Inhalt: Eröffnung durch Präsident Mag. Freibauer (Seite 688). Mitteilung des Einlaufes (Seite 688). (Fortsetzung) Spezialdebatte



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Zweiter Präsident Sacher: Frau Klubobfrau Dr. Petrovic hat sich zur Geschäftsordnung gemel­det. Ich erteile ihr das Wort.

Abg. MMag. Dr. Petrovic (Grüne): Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Damen und Herren!

Unter Bezugnahme auf § 30 der Geschäfts­ordnung moniere ich zuerst die Absenz sämtlicher Mitglieder der NÖ Landesregierung. Ich habe ei­nem Zwischenruf des Herrn Präsidenten soeben entnommen, dass parallel zu dieser Sitzung eine Regierungssitzung anberaumt wurde. Gestern war zur Hauptdebatte des Budgets eine Pressekonfe­renz des Herrn Landeshauptmannes. Das ganze Verhalten der Regierungsmitglieder läuft schon auf eine systematische Missachtung des Landtages, der das Budget für die Regierung beschließen soll, hinaus. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und FPÖ.)

Aus dem § 30 ergibt sich zwar sinngemäß na­türlich nicht die Verpflichtung aller Regierungsmit­glieder während der gesamten Budgetdebatte an­wesend zu sein, das kann und wird nicht erwartet werden. Es ergibt sich aber sehr wohl sinngemäß die Verpflichtung zumindest der jeweils ressortzu­ständigen Regierungsmitglieder, für ihre jeweiligen Kapitel hier der Debatte zu folgen, die Argumente auch zu hören und sicher daher auch das Recht der Landesregierungsmitglieder, sich jederzeit in die Debatte einzuschalten ohne Unterbrechung der Rednerin, des Redners. Dieses Recht hätte ja kei­nen Sinn wenn die Regierung praktisch in Perma­nenz anderen Verpflichtungen nachgeht! Ich stelle daher gemäß § 30 Abs. 2 das Verlangen, dass zumindest nunmehr das ressortzuständige Regie­rungsmitglied Landesrätin Dr. Bohuslav der Sitzung beiwohnen möge und dass der Landtag ein ent­sprechendes Verlangen darüber stellt. (Beifall bei den Grünen und der FPÖ.)

Zweiter Präsident Sacher: Über diesen An­trag der Geschäftsordnung ist unverzüglich abzu­stimmen. Sie haben den Antrag gehört. (Nach Ab­stimmung:) Der Antrag ist abgelehnt. Für diesen Antrag haben die grünen Abgeordneten und der Abgeordnete der FPÖ, Kollege Waldhäusl, ge­stimmt. Alle übrigen anwesenden Abgeordneten haben den Antrag abgelehnt.

Wir setzen die Debatte fort. Bevor ich der nächsten Rednerin, Frau Dr. Krismer-Huber das Wort erteile, möchte ich die Schüler der Haupt­schule Herzogenburg herzlich begrüßen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern. (Beifall im Hohen Hause.)


Frau Abgeordnete Dr. Krismer-Huber bitte.

Abg. Dr. Krismer-Huber (Grüne): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe vor, bei diesem Debattenbeitrag ein­zugehen auf den größten Bauchfleck der Bundes­regierung – die Pflege. Und ich als Abgeordnete sehe das wirklich als gewaltigen Affront der zustän­digen Dr. Bohuslav, heute nicht anwesend zu sein. Und es ist auch ein Selbstbewusstsein in diesem Haus, insbesondere was die Sozialdemokraten betrifft. Wir hier, ja, und auch Sie, Herr Präsident, haben das Recht, dass die Regierungsmitglieder mit uns den Diskurs über das Budget 2008 führen, weil die haben es zu vollziehen. Das ist eine Igno­ranz in diesem Haus. Also ich habe da so den Ein­druck, ihr lebt wirklich …, lehnt euch zurück in die Sessel, das schaut aus da wie ein Zigarrenklub oder eine anonyme Selbsthilfegruppe, aber das ist kein lebendiges Hohes Haus, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)


Ich bin sehr froh, dass Schüler da oben sind, Presse gibt es am zweiten Tag ohnehin keine. (Abg. Thumpser: Bis vor drei Minuten bist noch draußen gewesen!)

