VG Leipzig 2 K 606/00 v. 12.05.00, NDV-RD 2001, 3; IBIS C1555 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1555.pdf Wegen Art. 1 EFA besteht entgegen § 120 Abs. 5 BSHG sozialhilferechtliche Freizügigkeit für anerkannte Konventionsflüchtlinge. Deren Familienangehörige, die selbst nicht als Flüchtlinge anerkannt sind, und eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG erhalten haben, können jedoch keine sozialhilferechtliche Freizügigkeit entgegen § 120 Abs. 5 beanspruchen.
Als "unabweisbare Hilfe"können sie im Lichte des Art. 6 Abs. 1 GG nicht nur die Fahrtkosten in das andere Bundesland, sondern auch für 3 Monate die Weiterzahlung der Miete und 80 % der Sozialhilfe-Regelsätze am neuen Wohnort beanspruchen, um ihren Umzug in rechtlicher und tatsächlicher Sicht (Kündigungsfrist der Wohnung) vorzubereiten (Anmerkung: aufgehoben durch OVG Sachsen 1 BS 223/00 v. 04.09.00, s.u.).
OVG Sachsen 1 BS 223/00 v. 04.09.00, SächsVBl 2000, 293; InfAuslR 2001, 149; NVwZ-Beilage I 2001, 60; EZAR 464 Nr. 3; FEVS 2001, 459; GK AsylbLG § 120 Abs. 5 OVG Nr. 16; IBIS e.V. C1568www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1568.pdf Der Beschluss VG Leipzig 2 K 606/00 v. 12.5.00, (IBIS C1555) wird geändert. Nach Auffassung des Senats spricht bereits vieles dafür, dass § 120 Abs. 5 BSHG auf Fälle wie den hier vorliegenden im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 1 EFA einer (weiteren) restriktiven Auslegung bedarf. Das BVerwG hat am 18.05.00 entscheiden, dass die Vorschrift auf Flüchtlinge i.S.d. GK einen Anwendung findet. Diese Rspr. dürfte sich auf Familienangehörige von Konventionsflüchtlingen übertragen lassen. Denn bereits bevor das BVerwG die zuvor stark umstrittene Frage der Anwendung des § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG auf Konventionsflüchtlinge zu deren Gunsten entschieden hatte, war allgemein anerkannt, dass die Regelung im Lichte von Art. 6 GG nicht dazu führen darf, dass ausländische Familien dauerhaft auf verschiedene Bundesländer verteilt und deshalb getrennt leben müssen (OVG Berlin v. 21.07.99, InfAuslR 2000, 83; OVG Berlin v. 31.10.96, FEVS 47/97, 225; VG Hamburg v. 17.07.98, InfAuslR 1998, 516; VG Aachen v. 20.07.90 - 11 K 1022/88, LS zitiert nach JURIS). Infolgedessen hatten die Betreffenden faktisch die Wahl zwischen beiden in Betracht kommenden Ländern, möglicherweise konnte man auch daran denken, den Aufenthaltsort des Haushaltsvorstands als maßgeblich anzusehen (so wohl VG Hamburg a.a.O.).
Stellt man nunmehr im Rahmen von Art. 6 GG darauf ab, dass Konventionsflüchtlinge privilegiert sind und deshalb sozialhilfeunschädlich in ein anderes Bundesland umziehen können, so schlägt die vom EFA gewollte Privilegierung faktisch in das Gegenteil um und zwingt gerade den Konventionsflüchtling zum Zwecke der Familienzusammenführung wieder einen bestimmten Aufenthaltsort auf. Ein solches Ergebnis würde zwar Art. 6 GG Genüge tun, nicht aber dem Anliegen des EFA. § 120 Abs. 5 BSHG dürfte deshalb auch auf Familienangehörige von Konventionsflüchtlingen dann keine Anwendung finden, wenn diese an den Wohnort des Konventionsflüchtlings nachziehen wollen (für minderjährige Kinder ebenso VG Aachen v. 18.11.99, InfAuslR 2000, 85).
Darüber hinaus bestehen im vorliegenden Fall Besonderheiten, die die Anwendung von § 120 Abs. 5 BSHG ausschließen. Der als Flüchtling anerkannte Ehemann der Antragstellerin hatte vor dieser das von ihm bewohnte Wohnheim verlassen und in Leipzig einen eigenen Hausstand gegründet. Dies geschah vor der Grundsatzentscheidung des BVerwG zu § 120 Abs. 5 BSHG. Diese war auch noch nicht ergangen, als die Antragstellerinnen (Ehefrau und Tochter des Flüchtlings, die als Familienangehörige in Sachsen-Anhalt eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG erhalten hatten) das von ihnen bewohnte Wohnheim in Sachsen-Anhalt nach Abschluss des Asylverfahrens verlassen mussten. Der Ehemann konnte seinerzeit nicht davon ausgehen, in Sachsen-Anhalt problemlos Sozialhilfe zu erhalten, ganz im Gegenteil war es so, dass vom Sozialamt G. eine Leistung bei einem evtl. Zuzug des Ehemanns ebenso ausdrücklich abgelehnt worden war wie eine Kostenerstattung für die Antragstellerinnen. Unter diesen Umständen hatten die Antragstellerinnen und ihr Ehemann keinen Chance, sich so zu verhalten, dass sie einerseits - wie von Art. 6 GG besonders geschützt - zusammenleben und andererseits Sozialhilfe erhalten konnten. Es kann ihnen daher nicht zum Nachteil gereichen, dass sie sich für einen Wohnsitz in Leipzig entscheiden haben, wo sich der Ehemann, der über eine Arbeitserlaubnis verfügt, bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz ausgerechnet hat.