Gericht bvwg entscheidungsdatum 19. 11. 2014 Geschäftszahl



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Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände habe außerdem nicht festgestellt werden können, dass eine Zurückweisung, eine Zurück- oder Abschiebung nach Äthiopien für die Beschwerdeführerin eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es werde davon ausgegangen, dass sie ihre familiären Anknüpfungspunkte in ihrer Heimat verschleiern möchte. Das Bundesasylamt gehe daher von bestehenden sozialen Anknüpfungspunkten in Äthiopien aus. Es werde unter anderem auch davon ausgegangen, dass ihre Halbschwester in der Schweiz lebe, was sie aber immer vehement bestreite. Die Beschwerdeführerin sei gesund und habe in der Vergangenheit ihren Lebensunterhalt durch Hausarbeiten bestreiten können und es sei davon auszugehen, dass sie dies auch in Zukunft vermag.
Ein schützenswertes Familienleben in Österreich liege nicht vor, eine besonders ausgeprägte Integration ebenfalls nicht, so dass die privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung in den Hintergrund treten würden.
14. Fristgerecht wurde am 23.02.2011 Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und Asyl zu gewähren, in eventu subsidiären Schutz und festzustellen, dass die Ausweisung unzulässig sei, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin keinen falschen Namen angegeben habe, sondern dass es sich nur um verschiedene Schreibweisen gehandelt habe, was insbesondere verständlich sei, da die Beschwerdeführerin Analphabetin sei. Zur Reise wolle sie wiederholen, dass sie bereits einmal zu flüchten versucht habe und in Libyen - von wo aus sie weiter nach Italien gewollt habe - gezwungen war aufzugeben und zurückzukehren. Beim zweiten Fluchtversuch sei sie dann über die Schweiz nach Österreich weiter gereist. Sie sei insgesamt zwei Monate zur Schule gegangen, solange sei ihr von der erwähnten Frau das Schulgeld bezahlt worden. Ihr Vater sei 1977 (nach dem äthiopischen Kalender) gestorben, sie sei alleine mit ihrer Mutter nach Addis Abeba gezogen. Für sie sei die Umrechnung auf den europäischen Kalender schwer. Der Vater ihres Kindes heiße XXXX, der Vorname ihres Kindes sei XXXX, dh sie kenne ihn unter dem Namen

XXXX. Er sei jetzt 8 Jahre alt; sie habe ihn zuletzt im Alter von einem Jahr gesehen. Die Adresse in Addis Abeba sei nicht ihre Wohnung gewesen, sondern wo sie gearbeitet habe. Ein Nachbar habe gesehen, wie der Vater ihres Kindes dieses mitgenommen habe; sie habe den Nachbarn gebeten, dem Vater des Kindes, falls er wiederkomme, nichts über sie zu sagen. Die Beweiswürdigung sei unzureichend, da auch nicht angegeben sei, welche Nachbarn befragt worden seien; möglicherweise wohnten jetzt auch andere Nachbarn dort.


Sie wisse nicht, was XXXX in den Visumsantrag geschrieben habe; es sei logisch, dass die befragten Nachbarn sie nicht kennen würden, habe sie doch in XXXX gelebt und auch nur, wenn sie von der Schweiz auf Besuch in Äthiopien gewesen sei. Ihr drohe Gefahr durch die in Äthiopien lebenden Brüder dieser Frau, da sie von ihr weggelaufen sei und diese für sie Geld bezahlt habe.
Sie sei der Regierung bekannt, weil sie die Partei Kinijit gewählt habe und bei Demonstrationen gewesen sei. Nach den Wahlen sei die Polizei bei ihr zuhause gewesen und habe ihr erklärt, sie dürfe das nicht mehr tun. Sie sei in der Folge dann immer wieder von der Polizei belästigt worden, diese seien bei ihr vorbeigegangen und hätten ihr Angst gemacht. Eine Freundin, welche diese Partei gewählt habe, sei vor 3 Jahren festgenommen worden und sie habe sie seither nicht mehr gesehen. Sie habe dies nicht so ausführlich erzählt, da die Behörde nicht genauer nachgefragt habe. Die belangte Behörde habe es unterlassen, Länderfeststellung zu Kinijit zu treffen. Die Beweiswürdigung sei gravierend fehlerhaft. Zudem sei die Beschwerdeführerin in Gefahr, einer grausamen und unmenschlichen Behandlung in Äthiopien ausgesetzt zu sein. Sie habe keine Verwandten in Äthiopien. Sie habe keine Schulbildung und habe nicht einmal genug Geld gehabt, ihr eigenes Kind großzuziehen. Diesbezüglich wurde in der Beschwerde auf den Bericht der Schweizer

Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Rückkehr einer jungen, alleinstehenden Frau vom 13.10.2009 und den Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe,

Äthiopien: Gewalt gegen Frauen vom 20.10.2010 verwiesen, welche der Beschwerde beigelegt waren. Es sei jedenfalls Schutz im Sinne des § 8 Asylgesetz zu gewähren. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich sei zudem aufgrund ihres Asylverfahrens rechtmäßig; eine Ausweisung würde einen unrechtmäßigen Eingriff in ihr Familien- und Privatleben darstellen, da sie in Äthiopien keinen Bereich hätte, wo sie ihre Persönlichkeit frei entwickeln und entfalten könnte.
15. Beschwerde und Veraltungsakt wurden am 02.03.2011 dem Asylgerichtshof vorgelegt.
16. Aufgrund des am 24.10.2011 beim Asylgerichtshof eigelangten Antrages wurde der Beschwerdeführerin mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 03.11.2011 die ARGE Rechtsberatung amtswegig zur Seite gestellt.
17. Verschiedene Bestätigungen bezüglich der Teilnahme an Alphabetisierungskursen wurden dem Asylgerichtshof am 14.11.2013 vorgelegt. Zudem wurde am 25.11.2013 eine von vielen Unterschriften gezeichnete Unterstützungserklärung für die Beschwerdeführerin übermittelt.
18. Wie in § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idgF vorgesehen, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
19. Eine weitere Bestätigung bezüglich der Teilnahme an einem Alphabetisierungskurs wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 03.02.2014 vorgelegt, eine weitere Bestätigung am 02.05.2014.
20. Infolge eines Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die gegenständliche Rechtssache am 25.08.2014 der Gerichtsabteilung I403 zur Entscheidung zugeteilt.
21. Für den 30.10.2014 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, anberaumt.
22. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erklärte mit Schreiben vom 08.09.2014, dass die Teilnahme eines Vertreters aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei, beantragte die Abweisung gegenständlicher Beschwerde und beantragte zudem, dass, falls das Bundesverwaltungsgericht die Heranziehung weiterer Quellen erwägen sollte, welche am Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens Zweifel aufkommen lassen würden, die Einholung einer aktuellen Stellungnahme der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
23. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der Beschwerdeführerin das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 5.September 2014, die ACCORD Anfragebeantwortung zu Äthiopien: Informationen zur Lage von alleinstehenden Frauen mit und ohne familäre Anknüpfungspunkte bei einer Rückkehr [a-8915] vom 27.10.2014 und der Bericht des Refugee Documentation Centre (Ireland): Ethiopia - Researched and compiled by the Refugee Documentation Centre of Ireland on 6 March 2014:

Information on whether the Kinijit political party operate in Ethiopia or outsinde the country? Information on treatment of members of the Kinijit political party übergeben und eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme vereinbart.