Ja, ich werde auch dann wieder einmal drei Minuten hinaus gehen bei einer Budgetdebatte von 14 Stunden. Na Sie sind ja eh da. Was fühlen Sie sich denn da angegriffen? Sie sind ja nicht das Regierungsmitglied. Also ihr bleibt und seid Was­serträger der ÖVP Niederösterreich. Nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei den Grünen.)

Aber jetzt kommen wir zu den Inhalten. Warum wäre es denn so wichtig, dass die Frau Dr. Bohuslav hier ist? Weil wir mit Wien das Bundes­land sind, das die meisten – und ich werde das jetzt sozusagen den Begriff auch wenn er mir nicht passt, aber eben jetzt gängig ist – dieser illegalen Pflege mit zirka 5.000 und hoch geschätzt 8.000 Menschen in Niederösterreich, die sich so privat Pflege, Betreuung bis hin zum Hausputzen organi­siert haben. Und da muss man einen Diskurs füh­ren, weil ja diese Bundesregierung, und das sind wieder die zwei großen Parteien, ja nichts zustande gebracht haben. Wenn wir von ungefähr 8.000 Menschen reden, die sich privat das Leben organi­siert haben, dann kommt jetzt aber das Schwere, worum geht’s denn da? Nicht nur um Menschen, sondern es geht um verdammt viel Geld. Ja? Die Frau Dr. Bohuslav hätte jetzt genau die Zahlen sagen können wie viele Menschen derzeit in unse-
ren 48 Landespensionisten- und Pflegeheimen und Vertragsheimen und den 11 privaten sind. In etwa 10.000 bis 11.000 Menschen. Also, 8.000 draußen, die sich das selber organisiert haben, stehen 11.000 Personen gegenüber für die die öffentliche Hand Infrastrukturen geschaffen hat. Und dann haben wir noch 13.500, die durch sozialmedizini­sche Dienste tagtäglich vom Hilfswerk, von der Volkshilfe, vom Roten Kreuz, Caritas Wien und Niederösterreich, von diesen Trägerorganisationen wirklich tatkräftig unterstützt werden. Ich bin nicht die, die groß immer Dank ausspricht, aber wirklich einmal einen Dank nämlich vor allem an diese Frauen. Weil es sind Frauen, die diese Arbeit an uns allen leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Und weil der Herr Waldhäusl jetzt nicht da ist, aber die ÖVP ist ja da. Die ÖVP ist ja seit Jahr­zehnten in diesem Land und die ÖVP ist seit ewi­gen Zeiten in der Regierung. Sie hat es ja auch geschafft, dass sie als dritter den Kanzler stellt. Und alles ist unter den Teppich gekehrt worden. Und die Blütezeit war wirklich das konservative rechte Beiwagerl das ihr ÖVP gehabt habt, die nämlich genau diese Ausländerbeschäftigungspoli­tik … (Heftige Unruhe bei Abg. Mag. Wilfing.)


Sie wissen ganz genau, Kollege Wilfing! Reden Sie mit Menschen in der Baubranche, reden Sie mit Menschen in der Gastronomie. Und dann werden Sie wissen, dass Sie eine verfehlte Wirtschaftspoli­tik gemacht haben, Kollege Wilfing. (Beifall bei den Grünen. – Anhaltende Unruhe im Hohen Hause.)

Und massiv spüren es die Menschen genau in diesem Sozialbereich: Das ist Ihr Versagen als Regierungsmannschaft der letzten, ewigen Zeiten.

Um mein Organ braucht ihr euch nicht küm­mern. Und andere Organe bei mir auch nicht.

Die Menschen haben sich in der Zivilgesell­schaft mangels irgend eines Regulatives allein gelassen gefühlt und mussten sich organisieren. Ich habe noch nie gehört, dass wir intensiv eine Analyse machen. Die Frau Dr. Bohuslav ist einmal kurz an die Presse gegangen. Was ja auch klar ist, weil man die Menschen sehr schwer herankarren kann und sie „ausfratscheln“ warum sie denn das tun, ja? Aber es gibt sozusagen Möglichkeiten, warum sie sich das Leben so organisiert haben. Das eine ist einmal relativ fix. Es sind Menschen, die einmal ausreichend Finanzmittel zur Verfügung haben. Die Ärmsten sind das nicht.

