Gericht bvwg entscheidungsdatum 19. 11. 2014 Geschäftszahl



Yüklə 0,49 Mb.
səhifə3/6
tarix24.07.2018
ölçüsü0,49 Mb.
#57368
1   2   3   4   5   6
Das in der Verfassung verankerte Recht, nach der Verhaftung innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorgeführt zu werden, wird, unter anderem wegen Überlastung der Justiz, häufig nicht umgesetzt. Darüber hinaus gibt es regelmäßig Berichte über Misshandlungen, insbesondere in Untersuchungshaft, unbekanntem Verbleib zwischen Verhaftung und Vorführung vor Gericht bzw. Einlieferung in ein staatliches Gefängnis oder auch darüber, dass Familienangehörige von Verhafteten unter Druck gesetzt werden. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die z.B. das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Sicherheitsbehörden
Die Bundespolizei untersteht dem Ministerium für Bundesangelegenheiten, das wiederum parlamentarischer Aufsicht unterliegt. Diese Aufsicht ist allerdings locker. Jeder der neun Regionalstaaten hat eine eigene Staats- oder Sonderpolizeieinheit, die jeweils den regionalen zivilen Behörden untersteht. Im ganzen Land gibt es zudem lokale Milizen, die sich in ihrer Arbeit mit regionalen und föderalen Polizei- und Militäreinheiten lose abstimmen. Das Ausmaß der Abstimmung variiert in den einzelnen Regionen. In vielen Fällen sind die Milizen der verlängerte Arm der lokalen politischen Führungspersönlichkeiten der EPRDF (US DOS 27.2.2014). Die Milizen sind von Gemeindevertretern gewählte, jedoch bewaffnete Personen, die ehrenamtliche militärische und Polizeidienste leisten und im Wesentlichen Polizeiaufgaben in (teilweise sehr entlegenen) ländlichen Gebieten erfüllen (vergleichbar mit "Community Police"). In manchen Fällen werden Milizen auch im Kampf gegen bewaffnete Rebellen eingesetzt, insbesondere in der Somali-Region im Osten Äthiopiens gegen die Ogaden National Liberation Front (ONLF) (AA 8.4.2014).
Die Sicherheitskräfte handeln im Allgemeinen diszipliniert und sind effektiv. Die Sicherheitskräfte sind aber oftmals schlecht ausgebildet, schlecht ausgerüstet und ohne Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften. Es kann daher vorkommen, dass Gewalt unverhältnismäßig eingesetzt wird. Es gibt immer wieder Berichte von Folter und Misshandlung, insbesondere während der Untersuchungshaft und von Häftlingen, die unter Verdacht stehen, mit Terrororganisationen in Verbindung zu stehen (AA 8.4.2014; vgl. US DOS 27.2.2014). Zudem verschwinden Berichten zufolge nach Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Rebellengruppen immer wieder Zivilisten. Straffreiheit ist weiterhin ein ernstes Problem. Mechanismen zur Untersuchung von Missbräuchen durch die Bundespolizei sind nicht bekannt. Die Regierung bemüht sich aber, Menschenrechtsschulungen für Polizei- und Militärschüler anzubieten (US DOS 27.2.2014).
Die Streitkräfte wurden in den letzten Jahren mit dem Ziel umstrukturiert, sie von Aufgaben der inneren Sicherheit, die der Polizei obliegen, zu entbinden. Dies ist noch nicht landesweit umgesetzt. In einigen Regionen (Oromia, Somali Region/Ogaden, Gambella, Sidamo) gehen Polizei und Militär weiterhin gezielt gegen vermutete und tatsächliche Unterstützer und Angehörige der dort aktiven, z.T. militant bis terroristisch operierenden oppositionellen Gruppierungen OLF (Oromo Liberation Front), ONLF, Ethiopian National United Patriotic Front (ENUPF) und Sidamo Liberation Front (SLF) vor (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Es gibt aber Berichte, dass Sicherheitskräfte Häftlinge folterten und auf andere Weise misshandelten. Es wird angenommen, dass Polizeiermittler in Maekelawi, dem Polizeihauptquartier in Addis Abeba, oft physische Gewalt anwenden, um Geständnisse zu erzwingen. Diplomaten und NGOs haben keinen Zugang zu Maekelawi (US DOS 27.2.2014; vgl. HRW 21.1.2014).
