VG Berlin 8 A 285/94, B.v. 27.07.94, AuAS 17/94, 203, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1039.pdf, sowie VG 8 A 302/94, B.v. 9.8.94, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2066.pdf Anspruch auf 80.- mtl. Taschengeld in Abschiebehaft. Es bedeutet für den Antragsteller einen wesentlichen Nachteil im Sinne von § 123 VwGO, wenn er für eine längere Zeit als etwa eine Woche auf die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, wofür das Taschengeld gemäß § 3.1 Satz 3 AsylbLG zu gewähren ist, verzichten muß. Denn der Begriff der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens knüpft erkennbar an die nähere Ausgestaltung des notwendigen Lebensunterhalts nach § 12 BSHG an, der die Führung eines Lebens ermöglichen soll, das der Würde des Menschen entspricht (vgl § 1 BSHG).
Der Antragsteller ist vollziehbar zu Ausreise verpflichtet und demgemäß nach § 1.1 Nr 2 AsylbLG Leistungsberechtigter der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Die Kammer kann weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des neben den Sachleistungen zu gewährenden Taschengeldes einen Hinweis darauf entnehmen, daß Abschiebehäftlinge von dieser Regelung auszunehmen wären. Daran könnte allenfalls gedacht werden, wenn der Antragsteller Taschengeld von anderer Seite erhielte. Da § 2.1 BSHG mit seinem Nachranggrundsatz für Leistungsberechtigte nach §§ 1, 3 bis 7 AsylbLG nicht gilt, ist der Antragsteller auch nicht verpflichtet, vorrangig vor dem Landessozialamt den Polizeipräsidenten in Anspruch zu nehmen. Da nicht erkennbar ist, daß gerade in der Abschiebehaft bestimmte Bedürfnisse nicht auftreten, die nicht wieder durch zusätzlichen Bedarf, z.B. an Kontakt zu Familienangehörigen ausgeglichen werden, ist bei summarischer Prüfung der volle Betrag von monatlich 80.- DM zu gewähren.
Hinsichtlich des mit vorgefertigtem Pauschalantrag geltend gemachten Bedarfs an zusätzlicher Ernährung, Gesundheits- und Körperpflege, Reinigung der Wäsche sowie an Bekleidung fehlte es nach Auffassung des Gerichts an der unerläßlichen Substantiierung des individuellen Bedarfs des Antragstellers, wobei sowohl die in der Haft zur Verfügung stehenden Leistungen als auch die (vorhandene) Ausstattung des Antragstellers selbst im einzelnen dargelegt werden müssten. Insoweit wurde der Antrag abgelehnt.
Der Beschluß ist wegen geringen Streitwerts unanfechtbar (§ 146.4, § 131.2 VwGO).
VG Berlin 17 A 219/94, B.v. 8.8.94, Inf AuslR 10/94, 369, NVwZ - Beilage 9/94, 71, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1040.pdf vom Tenor entsprechender Beschluß: 80.- Taschengeld in Abschiebehaft.
Anmerkung: Das VG Berlin hat aufgrund entsprechender Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in einer Reihe von Beschlüssen das Landessozialamt Berlin verpflichtet, in Abschiebehaft ein Taschengeld von 80.- DM mtl. zu gewähren. Der Leistungsanspruch gilt für alle "ausreisepflichtigen" Ausländer unabhängig davon, welchen Status sie vor Einsetzen der Ausreisepflicht hatten, d.h. beispielsweise auch für in Abschiebehaft befindliche ausreisepflichtige ehemalige Straftäter usw. (vgl. OVG Berlin 6 S 15/94).
Inzwischen hält das Landessozialamt Berlin wöchentliche Sprechstunden in der Abschiebehaftanstalt ab, um dort Anträge auf Taschengeld sowie auf Bekleidungsbeihilfen entgegenzunehmen. Die Inhaftierten erhalten bei der Geltendmachung ihrer entsprechenden Ansprüche Unterstützung durch die SozialarbeiterInnen der Anstalt.
VG Bayreuth B 3 E 95.82, B.v. 3.3.95, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1041.pdf - rechtskräftig -. Anspruch auf ein monatliches Taschengeld in Höhe von 80.- DM in der Abschiebehaft (JVA Bamberg). Der beklagte örtliche Sozialhilfeträger (Sozialamt Bamberg) ist gemäß § 1 Abs. 2 und 3 DV AsylbLG Bayern sachlich und gemäß Art 3 Abs. 1 Nr 3a BayVwVfG i.V. mit Ziff. E II 2 Abs. 3 der VwV AsylbLG Bayern v. 22.11.94 auch örtlich zuständig. Denn durch die längerandauernde Inhaftierung hat der Antragsteller den nach AsylVfG zugewiesenen Aufenthaltsbereich dauerhaft verlassen.