Das Zweite ist: Wir müssen auch ehrlich sein, dass die Gesellschaft sich gewandelt hat, dass die Familienstrukturen so nicht mehr sind und dass eben Frauen nicht mehr bereit sind, zuerst für die Kinder da zu sein und dann auch für die Schwie­germutter da zu sein. Das hat sich gewandelt. Das heißt, seien wir ehrlich: Haben wir flächendeckend die … Können wir gewährleisten, dass jede und jeder die Betreuung, Pflege bekommt wie er es braucht. Da werden wir sehen, da haben wir viel­leicht noch Defizite.

Ein weiterer Punkt ist, dass das für die Men­schen so praktisch ist. Es kommt nicht eine Person, die pflegt am Vormittag eine Stunde, dann kommt jemand zur Heimhilfe. Sondern da ist eine Person da, plaudern werden sie nicht so gut können wenn sie tschechisch oder slowakisch spricht, also zu­mindest keine Deutschkenntnisse hat, aber das funktioniert halt zwischenmenschlich irgendwie. Und das ist Pflegen, das ist Betreuen, das ist die Fenster putzen, und wenn der Großvater da ist, auch noch dem Großvater zublinzeln. Also das ist sozusagen ein … (Abg. Erber: Na geh!)


Wir wissen, dass bis zu 10 Prozent der sexuellen Übergriffe genau auf diese häusliche Betreuung zurückgehen. (Abg. Erber: Von wo sind die Zah­len?)

Das hören Sie nicht gerne. Das sind aber auch Dunkelzahlen über die gesprochen werden muss. Und ich komm dann gleich dazu, warum das aus grüner Sicht nicht die Zukunft für das Land sein kann. (Beifall bei den Grünen. – Unruhe im Hohen Hause.)

Wo sozusagen dieser Bauchfleck, diese Tra­gödie, was ist derzeit der Iststand? Ihr lieber Mi­nister Bartenstein, der ja so einmal Wirtschaftshut, einmal Arbeitsministerhut trägt, also ich habe so den Eindruck eigentlich eh nur so einen großen Zylinder Wirtschaftshut trägt, hat natürlich in eini­gen Ansätzen Recht. Das sage sogar ich. Weil es ist als Basis das Hausangestelltengesetz da gewe­sen. Wir alle wissen, dass genau von diesen Dienstleistungen die EU-Richtlinie Arbeitszeitgesetz genau diese Branchen ausnimmt. Und wir wissen, dass es in Zukunft möglich sein wird, dass eben sozusagen diese Sozialbetriebe über die Grenzen herein auch in Niederösterreich diese Dienstleis­tungen anbieten. Das heißt, wir sind ja in einem Größeren eingebunden, das uns sozusagen diese Grenzen zu machen erschwert. So wie es der Herr Waldhäusl ja gerne hätte. Aber das geht halt nicht in einem größeren Europa. Und diesem Herrn Mi­nister gegenüber haben wir einen lieben Salzburger Sozialminister, der jahrelang Sozialpolitik gemacht hat und der nichts auf die Beine bringt. Also die letzten Stunden noch einmal der Umfaller was die Amnestie betrifft, da kann ich ja nur sagen, Gottsei­dank hat er wenigstens … Also der Umfaller ist ja berechtigt. Weil dieses Paket, das geschnürt wurde, hat für die Menschen bedeutet: Du musst wahnsinnig viel Geld haben sonst kannst es dir nicht leisten. Es hat bedeutet, kein Mensch kennt sich aus wie das zu administrieren ist. Man hat die Menschen in der Tat …, hätte sie überfallen. Das heißt, die Erkenntnis, dass die Amnestie über den 1. Juli 2007 hinaus verlängert werden muss, ist ja sozusagen ein Umfaller in Kombination mit einer kleinen Erleuchtung gewesen.

Das heißt aber, zurück zum Start. Und zurück zum Start heißt für Niederösterreich mehr als ich - ich tu jetzt so als wär er da - vom Herrn Landesrat Sobotka gehört habe. Dass er von einem Gesund­heits- und Pflege … Also von Gesundheits- und Pflegeindizes gesprochen hat im Rahmen seiner Budgetrede. Aber Erklärung hat er uns keine gege­ben. Also, a la – ich weiß nicht – Daw Jones-Index, ja, machen wir jetzt eine Pflegebörse auf. Also er hat nicht darüber gesprochen was das bedeuten soll.

