Blankenburger Konferenz
Die Geschichte der B.K. deckt sich nicht mit der Geschichte der Ev. —> Allianz in Deutschland, die 1857 erstmalig an die Öffentlichkeit trat. Doch ohne sie bleibt die Geschichte der Ev. Allianz unvollständig. Gegründet wurde die B.K. 1886 durch A.v. —» Weling und wuchs allmählich. Jahre hindurch war der Dr. F. W. —» Baedeker prägend. Während der Deutsche Zweig der Ev. Allianz den Landeskirchen gegenüber keinen aggressiven Ton anschlug, hat Blankenburg in den Anfangsjahren fast alle Teilnehmer aus den Reihen der landeskirchlichen Pfarrer vergrämt. Dabei war die Wirkung dieser Konferenz, die von —» Freikirchen sowie der deutschen —> Gemeinschaftsbewegung mitgetragen bzw. bejaht wurde, trotz immer wieder auftretender extremer Schwankungen z.B. während der Pfingst- und Zungenreden-Bewegung (1900-1910) und in der —» Kirchenkampfzeit, die zur Aufkündigung einer weiteren Zusammenarbeit mit der Ev. Allianz durch die deutsche Gemeinschaftsbewegungführte, stark und nachhaltig. Charismatische Persönlichkeiten wie Freiherr von Thümmler, E. —» Schrenk, O. —» Stockmayer, Generalleutnant von Viebahn, Inspektor —> Rappard, Freiherr von Tiele- Winckler, später Prof. Karl Müller (Erlangen), Pastor E. —> Modersohn, Missionsdirektor -» Kroeker u.a. drückten ihr mit ihrer erwecklichen Verkündigung von -> Bekehrung und Jesus—» Nachfolge einen unverkennbaren Stempel auf. 1886 entstand das Allianzhaus mit einer Halle (ca. 2 000 Sitzplätze) und 1890 das Ev. Allianzblatt, das nach 1970 einging. Blankenburg wurde nach 1945 zum Zentrum der Ev. Allianzkonferenz in der DDR. Im Verhältnis zu den Landeskirchen trat ein grundlegender Wandel ein. Sie wird von den Landeskirchlichen Gemeinschaften und Freikirchen in der DDR einmütig getragen.
Lit.: E. Beyreuther, Der Weg der Ev. Allianz in Deutschland, 1969
Beyreuther
Blaues Kreuz
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Gründung: Das B.K. wurde 1877 in Genf durch Pfarrer Louis Lucien Rochat (1849-1917) gegründet. Dieser war in England einem geretteten Alkoholiker begegnet und war fortan von der Frage umgetrieben, wie dem übermäßigen Trinken begegnet werden könnte. Während eines internationalen Kongresses zur Hebung der Sittlichkeit in Genf lud er die Teilnehmer zu einer Sonderveranstaltung ein. Im Anschluß an den Vortragsabend verpflichteten sich neben Rochat 27 Christen schriftlich zur Alkohol-Enthaltsamkeit. Deshalb heißt die Parole des B.K.es: »»Evangelium und Abstinenz«. 1883 gab sich die Vereinigung den Namen »»Schweizerischer Verein des Blauen Kreuzes«.
Durch Rochats Arbeit angeregt, gründete Pfarrer Arnold Bovet r885 in Hagen/Westf. den ersten deutschen Blaukreuz-Verein. Der Vorkämpfer der Blaukreuz-Arbeit in Deutschland aber wurde Oberstleutnant Curt von —» Knobelsdorff. Er gründete 1892 den Deutschen Hauptverein des Blauen Kreuzes e.V. mit seinem Sitz in Wuppertal- Barmen.
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Geschichte: Erster vollzeitlicher Generalsekretär wurde 1906 der Lehrer Wilhelm Goebel, der die Leitung des Werkes bis zu seinem Tode 1942 innehatte. Sein Bruder, Dietrich Goebel, leitete in der Nähe von Hamm die erste Heilstätte für alkoholsüchtige Männer, die im Dritten Reich aufgelöst wurde. Die Arbeit konnte 1946 neu begonnen werden. 1956 wurde Pfarrer Theo Schreiner zum Direktor des Werkes berufen. In seiner Amtszeit wurde der Name in »»Blaues Kreuz in Deutschland e.V.« umbenannt. Seit 1965 ist Architekt Kurt Twelker (Kassel) 1. Vorsitzender.
