4.2 (Sach)leistungen nach § 3, weil der Duldungsantrag ein Asylantrag ist?
VGH Hessen 11 TG 667/94, B.v. 30.3.94, NVwZ-Beilage 5/94, 33, IBIS e.V.: C1073: Bei dem Duldungsantrag eines Kosovo-Albaners handelt es sich ungeachtet der Bezeichnung um einen Asylantrag. Unterkunft als Obdachloser kann deshalb nicht beansprucht werden, da der Antragsteller einen Anspruch auf Aufnahme in der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber hat.
Sinngemäß ebenso VGH Hessen 11 TG 916/94, B.v. 30.03.94, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2203.pdf
VGH Hessen 9 TG 659/94, B.v. 09.06.94, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1179.pdf Wenn die Ausländerbehörde eine Duldung bereits erteilt hat, kann im Gegensatz zur nach gefahrenabwehrbehördlichen Maßstäben getroffenen Entscheidung des Hessischen VGH 11 TG 667/94 (s.o.) nicht auf Aufenthaltsnahme in einem Aufnahmelager für Asylbewerber verwiesen werden. Die Duldungserteilung bindet die für die Leistungsgewährung zuständige Behörde, Leistungen nach § 2 AsylbLG zu erbringen. Die "Um-Zu"Regelung ist hier nicht anwendbar, weil die bosnischen Flüchtlinge mit ihrer Familie zunächst nach Kroatien geflüchtet sind, von dort jedoch aus Furcht vor einer Zwangsrekrutierung durch kroatische Militärs zum Zwecke des Kriegseinsatzes in Bosnien nach Deutschland gekommen sind.
VGH Ba-Wü 1 S 470/96, B.v. 05.03.96, IBIS e.V.: C1074, VBlBW 6/96, 233; InfAuslR 2/97, 95. Die Ortspolizeibehörde ist verpflichtet, die unfreiwillige Obdachlosigkeit als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern bzw. zu beseitigen. Zuständig ist gemäß §§ 1, 3, 62, 66, 68 PolG die Behörde an dem Ort, wo sich der Obdachlose tatsächlich aufhält und Unterkunft begehrt (vgl. VGH Ba-Wü 1 S 3042/95, B.v. 16.1.96 m. w.N.), darauf, wo der Verlust der bisherigen Wohnung eingetreten ist oder wo der Obdachlose seinen letzten Wohnsitz hatte kommt es nicht an.
Darauf, ob sich der jugoslawische Antragsteller illegal im Bundesgebiet aufhält, kommt es für die Beurteilung der Obdachlosigkeit nicht an. Insoweit mag der Aufenthalt durch ausländerrechtliche Maßnahmen beendet werden. Ebenso ist es ohne Belang, ob der Antragsteller einen Asylantrag stellen könnte und dann verpflichtet werden könnte, in einer entsprechenden Sammelunterkunft zu wohnen (vgl. OVG Bremen, InfAuslR 1994, 65), denn eine entsprechende Zuweisungsentscheidung liegt nicht vor, weshalb der Antragsteller polizeirechtlich zur Zeit als obdachlos zu behandeln ist.
4.3 Anwendbarkeit des § 2 AsylbLG Fassung 1993 bei Familienangehörigen und bei Asylfolgeantrag
VG Hannover, Kammern Hildesheim 3 B 1883/94.Hi, B.v. 02.11.94. IBIS e.V.: C 1075, NVwZ Beilage 3/95, S. 24; Huber HdA, C 166 § 2 Nr. 11. Die Eltern eines minderjährigen Kindes sind nach unanfechtbar abgeschlossenen Asylverfahren wegen des noch laufenden Asylverfahrens des Kindes geduldet. Auf sie alle ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 AsylbLG das BSHG entsprechend anzuwenden. Sie haben deshalb Anspruch auf Gewährung der angemessenen Kosten für eine angemietete Wohnung. § 2 Abs. 2 AsylbLG regelt die Leistungsansprüche von Familien in dem hier ausgeführten Sinn einheitlich. Die Vorschrift besagt, daß das Kind Leistungen entsprechend BSHG nur erhält, wenn die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 AsylbLG (hier: Duldung wegen vom Antragsteller nicht selbst zu vertretendem Abschiebehindernis) in der Person der leistungsberechtigten Mutter vorliegen. Das ist hier der Fall. § 2 Abs. 2 AsylbLG soll hingegen vermeiden, daß geduldeten Kinder, die selbst keinen Asylantrag gestellt haben oder über deren Asylantrag bereits entschieden ist, Leistungen nach dem BSHG gewährt werden, während die asylsuchenden Eltern Leistungen nach §§ 3 -7 AsylbLG erhalten. Der Beschluß wurde vom OVG Niedersachsen - 4 M 7353/94, B.v. 29.11.94 - bestätigt.