Und nur für jetzt die beginnenden Finanzaus­gleichsverhandlungen zu sagen, das darf den Ge­meinden nicht mehr Geld kosten wie es der Herr Kollege Riedl in der eigenen ÖVP-Gemeindever­treterverbandszeitung seit längerem schreibt wird zu wenig sein. Wir brauchen eine völlig neue Fi­nanzaufstellung und wir müssen einfach jetzt die Entscheidung treffen, und zwar hier in Niederöster­reich, wo wir nach 2011 hin wollen. Und wir müssen eine Antwort geben, weil das die Menschen ganz einfach wollen in unserem Land. Und da habe ich nichts von der ÖVP bis jetzt gehört. (Beifall bei den Grünen.)
Von den Grünen haben Sie da sehr viel gehört. Das ist das Letzte, weil das Letzte merken Sie sich vielleicht, ja? Dazwischen noch einen Schritt. (Abg. Weninger: Also so etwas von überheblich, präpo­tent und herablassend hab ich überhaupt noch nicht erlebt!)

Bis 2040 haben wir die demografische Spitze erreicht. Und wir haben jetzt noch ausreichend Zeit. Und beginnen sollte man am besten gestern. Ja? Wir haben jetzt das Budget für 2008 zu beschießen auf das wir eingehen. Also: Die gesetzlichen Grundlagen die wir bis jetzt haben, sind nicht die schlechtesten. Wenn sich alle Bundesländer an die 15a-Vereinbarung gehalten hätten und die mobile Betreuung, die Tagesheimstätten, alle Möglichkei­ten in der Fläche um den Menschen was anzubie­ten, gemacht hätten, dann würde das nicht so triste ausschauen. Es ist sehr viel passiert, ja? Aber nicht durch die Dr. Bohuslav, sondern da hat Liese Prokop, das muss man sagen, einiges auf den Weg gebracht. Aber ich sehe nicht, dass es jetzt Bemü­hungen gibt, dass es jetzt Antworten gibt, dass wir jetzt die Dinge auf die Beine bringen. Wir müssen darüber reden, wie wir in den kleinen Strukturen … Wenn in Niederösterreich das Soziale, die Pflege­heime, Landessache sind, dann werden wir darüber reden müssen was wir in den Gemeinden machen und vor Ort den Menschen Tagesheimstätten und, und, und anbieten. Da muss es Finanzmittel geben, da muss es klare Richtlinien geben. Das haben wir noch nicht. Ja? Das haben wir noch nicht. Und dazu muss man sich jetzt bekennen, ja? Habe ich noch nichts gehört, ja? Kühler Kopf und sonst nur Lippenbekenntnisse von Ihnen! (Abg. Grandl: Da­her brauchen wir die Verlängerung, Frau Kollegin!)

Das heißt: Für uns Grüne wäre es wichtig, ja, da die Selbständigkeit in dem Bereich kaum durchführbar ist aus vielen arbeitsrechtlichen Grün­den, man dennoch aber sozusagen nicht selbstän­dig dieses Angebot schaffen muss was diese sozu­sagen 8.000 Menschen betrifft. Dass es verpflich­tend so was wie Care and Case-Management ge­ben muss. Das brauchen wir nämlich mehr für die Angehörigen als Sie glauben. Also eine Urlaubsak­tion ist ja lieb gemeint vom Herrn Landeshaupt­mann. Aber das bringt ihnen tagtäglich nichts! (Abg. Erber: Das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun!)

Es gibt Studien vom Ministerium, die eindeutig sagen was diese Menschen brauchen. Sie fühlen sich alleine. Die brauchen jemanden der sie davor schützt, sich selber auszubeuten. Meistens sind das Frauen um die 56, das ist so der Altersdurch­schnitt, die lassen ja den eigenen Mann oder den Papa oder die Mama gar nicht aus. Die haben sich ja so hinein gelebt, dass sie Angst haben, wenn sie zwei, drei Wochen weg wären, dann passiert was. Die anderen können das nicht so gut. Da spielt sich ja bitte psychisch in diesen Beziehungen soviel ab. Und das muss man sich genau anschauen. Die brauchen wirklich eine Unterstützung, Begleitung, weil sonst haben die Frauen ein Burn out.

