Entmythologisierung -» Bultmann Entrückung -> Wiederkunft
Entscheidung, Aufruf zur
Wer nach Inhalt und Absicht der Verkündigung des Evangeliums fragt, wird den Ausspruch von J. —> Schniewind (1883-1948) in seine Überlegung einbeziehen müssen: »Alle christliche Predigt ist Bekehrungspredigt ...» Erweckliche Verkündigung richtet sich an das —> Gewissen der Menschen, das Evangelium als Angebot des —> Heils anzunehmen und das Wort Gottes als ein zum neuen Leben rufendes Wort zu erfahren. Es geht um Erneuerung und —» Wiedergeburt bei der Annahme des Wortes, und es vollzieht sich Verhärtung und Sterben bei der Ablehnung. Die Predigt des Evangeliums muß darum werbend, auffordernd, zur Entscheidung rufend sein und auf Antwort und Reaktion des Angesprochenen zielen.
In der Praxis der evangelistischen Verkündigung (—» Evangelisation) ist darum der »Aufruf zur Entscheidung« ein wesentlicher Faktor der Verkündigung. Er durchzieht einerseits wie ein roter Faden Inhalt und Ausrichtung der Verkündigung und wird andererseits als besonderer Schlußakt am Ende der Evangelisationsversammlung herausgestellt. Der »Aufruf zur Entscheidung« als ein von der evangelistischen Verkündigung getrennter eigener Appell geht auf die Praxis amerikanischer Erweckungsprediger im 19. Jh. zurück und ist in Deutschland vor allem durch B. Graham bekannt geworden. Am Ende jeder Evangelisationsversammlung werden diejenigen aufgefordert, nach vorn zu kommen, die dem Ruf des Evangeliums zur persönlichen Entscheidung für Christus folgen wollen. Dieser Aufruf oder auch die Aufforderung, die Hand zu heben, werden als Entscheidungshilfen angesehen; eine seelsorgerliche Beratung im Einzelgespräch ist in jedem Fall nötig. Nicht der Weg nach vom oder das Heben der Hand ist die —» Bekehrung, sondern das persönliche Gebet mit Bekenntnis der Schuld und Zuspruch der Vergebung durch den Geist Gottes. Andere Formen des Aufrufs zur Entscheidung: Einladung zu einer —» Nachversammlung oder zur Sprechstunde des Evangelisten bzw. eines Mitarbeiters. Hier ist die Gefahr psychischer Manipulation geringer.
Zeiger
Erbauung
1. E. UND VERWANDTE BEGRIFFE IN DER BIBEL. E., griechisch oikodome, ist ein biblischer Begriff, der besonders durch Paulus entfaltet worden ist. - Bereits nach dem AT verheißt Gott dem König, daß er sein »Haus«, d.h. die Dynastie, bauen wolle (2Sam 7,11; Am 9,11; Ps 89,5). Jeremia u.a. sagen dem zerstörten Volk den Wiederaufbau zu (Jer 1,10; 24,6; 31,4.28; 33,7; 42,10; Hes 36,33-36; Ps 102,17; 147/2; vgl. Ps 127,1). - Nach dem Zeugnis des gesamten NT baut Gott (bzw. Christus) an seinem Haus oder Tempel, der —> Gemeinde Jesu (Mt 16,18; Apg 20,32; iKor 3,9.i6f. 2Kor 5,1; 6,16; iTim3,i5; Hebr
-
6). Die alttestamentliche Rede vom Eckstein (Jes 28,16; Ps 118,22) wird dabei auf Christus gedeutet (Eph 2,20; iPetr 2,6-8), der auch der Grundstein heißt (iKor 3,1 if.;
Eisenblätter
Röm 15,20; vgl. 2Tim 2,19). Mit ganz wenigen Ausnahmen (Mt 7,24.26; Gal 2,18; Jud 20) ist der Begriff Erbauung im NT unmißverständlich auf die christliche Gemeinde bezogen.
Paulus verwendet ihn in seinen frühen Briefen selten (iThess 5,11; Gal 2,18), von iKor an aber bekommt E. zentrale Funktion bei der Entfaltung der paulinischen Lehre von der Kirche. Als Subjekte des (Er-) Bauens treten nun neben Gott der Apostel und die Gemeindeglieder. Es gilt, auf dem von Gott gelegten Grund Christus aufzubauen (iKor 3,9-17) und d.h. einander liebevoll zu fördern, anstatt in religiöse Konkurrenz miteinander zu treten (8,1). Solches geistliche Wachstum der Gemeinde geschieht vor allein im Gottesdienst. Das organische Zusammenspiel der —» Charismen in der Gemeinde entwickelt Paulus in Kap. 12 am zentralen Bild des Leibes Christi, parallel dazu in Kap. 14 am Begriff der E. (v. 3-5.12.17.26). Dabei gibt er der E. der Gemeinde oder des anderen sehr deutlich den Vorzug vor der Selbsterbauung.