24. In einer Stellungnahme vom 04.11.2014 wurde ausgeführt, dass der Unterhalt der Beschwerdeführerin in Äthiopien durch Arbeit nur notdürftigst gedeckt gewesen sei; sie habe Essensreste von ihrem Arbeitgeber geschenkt bekommen und die Miete habe sie sich nur mit ihrer Zimmergenossin leisten können. Sollte sie wieder eine ähnliche Arbeit eingehen müssen, wäre sie auch gefährdet, wieder sexuell missbraucht zu werden, wie es der Beschwerdeführerin bereits vor 15 Jahren ergangen sei. Diesbezüglich verweise sie auch auf den Bericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern, Seite 23, wo von alltäglicher sexueller Gewalt gegen Frauen und der fehlenden Sensibilisierung der Polizei bzw. der Überforderung des Justizsystems berichtet wird. Der Stellungnahme war auch das Urteil des Schweizer Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.09.2013, Zl. E-6194/2012 beigelegt, wo die schwierige sozioökonomische Situation alleinstehender Frauen in Äthiopien beschrieben wird. Es wurde auch auf das Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtes Ansbach vom 07.08.2013, AN 3 K 12.30425 verwiesen, mit dem einer äthiopischen Staatsbürgerin aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinstehenden jungen Frauen in Äthiopien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war. Dort sei auch ausgeführt worden, dass die Mehrzahl der Frauen, welche allein in die Stadt kämen, als Prostituierte oder Bedienstete sexueller Gewalt ausgeliefert seien.
Die Beschwerdeführerin sei ebenfalls als alleinstehende junge Frau mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, für ihr Existenzminimum zu sorgen. Zudem wurde auf die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführerin verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin reiste in die Schweiz ein, stellte in der Folge aber in Österreich am 17.02.2010 einen Asylantrag, welcher negativ beschieden und sukzedan mit Beschwerde bekämpft wurde. Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest. Sie gehört der Volksgruppe der Hadiya an und lebte vor ihrer Ausreise in ärmlichen Verhältnissen. In Äthiopien besuchte sie nicht regelmäßig eine Schule, doch schloss sie in Österreich erfolgreich verschiedene Alphabetisierungskurse ab. Die Beschwerdeführerin hat in Äthiopien einen Sohn, mit dem sie aber nicht zusammenlebte. Nicht feststellbar ist, ob die Beschwerdeführerin Verwandte in der Schweiz hat. Es leben keine Familienangehörigen oder sonstige nahen Verwandten der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, allerdings ist sie sozial sehr integriert. Die Beschwerdeführerin spricht ausgezeichnet Deutsch und ist unbescholten. Es liegen keine schwerwiegenden Erkrankungen vor.
1.2. Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes hat sich ergeben, dass die Beschwerdeführerin in Äthiopien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist. Sie konnte eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Konvention nicht glaubhaft machen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Äthiopien in der Opposition politisch aktiv gewesen wäre und daher im Falle einer Rückkehr damit rechnen müsste, aufgrund einer tatsächlichen oder ihr unterstellten politischen Gesinnung von den äthiopischen Behörden verfolgt zu werden. Ihr diesbezügliches Vorbringen war widersprüchlich und nicht glaubhaft.
Es ist allerdings festzustellen, dass sich für die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr nach Äthiopien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK ergeben würde und dass diesbezüglich auch keine innerstaatliche Fluchtmöglichkeit besteht.
Der Unabhängige Bundesasylsenat hat mehrfach ausgesprochen, dass das Fehlen der Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung und das Fehlen der Sicherstellung des überlebensnotwendigen Existenzminimums (siehe UBAS vom 15.12.1999, 208.320/0-IX/25/99; UBAS vom 17.07.2000, 212.800/0-VIII/22/99; UBAS vom 12.06.2002, 216.594/0-VIII/22/02, UBAS vom 22.10.2004, 227.507/0-VIII/22/02, u.a.) für ein Refoulementverbot spricht. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Zielstaat einer Abschiebung im Einzelfall entgegenstehen (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059; 09.07.2002, 2001/01/40164; 13.11.2001 2000/01/0453).