Ich hätte jetzt in der Budgetsitzung ganz gerne mit dem zuständigen Regierungsmitglied darüber gesprochen. Ich hätte ganz gerne einmal in einem Sozial-Ausschuss darüber gesprochen, was wollen wir in Niederösterreich? Wie weit sind wir vom Bundesbauchfleck weg? Wie weit passen hier die Ansichten der Regierungsparteien zusammen? Weil ich der Meinung bin, dass die Grünen relativ gute Konzepte in diesem Bereich haben. Es hier jetzt nicht um husch-pfusch geht. (Abg. Erber: Hät­tet ihr eines vorgelegt!)

Sondern wir müssen bis 2040 fit sein und das muss arbeitsrechtlich, sozialrechtlich auf gesunde Beine gestellt werden. Danke! (Beifall bei den Grü­nen.)



Zweiter Präsident Sacher: Hoher Landtag! Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Krismer-Huber! Sie sind eine von 56 Abgeordneten dieses Landtages! Ich kann Ihre Selbsteinschätzung, dass wir ein Zigarrenklub und eine Selbsthilfegruppe seien, nicht teilen. Das wollte ich Ihnen nur sagen. (Beifall bei der ÖVP und SPÖ.)

Und ein Zweites für die Gäste auf der Galerie: Unsere Sitzungen dauern gestern und heute 12, 13, 14 Stunden. Das zur Relativierung der nicht immer vollständigen Anwesenheit von Damen und Herren dieses Hauses. (Beifall bei Abg. der SPÖ und ÖVP.)

Ich darf als nächster Rednerin Frau Abgeord­neter Vladyka das Wort erteilen. Hauptrednerin des SPÖ-Klubs, 15 Minuten.

Abg. Vladyka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses!

Ich möchte nicht auf die verbalen Verunglimp­fungen meiner Vorrednerin eingehen, denn die sind wirklich unter der Würde dieses Hauses. (Beifall bei der SPÖ und ÖVP.)

Aber zum Kollegen Waldhäusl möchte ich schon eines sagen: Wenn hier immer wieder davon gesprochen wird vom Umfallen des Bundeskanz­lers oder der Sozialdemokraten. Ich bin froh, dass wir es unserem Bundeskanzler zu verdanken ha­ben, dass er gerade in dieser so wichtigen Angele­genheit wie der Amnestie im Pflegebereich hier federführend und maßgeblich beteiligt war dass diese bis Jahresende noch die Amnestie gelten kann. Und jetzt liegt es an Herrn Finanzminister, hier ein umfassendes finanzielles Gesamtkonzept vorzulegen. Ihr habt so lange Zeit gehabt in den letzten Jahren, habt nichts gemacht. Wir haben in den letzten fünf Monaten schon mehr weiter ge­bracht. Und wir müssen uns jetzt mit … Unser Mi­nister muss sich jetzt mit diesem Problem herum­schlagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Jetzt seid ihr einmal an der Reihe, auch hier Flagge zu zeigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Erber: Was habt ihr gemacht? Beispiele!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte meine diesjährigen Betrachtungen … Wir können gerne ein paar Beispiele diskutieren.

Ich möchte meine diesjährige Betrachtung zum Thema Soziales in der heutigen Budgetdebatte unter das Motto „unser Nächster ist jeder Mensch, besonders der, der unsere Hilfe braucht“, stellen. Dazu gehört für mich soziale Kompetenz. Aber was bedeutet eigentlich das Wort „sozial“? Das Wort „sozial“ bedeutet gemeinsam verbunden, das Wohl anderer im Auge zu behalten, fürsorglich auch an die Allgemeinheit zu denken, das Zusammenleben der Individuen muss im Zentrum des sozialen Sys­tems stehen.

