Evangelisches Gemeindelexikon



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Johannes Calvin


(Frankreich), f 2 7.5.1564 in Genf, Sohn eines bischöfl. Sekretärs, College in Noyon, dann Kollegien in Paris (Magistergrad), Jurastu- dium in Orleans und Bourges (Licentiat), nachher humanistische Studien in Paris. 1533 Bekanntschaft mit evangelisch Ge­sinnten um Lefevre d'Etaples, insb. mit Guillaume Farel, der ihn später nach Genf holte. Wegen Mitarbeit an einer als ketze­risch empfundenen Rektoratsrede seines Freundes N. Cop mußte er Frankreich ver­lassen. Aufenthalt in Basel unter dem Pseu­donym Martinus Lucianus. In Basel erschien 1536 die erste Ausgabe seiner Institutio reli- gionis Christianae (Unterricht in der ehr. Re­ligion), die in ihrer abschließenden Fassung (15s9) dann den Ertrag der Reformation zu­sammenfaßte und zur bedeutendsten sy­stematischen Darstellung der christlichen Lehre in jener Zeit wurde. 1536-1538 erster Aufenthalt in Genf, wo Farel und Peter Vi- ret, die später die Reformation in Neuenburg und in der Waadt durchführten, bereits wirkten. Genf hatte sich 1531 mit Hilfe Berns von Savoyen gelöst und war 1535 evangelisch geworden. 1538 mußten Calvin und Farel die Stadt auf Druck der gegneri­schen Mehrheit im Rat verlassen. Calvin zog nach Straßburg, wo er mit Bucer und der deutschen Reformation (Melanchthon) in nähere Verbindung kam. 1545 Rückkehr nach Genf, wo er die Kirche streng nach sei­nen Grundsätzen reformierte. Gründung der

Genfer Akademie, weitreichender Einfluß (Schottland, Holland, Ungarn, besonders Frankreich).

Calvin war Reformator in der Zeit der Ge­genreformation. Genf war immer eine be­drohte Stadt, und die ev. Kirche in Frank­reich (Hugenotten), der er immer beistand, war eine Kirche unter dem Kreuz. Viele wurden als Ketzer verbrannt: Louis de Ber- quin 1529. 1535 Einäscherungen in Paris (vor Franz I.). 1546 Vierzehn Brände in Me- aux. 1553 Verbrennung von drei Studenten in Lyon. 1557 Anne de Bourg, u.a. Die Ver­folgungen hielten an über die Zeit Calvins hinaus, bis zur blutigen Bartholomäusnacht (22.8.1572) und später zur Massenverfolgung unter Ludwig XIV. (1685 Aufhebung des 1598 von Heinrich IV. erlassenen Toleranz­ediktes von Nantes).

Calvin war Bibeltheologe. Seine Auslegun­gen erreichten weiteste Verbreitung. Theo­logisch knüpfte er an Augustinus, Luther, Bucer und Zwingli an, aber was er aufnahm, erhält innerhalb seiner Theologie einen neuen Stellenwert. Während bei Luther die persönliche Glaubenserfahrung mit dem Hintergrund des Gegensatzes von Gesetz und Evangelium immer sichtbar wird, gehö­ren Gesetz und Evangelium bei Calvin zu­sammen. Das Gesetz ist zwar insofern abge­tan, als es uns nicht mehr verurteilt, aber es ist Zuchtmeister auf Christus, und seine Verheißung wird in Christus erst recht in Kraft gesetzt. Man muß darüber hinaus nach der Absicht der Verheißung des Gesetzes fragen. Diese ist erst in Christus offenbar, indem sie zugleich erfüllt ist: Es ist das neue Leben im Geist. In Christus leben, heißt nicht nur, nach dem Buchstaben einzelne Werke tun, sondern im Herzen ein neuer Mensch werden. Dies ist der volle Gehor­sam, daß Christus in uns lebt, durch den Glauben, in der Kraft seines Geistes. In Ge­setz und Evangelium offenbart sich ein und derselbe Gotteswille, dort (für uns) unerfüll­bar, hier in Christus erfüllt.