Als Asylfolgeantragsteller ist der Antragsteller gem Ziff C III 1 der VwV AsylbLG Bayern wie ein Leistungsberechtigter im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr 1 AsylbLG zu behandeln. Das AsylbLG enthält keine ausdrückliche Regelung dahingehend, daß Abschiebehäftlinge von den Leistungen des AsylbLG ausgeschlossen wären. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs 12/4451 S. 8) ist zu entnehmen, daß das Taschengeld zu Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt werden solle, "Mit diesem Betrag sind die notwendigen Ausgaben, z.B. für Verkehrsmittel, Telefon, Porti, Schreibmittel, Lesestoff, Werkmaterialien oder kleine Mengen von Genußmitteln zu bestreiten." Aus der Stellungnahme der JVA ergibt sich, daß diese in der Gesetzesbegründung erkennbar nur beispielhaft aufgezählten Verwendungszwecke nur zum Teil durch Sachleistungen der JVA abgedeckt werden. Dem Häftling werden zwar nach Auskunft der JVA Nahrung, Kleidung, Hygieneartikel sowie im Rahmen eines angemessenen Briefverkehrs Papier und Briefmarken unentgeltlich zur Verfügung gestellt, andere Artikel bzw. Leistungen wie z.B. zusätzliche Nahrungsmittel, Genußmittel, Telefongebühren, Zeitschriften oder Werkmaterialien müssen dagegen aus eigener Tasche bezahlt werden. Somit unterscheidet sich aber die Situation eines Abschiebehäftlings nicht wesentlich von der eines in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebrachten Asylbewerbers.
VG Weimar 3 E 653/95.We, B.v. 6.7.95, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1042.pdf - rechtskräftig - (gegen Landkreis Gotha, betr. Abschiebehaft in der Justizvollzugsanstalt Gotha): Anspruch auf 80.- DM/Monat Barbetrag nach § 3 Abs. 1 AsylbLG in Abschiebehaft. Der Anordungsgrund ergibt sich, da durch die Vorenthaltung des Barbetrages eine dringende Notlage entsteht, und es - auch in Hinblick auf die bevorstehende Abschiebung - nicht zumutbar ist bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Als vollziehbar Ausreisepflichtiger hat der Antragsteller Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG. Der Antragsgegner kann nicht geltend machen, der Bedarf werde bereits durch die Haftanstalt gedeckt, denn der Antragsteller hat glaubhaft dargelegt, daß er das Taschengeld zur Deckung seiner persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens benötige, da ihm, um in Kontakt mit der Außenwelt zu treten, Kosten für Papier, Telefonate, Porto, Zeitungen und Bücher entstünden und diese nicht von der Vollzugsanstalt übernommen würden. Auch das Gericht geht davon aus, daß die Bedürfnisse in der Abschiebehaft insoweit nicht geringer sind als in einer Sammelunterkunft.
VG Würzburg W 3 E 96.1022, B.v. 10.09.96, http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1043.pdf- rechtskräftig - (gegen Stadt Würzburg, betr. Abschiebehaft in der JVA Würzburg). Vollziehbar ausreisepflichtige Abschiebehäftlinge haben Anspruch auf 80.- Taschengeld nach § 3 Abs. 1 AsylbLG. Mit diesem Betrag sind Ausgaben für persönliche Bedürfnisse, z.B. Verkehrsmittel, Telefon, Porto, Schreibmittel, Lesestoff, Werkmaterial oder kleinere Mengen Genußmittel zu bestreiten. Die Auffassung, daß das AsylbLG nicht auf Abschiebehäftlinge anwendbar sei, ist weder Wortlaut noch mit Sinn und Zweck des AsylbLG vereinbar. § 1 Abs. 3 AsylbLG bestimmt ausdrücklich, daß die Leistungsberechtigung erst mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsberechtigung entfällt, endet. Nach § 7 AsylbLG sind zwar Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, aufzubrauchen, der Antragsteller ist jedoch völlig mittellos. Ein Taschengeld nach § 46 StVollZG könnte nicht gewährt werden, da der Antragsteller nach § 175 StVollZG nicht zur Arbeit verpflichtet ist und somit der Regelungsbereich des § 46 StVollZG - Ersatz für ohne eigenes Verschulden entgangenes Arbeitsentgelt bei bestehender Arbeitspflicht i.S.d. § 41 StVollZG - nicht eröffnet ist.
Anmerkung:
• Ausländische Abschiebe- oder Untersuchungshäftlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus haben Anspruch auf 80.- DM Taschengeld nach § 3 AsylbLG. vgl. oben. Dies gilt nicht nur für Flüchtlinge ohne Bleiberecht, sondern für alle inhaftierten Ausländer ohne legalen Status, z.B. auch für illegale Ausländer in Untersuchungshaft oder für ausreisepflichtige ehemalige Strafhäftlinge in Abschiebehaft.
• Ausländische Untersuchungshäftlinge mit legalem Aufenthaltsstatus haben wie deutsche Untersuchungshäftlinge Anspruch auf 15 % des BSHG-Regelsatzes als Taschengeld, vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil 5 C 38/92 v. 12.10.93, NDV 94, 152.
• Ausländische und deutsche Strafhäftlinge haben Anspruch auf Taschengeld nach § 46 Strafvollzugsgesetz.
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