Revolution für die Freiheit


Feuertaufe am Monte Aragon



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Feuertaufe am Monte Aragon


Durch Vermittlung von Andre Nin konnten wir an die Front von Huesca fahren. Bei Morgengrauen starteten wir; in unserem Wagen saß neben dem Chauffeur ein Mitglied der POUM. Die rötlichen Hügel Aragoniens gleißten in der aufsteigenden Sonne. Unser Mitfahrer war voll Begeisterung und fest überzeugt, die POUM werde in den kommenden Ereignissen eine größere Rolle spielen. Sein einfacher Gedankengang: Nur unsere Partei verfügt über ein ähnliches politisches Dreigestirn wie es die bolschewistische Partei in Lenin, Trotzki, Bucharin besaß. Ihnen entsprachen für die POUM Joachim Maurin, der Organisator, Andre Nin, der politische Führer, und Juan Andrade, der Theoretiker. (Über das Schicksal Maurins, des eigentlichen Begründers der POUM, allerdings herrschte damals Ungewißheit. Er war beim Ausbruch des Bürgerkrieges auf einer Propagandafahrt in MittelSpanien vom republikanischen Landesteil abgeschnitten worden. Nun zirkulierten zahlreiche Gerüchte - einmal hieß es, er organisiere in Francos Hinterland Partisanengruppen, dann wieder hörte man, er sitze im Gefängnis von Burgos. Erst nach Kriegsende wurde bekannt, daß Maurin tatsächlich den ganzen Krieg in besagtem Gefängnis verbracht hatte.) Auf diese vereinfachten Thesen war — zumal bei unseren geringen sprachlichen Verständnismöglichkeiten - schwer etwas zu erwidern. So hörten wir denn schweigend zu. Die zwei Männer lieferten uns in Barbastro, einem Hauptquartier der Anarchisten, ab. Dort wurden wir erneut verladen und erreichten nach einigen Stunden ein kleines Dorf, wo uns Capitan Medrano empfing, ein Artillerieoffizier der regulären Armee. Seiner Einheit wurden wir als Berichterstatter zugeteilt. Medrano, ein junger, schlanker Mann in den Dreißigern, begrüßte uns mit der gewohnten spanischen Grandezza. Um seine Schultern wallte ein Mantel, unter der Nase guckte keck ein Menjoubärtchen hervor. Trotz seiner Höflichkeit fühlten wir, daß wir nicht sehr willkommen waren. Medrano wußte einfach nichts mit uns anzufangen. Er übergab uns einem Unteroffizier, mit dessen Gruppe wir die Kampagne erleben sollten. Medranos Streitmacht bestand aus einer leichten Artillerieabteilung, verstärkt durch eine Kompanie Infanterie und eine Abteilung der Guardia de Asalto, einer Schutztruppe zur Verteidigung der Republik. Zwei «Panzerwagen», in Wirklichkeit mit dickem Blech bestückte Lastwagen, unterstützten die Abteilung. Von den Offizieren abgesehen, waren Artilleristen wie Infanteristen ungediente Arbeiter aus Barcelona und Umgebung. Politisch gehörten sie zur syndikalistischen Richtung von Angel Pestana, einer anarcho-syndikalistischen Abzweigung. Gruppenführer unserer Einheit war der dicke Lopez, ein rundlicher, gemütlicher Knabe, eher für ein Komiker-Kabarett geschaffen als für den Kriegsschauplatz. Lopez besaß aber organisatorisches Talent, verstand es ausgezeichnet, mit Witz und Geschrei seine Leute zusammenzuhalten. Die zwölf Mann der Gruppe - mit Hans und mir war das Dutzend voll - logierten im Landhaus eines geflohenen Gutsbesitzers. Der Weinkeller war reichhaltig, zu jedem Essen gab es einen guten Roten und Weißen. Wir freundeten uns mit den Männern rasch an, Gebärden und Gesten überbrückten die Sprachlücken.

Am dritten Abend flüsterte sich das Gerücht herum, in der Nacht werde eine Aktion gestartet. Geheimnisvolle Vorbereitungen begannen. Um zwei Uhr morgens gab es Alarm. Die ganze Formation bestieg ein Dutzend Lastwagen, auf die bereits einige Feldgeschütze verladen worden waren. Alles vollzog sich schweigsam. Medrano tauchte hie und da in seinem schwarzen Mantel wie ein Nachtgespenst auf. An der Spitze fuhren die zwei «Panzerwagen», den Schluß bildeten einige Autos mit Medrano und seinen Offizieren.

