kleider zu kaufen.
RI: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Äthiopien zurückkehren müssten?
BF: Wir haben keine Freiheit in Äthiopien, es kann sein, dass ich verhaftet werde oder auch verschwinde. Bevor das geschieht, sterbe ich lieber hier.
BF zeigt starke Gefühlsregungen.
RI: Können Sie bitte auch nochmals alles über XXXX erzählen?
BF: Das ist die Frau, die mich in die Schweiz gebracht hat.
RI: Seit wann kennen Sie sie?
BF: Meine Mutter ist eine gute Freundin von ihrer Mutter. Sie ist diejenige, die für die Bestattung gesorgt hat.
RI: Wie kam es zu diesem Kontakt mit XXXX vor der Ausreise?
BF: Bevor meine Mutter verstorben ist, hat sie mich ihrer Freundin in Obhut gegeben. Deshalb hat sie ihre Tochter gefragt, ob sie mir helfen könne.
RI: Wie heißt diese Freundin Ihrer Mutter?
BF: XXXX
RI: Wo lebte Frau XXXX?
BF: In Addis Abeba, XXXX.
RI: Mit ihr waren Sie in regelmäßigem Kontakt?
BF: Wir hatten öfters Kontakt, ich habe ihr beim Arbeiten geholfen und bekam Kleider dafür.
RI: Haben Sie aktuell noch zu Ihr Kontakt?
BF: Nein.
RI: Haben Sie sonst zu jemanden in Äthiopien Kontakt?
BF: Nein.
RI: Haben Sie zu jemanden in der Schweiz Kontakt?
BF: Nein.
RI: Wo hat Frau XXXX in der Schweiz gelebt?
BF: Ich weiß nicht, wie der Ort heißt.
RI: Was haben Sie bei ihr gemacht?
BF: Sie hat ein großes Haus mit einer großen Fensterfront gehabt. Ich musste das Fenster täglich putzen und bemühte mich, wurde aber ständig krititsiert.
RI: Was war der Plan, als Sie in die Schweiz ausgereist sind? Was war damals der Plan für Ihre Zukunft?
BF: Am Anfang habe ich nicht gewusst, was da läuft. Erst, als ich unterschreiben musste, hat man mir gesagt, dass ich irgendwo hin ausreisen werde.
RI: Sie wussten gar nicht, dass Sie aus Äthiopien ausreisen?
BF: Nein.
RI: Können Sie mir nochmals sagen, warum Sie das Haus in der Schweiz verlassen haben?
BF: Ich bin Christin und XXXX ist Muslimin. Sie hat mich geschlagen und mich gezwungen, mit ihr zu beten und ihr zuzuhören, wenn sie aus dem Koran laß.
RI: Wie sind Sie von diesem Haus nach Österreich gekommen?
BF: Es gab einen Äthiopier, der bei uns auf Besuch war und gesehen hatte, wie sie mich behandelt.
RI: Dieser Äthiopier hat Ihnen dann geholfen?
BF: Ja. Er hat einen weißen Mann gebeten, mich wegzubringen. Der Äthiopier wünschte mir Alles Gute und ist weggegangen. Der weiße Mann hat mich dann mit dem Auto irgendwo hin gebracht und hat gesagt, ich soll da rein gehen.
RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?
BF: Mittlerweile habe ich mehrere Österreicher, mit denen ich Kontakt habe und ich habe dafür auch Nachweise.
BF übergibt Zeugnisse und Empfehlungsschreiben. Diese werden zum Akt genommen.
RI: Sind Sie berufstätig?
BF: Nein, ich arbeite nicht. Aber ich habe in den letzten Jahren sehr intensiv Deutsch gelernt. (antwortet auf Deutsch)
RI: Können Sie bitte etwas über Ihr Leben in Österreich erzählen?
BF: Ich bin glücklich, dass ich in Österreich bin und möchte mich bedanken.
RI: Wie stellen Sie sich eine Zukunft in Österreich vor?
BF: Wenn ich die Möglichkeit habe, arbeiten zu gehen, werde ich arbeiten gehen. Ich möchte versuchen, mich selbst zu versorgen.
RI: Ich bin mit der Befragung am Ende. Wollen Sie noch abschließend etwas sagen?
BF: Ich bedanke mich bei Ihnen, dass ich die Gelegenheit hatte, hierher zu kommen.
RV: Wie wäre Ihre wirtschafltiche und finanzielle Situation, wenn Sie nach Äthiopien zurückgehen müssten?
BF: Für mich ist das Wichtigste, meine Freiheit. Wenn ich nach Äthiopien komme, habe ich keine Freiheit mehr. Lieber sterbe ich.
RI: Hätten Sie die Möglichkeit, in Äthiopien Arbeit zu finden, zum Beispiel als Haushaltshilfe?
