Schleswig-Holstein Ministerium für Bildung


Der Weg vom Problemschüler zum selbstbewussten Arbeitnehmer



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Der Weg vom Problemschüler zum selbstbewussten Arbeitnehmer



Mustafa Güler


Hallo Herr Adrian,

mit dem Hintergrundwissen Ihrer Pensionierung möchte ich einige Worte darüber verlieren, was das Landesförderzentrum Sehen für mich bedeutet und wie Ihre Einrichtung mich in meiner Laufbahn geprägt, geformt und unterstützt hat.

Ich war nicht immer in der Situation, eine positive Vita zu entwickeln, und Herrn Scholz, den für mich zuständigen Lehrer des LFS, habe ich seit der Übernahme in die 9. Klasse der Realschule oftmals vor schwere, teils aussichtslose Herausforderungen gestellt: Seien es das fehlende selbstbewusste Auftreten, die fehlende Motivation oder auch die fehlenden Perspektiven für mich selbst.

Herr Scholz hat sich sehr stark dafür eingesetzt, mir zu zeigen, welche Ziele es gibt und wie ich diese Ziele erreichen kann. Ich wurde in unterschiedliche Praktika geschickt, habe in Gesprächen die maximal erreichbaren Ziele aufgezeigt bekommen - die sich nicht mit meinen Zielen gedeckt haben - oder auch ein Jahr meines Lebens mit einer Ehrenrunde in der Realschule verschwendet... . Zumindest habe ich es so gesehen, als hätte ich das Jahr verschwendet. Stattdessen ist dieses Jahr der Wendepunkt in meiner Laufbahn geworden und von dem Punkt an ging es, zusammen mit der Unterstützung des LFS Schleswig, für mich steil bergauf.


Das Problem der fehlenden Perspektive und der fehlenden Motivation


Dadurch, dass ich ein Jahr wiederholt habe, haben wir die Zeit genutzt und geschaut, wo meine persönlichen Interessen liegen. Dabei kam schnell die Erkenntnis, dass ich irgendwas mit Zahlen machen möchte. Am liebsten in der freien Wirtschaft.

Mit dem Abschluss meiner Realschule habe ich den allgemeinbildenden Zweig verlassen und mich auf einer Wirtschaftsschule angemeldet und mein Abitur begonnen. Dabei habe ich die theoretischen Grundlagen der Allgemeinen Wirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre kennengelernt und mit Interesse verfolgt. Mit den Unterrichtsstoffen auf der Wirtschaftsschule konnte ich nun besser eingrenzen, welche Berufe für mich infrage kommen, und dementsprechend planen. Die Schule habe ich problemlos durchlaufen und mit guten Noten abgeschlossen. Dieses Mal habe ich Herrn Scholz vor Aufgaben gestellt, die nicht herausfordernd waren, z. B. mit positiven Gesprächen über abgeschlossene Praktika oder über den aktuellen Leistungsstand in der Schule.


Der Einstieg in das Berufsleben


Mit dem Erreichen des Abiturs in der Wirtschaftsschule haben sich für mich Möglichkeiten eröffnet, die ich mir in dieser Form zuvor nicht vorgestellt habe. Ich begann, mich für eine Ausbildungsstelle als Industriekaufmann zu bewerben, und habe schnell eine Zusage des Unternehmens „DEA Deutsche Erdoel AG" in Hamburg erhalten. Ab dem Zeitpunkt hieß es für mich, die Unterstützung zukünftig über das BUZ in Hamburg zu erhalten. Durch

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die tolle Zusammenarbeit mit Herrn Scholz habe ich immer gewusst, dass ich bei Problemen meine Ansprechpartner kontaktieren kann.

Während der Ausbildung habe ich selten die Unterstützung des BUZ in Anspruch genommen, da ich durch die Entwicklung mit Herrn Scholz viele Probleme selbstständig lösen und mit selbstbewusstem Auftreten überzeugen konnte. Einzig die Hilfsmittel wurden mir gestellt. Die Ausbildung habe ich mit einer Zwei bestanden und werde für ein Jahr als Einkäufer bei der DEA tätig sein. Die Arbeit macht mir großen Spaß und stellt mich vor Herausforderungen, die ich bewältigen werde. Während der Arbeit treten aufgrund meiner Einschränkungen keine Probleme auf. Es ist eher bemerkenswert, wie ich trotz Handicap meinen Alltag auf und neben der Arbeit bewältige.