In der Frühe parkten wir auf einer bewaldeten Hügelkuppe. Man brachte die sechs Geschütze in Stellung, schleppte Munition in die Nähe, traf alle Vorbereitungen zum Feuern. Gegenüber, auf einer etwas höher gelegenen Bergspitze, zeichneten sich in der Morgendämmerung die Umrisse der Bergfestung Aragon ab. Die Entfernung mochte sieben bis acht Kilometer Luftlinie betragen. Im Schutze unseres Hügels stellten sich unsere Infanterie und die Guardia Asalto zum Vormarsch auf. Die beiden «Panzerwagen» sollten den Angriff vortragen. Um fünf Uhr ging die Infanterie hinter den beiden plattenbewehrten Ungetümen im Gelände vor.

Hans und ich hatten uns ganz vorne am Hügelrand bei Capitán Iglesias, der das Scherenfernrohr bediente, eingenistet. Von unserem Standort aus konnten wir das Vorrücken der Infanterie gut beobachten. Sie arbeitete sich vorsichtig hinter den zwei blechernen Lastwagen vor, jede noch so geringe Deckung durch die Olivenbäume ausnutzend. Punkt sechs Uhr gab Medrano das Feuerzeichen, und nacheinander donnerten die Geschütze los. Mit bloßem Auge konnten wir die Einschläge feststellen, die Kanoniere zielten viel zu kurz. Salve auf Salve krachte. Capitán Iglesias dirigierte am Scherenfernrohr das Feuer. Nach zehn Minuten saßen die Schüsse besser, einige mußten mitten ins Ziel getroffen haben. Von Zeit zu Zeit ließ uns Iglesias durch das Fernrohr schauen. Von vorne ertönte Gefechtslärm, die Infanterie hatte Feindberührung. Ein plötzliches Sausen in der Luft schreckte uns auf - der Gegner vom Monte Aragon antwortete. Seine Schüsse gingen erst viel zu weit, doch bald hatte sich die feindliche Artillerie von ihrer höheren Stellung aus eingeschossen und faßte unsere Batterie. Zwei oder drei Granaten platzten dicht in der Nähe unserer Geschütze, die Bedienungsmannschaft wurde unruhig. Capitán Iglesias, sehr nervös, verließ öfters sein Fernrohr. Als die Einschläge präziser wurden, einige Artilleristen Splitter abkriegten, brach Panik aus. Die Kanoniere waren nicht mehr zu halten, Medrano mußte den Rückzugs befehl geben. In wilder Hast wurden die Geschütze zurückgerollt und wieder auf die Lastwagen verladen. Hans und ich blieben verwaist beim Scherenfernrohr zurück, abwechselnd das Terrain beobachtend. Unsere Infanterie befand sich auf dem Rückzug. Wir warteten auf die Wiederkehr von Capitán Iglesias - vergeblich, er ließ sein Instrument im Stich. Die Panik steckte auch uns an; das Gefühl, allein im Gebüsch zu sitzen und die ganze Kolonne abfahren zu sehen, war unangenehm. Kurzerhand packten wir das Scherenfernrohr trotz der sich mehrenden Einschläge zusammen, rannten damit zum Wagenpark und konnten gerade noch rechtzeitig auf die anfahrenden Wagen aufspringen. Im ersten Dorf hinter der Hügelkuppe hielten wir an. Medrano versammelte alle Offiziere in einem Bauernhaus zur Beratung, an der wir beide teilnahmen. Er hatte sich beim Laufen einen Fuß verstaucht, den ließ er sich während der Beratung von seinem Adjutanten massieren. Die Aktion hatte Artillerie und Infanterie einige Leichtverletzte gekostet. Die Infanterieoffiziere behaupteten, ein weiteres Vordringen sei unmöglich gewesen, die Truppe sei auf mehrere starke Maschinengewehrnester gestoßen. Der ausgedehnte Kriegsrat erbrachte keine weiteren Erkenntnisse, und nach einem ausgiebigen Mittagessen zog sich die ganze Mannschaft zum obligaten Mittagsschläfchen bis vier Uhr zurück. Besonders aufregend war unsere Feuertaufe nicht ausgefallen.



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