Christi Werk ist in seiner dreifachen Gestalt der vollendete Gehorsam: Sein propheti­sches Amt besteht darin, daß er Herold und Zeuge des Vaters ist, und er ist es auch in und durch uns, indem die Kraft des Geistes sich in der Verkündigung der Gemeinde aus­wirkt. Sein königliches Amt, d.h. seine ewi­ge, geistliche Herrschaft, wirkt sich in uns dadurch aus, daß wir, auch unter dem Kreuz, »mit Gott in Gemeinschaft sind bis zur vol­len Seligkeit«. Christi Königreich »ist ja nicht irdisch und nicht fleischlich . . ., son­dern es ist geistlich und führt uns zum ewi­gen Leberi: So sollen wir denn in unserem Leben unter Elend und Mangel . . . und aller anderen Not fröhlich durchhalten und mit dem einen zufrieden sein, daß uns unser Kö­nig nie verlassen wird, daß er uns nie seine Hilfe in unserer Not versagt, bis wir unsern Kampf durchgekämpft haben und zum Triumph gerufen werden; denn das ist die Art seiner Herrschaft, daß er uns alles das wiederschenkt, was er selbst vom Vater empfangen hat« (Institutio 2,15,4). Und sein priesterliches Amt besteht darin, daß er uns durch seine Heiligkeit mit Gott versöhnt, indem er sich selbst zum Opfer darbrachte. Durch sein Selbstopfer hat er uns nicht nur Gottes Wohlgefallen erworben, sondern er will, daß wir in ihm geheiligt werden. »In uns sind wir zwar befleckt, aber in ihm sind wir Priester. . .« (2,15,6).

Das Sein in Christus bedeutet also höchste geistliche Aktivität, nämlich das Hineinge­nommenwerden in seinen Gehorsam, sein Leiden, seine Heiligkeit und seine Vollen­dung. Das bedeutet, daß das Christsein sich nicht auf den Glauben beschränken kann, sondern sich auswirken muß im Gehorsam, in der Zucht und Ordnung, in den Diensten der Kirche. Wohl ist Kirche erkennbar an der Predigt des Wortes und am Dienst des Sa­kraments. Aber »diese beiden können nicht bestehen, ohne Frucht zu bringen und durch Gottes Segen gedeihlich zu sein« (4,1,10), darum geht es nicht an, ihre Autorität zu verachten und sich ihrer Zucht und Ermah­nung zu entziehen.

Für die calvinistischen Kirchen gehören Be­kenntnis und Kirchenordnung wesentlich zusammen. Es gibt Dienste (Ämter), die bleibend zum Gehorsam der Kirche gehören, wie das Hirtenamt (ministres, pasteurs, für Predigt, Sakrament und Seelsorge), das Lehr­amt (Docteurs, für den Unterricht), das Älte­stenamt (für die Gemeindeleitung) und das Diakonenamt (für die Liebestätigkeit). Die oberste kirchliche Verwaltung wurde in Genf vom Konsistorium ausgeübt, dem die Pastoren und die Ältesten angehörten. In der französischen Kirche bildete sich dann aus der Verbindung mehrerer Gemeinden die Synode, in welcher jede Gemeinde durch Pfarrer, Älteste und Diakone vertreten war.

Gegenüber dem Staat mußte diese Kirche Freiheit nicht nur für Glaube und Predigt fordern, sondern auch für ihr Gemeindele­ben, ihre Ordnungen und ihre Kirchenzucht. Aber wie Luther anerkannte Calvin, daß die weltliche Obrigkeit von Gott verordnet ist und ihre eigene, unmittelbar von Gott emp­fangene Vollmacht hat, Recht und Frieden zu schützen, aber auch der Kirche Schutz zu gewähren. Die calvinistischen Kirchen wa­ren ihrer theologischen Intention nach aus­gesprochen staats- und obrigkeitstreu. Erst im späteren Calvinismus hat sich dann un­ter dem Eindruck der grausamen Verfolgun­gen die Lehre vom Widerstandsrecht, sogar vom Tyrannenmord ausgebildet, und in die­sen Zusammenhängen tauchte auch der Ge­danke der Volkssouveränität auf (Th. Beza, De iure magistratum, 1574; F. Hottoman, Franco-Gallia, 1573; H. Languet, Vindicia contra tyrannos, 1576).