Über meine Zukunftspläne werde ich mich mit Herrn Scholz zusammensetzen und entscheiden, welche Studiengänge für mich in Frage kommen und welche Universitäten Erfahrungen mit Schwerbehinderten haben.

Ich bedanke mich vielmals für die Unterstützung des LFS Schleswig und wünsche Ihnen eine erholsame Zeit!


Mit freundlichen Grüßen

Mustafa Güler

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Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben/ Studium - ein zukunftsorientierter Rückblick



Henning Braband und Willi Düe


Bereits zu Beginn der Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher durch die Schule für Sehbehinderte / Sehgeschädigte, Schleswig (SfS) - heute: Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) - wurde deutlich, dass über den Rahmen der allgemeinbildenden Schule hinaus für Jugendliche und junge Erwachsene verstärkt auch die Übergänge von der Schule ins Arbeits-/Erwachsenenleben gestaltet werden mussten. War bis zu diesem Zeitpunkt eher ein traditionelles, behinderungsspezifisches Arbeits- und Berufsangebot in gesonderten Einrichtungen gegeben, galt es unter den Zielsetzungen einer beruflichen und sozialen Integration neue Wege zu beschreiten. Kontinuierlich steigende Qualitätsanforderungen, ein zunehmend schwieriger Zugang zum Arbeitsmarkt und dessen unterschiedliche Ausprägung in Schleswig-Holstein erforderten ein Überdenken des Unterstützungsangebots, der Übergangswege sowie der Ausgestaltung der individuellen Übergänge, zumal es sich eigentlich um eine doppelte Übergangssituation sowohl in das Berufs- als auch in das Erwachsenenleben handelte. Das Leitziel wohnortnaher, sozialintegrativer beruflicher Eingliederung seh-geschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener aller Bildungsgänge stellte die konsequente Erweiterung des Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsauftrags der SfS dar.

Die Phase des Übergangs von der Schule in das Erwachsenen-/Arbeitsleben/Studium verlangte von sehgeschädigten Jugendlichen eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Behinderung und die darauf bezogenen Lebenspläne. Die dabei geforderte soziale Kompetenz durfte nicht auf eine funktionale Dimension reduziert werden. Es ging nicht vorrangig um die Entwicklung von effektivem, situationsangemessenem Verhalten, sondern besonders auch um eine angemessene Leid- bzw. Krisenbewältigung. Im Zusammenhang mit der Sehschädigung Jugendlicher und junger Erwachsener wurden die Aufgabenbereiche einer intensiven mobilen Beratung im Übergangsprozess besonders deutlich. Beratung verstanden als ein dynamisches Angebot an den jungen Menschen selbst sowie an Personen seines Umfeldes, die in den Prozess der Berufsorientierung, der Berufsausbildung/Studi-um und des Lebens als Erwachsene einbezogen waren. Diese innovativen Ansätze wurden verknüpft mit den Erkenntnissen des Modellversuchs „Beratung und Unterstützung Sehgeschädigter beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben" (1986 bis 1990) 4 und als wesentliche Grundlagen in die heutige Arbeit überführt. 4 Das Projekt wurde 6/1986 von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung befürwortet und antragsgemäß der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte zugewiesen. Nach der Evaluierung der Ergebnisse des Modellversuchs wurde die SfS mit den Aufgaben der Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben betraut. Die Europäische Kommission hat 1995 im Wettbewerb HELIOS II Projekte mit Modellcharakter für eine Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung in der Sparte „Wirtschaftliche Eingliederung (Berufsberatung)" der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte für das Pilotprojekt zur Unterstützung blinder und sehbehinderter Menschen von der Schule zur Arbeit mit der Bronzemedaille ausgezeichnet.

Dieser Ausbau und die institutioneile Absicherung der Arbeit des LFS, die Entwicklung tragfähiger Netzwerke, die Kooperation mit Schulleitungen und die Professiona- lisierung der Beratungsarbeit standen für Josef Adrian im Fokus seiner Leitungs- und Führungsarbeit.