Damit komme ich schon zu einer wichtigen Grundlage unserer sozialen Arbeit, dem Armutsbe­richt. Laut des letzten Berichtes verfügt das ein­kommensschwächste Viertel der österreichischen Bevölkerung über jährlich weniger als 13.598 Euro an bedarfsgewichteten Netto-Pro-Kopf-Einkommen. Das einkommensstärkste Viertel hat hingegen ein Jahreseinkommen von zumindest 23.735 Euro. Einen deutlich niedrigeren relativen Lebensstan­dard haben Alleinstehende, Pensionistinnen, kin­derreiche Haushalte und Ein-Eltern-Familien sowie Migrantinnen und Migranten. Haushalte, deren Haupteinnahmensquelle aus Sozialleistungen ohne Pensionen besteht, haben den niedrigsten Medi­anlebensstandard. Und 60 Prozent des Median­äquivalenzeinkommens bilden nach europäischer Konvention ja die Armutsgefährdungsschwelle. Das sind in Österreich für einen Einpersonenhaushalt 10.796 Euro im Jahr bzw. 900 Euro im Monat. Rund eine Million Menschen lebten ja in Österreich 2005 in Haushalten, die entsprechend ihrer Haus­haltszusammensetzung weniger an Einkommen zur Verfügung hatten. Das heißt, ein Drittel der Betrof­fenen sitzt dauerhaft unter den Bedingungen von Armut und Ausgrenzung fest. Die Hälfte aller akut armen Personen ist zumindest für ein Jahr dieser Situation ausgesetzt. Das Risiko, ohne Halt abzu­stürzen ist gestiegen auch für Personen die es sich in ihrem Leben nie gedacht hätten!

Die Folgen: Armut macht krank! Menschen, die in Armut leben sind doppelt so oft krank wie nicht Arme. Arme Kinder von heute sind die chronisch Kranken von morgen!

Ein Beispiel: „Ich war über 16 Jahre in der Kantine und später auch in der Küche eines Groß­betriebes beschäftigt. Nach einer etappenweisen Personalreduzierung von früher 7 auf zuletzt 2 Per­sonen wurden diese Arbeitsbereiche einer Perso­nalleasingfirma übergeben. Ich war sehr deprimiert, konnte nicht mehr schlafen. Ich kam mir vor wie ein dreckiger Fetzen den man wegwirft. Seither habe ich schon mehr als 100 Firmen angerufen und viele Vorstellungsgespräche geführt. Die Hauptursache, warum ich immer wieder Absagen bekomme, ist mein Alter. Ich bin 49 Jahre alt.“ So eine Betroffene.

Oder: Armut ist Stress, Armut macht einsam, Armut nimmt Zukunft. Menschen die am Limit leben haben geringere Aufstiegschancen. Ihre Zukunft wird von der sozialen Herkunft bestimmt. Auch hier ein Beispiel: Seit der Scheidung ist Herr G. ob­dachlos und verbringt die Nacht in der Notschlaf­stelle. Damit er sich wieder eine eigene Wohnung leisten wird können bräuchte er dringend einen Job. Bei allen Vorstellungsgesprächen, bei denen er die Notschlafstelle als seine Mailadresse angeben musste, hat man ihm gesagt, dass er benachrichtigt wird ob er den Job bekommt. Bisher hat sich aber keine der 15 Firmen, bei denen er war, gemeldet.

Armut erzeugt einen Mangel an Möglichkeiten. Mit dem nunmehr vorliegenden Sozialbericht für Niederösterreich von unserem zuständigen Landes­rat Emil Schabl soll gerade diese Situation in Nie­derösterreich näher beleuchtet werden und die Maßnahmen der gebotenen Unterstützung, auch Hilfe, darstellen.

Ein wichtiger Bestandteil, ist ja schon kurz an­gesprochen worden, ist die Sozialhilfe. Sie umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, die Hilfe in besonderen Lebenslagen sowie die Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Die Hilfe erfolgt entweder durch Geld- oder Sachleistungen oder durch ambulante, teilstationäre und stationäre Dienste.

Ein kurzer Überblick zeigt, wie eklatant einer­seits die Anzahl der Betroffenen in einigen Berei­chen zugenommen hat, aber auch die Höhe der Zuwendungen, die auf Grund der hohen Betroffen­heit in vielen Bereichen seit 2001 gestiegen ist. Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt beträgt die Steige­rung 37,4 Prozent und die Dauerhilfen sind sogar um 68,7 Prozent gestiegen. Die Hilfe in besonderen Lebenslagen ist bei der Anzahl der Betroffenen sogar um 463,9 Prozent und der Aufwand bei den hiefür geleisteten Beihilfen um 414,1 Prozent ge­stiegen. Der Aufwand der Darlehen ist zurückge­gangen. Das heißt aber für mich, dass immer mehr Menschen auf immer höhere Beihilfen angewiesen sind, da Darlehen auf Grund ihrer Situation oft nicht zurückgezahlt werden können. Oft reicht es nicht einmal mehr für den täglichen Einkauf. Wenn ich bedenke, dass nunmehr einige Lebensmittel so teuer wie noch nie geworden sind … Auch Preis­steigerung bei Mieten und Treibstoffen tragen zu einer weiteren Verschlechterung der Lebenssitua­tion vieler bei.