Das in der Verfassung verankerte Verbot von Folter wird in der Praxis unterlaufen. Von verschiedener Seite werden immer wieder Vorwürfe über Misshandlungen durch Polizei und Militär laut. Berichte von Folter und Misshandlung gibt es insbesondere während der Untersuchungshaft und von Häftlingen, die unter Verdacht stehen, mit Terrororganisationen in Verbindung zu stehen. Eine adäquate und konsistente Reaktion der Behörden auf z.B. in Gerichtsverfahren geäußerte Folter- und Misshandlungsvorwürfe ist nicht zu erkennen (AA 8.4.2014).
Systematische Verhaftungen und Folter bzw. Misshandlung durch Polizei, Militär und andere Mitglieder der Sicherheitskräfte sind nicht auszuschließen, insbesondere in Fällen, in denen der Verdacht oppositioneller Tätigkeit oder der Mitgliedschaft in bewaffneten Oppositionsgruppen und ein (vermuteter) Zusammenhang mit Terrorismus besteht. Das Ersuchen des Sonderberichterstatters des VN-Menschenrechtsrates gegen Folter um einen Länderbesuch in Äthiopien wurde bisher abgelehnt (letzte Anfrage 2011) (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/267773/395126_de.html, Zugriff 2.9.2014
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Korruption
Behördliche Korruption ist gesetzlich verboten. Trotz der Strafverfolgung mehrerer Beamter aufgrund von Korruption sind einige Beamte weiterhin in korrupte Praktiken involviert. Insbesondere auf niedriger Ebene ist Korruption - vor allem das Einfordern von Bestechungsgeldern - ein Problem. Auch bei der Polizei und in der Justiz ist Korruption weiterhin ein Problem (US DOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014).
Beim Justizministerium ist eine Bundeskommission für Ethik und Antikorruption (FEACC) eingerichtet. 2013 untersuchte diese beispielsweise die Fälle des Generaldirektors der Äthiopischen Steuer- und Zollbehörde, dessen Stellvertreters und weiterer 60 Regierungsbeamter und privater Geschäftsleute. Einige der Prozesse wurden mangels Beweisen wieder eingestellt (US DOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014).
Auf dem Corruption Perceptions Index 2013 von Transparency International lag Äthiopien auf Platz 111 von 177 untersuchten Ländern und Territorien (TI 2013).
Quellen:
FH - Freedom House (23.1.2014): Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, Zugriff 2.9.2014
TI - Transparency International (2013): Corruption Perceptions Index - Results, http://cpi.transparency.org/cpi2013/results/, Zugriff 2.9.2014
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Es sind einige inländische Menschenrechtsgruppen in Äthiopien tätig, aber mit beträchtlichen staatlichen Einschränkungen. Die Regierung ist im Allgemeinen inländischen Menschenrechtsgruppen und internationalen Beobachtern gegenüber misstrauisch und skeptisch. Die staatlich kontrollierten Medien sind internationalen Menschenrechtsgruppen gegenüber kritisch (US DOS 27.2.2014).
Das NGO-Gesetz sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechtsbereich. Laut Gesetz bleiben Menschenrechtsaktivitäten - ebenso wie die Betätigung in anderen politisch sensiblen Bereichen (advocacy) - lokalen äthiopischen NGOs vorbehalten, die nicht mehr als 10% ihrer Finanzierung aus ausländischen Quellen erhalten. Damit werden Tätigkeiten in den Bereichen Menschen-, Frauen-, Kinderrechte, Rechte von Menschen mit Behinderung, Demokratieförderung, ethnische Gleichheit, Konfliktlösung, Justizwesen und Ordnungskräfte erheblich beschnitten, da es in einem sehr armen Land wie Äthiopien kaum mobilisierbare Ressourcen gibt (AA 8.4.2014; vgl. US DOS 27.2.2014). Das NGO-Gesetz verbietet zudem anonyme Spenden an NGOs. Der Hochkommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen äußerte 2012 seine Bedenken, dass der Raum seit Inkrafttreten des Gesetzes sehr schnell kleiner geworden sei (US DOS 27.2.2014).
Eine Verwaltungsvorschrift, seit Ende 2011 in Kraft, mit sehr scharfen Kriterien zur Unterscheidung zwischen Projektausgaben (mindestens 70%) und Verwaltungsaufgaben (höchstens 30%) führte dazu, dass etwa 80% der NGOs diese Kriterien nicht einhalten können. Problematisch ist dabei, dass z.B. Ausgaben für Monitoring- und Evaluierungskosten, Fortbildung, Projektfahrzeuge etc. als Verwaltungskosten betrachtet und von der zuständigen Behörde auch nicht als notwendig anerkannt werden (AA 8.4.2014).
