Pluralismus bedeutet gewollte, zum Prinzip erhobene Vielfalt (»plural«« vom latein. »pluralitas««: Vielheit). »Pluralität«* dagegen Vielheit als Tatbestand.
»-ismus« beinhaltet einen Standpunkt, oft eine —» Ideologie. P. ist die philosophische Anschauung, die die Wirklichkeit als eine vom Zufall bestimmte Vielheit von Einzelteilen versteht. Diese Teile bilden insgesamt kein Ganzes, sondern fallen in eine Vielheit von Bestimmungsgründen auseinander. Daraus ergibt sich eine Relativierung aller Erkenntnisse und Werte. Pluralität stellt die Tatsache fest, daß es viele Antworten auf die Frage nach richtig und falsch, gut und böse gibt. P. will diese Frage in der Schwebe halten und keiner Antwort zuführen.
P. ist das Charakteristikum der modernen westlichen Gesellschaft in ihrer Vielheit der Formen, Gruppierungen, Normen und Werte. Auch das Individuum muß in dieser Umwelt seine Existenz als »pluralistischer«« Mensch bewältigen, woraus eine individualistische, gegenüber Normen und Werten unverbindliche Lebenshaltung resultiert. Neben der positiven Seite des P., daß Gruppen wie einzelne in erhöhter Verantwortung für Zielsetzung und Gestaltung von Leben und Umwelt befreit sind (z.B. Religionsfreiheit), werden auch die negativen Seiten klar: Gemeinsames, individuelles und sinnvolles Leben erweist sich ohne Einigung auf bestimmte Grundwerte als unmöglich. Dabei steht die Kirche ständig in der Versuchung, auch im eigenen Bereich den P. zu bejahen und sich damit bewußt oder unbewußt fremden Weltanschauungen zu verschreiben. Die Abwehr des P. in der Kirche hat sich vor allem in der Schriftauslegung zu bewähren. Die —> Bibel selbst verkörpert als Kanon wie als schriftlich bezeugtes Wort Gottes eine Vielheit und Verschiedenheit der Aussagen über Gottes Offenbarung in dieser Welt. Aber diese Vielheit und Verschiedenheit zeigen alle in die Mitte, auf den einen —> Jesus Christus hin, in dem Gott sich ein für alle Male geoffenbart hat. Die Bibel bezeugt eine Vielheit der Aussagen über Person und Wirken des einen gekreuzigten und auf erstandenen Jesus Christus. Gottes Heilsangebot richtet sich umgekehrt an die Vielen, d.h. an alle in ihrer völligen Verschiedenheit. Paulus nimmt die Vielheit und Verschiedenheit seiner Hörer sehr ernst (iKor 9), um sie alle für den einen Jesus Christus zu gewinnen.
Vielheit ist stets auf den Einen und das Eins werden bezogen. Vielheit und Einswer- den bilden ein Ganzes. Im biblischen Sinn kann von Pluralität gesprochen werden. Das ist aber nur eine Sprachregelung. Sachlich steht die Kirche Jesu Christi vor der Aufgabe, sich mit der pluralistischen Wirklichkeit, in der sie lebt, auseinanderzusetzen und mit ihrer Botschaft und Lebensform das Ganze von Vielheit und Einswerden zu bezeugen.
Lit.: Arnoldshainer Konferenz (Hg.), P. in der Kirche. Chancen und Grenzen, o. J.
Lücke
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