Ein entscheidender Aspekt des Glaubens ist für Calvin das Erkennen Gottes. »Welches ist die wichtigste Bestimmung (principale fin) des menschlichen Lebens?« heißt die er­ste Frage des Genfer Katechismus von 1541. Die Antwort lautet: »Gott zu erkennen«. Gott erkennen heißt aber zugleich, ihn eh­ren, und ihn ehren heißt, sein ganzes Ver­trauen in ihn setzen und ihm dienen, ihm gehorchen und sein ganzes Heil in ihm su­chen. Wo aber erkennen wir Gott? Der Grund alles Gottvertrauens ist, »ihn in Jesus Christus erkennen« (Fr. 14). Gott ist der souveräne Schöpfer und Ursprung, dessen Wille ist, sich zu verherrlichen in denjeni­gen, die er dazu nach seinem Vorsatz vor­ausbestimmt hat. In Jesus Christus verwirk­licht und erfüllt er seinen Heilsratschluß. Christus ist die Erlösung in seinem Kreuz, die Genugtuung in seinem Opfer, die Heili­gung in seinem neuen Leben, die Unsterb­lichkeit, die in seiner Auferstehung erschie­nen ist. In ihm liegt die Fülle aller Güter. »Unser ganzes Heil, alles, was dazu gehört, ist allein in Christus beschlossen. Deshalb dürfen wir auch nicht das geringste Stück­lein anderswo ableiten. Suchen wir das Heil, so sagt schon der Name Jesus: es liegt bei ihm« (Inst. 2,16,19).

Lit.: Unterricht in der ehr. Religion (deutsch von O. Weber), 19632 - Auslegung der hl. Schrift, Neue Reihe, hg. v. O. Weber, 1937ff. - Bekenntnisschrif­ten und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort ref. Kirchen, hg. v. W. Niesei, 1938 - W. F. Dank- baar, Calvin, 1959 - W. Niesei, Die Theologie Cal­vins, i9572-H. Scholl, Der Dienst des Gebets nach Johannes Calvin, 1968 - W. H. Neuser, Calvinus Theologus, 1976

Flückiger

Reich Gottes


  1. Biblischer Befund

  1. altes Testament: R. G. heißt im AT Kö­nigsherrschaft Gottes, wobei das Spätjuden­tum »Gott« durch »Himmel« ersetzt (vgl. Mt). Jahwe herrscht unumschränkt über Himmel und Erde (PS47; 95-99)- Insbeson­dere ist er Bundesherr Israels. Als König der Herrlichkeit gibt er dem Volke —> Heil und Gerechtigkeit in der Gemeinschaft mit ihm, Ps 24; 99,4; 85. An Davids Haus knüpft sich die Verheißung eines ewigen Königtums und Friedensreichs. Der Zionskönig wird auch Weltherrscher sein, 2Sam 7; Jes 9; Sach 9,9.10; Ps 2. Er ist der Menschensohn, dem Gott die Macht überträgt, Dan 7.

  2. neues Testament: Jesus ist der verheißene Messiaskönig. Er verkündigt das Evange­lium vom Reich und verkörpert die Gottes­herrschaft. Für den Juden war das R. G. einstweilen vor allem Forderung, bei Jesus ist es Heilsgabe, greifbar nahe in seinen Machttaten, Mt 12,28; Lk 10,9, zugleich aber auch noch verborgen unter der irdi­schen Niedrigkeit des Menschensohnes und seines Kreuzes. Offenbar wird Jesu Herr­schaft bei seinem Kommen in Herrlichkeit, Mt 24,30. In die Gottesherrschaft kann man nur durch persönliche Buße, durch —» Wie­dergeburt, Bekehrung und —» Glauben ein- gehen, Mk 1,15; Joh 3,3; Mk 10,15. So er­kennt man seine Erwählung zum Kind des Reiches, Mt 13,38. Man bejaht dessen Erst­anspruch Mt 6,33; Mk 9,47 und empfängt seine Gaben, Röm 14,17. Das Reich ist Ge- genwarts- und Hoffnungsgut zugleich, Mt 25,34. Ihm steht einstweilen entgegen das Reich Satans, dessen Werke Jesus zerstört, Mt 12,25h; ijoh 3,8. Das R. G. ist nun zu­gleich Reich Christi. Indem Israel den Mes­sias verwirft, verscherzt es sein besonderes Anrecht an das Reich, Mt 8,12, bleibt aber dennoch Volk der Verheißung, Röm 9,4. I

des Satans siegen und ist nicht identisch mit der katholischen Kirche.