Organisationen wie die wichtigste nichtstaatliche Menschenrechtsorganisation Human Rights Council (früher Ethiopian Human Rights Council) und die Ethiopian Women Lawyers Association (EWLA) wurde durch das neue Gesetz weitgehend die Existenzgrundlage entzogen und sie mussten ihre Aktivitäten stark einschränken. Ihr Vermögen wurde unmittelbar nach der Neuregistrierung eingefroren. Inzwischen haben die beiden Organisationen den Rechtsweg beschritten und nach negativen Urteilen Berufung beim Obersten Bundesgerichtshof (Federal Supreme Court) eingelegt. Dieser hat das Verfahren in beiden Fällen im Oktober 2013 abschlägig beschieden (AA 8.4.2014).
Internationale NGOs, die in Äthiopien arbeiten wollen, müssen bei einer äthiopischen Botschaft im Ausland eine Genehmigung beantragen, die dann vom Außenministerium an die Behörde für Wohltätigkeits- und Vereinswesen weitergeleitet wird (US DOS 27.2.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Ombudsmann
Die Äthiopische Menschenrechtskommission (Ethiopian Human Rights Commission, EHRC) wurde von der Regierung eingerichtet und wird vom Parlament finanziert und kontrolliert. Die EHRC untersucht Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen und verfasst jährliche und thematische Berichte. Die Kommission betreibt in Zusammenarbeit mit 17 Universitäten und zwei NGOs (Ethiopian Women Lawyers' Association und Ethiopian Christian Lawyers Fellowship) 112 Rechtshilfezentren. Gemäß Angaben der Kommission wurden 90% der 952 im Jahr 2012 eingebrachten Beschwerden geklärt. Die EHRC überprüfte zudem föderale und regionale Haftanstalten und befragte als Reaktion auf zahlreiche Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen sowohl Häftlinge als auch Gefängnisbedienstete (US DOS 27.2.2014).
Das Büro des Ombudsmannes nimmt Beschwerden betreffend Misswirtschaft in der Verwaltung der Exekutive entgegen. Zwischen September 2011 und September 2012 erhielt das Büro insgesamt 2.094 Beschwerden, davon wurden 784 näher untersucht, die anderen auf alternative Weise gelöst. Die Mehrzahl der Beschwerden betrafen die Bereiche: Soziale Sicherheit, Arbeit, Unterkunft und Eigentumsstreitigkeiten (US DOS 27.2.2014).
Das Parlament wählt den Vorsitzenden der Menschenrechtskommission und eine Ombudsperson. Der nationale Fünfjahres-Aktionsplan für Menschenrechte wurde im Juni 2013 vom Parlament verabschiedet (AA 3.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (3.2014): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 2.9.2014


US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Wehrdienst
Die äthiopische Armee ist eine Freiwilligenarmee. Rekrutierungen werden im gesamten Land flächendeckend vorgenommen (AA 8.4.2014). Für einen freiwilligen Wehrdienst ist ein Mindestalter von 18 Jahren vorgesehen. Obwohl es keine Wehrpflicht gibt, kann das Militär Rekrutierungen durchführen und der Eintritt ins Militär ist dann verpflichtend (CIA 22.6.2014).
Fahnenflucht ist grundsätzlich nach Art. 288 des äthiopischen Strafgesetzbuches mit einer Haftstrafe bis zu fünf Jahren belegt, in Einzelfällen kann aber auch auf lebenslange Freiheitsstrafen oder gar auf Todesstrafe entschieden werden. Urteile von Militärgerichten werden nicht veröffentlicht, daher liegen keine verlässlichen Angaben vor. Fahnenflüchtige unter der Derg-Diktatur werden nicht mehr verfolgt (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
CIA - Central Intelligence Agency (22.6.2014): The World Factbook - Ethiopia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html, Zugriff 2.9.2014


Allgemeine Menschenrechtslage
Der äthiopischen Regierung ist die Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität erkennbar wichtiger als demokratische Freiräume, Bürger- und individuelle Menschenrechte (AA 8.4.2014). Die Erwartungen, dass die neue äthiopische Regierung nach dem Tod des Premierministers Meles Zenawi im August 2012 Reformen im Menschenrechtsbereich durchführen würde, haben sich nicht erfüllt. 2013 kam es zu keinen nennenswerten Änderungen in der äthiopischen Politik. Die äthiopischen Behörden schränken die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit weiterhin stark ein, engen durch die Anwendung repressiver Gesetze die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien ein und verfolgen Personen aus politischen Gründen (HRW 21.1.2014).
Zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien zählen die Einschränkung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit (unter anderem durch Festnahmen), politisch motivierte Gerichtsverfahren, Schikane und Einschüchterung von Oppositionspolitikern und Journalisten, sowie die Einschränkungen von Printmedien, Zivilgesellschaft und NGOs (US DOS 27.2.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/267773/395126_de.html, Zugriff 2.9.2014
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Meinungs- und Pressefreiheit vor. Die Regierung versucht jedoch mittels verschiedener Einschüchterungsmethoden, Kritik zu unterbinden. So werden etwa Journalisten, Oppositionsaktivisten und regierungskritische Personen schikaniert, verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Die Aktivitäten der politischen Opposition wurden überwacht und behindert (US DOS 27.2.2014).
Stärker als das Medien- und Informationsgesetz wirkt sich das Antiterrorgesetz auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Äthiopien aus. Denn es umfasst nicht nur direkte und indirekte Unterstützung von Terrorismus als Tatbestand, sondern auch Berichterstattung über terroristische Gruppen oder Aktivitäten, die von der Öffentlichkeit als Anstiftung bzw. Propaganda aufgefasst werden könnten. "Gummi-Paragraphen" schüren die Angst vor Willkür und Repression. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung. Angesichts der Verhaftungen und Prozesse herrscht eine große Verunsicherung bei Medienvertretern, was die Praxis einer gewissen Selbstzensur verschärft. Die Haftstrafe der im Januar 2012 wegen Terrorismus zu 14 Jahren Haft verurteilten Journalistin Reyot Alemu wurde im Berufungsverfahren im August 2012 auf 5 Jahre reduziert. Begnadigt wurden im Rahmen der traditionellen Amnestie zum äthiopischen Neujahr die beiden Ende 2011 verurteilten schwedischen Journalisten Skibbe und Persson (AA 8.4.2014).
Über die Gesetze hinaus gibt es eine subtile Kontrolle über die Medien. Für Zeitungen steht eine einzige staatliche Druckerei zur Verfügung, die auf Grundlage des Strafgesetzbuchs die Möglichkeit hat, den Druck von ihrer Meinung nach "verfassungswidrigen" Inhalten (in der Praxis handelt es sich oftmals lediglich um regierungskritische Aussagen) zu verweigern. Unabhängige Zeitungen wie "Finote Netsanet", Organ der Oppositionspartei UDJ, hatten erhebliche Probleme zu erscheinen und sind daher auf das Internet umgestiegen (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition
Die Verfassung gewährleistet Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, beide werden in der Praxis aber eingeschränkt (FH 23.1.2014).
Quellen:
FH - Freedom House (23.1.2014): Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, Zugriff 2.9.2014
Versammlungsfreiheit
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Versammlungsfreiheit vor. Die Regierung respektiert das Recht aber nicht. Die Organisatoren großer öffentlicher Versammlungen oder Demonstrationen müssen die Regierung 48 Stunden vorher benachrichtigen und eine Genehmigung einholen. Die Behörden können die Genehmigung nicht verweigern, können aber verlangen, die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen oder Gründen der Bewegungsfreiheit an einem anderen Ort oder Zeitpunkt zu veranstalten. Über eine zeitliche oder örtliche Verlegung durch die Behörden müssen die Organisatoren innerhalb von 12 Stunden nach ihrem Antrag auf Genehmigung schriftlich verständigt werden (US DOS 27.2.2014; vgl. AA 8.4.2014). In der Realität werden Demonstrationen allerdings meist von Sicherheitskräften blockiert, Menschen festgehalten oder verhaftet, mit der Begründung, dass keine Genehmigung vorliege. Während es Anfang Juni 2013 der Blue Party gelang, eine friedliche Demonstration mit mehreren tausend Demonstranten abzuhalten, wurden nachfolgende Demonstrationen der UDJ und auch der Blue Party in Addis Abeba sowie in anderen Städten behindert und zerstreut. Die Parteien berichten über Festnahmen, Hausarrest, Bürorazzien und Beschlagnahmung von Material (AA 8.4.2014).