Auch in Röm beschreibt Paulus die geistliche Gemeinschaft in der Gemeinde einerseits als Leib Christi (i2,4ff), andererseits als gegenseitige E. (14,19 15,2). In Eph schließlich verschmelzen beide Bilder zur Rede vom Wachsen des Baues Gottes (2,20-22) oder von der E. des Leibes Christi (4,12.16; vgl. noch 3,17; 4,29; Kol 2,7). - iPetr 2,5 bestätigt noch einmal die wirksame Rolle des Bildes vom Haus Gottes und der E. als Sich- Einfügen in diesen Bau für das Gemeindeverständnis der Urchristenheit.
i. ZUM BEGRIFF E. IN DER NEUZEIT. Die heute weithin übliche Kritik am —» Pietismus, der den biblischen Begriff E. individualistisch und psychologisierend verzerrt habe, ist in doppelter Hinsicht zu hinterfragen. Erstens beginnt ein neues Interesse an der E. nicht erst mit dem Pietismus, sondern, wie u.a. die Geschichte des —» Erbauungsschrifttums zeigt, bereits zwei Generationen vorher, am Anfang des 17. [h.s. So redet z.B. Johann Arndt in »Vier Bücher vom Wahren Christentum» (1609) gerne von E. und strebt damit Erneuerung und Verinnerlichung des Glaubenslebens an. - Zweitens ist der Pietismus keineswegs nur auf den einzelnen und sein Innenleben aus. Den bahnbrechenden Vertretern dieser Bewegung (z.B. Ph. J.
Spener, A. H. Francke, N. L. v. Zinzendorf) ging es ja elementar um die Reform der Kirche. E. war also für sie Förderung des christlichen Lebens der einzelnen in der kirchlichen Gemeinschaft. Erst während des 18. Jh.s kam es zu der heute von vielen Theologen beklagten Privatisierung des Begriffs E. Die erbaulichen Gefühle religiöser Individuen wurden durch entsprechende Literatur gepflegt, und auch die Predigt wurde nach dem Gesichtspunkt der Erbaulichkeit beurteilt, ob sie dem einzelnen religiösen »Genuß« verschafft habe. Diese, im 19. Jh. weit verbreitete Auffassung von E., angezeigt z.B. durch die beliebte reflexive Wendung »sich erbauen«, kann wiederum nicht primär den —> Erweckungs- und —> Gemeinschaftsbewegungen pauschal zur Last gelegt werden, die ja vor allem auf den »Bau des —> Reiches Gottes« und die erbauliche —» Gemeinschaft bedacht waren. Vielmehr zeigt sich hier ein breiter angelegter geistesgeschichtlicher Prozeß (vgl. etwa Kant, -> Schleiermacher, —> Kierkegaard), in dem das Seelenleben des einzelnen eine immer stärkere Aufmerksamkeit erhielt. Leider ist die Funktion des Begriffs E. im säkularen wie im religiösen Denken des 18. und 19. Jh.s noch kaum erforscht. Deutlich ist jedoch, daß die allgemeiner* Tendenzen zur Individualisierung sich auch in erweckten Kreisen zeigten, so daß die E. des einzelnen als Genuß religiöser Empfindungen der E. der Gemeinde vorgeordnet wurde.
Angesichts dieser wenig glücklichen Entwicklung der Wortgruppe E., durch welche sie einen unbiblischen Sinn bekommen hat, und »erbaulich« fast nur noch abfällig und ironisch verwandt werden kann, ist sie heute in Verkündigung und Unterweisung nicht mehr verwendbar. Wo es um die Darstellung des neutestamentlichen Befundes geht, kann vom Aufbau der Gemeinde gesprochen werden.
Zur Bezeichnung der unverzichtbaren personalen Dimension des Glaubens aber sind neue Begriffe zu finden, die die Beteiligung am hebevollen und geistesgewirkten Wachstumsprozeß der Gemeinde deutlich machen, zumindest aber nicht ausschließen.
Lit.: H.-H. Krummacher, Artikel »Erbauung« in Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. v. J. Ritter, Bd. H, 1972, Sp. 601-604
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