Freie evangelische Gemeinden
1. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG. Die F.e.G. entstanden während der —» Erweckungsbewegung im 19. Jh. Durch den Schotten R.
Haldane (1764-1842), später A. —» Monod bildeten sich von —» Kirche und Staat unabhängige Gemeinschaften aus bewußten Christen in der Schweiz, Norditalien und Frankreich. In Lyon lernte 1841 der deutsche Kaufmann H. H. -» Grafe eine solche Gemeinde kennen. Sie hielt sich von ihrer nichtchristlichen Umwelt getrennt und richtete sich in Ordnung und Auftrag nach den Vorbildern im NT. Daraufhin trat H. H. Grafe mit fünf anderen Kaufleuten aus Gewissensgründen am 30. Nov. 1854 aus der ref. Kirche aus und gründete am selben Tag in Elberfeld/Barmen die erste F.e.G. in Deutschland. 1874 schlossen sich hier 22 »Abendmahlsgemeinschaften« zum »Bund
-
e.G.« zusammen.
Die weitere Entwicklung wurde von folgenden Männern beeinflußt: F. Fries
(1856-1926) gründete 1887 in Witten eine Buchhandlung mit Verlag und 1896 in Wetter das Diakonische Werk »Bethanien«. O. —> Schopf ließ durch Prediger der Inlandmission den Ruf zum Glauben in anderen Landesteilen verkündigen und begann ein bundeseigenes Predigerseminar. W. Hermes (1877-1935) schrieb »H. H. Grafe und seine Zeit«, förderte in den Gemeinden Bundesbewußtsein und schützte sie vor Einflüssen des Darbysmus (—■> Versammlung) und der »Deutschen Christen« (—» Kirchenkampf).
K. -* Bussemer formte die geistlich-theologische Grundrichtung des Bundes, indem er »Die Gemeinde Jesu Christi« verfaßte und am Seminar lehrte. 1934 führte F. -> Heit- müller die Holstenwall-Gemeinde Hamburg in den Bund. Nach 1945 gingen die Gemeinden jenseits der Oder-Neiße-Linie verloren, im Harz, in Holstein und Bayern entstanden neue, ebenso diakonische Werke für Alte, Kranke und Kinder. Die Inlandmission setzte Großzelte ein, die Auslandsmission (Allianz-Mission-Barmen) gründete Gemeinden in Japan und Brasilien. 1950 baute der Bundes-Verlag dem Bund in Witten ein eigenes Verwaltungszentrum, das 1977 erweitert wurde.
2. von glauben, lehre und leben. Verbindliche Grundlage ist die —» Bibel, das Wort Got
tes. Es fordert die persönliche Entscheidung des einzelnen. Deshalb kann in einer F.e.G. nur Mitglied werden, wer bekennt, durch Jesus Christus Vergebung seiner Sünden empfangen zu haben und wer sein Leben von Gott bestimmen läßt. Die Gemeinden beja
hen das Apostolische Glaubensbekenntnis. Fragen der Bibelauslegung und -anwendung müssen in dem an Gottes Wort gebundenen Gewissen des einzelnen verantwortet werden. -Im wesentlichen Einheit - im unwesentlichen Freiheit - in allem Liebe!«
Am Gemeindeleben haben alle Mitglieder tätigen Anteil. Zum Dienstamt in der Gemeinde gehören entsprechende Begabung und Beauftragung durch die Gemeinde, meist auf Zeit. Die Gemeindeleitung liegt beim Ältestenkreis. Über wichtige Fragen entscheiden alle Mitglieder in geistlicher Einmütigkeit. Gepredigt wird auch von Nichttheologen. Das gemeinsame Beten und das Kennen- und Verstehen-Lernen der Bibel sind Kernstücke des Gemeindelebens. Die —» Taufe auf das Bekenntnis des persönlichen Glaubens wird durch Untertauchen vollzogen; sie ist nicht Vorbedingung zur Gemeindeaufnahme. Die Kinder werden unterwiesen, wie man Christ wird und als Christ zu leben hat; sie können Mitglied werden, wenn sie die -»Wiedergeburt erfahren haben. Am Herrnmahl (-» Abendmahl) kann teilnehmen, wer in Gemeinschaft mit Jesus und im Frieden mit seinem Nächsten lebt. - Die Ausgaben werden durch freiwillige Spenden finanziert; manche geben weniger als den —»• Zehnten, andere mehr.