BF: Ich habe die Möglichkeit nicht, Arbeit zu suchen, vorher würde ich von der Regierung verfolgt werden. Und die Verwandten von XXXX würden auch dafür sorgen, dass ich verschwinde.
RI: Stellen Sie sich vor, Sie selbst haben keine politischen Probleme. Wie wäre es für Sie, wenn Sie zurück nach Äthiopien gehen würden?
BF: Ich hätte keine Chance, weil ich Analphebetin und eine alleinstehende Frau bin.
RI: Aber früher konnten Sie die Miete und Kleidung bezahlen. Was wäre jetzt anders?
BF: Das Leben in Äthiopien hat sich verändert.
RI: Woher wissen Sie das?
BF: Es gibt viele Äthiopier, die hier leben. Sie haben es mir erzählt.
RV: Sie sagten zunächst, Sie hätten geringe Mittel und deswegen das Land verlassen, heute sagten Sie, Sie können Kleidung und Miete bezahlen. Können Sie diesen Widerspruch bitte erklären?
BF: Ich konnte nur das Minimum bezahlen, die Miete konnten wir nur zu zweit bezahlen. Das restliche Geld habe ich für meine Kleidung verwendet, aber zum Ernähren hat es nicht ausgereicht.
RI: Gibt man nicht zuerst das Geld für Ernährung aus?
BF: Manchmal bekam ich Essen, wo ich arbeitete.
RI: Sie sagten, die Miete konnte man nur zu zweit bezahlen. Wer war der Zweite?
BF: Ich hatte eine Mitbewohnerin namens XXXX.
RI: Was hat Ihre Mitbewohnerin gearbeitet?
BF: Ganz genau weiß ich es nicht, aber ich vermute, dass sie die gleiche Arbeit machte, wie ich. Wir haben uns nur am Abend getroffen.
RI: Sie wussten nicht, was Ihre Mitbewohnerin machte?
BF: Ich weiß es nicht ganz genau, aber wahrscheinlich das Gleiche, wie ich."
Insgesamt ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung in Äthiopien nicht glaubhaft darzulegen vermochte. Insofern sie eine Verfolgung aufgrund einer (unterstellten) politischen Gesinnung behauptet, ist auf die Steigerung des Vorbringens zu verweisen und dass dies sich erst im Laufe des Verfahrens und im Laufe der Jahre als fluchtauslösendes Ereignis herauskristallisierte. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).
Von Einvernahme zu Einvernahme wurde die politische Aktivität der Beschwerdeführerin und damit einhergehend die Verfolgung durch äthiopische Behörden an Intensität gesteigert. In der Einvernahme am 13.04.2010 hatte sie noch erklärt, nicht politisch aktiv gewesen zu sein, am Ende des Verfahrens meinte sie, eine "engagierte Mitstreitern" in der Opposition gewesen zu sein und von Tür zu Tür gegangen zu sein und Flugzettel verteilt zu haben. Konkrete Verfolgungshandlungen einer gewissen Intensität wurden aber dennoch nicht geschildert; die Polizei habe sie "verfolgt", sich bei Freunden nach ihr erkundigt - ein direkter Kontakt, eine Festnahme oder ähnliches wurden aber nicht vorgebracht. Es ist daher einerseits das vorgebrachte politische Engagement der Beschwerdeführerin wenig glaubhaft und andererseits ist auch keine Verfolgungshandlung erkennbar, aus welcher zu schließen wäre, dass sie bei einer Rückkehr von den äthiopischen Behörden verfolgt würde. Eine Asylrelevanz des Vorbringens ist diesbezüglich nicht gegeben.
Insofern die Beschwerdeführerin behauptet, dass sie bei einer Rückkehr befürchten müsste, von den Brüdern der Frau, die ihre Ausreise organisiert und bezahlt hatte, umgebracht zu werden, ist zunächst auf die fragwürdige Darstellung des ganzen Geschehens rund um die Ausreise und die Weigerung der Beschwerdeführerin, Informationen der Schweizer Behörden einzuholen, hinzuweisen. Die Ausreise der Beschwerdeführerin und die damit verbundenen Umstände verbleiben daher im Dunkeln. Das diesbezügliche Vorbringen, ihre Angst vor Racheaktionen, wurde übrigens auch erst spät im Verfahren, in der vierten Einvernahme am 10.11.2010, vorgebracht. Doch selbst wenn man tatsächlich davon ausgehen würde, dass die Beschwerdeführerin Vergeltungsmaßnahmen von Verwandten der Frau, welche ihre Ausreise finanzierte, zu befürchten hätte, weil sie sich von dieser Frau abgesetzt hatte, wäre dies nicht asylrelevant, da es keine soziale Gruppe der "Geldschuldner", auch wenn diese von kriminellen Gläubigern verfolgt werden, gibt. Im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479 und VfGH U 864/2002-12 und U 865/2012-14) ist davon auszugehen, dass die Schuldnereigenschaft weder ein besonders geschütztes unveräußerliches Merkmal darstellt noch die Beschwerdeführerin zum Mitglied einer von der Gesellschaft insgesamt hinreichend unterscheidbaren und deutliche identifizierbaren Gruppe macht. Aus der Verfolgung durch Gläubiger alleine kann keine schützenswerte "soziale Gruppe der Verfolgten" gebildet werden.