Eines freut mich heute ganz besonders, auch wenn unsere Regierungsmitglieder hier nicht anwe­send sind, aber sie sind es, die heute und gerade jetzt bei der Regierungssitzung den für uns so wichtigen Antrag, nämlich die Richtlinienfestset­zung für den Heizkostenzuschuss beschließen, damit unsere Menschen der Hilfe bedürfen, in Zu­kunft nicht mehr als Bittsteller jedes Jahr hier um einen Heizkostenzuschuss betteln müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich ist auch eines wichtig, dass es hier zumindest bei der Festlegung der Höhe die ja be­schlossen wird, keine Verschlechterung geben wird. Bis dato waren es ja 100 Euro im letzten Jahr, die ja an Heizkostenzuschuss vergeben wurden. Und ich hoffe, dass zumindest diese 100 Euro wenn nicht mehr für die Zukunft auch Bestand ha­ben werden. Auf keinen Fall darf es zu einer Mini­mierung kommen. Aber davon gehe ich ohnehin aus.

Auf die Umstellung durch die Digitalisierung des Fernsehens stellt viele einkommensschwache Haushalte vor ein unlösbares Problem. All jene, die weder über ein Kabel noch über einen Satelliten­empfang verfügen sind zum Kauf eines Zusatzge­rätes gezwungen. Um auch jenen Personen, die auf Grund ihrer Einkommenssituation schon jetzt von der Rundfunk- und Fernsehgebühr befreit sind, auch weiterhin die Möglichkeit des Zuganges zu diesen Diensten der Informationsgesellschaft zu ermöglichen, darf ich folgenden Resolutionsantrag einbringen (liest:)

„Resolutionsantrag

der Abgeordneten Vladyka zur Gruppe 4 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 2008, Ltg. Zl. 887/V-5, betreffend Förde­rung des Zugangs zum digitalen Antennenfernse­hen für rundfunkgebührenbefreite Personen.

Basierend auf dem 2003 veröffentlichten Digi­talisierungskonzept der Regulierungsbehörde KommAustria wird seit Ende September 2006 das Digitale Antennenfernsehen in Österreich (Digital Video Broadcasting – Terrestrial) eingeführt. Das DVB-T ist ein internationaler Standard für das Di­gitale Antennenfernsehen. Dabei werden Bild- und Tonsignale in digitale Impulse umgewandelt und übertragen. Die Digitalisierung des Fernsehens ist nach Einführung des Farbfernsehens und der Übertragung via Kabel und Satellit der nächste technische Schritt in die Zukunft. Mit der Einführung von DVB-T folgt Österreich einer Empfehlung der EU-Kommission, wonach die digitale Übertra­gungstechnik das analoge Fernsehen bis 2012 in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union ablösen soll.

Am 7. Juni 2006 fand in Wien eine von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) organisierte internationale Fachkonferenz im Rahmen des EUProjektes DICE (Digital Innova­tion through Cooperation in Europe) statt, bei der der damalige Kunst- und Medienstaatssekretär Morak betonte, dass jedem Bürger und jeder Bür­gerin – unabhängig von Einkommen oder Wohnort – Zugang zu den Diensten der Informationsgesell­schaft gewährt sein müsse. Gerade digitales Fern­sehen könne einen wertvollen Beitrag zur Vermei­dung des so genannten ‚digital divide’ leisten.