Die F.e.G. wachsen da, wo die Mitglieder verbindlich Jesus nachfolgen und ihren Mitmenschen mit dem Bekenntnis zu Christus begegnen. Bei offensichtlich sündhaftem Verhalten wird —» Gemeindezucht geübt.
3. ZAHLENSCHAU DES BUNDES UND SCHRIFTTUM. 1976 umfaßte der Bund 237 Ortsgemeinden, weitere 250 Predigtplätze, 20150 Gemeindemitglieder, 150 hauptamtliche Prediger und 40 Missionare. In der DDR sind 30 Gemeinden mit weiteren 30 Predigtplätzen, 1300 Mitgliedern und 12 Predigern. Im Weltbund sind in 15 Ländern 17 Bünde mit 3000 Gemeinden, 300000 Mitgliedern, 2 700 Predigern und 600 Missionaren in 5 Erdteilen. In diesen Bünden bilden die F.e.G. eine geistliche Lebens- und Dienstgemeinschaft. Durch sie soll in Wort und Tat Jesus Christus bekanntgemacht werden als das Heil und der kommende Herr, der die Christusgemeinde vollenden und die Welt erneuern wird. - Die F.e.G. sind als Gäste der —» Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland angeschlossen.
Lit.: E. W. Erdlenbruch und H.-A. Ritter, F.e.G., 1978 - H. Lenhard, Studien zur Entwicklung der Ekklesiologie in den F.e.G. in Deutschland, 1977 - ••Der Gärtner«, Wochenschrift der F.e.G., seit 1893
Ritter
Freikirchen
Freikirchen sind seit der —» Reformation aus dem Gegensatz gegen Staats- oder Landeskirchen, besonders im angelsächsischen Raum, entstanden. In Deutschland sind sie erst im 19. Jh. hervorgetreten und blieben infolge der kirchlichen Geschlossenheit der Territorien klein. Oft als —» Sekten bezeichnet, sind sie jedoch in eben dem Maße wie die Kirchen von den Sekten zu unterscheiden.
Ihr Protest gegen —» Volks- oder Landeskirchen zeigt, daß F.n eine kirchliche Zwangseinheit ablehnen. Sie fordern Freiheit zur Entfaltung für sich und andere. Sie stellen keinen Ausschließlichkeitsanspruch, sondern ziehen die Vielfalt kirchlicher Organisationsformen vor und wissen darum, daß Kinder Gottes in allen Kirchen zu finden sind. Da sie für die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft eintreten, die normalerweise eine bewußte Entscheidung (—» Bekehrung) voraussetzt, wird der Versuch gemacht, die Gemeinde der Heiligen darzustellen. Das bedeutet auch, daß in einzelnen Fällen —» Gemeindezucht, d.h. Ermahnung oder Ausschluß, geübt wird. Aus dem Gedanken des —» Priestertums aller Gläubigen ergibt sich trotz einer heute zu beobachtenden Klerika- lisierung eine Abwertung des —» Amtes und entscheidende Mitarbeit der Laien am kirchlichen Leben. Dieses wird von den Gemeinden durch freiwillige Spenden (Haushalterschaft; —» Gemeindebeitrag) finanziert. Da Christen- und Bürgergemeinde nicht dek- kungsgleich sind, richtet sich der missionarische Eifer ebenso nach innen wie nach außen. Die Bejahung dieser Grundsätze hat die Trennung von -» Kirche und Staat zur Folge; diese ist aber nicht Kennzeichen einer F. Hauptströmungen des Freikirchentums sind neben den —» Friedenskirchen der Kongrega- tionalismus, Presbyterianismus und —> Baptismus. Dazu kamen im 19./20. Jh. die —» Freien ev. Gemeinden, die christliche —» Versammlung, die -» Heilsarmee und, mit Einschränkungen, der -» Adventismus und Teile der Pfingstbewegung. Die —» Brüdergemeine, der -» Methodismus und die luth. F.n nehmen eine Zwischenstellung ein. Während die Brüdergemeine der —>■ Ev. Kirche in Deutschland angeschlossen ist, entwickelte sich der Methodismus erst allmählich und gegen Wesleys ursprüngliche Absicht zu einer F. Die -> Altlutheraner wurden aus konfessionalistischen Gründen zu einer F.: man wehrte sich gegen die obrigkeitliche Einführung nichtlutherischer Elemente in Gottesdienst und Ordnung der Kirche im Zuge der Bildung der Preußischen Union. Die meisten F.n arbeiten in der —» ökumenischen Bewegung, der ev. Allianz, der -» Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen und der —» Vereinigung ev. F.n mit.