Wenngleich im Hinblick auf die weitgehend unbestrittenen Informationen zur schwierigen Lage von Frauen in Äthiopien nicht verkannt wird, dass die Beschwerdeführerin als Frau in Äthiopien massiven Einschränkungen und Diskriminierungen unterworfen war und im Fall ihrer Rückkehr wahrscheinlich auch wieder unterworfen sein würde, so ist jedenfalls festzuhalten, dass die Tatsache alleine, dass die Beschwerdeführerin eine äthiopische Frau ist, nicht ausreicht, um mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer asylrelevanten Verfolgung der Beschwerdeführerin ausschließlich auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auszugehen.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes wird somit festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in Äthiopien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist. Sie konnte eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Konvention nicht glaubhaft machen.
Folgendes Szenario, das die Beschwerdeführerin in der schriftlichen Stellungnahme vom 04.11.2014 für den Fall einer Rückkehr entwirft, erscheint hingegen glaubhaft: "Der Verdienst alleine reichte also nicht für das Notwendigste. Zu bedenken ist auch, dass ich, soferne ich wieder derartige Hausarbeiten verrichte, wiederum vollkommen dem Wohlverhalten (oder Nicht-Wohlverhalten) meines Arbeitgebers ausgeliefert wäre, auch hinsichtlich meiner Existenz, zudem wäre ich auch ernsthaft gefährdet, wiederum sexuell misshandelt bzw. missbraucht zu werden, und mich nicht dagegen wehren zu können, wie es mir bereits mit 15 Jahren ergangen ist, als ich auch für einen Mann gearbeitet habe.""
Es ist festzustellen, dass sich für die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr nach Äthiopien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK ergeben würde und dass diesbezüglich auch keine innerstaatliche Fluchtmöglichkeit besteht. Die Beschwerdeführerin konnte glaubhaft machen, dass sie aus ärmlichen Verhältnissen kommt; dies wird auch durch den Bericht der österreichischen Botschaft Addis Abeba und auch durch den Umstand, dass die Beschwerdeführerin vor ihrer Flucht nach Österreich Analphabetin war, bestätigt. Es erscheint auch glaubhaft, dass ihre Eltern verstorben sind und sie sonst auf kein familiäres Netzwerk zurückgreifen konnte. Die behauptete sexuelle Gewalt, die ihr angetan wurde, steht in Einklang mit den Länderfeststellungen, die von alltäglicher Gewalt gegenüber Frauen, insbesondere auch in der Tätigkeit als Hausangestellte, berichten.
Im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat als alleinstehende Frau, welche Äthiopien vor mehr als vier Jahren verlassen hatte, hätte sie wohl keine Möglichkeit, sich wieder in der äthiopischen Gesellschaft zu integrieren, insbesondere da nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie auf ein Netzwerk zurückgreifen könnte. Eine Rückkehr nach Äthiopien würde eine alleinstehende Frau ohne Berufserfahrung und ohne familiären Rückhalt, zumal nach einer längeren Zeit im Ausland, - im Einklang mit den Länderfeststellungen zu Äthiopien - einer Situation aussetzen, die eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten würde. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin bereits in der Vergangenheit sexueller Gewalt schutzlos ausgeliefert war und sich nur notdürftigst einen Lebensunterhalt sichern konnte. Gemäß den Länderfeststellungen (siehe oben, Punkt 1.3.) bestehen in Äthiopien keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und habe diese mit keiner staatlichen Unterstützung zu rechnen; seit der Verabschiedung des NGO-Gesetzes haben auch Organisationen, die sich für Frauen einsetzen, stark abgenommen. Die genauen Lebensumstände ihres Sohnes sind nicht feststellbar, doch kann nicht davon ausgegangen werden, dass er als Minderjähriger in der Lage wäre, seine Mutter, die er seit vielen Jahren nicht gesehen hat, zu unterstützen und ihr so den notwenigen Rückhalt zu gewähren, den sie bräuchte, um nicht dem realen Risiko ausgesetzt zu sein, bei einer Rückkehr in eine menschenunwürdige Notlage zu geraten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Verfahrensbestimmungen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Yüklə 0,49 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   2   3   4   5   6




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©muhaz.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

gir | qeydiyyatdan keç
    Ana səhifə


yükləyin