Die Beschwerdeführerin konnte glaubhaft machen, dass sie im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat als alleinstehende Frau keine Möglichkeit hätte, sich wieder in der äthiopischen Gesellschaft zu integrieren, insbesondere da sie auf keinen Familienverband zurückgreifen könnte und sich bereits in der Vergangenheit in einer ökonomischen Notlage befand, die zu sexueller Gewalt führte.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer exzeptionellen Situation als alleinstehende Frau ohne familiären Rückhalt in Äthiopien und mit Erfahrungen sexueller Gewalt Äthiopien verlassen hatte, im Falle einer Rückkehr in eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende dauerhaft aussichtslose Lage geraten würde. Der Beschwerde zu Spruchteil II. war daher unter Abwägung der persönlichen Gründe der Beschwerdeführerin Folge zu geben und die Ausweisung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) ersatzlos aufzuheben.
1.3. Feststellungen zur Situation in Äthiopien
Länderinformation der Staatendokumentation
Politische Lage
Entsprechend der 1995 in Kraft getretenen Verfassung ist Äthiopien ein demokratischer Bundesstaat. Die Grenzen der Regionalstaaten (Kililoch, Kilil) orientieren sich an ethnischen, sprachlichen und Siedlungsgrenzen. Die Einführung eines föderalen Systems bedeutete eine Abkehr von der Tradition starker Zentralisierung und der früheren Dominanz der Volksgruppe der Amharen. Auf allen administrativen Ebenen werden regelmäßig Wahlen durchgeführt, zu denen Oppositionsparteien zugelassen sind. Der Präsident hat eine weitgehend repräsentative Rolle und darf keiner Partei angehören. Die politische Macht liegt beim Premierminister, der die Exekutive leitet, dem Ministerrat vorsitzt und die Streitkräfte befehligt (AA 3.2014; vgl. CIA 22.6.2014).
Dominierende politische Kraft ist die Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF), die sich aus vier Parteien zusammensetzt, der Tigray People's Liberation Front (TPLF), der Amhara National Democratic Movement (ANDM), der Oromo People's Democratic Organisation (OPDO) und der Southern Ethiopian Peoples' Democratic Movement (SEPDM). Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Ereignissen nach den Parlamentswahlen 2005 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt. Mit Blick auf die nächsten Parlamentswahlen 2015 bemühen sich die Oppositionsparteien um eine deutlichere Profilierung. Durch Allianzen und Vereinigungen beabsichtigen sie, an Stärke zu gewinnen (AA 3.2014).
Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Oberhaus "House of Federation" mit 108 Sitzen, die für eine fünfjährige Amtszeit von der Versammlungen der Regionalstaaten ernannt werden, und dem Unterhaus "House of Peoples' Representatives" mit 547 Sitzen, die für eine ebenfalls fünfjährige Amtszeit vom Volk gewählt werden. Die letzten Parlamentswahlen fanden am 23. Mai 2010 statt. Die Regierungspartei EPRDF hält seitdem 499 Sitze im Unterhaus, die SPDP (Somali People's Democratic Party) 24, BGPDP (Benishangul Gumuz People's Democratic Party) 9, ANDP (Afar National Democratic Party) 8, GPUDM (Gambella Peoples Unity Democratic Movement) 3, HNL (Harari National League) 1, FORUM (Ethiopian Federal Democratic Forum) 1, APDO (Argoba People's Democratic Organization) 1, ein Abgeordneter ist unabhängig. Der Premierminister wird nach den Parlamentswahlen von der Partei ernannt, die die Wahlen für sich entscheiden konnte (CIA 22.6.2014).
Der Präsident wird von den beiden Parlamentskammern für eine sechsjährige Amtszeit gewählt. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden am 7. Oktober 2013 statt. Bei diesen wurde Teshome Wirtu MULATU gewählt (CIA 22.6.2014).
Auch nach dem Ableben des langjährigen Premierministers Meles Zenawi im August 2012 ist Äthiopien innenpolitisch stabil geblieben. Regierung und Partei unter Führung des neuen Premierministers Desalegn HAILEMARIAM (seit 21. September 2012 im Amt) haben sich zur Erhaltung des Status Quo und der politischen Kontinuität bekannt (AA 8.4.2014; vgl. CIA 22.6.2014). Bei den friedlich verlaufenen Kommunalwahlen im Mai 2013 hat die regierende Parteienfront EPRDF fast alle Stimmen auf sich vereint. Der äthiopischen Regierung ist jedoch die Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität erkennbar wichtiger als demokratische Freiräume, Bürger- und individuelle Menschenrechte (AA 8.4.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (3.2014): Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 2.9.2014


AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand Februar 2014)
CIA - Central Intelligence Agency (22.6.2014): The World Factbook - Ethiopia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/et.html, Zugriff 2.9.2014


Sicherheitslage
Die innenpolitische Lage ist in weiten Landesteilen derzeit relativ ruhig, eine kurzfristige Verschlechterung der Sicherheitslage ist jedoch in allen Landesteilen jederzeit möglich. Nach den zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen, die Ende April 2014 in mehreren Universitätsstädten (Ambo, Hawassa, Adama, Jimma, Haromaya und Wallagaa/Wollega) stattgefunden haben, bleibt die Lage weiterhin gespannt, aber ruhig (AA 5.9.2014; vgl. BMEIA 5.9.2014). Vor allem in den Randgebieten des Landes kommt es jedoch immer wieder zu Unruhen, etwa in der Somali Region (Ogaden) im Osten, an der Grenze zu Eritrea, in der Gambella-Region oder in der Selamago Region (Süd Omo) (AA 5.9.2014).
Die Situation an der Grenze zu Eritrea (insbesondere in Nord-Afar) bleibt angespannt. Im Frühjahr 2012 kam es zu äthiopischen Angriffen auf Einrichtungen im eritreischen Grenzgebiet. Ein erneuter Ausbruch von Feindseligkeiten kann nicht ausgeschlossen werden (AA 5.9.2014; vgl. BMEIA 5.9.2014).
Im Jänner 2013 führte ein Konflikt zwischen ethnischen Oromo und Somali zur Vertreibung von 55.000 Menschen aus den Bezirken Gursum, Meyu, Kimbi und Chinaksen in der Region Oromia an der Grenze zu Kenia. Die Unsicherheit in der Region führte zu Verzögerungen bei der humanitären Hilfe (US DOS 27.2.2014).
In den letzten Jahren, zuletzt 2009 und im Oktober 2013, gab es vereinzelte (versuchte) Bombenanschläge in Addis Abeba. Das äthiopische Staatsfernsehen meldete am 3.6.2014 die Festnahme eines von al-Shabaab angeworbenen Terroristen, der Anschläge im Lande geplant haben soll. Auch besonders im Hinblick auf die in den letzten Monaten durchgeführten Anschläge der Al-Shabaab in Dschibuti und Kenia wird nicht ausgeschlossen, dass Äthiopien auch zukünftig Ziel von Anschlägen sein wird (AA 5.9.2014; vgl. BMEIA 5.9.2014).
In vielen Regionen Äthiopiens sind Minen verlegt, vor allem bis 80 km innerhalb der Grenzen zu Eritrea, Somalia, Sudan, Südsudan und Kenia (Borana Region); aber auch das Landesinnere ist teilweise vermint (BMEIA 5.9.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (5.9.2014): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und SIcherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html, Zugriff 5.9.2014
BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (5.9.2014): Reise & Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 5.9.2014