а. Die mittelalterliche Kirche und Gesell­schaft hat sich verstanden als geistlich-welt­liche Rechtseinheit (Corpus Christianum) unter dem unsichtbaren Haupt Christus und den sichtbaren Häuptern von Papst und Kai­ser.



  1. Für luthergibt es das Corpus Christianum nicht mehr. Er unterscheidet das Reich Christi (regnum Christi) als Reich der Gläu­bigen und die staatliche Ordnung (regnum mundi; nicht identisch mit dem Reich Sa­tans! —> Zwei-Reichelehre). Christus herrscht bei den Seinen durch seinen —» Geist, durch Wort und —> Sakrament. Es ist ein verborgenes Reich der Vergebung, der Freiheit und der —» Liebe, in das man durch Buße und Glauben gelangt.

  2. Calvin betont die Herrschermacht und Ehre Gottes und den Kampf gegen die Fin­sternis. Das Reich Gottes soll —» Kirche und Staat völlig durchdringen.

  3. Im Pietismus treten wieder die bibli­schen Erkenntnisse hervor. Das R. G. ist dy­namisch, es will die Welt umgestalten und drängt zur -> Mission.

б. In der -> Aufklärung geht das Bewußtsein, daß es sich um das R.G. und Seines Heils handelt, verloren. Das »R.G.« wird nun rein moralisch verstanden (Kant).

7. -» schleiermacher sieht das Reich Christi als neues Gesamtleben, das die Schöpfung und die Persönlichkeit vollendet und von Christus seinen Ausgang nimmt.

  1. Grundsätzlich

Es ist festzuhalten, daß das R. G. niemals in unsere Hand übergeht, sondern mit all sei­nen Gütern Gottes gegenwärtige und end­zeitliche Heilsgabe in Christus bleibt. Das Reich ist nicht Traum menschlichen Wün- schens und Höffens (Utopie), sondern Gottes gewisse Verheißung. Unsere Aufgabe am Reich ist Verkündigung als Ernstfall in Wort und Tat. Bloß irdische Gerechtigkeit ohne persönliches Heil in Christus bleibt außer­halb des Reiches Christi und seiner Zukunft. Das Reich erheischt sofortigen Gehorsam, vollendet sich aber nicht auf Grund steter Entwicklung, sondern in einem göttlichen Akt bei der Erscheinung Jesu Christi (—> Endzeit). Seine einstweilige Verborgenheit

bedeutet Anfechtung, soll aber die Dynamik von Glaube und Liebe nicht hindern, son­dern beflügeln.

Lit.: G. Schrenk, Gottes Reich und Bund, 1923 -F. Hubmer, Weltreich und Gottesreich, 19715 - E. Staehelin, 56 Thesen über das Reich Gottes, 19662 - Stott/Runia, Das Himmelreich hat schon begon-

Reichgottesarbeiter, -Vereinigung

Reichgottesarbeitervereinigung ist ein Zu­sammenschluß von hauptamtlichen Predi­gern, Diakonen, Stadtmissionaren, Missio­naren, Jugendwarten aus den Gemein­schaftsverbänden, den Freikirchen und den Landeskirchen. Gründung: 1903 in Kassel, jetziger Sitz: Denkendorf bei Stuttgart. Die Vorsitzenden: August —> Dallmeyer (1904-1934); Paul -» Wißwede (1934-1953); Ernst de Groote (1953); Hein­rich Uloth (1953 -1971); Karl-Heinrich Ben­der (seit 1971).

Zweck: Pflege der Bruderschaft, Förderung zum Dienst, persönliche Seelsorge, gegen­seitige Bruderhilfe. Verwirklichung des Zweckes: Haupt- und Regionalkonferenzen, theologische Studienwochen. Organ: »Der Reichgottesarbeiter« (erscheint zweimonat­lich). Grundlage: Der Verein steht auf dem Boden der Hl. Schrift und der reformatori- schen Bekenntnisse. Er ist korporativ dem »Deutschen Verband für Gemeinschafts­pflege und Evangelisation e.V.« (—> Gna- dauer Verband) angeschlossen.

Heimbucher


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