Die Begriffe sind seit dem Pietismus gebräuchlich, um besonders gegenüber orthodoxer Kirchlichkeit auszudrücken, in welcher Weise das Verhältnis zu Gott gegeben ist, nämlich nicht als Anerkennung dogmatischer Lehren oder durch spekulatives Nachdenken, sondern eben als E. der Einwirkung Gottes auf unser Leben.
Als zentrale E. gilt die —» Wiedergeburt. Sie steht aber nicht für sich, sondern eröffnet ein durch weitere E.en charakterisiertes Gottesverhältnis. Als Inhalte der E. werden die biblisch bezeugten Gegebenheiten christlicher Existenz wie —> Heilsgewißheit, Friede, Freude, —> Gebetserhörungen, —» Geistesleitung, —» Liebe zum Bruder und zum Feind wiedererkannt. Dabei wird nüchtern gesehen, daß dies Gottesverhältnis die Anfechtung durch Leiderfahrung und rätselhafte Führungen Gottes einschließt.
Der Begriff Erlebnis meint stärker die individuelle, subjektive Art und Weise der E. Sicher ist er damit gefährlicher als der erste- re, aber nach W. de —» Boor doch geeignet, um darauf hinzuweisen, daß die Wirklichkeit Gottes so gegeben wird, daß sie zum Inhalt des je eigenen Lebens wird.
Eine doppelte Abgrenzung ist nötig zur Erlebnisfrömmigkeit älterer (-» Schleiermacher) und neuerer Prägung, a.) Gott zu erleben ist keine religiöse menschliche Fähigkeit, die es zu entwickeln und zu steigern gilt, sondern eine Wirklichkeit, die von Gott her durch den Heiligen Geist aus Gnaden gegeben werden muß. b.) Das Erlebnis selbst ist kein Maßstab dafür, wer oder was Gott für einen Menschen oder für eine Gruppe von Menschen ist. Maßstab der E. ist die geschichtliche Christusoffenbarung, wie sie uns biblisch bezeugt ist. Zu recht lehnen protestantische Theologen, besonders Vertreter der dialektischen Theologie (K. -» Barth), die subjektivistische Erlebnisfrömmigkeit ab. In ihrer Ablehnung jeglicher E. aber verkennen sie das biblische Gottesverhältnis. Unter den Theologen haben sich besonders A. -*• Tholuck, M. -* Kähler, K. -> Heim und auch E. —> Brunner darum bemüht, das mit E. bezeichnete Gottesverhältnis als das biblisch gemeinte auch theologisch zu verdeutlichen.
In die heutige Situation eines neuen Su- chens nach E. hinein, besonders unter der jüngeren Generation, hat —» evangelikale Theologie und Verkündigung eine mehrfache Aufgabe: a.) Hilfestellung, daß die Suche nach Gotteserfahrung sich an der Schrift orientiert, b.) Hilfestellung, daß nicht individuell bedingte Erlebnismuster zur Lehre erhoben werden, c.) Vor allem aber ist es ihre Aufgabe, nicht aus Angst vor Schwärmerei oder theologischer Zensur biblische E. mit Gott zu minimalisieren, sondern zu ihr zu ermutigen.
Lit.: K. Heim, Glaube und Denken, 1938 - E. Brunner, Wahrheit als Begegnung, 19632