US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Somali-Region (Ogaden) / Grenze zu Somalia
In der Somali Region (Ogaden) im Osten führt die äthiopische Armee bewaffnete Einsätze gegen Mitglieder der ONLF (Ogaden National Liberation Front) durch. Im Grenzgebiet zu Somalia ist aufgrund möglicher militärischer Aktionen gegen Kämpfer der radikalislamistischen Terrororganisation al-Shabaab auch grenzüberschreitend mit größeren Truppenbewegungen zu rechnen (AA 5.9.2014). Es kommt in der Region zu Kämpfen zwischen Rebellengruppen und dem Militär, zu Bombenexplosionen, und es besteht Minengefahr (BMEIA 5.9.2014).
Die ONLF ist eine ethnisch basierte, gewalttätige und separatistische Gruppe, deren verschiedene Splittergruppen vor allem in der Somali Region aktiv sind (US DOS 27.2.2014). Die Gruppe kämpft seit 1991 für die Unabhängigkeit der Region. Begonnene Friedensgespräche zwischen der äthiopischen Regierung und der ONLF in Kenia wurden 2012 ergebnislos abgebrochen. Im Oktober 2013 führte die ONLF eine Reihe von Angriffen auf äthiopische Militärposten aus, bei denen 24 äthiopische Soldaten ums Leben kamen (FH 23.1.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (5.9.2014): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und SIcherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html, Zugriff 5.9.2014
BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (5.9.2014): Reise & Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 5.9.2014


FH - Freedom House (23.1.2014): Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, Zugriff 2.9.2014
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff 2.9.2014
Gambella / Grenze zu Südsudan
In der Gambella-Region (im Westen des Landes an der Grenze zum Süd-Sudan) wurden in letzter Zeit vermehrt sicherheitsrelevante Zwischenfälle, Stammeskonflikte und gewalttätige Auseinandersetzungen berichtet, teilweise auch ausgehend von Stammesgruppen aus Südsudan (AA 5.9.2014, vgl. BMEIA 5.9.2014). Im Grenzgebiet nördlich der Stadt Gambella besteht erhebliche Minengefahr (BMEIA 5.9.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (5.9.2014): Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und SIcherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AethiopienSicherheit_node.html, Zugriff 5.9.2014
BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (5.9.2014): Reise & Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 5.9.2014


Rechtsschutz/Justizwesen
Gesetzlich ist eine unabhängige Justiz vorgesehen. Zivilgerichte arbeiten weitgehend unabhängig, die Strafgerichte sind aber weiterhin schwach, überlastet und werden politisch beeinflusst. Sowohl religiöse als auch traditionelle Gerichte sind verfassungsmäßig anerkannt. Viele Bürger in ländlichen Gebieten haben kaum Zugang zum formalen Justizsystem und sind auf traditionelle Konfliktlösungsmechanismen angewiesen. Laut Gesetz müssen alle Streitparteien zustimmen, wenn ein traditionelles oder religiöses Gericht in einem Fall entscheiden soll, und jede Partei kann sich jederzeit an ein reguläres Gericht wenden. Scharia-Gerichte können religiöse und Familienrechtsfälle übernehmen, die Muslime betreffen. Scharia-Gerichte erhalten finanzielle Unterstützung durch den Staat und urteilten in der Mehrheit der Fälle in den vorwiegend muslimischen Somali- und Afar-Gebieten. Daneben gibt es noch weitere traditionelle Rechtssysteme, wie etwa Ältestenräte. Frauen haben im traditionellen Rechtssystem keinen Zugang zu freien und fairen Verhandlungen, da sie traditionellerweise von der Teilnahme an Ältestenräten ausgeschlossen sind und in ländlichen Gebieten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbreitet ist (US DOS 27.2.2014).
Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht ersichtlich. Die äthiopische Regierung bestreitet zudem Strafverfolgung aus politischen Gründen. Allerdings berichten Oppositionspolitiker, Journalisten und inzwischen auch vereinzelt Muslimaktivisten von Einschüchterungen, willkürlichen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Dies geschieht inzwischen oft unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung und Wahrung der Sicherheit und Integrität des Landes. Bei einer vermuteten Nähe zu gewaltbereiten Gruppen (OLF, ONLF, Ginbot 7) oder einem (teilweise noch unbestätigten) Verdacht, zu Terrorismus anstiften zu wollen, wird hart durchgegriffen (AA 8.4.2014).

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