Mit 4. Juni 2007 begann im Raum Amstetten die Umstellung vom terrestrischen auf das digitale Antennenfernsehen. Damit ist ein Empfang der ORF-Programme für Personen, die über keinen Kabel- oder Satellitenanschluss verfügen, nur noch unter Verwendung von Zusatzgeräten (DVB-T Bo­xen) möglich und somit zwangsläufig mit zusätzli­chen Kosten verbunden. Gerade für Personen, die aufgrund ihres geringen Einkommens bereits von der Rundfunk- und Fernsehgebühr befreit sind, stellt die Anschaffung derartiger Geräte eine finan­zielle Belastung dar. Eine aus Mitteln des Digitali­sierungsfonds durchgeführte Gutscheinaktion, mit der DVB-T Boxen um 40,00 Euro günstiger erwor­ben werden konnten, konnte jedoch nur für Ankauf von Geräten verwendet werden, die über ‚Multime­dia Home Platform’ (MHP) verfügten, die sich je­doch in einer Preisklasse von 120,00 Euro aufwärts bewegten. Während nicht MHP-fähige Geräte, so­genannte ‚Zappingboxen’, die deutlich günstiger sind, nicht gefördert wurden. Erfahrungsgemäß erwerben jedoch Personen, die aufgrund ihres ge­ringeren Einkommens von der Rundfunk- und Fernsehgebühr befreit sind, diese preisgünstigeren Geräte. Um auch dieser Personengruppe weiterhin den Zugang zu Informationen des öffentlich-rechtli­chen Rundfunks zu gewährleisten, scheint es zweckmäßig, ihnen eine finanzielle Unterstützung für die Anschaffung von DVB-T Boxen zu gewäh­ren. Es sollte daher seitens des Digitalisierungs­fonds der RTRGmbH umgehend jenen Personen, die von der Rundfunk- und Fernsehgebühr befreit sind, eine Förderung für nicht MHP-fähige Geräte gewährt werden.

Die Gefertigte stellt daher den Antrag:

Die Landesregierung wird aufgefordert, im Sinne der Antragsbegründung bei der Bundesregie­rung darauf zu drängen, dass Personen, die von der Rundfunk- und Fernsehgebühr befreit sind, eine finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung auch von nicht MHP-fähigen DVB-T Boxen zu gewäh­ren.“

Ich darf Sie einladen, dieser Resolution die Zu­stimmung zu erteilen. Denn ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Zahlen im Sozialbericht ist auch die Tatsache, dass sich die Wohlstandsgewinne, die es ohne Zweifel gibt, in den letzten Jahren deutlich verschoben haben. Das heißt, einige we­nige sind die Gewinner, aber für die Masse bleibt immer weniger übrig. Das heißt, die Armut vieler gipfelt im Reichtum weniger. Dass diesem Trend Einhalt zu gebieten ist, hat für uns Sozialdemokra­ten oberste Priorität. Gerade die gesamte Pflege­diskussion, sie ist ja heute schon hier ziemlich emotionell geführt worden, zu der werden sicher auch noch meine Kollegen eindeutig Stellung neh­men, zeigt, dass hier nur gemeinsames Handeln zum Erfolg führen kann. Und bei allen Bemühungen muss aber immer der Mensch in den Vordergrund gestellt werden.

Die Lebenserwartung steigt, damit auch die Herausforderung um ein Erleben des Alters in Würde zu gewährleisten. Immer mehr Menschen sind aber zunehmend auf fremde Hilfe angewiesen. Mit den sozialen Diensten, die die ambulanten Dienste umfassen, das sind die sozialen und sozi­almedizinischen Betreuungsdienste, „Essen auf Rädern“, Beratungsdienste und das Notruftelefon, kann in den eigenen vier Wänden geholfen werden. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, neben den stationären Einrichtungen teilstationäre Dienste in Anspruch zu nehmen, die umfassen die Einrichtun­gen zur Unterbringung, Betreuung, Aktivierung von pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Auch hier sind Steige­rungsraten von über einem Drittel gegenüber 2001 zu verzeichnen. Ob es sich um Hospizinitiativen, die Opferfürsorge oder um Einrichtungen wie Frau­enhäuser oder etwa um Obdachloseneinrichtungen handelt. Alles Initiativen die einerseits die Pflege schwerst kranker Menschen bis zuletzt in den Mit­telpunkt stellt und andererseits den Menschen eine Möglichkeit zur Reintegration in Notsituation bieten soll.

Ein weiteres wichtiges Anliegen in der umfas­senden Sozialpolitik ist die Delogierungsprävention, auch im Zusammenhang natürlich zu sehen mit der NÖ Schuldnerberatung. Hier fällt auf, dass ganz besonders Jugendliche davon betroffen sind. Bei den Erstberatungen gab es eine Zunahme von 75,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2001. Und auffallend ist hierbei, dass jeder 8. Klient unter 25 Jahre alt ist …


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