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Willi Düe und Josef Adrian bei der Tagung der Leiterinnen und Leiter von Einrichtungen im Förderschwerpunkt Sehen in Damp (2009)



So konsequent und plausibel die Fortsetzung der Integrationsarbeit der SfS im berufsbildenden Bereich auch war, so unvorbereitet zeigte sich in der Anfangsphase das gesamte berufsbildende System, die verschiedenen Ausbildungssektoren, das Beratungs-und Rehabilitationssystem für behinderte Menschen wie auch Einrichtungen der Arbeitsverwaltung für das Anliegen einer wohnortnahen beruflichen (Aus-)Bildung und Tätigkeit sehbehinderter und blinder Jugendlicher und junger Erwachsener aller Bildungsgänge.

In der Beratungs- und Unterstützungsarbeit war es daher stets eine besondere Herausforderung eine tragfähige, interdisziplinäre Zusammenarbeit aufzubauen, die in der Lage war, den vielfältigen Anforderungen der Gestaltung der Übergangssituation gerecht zu werden und damit die Grundlagen für stabile positive Entwicklungen zu schaffen. Kooperation stand dabei im Zentrum und meinte hier die Zusammenführung unterschiedlicher Kompetenzen mit dem Ziel, die häufig gestörte, belastete Lern- und Lebenswelt konstruktiv neu- bzw. umzugestalten.

Dies schloss nicht nur eine Veränderung objektiver Gegebenheiten, sondern auch in hohem Maße eine Veränderung der Wahrnehmung und Bewertung sozialer Situationen und Strukturen, des Selbstkonzepts, des professionellen Rollenverständnisses, der Handlungsmöglichkeiten und Lebensperspektiven ein. Entscheidend für das Gelingen war, das Paradigma vertikaler (Experten-)Beratung zugunsten eines horizontalen Ansatzes aufzugeben. Es entwickelten sich horizontale Beratungssituationen, die geleitet wurden von den Prinzipien des Dialogs und des Sich-Miteinander-Beratens. Derartige Arbeitsbeziehungen waren häufig geprägt von Gleichrangigkeit und Gleichberechtigung. Interventions-, Interaktions- und Kommunikationsformen wurden so gestaltet, dass sich jede am Beratungsprozess beteiligte Person mit den ihr eigenen Kommunikationserfahrungen, Möglichkeiten und Kompetenzen einbringen konnte. Diese Grundorientierung ließ ein Höchstmaß an Eigeninitiative zu.

Die Übergangswege der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigten das ganze Spektrum der Auseinandersetzungen mit den jeweiligen persönlichen und schulischen Ausgangssituationen. Der Versuch, Nischen zu nutzen, konnte dabei nur für Einzelfälle Erfolg bringen.

Er war unter den Prämissen von Integration/Inklusion für

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die große Gruppe von Menschen mit Behinderungen eben auch für sehbehinderte und blinde Menschen keine adäquate Strategie. Vielmehr war es sinnvoll, die vorhandenen Ausbildungsberufe, Arbeitsgebiete oder auch Studienfächer und Lebensperspektiven nach verfügbaren Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten auszuloten. Die Gestaltung der Übergänge sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener unterliegt einem ständigen Wandlungsprozess und ist insofern als vorläufig und veränderungsbedürftig zu betrachten. Dies vor allem deshalb, weil die ständigen Veränderungen ökonomischer und ökologischer Bedingungen im Besonderen auch die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsprozess beeinflussen.



Es gilt in Zukunft allerdings nicht nur das Erreichte zu sichern. Insbesondere muss die Kooperation mit und in den berufsbildenden Schulen und den neuen Kooperationsformen der Agentur für Arbeit zur Übergangsgestaltung weiter ausgebaut, didaktisch und methodisch näher bestimmt werden. Im Sinne von Inklusion wird die Beratung und Unterstützung sehgeschädigter junger Menschen im Übergang von der Schule ins Arbeits- und Erwachsenenleben umso erfolgreicher sein, je mehr die Grenzen eigener Erfahrung und institutioneller Regelungen überschritten werden und der Dialog zwischen den professionellen Beratern, den betroffenen Menschen selbst und anderen interessierten, engagierten Menschen darüber fortgesetzt wird, wie einzelne Menschen mit Lebenserschwernissen ihren Weg in die Arbeits- und Berufswelt sowie in ein selbstbestimmtes Leben gehen können.

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Der Leiter des LFS Josef Adrian und seine Kollegin Barbara Wehr im Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler (2009)





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