VG Sigmaringen 5 K 290/94, B.v. 02.03.94, IBIS e.V.: C1076. Ein Asylfolgeantrag beseitigt zum einen nicht die vollziehbare Ausreisepflicht (wohl a.A. Schenk, Asylrecht, Rn 205); zum anderen beginnt für das ggf. einzuleitende weitere Asylverfahren die Jahresfrist des § 2 AsylbLG erneut. Damit fällt der Antragsteller (Folgeantrag vom Februar 94) unter § 3 AsylbLG, wonach Sachleistungen zu gewähren sind.
VGH Ba-Wü 6 S 339/95, B.v. 16.03.95, VBlBW 1995, 327 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1077.pdf, sinngemäß ebenso VGH Ba-Wü 6 S 290/96, B.v. 12.04.96, IBIS e.V.: C 1078, VBlBW 1996, 312; NVwZ-Beilage 12/96, 93; FEVS 47/97, 235.
Die vorläufige Bescheinigung einer Ausreisefrist durch die Ausländerbehörde im Sinne von § 42 Abs. 3 AuslG berührt die vollziehbare Ausreisepflicht im Sinne von § 42 Abs. 1 und 2 AuslG nicht, sondern setzt diese voraus. Sie stellt auch keine Duldung im Sinne des § 55 AuslG dar. Eine Aufenthaltsgestattung hat die Antragstellerin nicht erlangt, denn es fehlt an der Voraussetzung hierfür, nämlich an einem durchzuführenden Asylverfahren, denn das Bundesamt hat vorliegend zu dem Asylfolgeantrag bereits festgestellt, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und 3 VwVfG nicht vorliegen. Ein Eil- oder Klageverfahren gegen eine solche Feststellung des Bundesamtes ändert nichts an der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht.
Damit ist die durch die Rücknahme des ersten Asylantrages begründete vollziehbare Ausreisepflicht nach wie vor bestehen geblieben. Die Antragstellerin ist als vollziehbar Ausreisepflichtige nach §1 AsylbLG leistungsberechtigt, § 2 AsylbLG ist nicht anwendbar, da eine Aufenthaltsgestattung nicht erlangt wurde und eine förmliche Duldung nicht erteilt ist. Der Umstand, daß rein faktisch die Antragstellerin im Bundesgebiet bleiben durfte, beinhaltet keine Duldung, denn eine solche Aussetzung setzt eine förmliche, durch Verwaltungsakt ausgesprochene Aussetzung der Vollziehung der Abschiebung voraus (vgl. Kanein-Renner, § 55 AuslG Rn 3).
VGH Ba-Wü 6 S 2293/96, B. v. 14.01.97, FEVS 47/97, 381, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1079.pdf Auch bei einem erneuten Asylantrag (Folgeantrag) beginnt die Zwölfmonatsfrist des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG mit dem Zeitpunkt zu laufen, an dem der Folgeantrag gestellt worden ist. Nach dem Wortlaut von § 2 AsylbLG ist Anknüpfungspunkt auschließlich der Asylantrag, die Beachtlichkeitsentscheidung nach § 71 Abs. 1 AsylVfG ist für den Fristenlauf ohne Belang.
Die Leistungsberechtigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG kann aber nach dem Wortlaut dadurch blockiert werden, daß eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht. Bei Erteilung einer Aufenthaltsgestattung besteht keine vollziehbare Ausreisepflicht, so daß Geldleistungen nach BSHG zu gewähren sind, wenn die Asylantragstellung (nicht die Erteilung der Aufenthaltsgestattung!) mehr als 12 Monate zurückliegt.
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