Gemeindeordnung, -» Gottesdienst
Lit.: F. H. Littell, Von der Freiheit der Kirche, 1957 - G. Westin, Geschichte des Freikirchentums, 19582 - H.-B. Motel (Hg.), Glieder an einem Leib, 1975
Geldbach
Freiversammlungsmission
Eine mobile Art der —» Volksmission. Die missionarischen Einsätze geschehen auf Straßen und offenen Plätzen aber auch auf Campingplätzen oder in Erholungsgebieten. In Deutschland verfügt die Freiversammlungsmission über 10 Missionswagen, die in Form von »Kanzelwagen« konstruiert sind und überall eingesetzt werden können. Die Mission wurde um die Jahrhundertwende in Australien ins Leben gerufen und arbeitet heute in vielen Ländern der Erde.
Geldbach
Freizeit
Neben der Gemeindearbeit in der Ortsgemeinde, die vom —> Gottesdienst und der Gruppenarbeit her bestimmt ist und vorwiegend in Gemeinderäumen stattfindet, gewinnt die Arbeit in Urlaub und Freizeit immer mehr an Bedeutung als wichtige Möglichkeit sowohl zu evangelistischer Tätigkeit wie zur Einübung christlichen Lebens. Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung ist eine Lebensweise möglich geworden, die nicht nur von —> Arbeit und Leistung bestimmt ist.
Eine »Freizeit« im Bereich der Gemeindearbeit ist darum eine Erholungsmaßnahme, die für eine bestimmte Personengruppe (Jugendliche, Kinder -> Familien, Senioren) an einem bestimmten Ort (Erholungsgebiet, Freizeitheim, Ausland) zu einer festgesetzten Zeit (Urlaub, Wochenende) durchgeführt wird. Sie dient der Förderung der Gemeinschaft, der Besinnung über der Bibel und zur körperlichen Erholung. Sie unterscheidet sich von einer Tagung durch das auf Urlaub und gemeinsames Erlebnis ausgerichtete Freizeitprogramm, von einer Reiseveranstaltung durch die von der Gruppe geprägte Form der Gemeinschaft. Die tägliche —> Bibelarbeit und gemeinsame Gespräche über Lebens- und Glaubensfragen wollen zur Glaubensvertiefung des einzelnen und Förderung der Gemeinschaft einen entscheidenden Beitrag leisten.
Lit.: Ev. Jugendwerk (Hg.), Freizeithandbuch für die Jugendarbeit, 1974 - Kirchl. Werk Freizeit und Erholung (Hg.), Freizeithandbuch 2 für die Gemeindearbeit, 1975
Zeiger
Friedenskirchen
Historische F. nennt man die aus der —» Reformation hervorgegangenen —» Mennoni- ten, die aus dem radikalen deutschen —» Pietismus stammende Kirche der Brüder (Church of the Brethren) und die auf dem Boden des Puritanismus erwachsenen —» Quäker. Allen gemein ist die strikte Anwendung des neutestamentlichen Friedensgedankens auf das individuelle und gesellschaftliche Leben, insbesondere die Ablehnung des —» Kriegsdienstes. Die F. haben eigene, eng zusammenarbeitende Wehr-Ersatzorganisationen geschaffen und sind bestrebt, durch christlichen Friedensdienst, d.h. durch vielfältige soziale, wirtschaftliche und humanitäre Hilfsmaßnahmen, den Frieden zu bauen. Nach dem 2. Weltkrieg haben die F. über die UNO und den ÖRK auch politisch Einfluß zu nehmen versucht. Der Kampf gegen den Vietnam-Krieg war in den USA vielfach von den F. getragen. F. -h> Siegmund- Schultze war bei Gründung des Internationalen Versöhnungsbundes stark von den Quäkern beeinflußt.
Lit.: Donald F. Durnbough, Every Need Supplied 1974 - Ders., Die Kirche der Brüder, 1971
Geldbach
Dostları ilə paylaş: |