Oppositionsparteien wie die All Ethiopian Unity Party (AEUP), die Unity for Democracy and Justice Party (UDJ), die Blue Party, die Ethiopian Raey (Visionary) Party u.a. berichten regelmäßig von Problemen, Örtlichkeiten für Versammlungen zu erhalten. Raumreservierungen werden kurzfristig storniert, oder es werden Genehmigungen der Behörden verlangt, z.B. einen Parteitag abzuhalten, obwohl es für eine solche Forderung keine gesetzliche Grundlage gibt. Einflussnahmen auf Hotels oder andere Anbieter werden von Regierungsseite regelmäßig abgestritten. Ebenso berichten die Parteien von massiven Schwierigkeiten, friedliche Demonstrationen zu organisieren (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Vereinigungsfreiheit (siehe auch Abschnitt 8/NGOs)
Das Gesetz sieht die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf uneingeschränkte friedliche politische Aktivität vor. Die Regierung schränkt diese Rechte jedoch ein (US DOS 27.2.2014; vgl. HRW 21.1.2014).
Das NGO-Gesetz sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechtsbereich (AA 8.4.2014; vgl. HRW 21.1.2014).
Die unabhängige Tätigkeit von Gewerkschaften im Lande wird trotz der in der Verfassung garantierten Vereinigungsfreiheit behindert, nicht partei- bzw. regimetreue Gewerkschaften werden oftmals untergraben, so wie es in der Vergangenheit mit der Ethiopian Teachers Association geschah (AA 8.4.2014; vgl. US DOS 27.2.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/267773/395126_de.html, Zugriff 2.9.2014
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Opposition
Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Ereignissen nach den Parlamentswahlen 2005 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt. Mit Blick auf die nächsten Parlamentswahlen 2015 bemühen sich die Oppositionsparteien um eine deutlichere Profilierung. Durch Allianzen und Vereinigungen beabsichtigen sie, an Stärke zu gewinnen. Neben der legalen politischen Opposition gibt es militante "Befreiungs"-Bewegungen, die im Juni 2011 vom äthiopischen Parlament als terroristische Organisationen gelistet wurden. Dazu zählen u.a. Ginbot 7, die Oromo Liberation Front (OLF) in der Region Oromia und Teile der Ogaden National Liberation Front (ONLF) in der Somali-Region, die sich nicht am Friedensabkommen mit der Regierung im Oktober 2010 beteiligt haben (AA 3.2014).
Die politische Betätigung für Oppositionsparteien wird de facto durch willkürliche Vorgaben hinsichtlich der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beschränkt. Parteimitglieder und -anhänger werden (gelegentlich) verhaftet oder (v.a. von den Sicherheitskräften) eingeschüchtert. Prominent sind die Verfahren gegen Oppositionsmitglieder, wie z.B. Andualem Arage (ehem. Pressesprecher der Unity for Democracy and Justice Party/UDJ), der mit anderen in einem Verfahren auf Grundlage des Antiterrorgesetzes zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. In einem anderen Verfahren sind 60 Vertreter der Volksgruppe der Oromo (ca. 35% der äthiopischen Bevölkerung) u.a. der Mitgliedschaft in der OLF angeklagt. Weite Teile der Opposition werden von der Regierung nicht als legitimer politischer Akteur anerkannt. In der Rhetorik versucht die Regierung immer wieder, die legalen Oppositionsparteien als "Schirm" für Terroristen dazustellen. Die Vorgehensweise gegen Oppositionelle begründet die Regierung regelmäßig mit gesetzlichen Bestimmungen (Antiterrorgesetz, Strafrecht) und Sicherheitsgründen bzw. mit der Bekämpfung des Terrorismus. Vereinzelt wird von Oppositionellen über willkürliche Festnahmen oder Fälle von Verschwindenlassen berichtet. In den meisten Fällen tauchen die Personen wieder auf, wie in zwei Fällen der Oppositionspartei AEUP. Jüngst veröffentlichte die Oppositionspartei UDJ einen Bericht, demzufolge in den letzten drei Jahren über 120 Mitglieder willkürlich festgehalten oder durchsucht wurden (AA 8.4.2014).
Äthiopische NGOs schätzen die Anzahl politischer Gefangener Ende 2012 auf bis zu 400, verschiedene Schätzungen gehen aber weit auseinander (FH 23.1.2014)
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
AA - Auswärtiges Amt (3.2014): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 2.9.2014


Yüklə 0,49 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   2   3   4   5   6




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©muhaz.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

gir | qeydiyyatdan keç
    Ana səhifə


yükləyin