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selbstverständnis: Das B.K. versteht sich als Teil der Gemeinde Jesu mit einem besonderen diakonischen Auftrag. Es weiß sich der Ev. —> Allianz verbunden und arbeitet mit Kirchen, —» Freikirchen und Gemeinschaften zusammen. Die Grundlage für die Arbeit ist der Gehorsam gegenüber dem dreieinigen Gott, wie er sich in der Heiligen Schrift offenbart. Das B.K. in Deutschland ist ein freies Werk, das überwiegend durch freiwillige Gaben und Spenden getragen wird. Es ist dem Internationalen Bund des Blauen Kreuzes angeschlossen, der achtzehn Zentralverbände mit insgesamt 183000 Mitgliedern zählt.
4 Auftrag und Angebot: Die Aufgabe des B.K.es besteht darin, Suchtgefährdeten und Alkoholikern zu helfen und durch Information dem Mißbrauch des Alkohols entgegenzuwirken. Diese Aufgabe wird durch Einzelmitglieder, Ortsvereine, Gruppen, Freunde und Förderer wahrgenommen. Etwa 7 000 Mitglieder bzw. ehrenamtliche Helfer in mehr als 200 Vereinen und Begegnungsgruppen begleiten und beraten Alkoholkranke. Weitere Hilfen werden in Besinnungswochen für Alkoholkranke und für ehemals Süchtige und für Mitarbeiter durch Rüstwochen, Seminare, Konferenzen auf regionaler, Landes- oder Bundesebene gegeben. Das B. K. unterhält eine Fachklinik, das »Curt-von-Knobelsdorff-Haus«, in Radevormwald für alkoholkranke Männer mit 43 Betten; ein Familien-Ferienheim in Burbach-Holzhausen mit 100 Betten, sowie Rehabilitationsheime in Bad Salzuflen, Hagen, Hagen-Haspe, Kassel, München und Wuppertal mit insgesamt 114 Betten. - Als vorbeugende Maßnahme gilt die Kinder- und Jugendarbeit; insgesamt gehören hierzu 59 Kindergruppen mit 1 600 Kindern und 50 Jugendgruppen mit ca. 900 Jugendlichen.
Die Öffentlichkeitsarbeit besteht in der Verbreitung der vom Blaukreuzverlag herausgegebenen Zeitschriften »blaues kreuz«, »Rettung« und »füreinander«, dem Familienkalender und dem Bildpostkartenkalender; ferner in Sendungen des B.K.es über den -> Evangeliums-Rundfunk, in dem Vertrieb von Tonbändern und Informationsschriften zu dem Thema »Alkoholismus - Hilfe ist möglich« und in der Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen mit Fachvorträgen und Evangelisationsabenden. Das B.K. beschäftigt in der Zentrale und im Verlag, in den Ortsvereinen, im Reisedienst und in den verschiedenen Einrichtungen insgesamt 135 vollzeitliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Lit.: Charles-L. Deletra: louis lucien rochat - ein bahnbrecher, Bern 19622 - Selbstdarstellung ••Blaukreuz-Arbeit heute« 1975
Frische
Blazejewski, Carl Ferdinand, * 17. 1.
1862 Thom, t 2,4- 5- 1900 Borken b. Bartenstein, Gemeindepfarrer. Viele Jahre schwankte er zwischen Skepsis und Glauben. In einer Zeit tiefer Niedergeschlagenheit, als Marinepfarrer, griff er zur Bibel. Sie erwies sich ihm als das Buch der Wahrheit und des Lebens. In der ostdeutschen -» Erweckungsbewegung bewährte sich B. als begnadeter —> Evangelist und Schriftausleger. Auf einer Gemeinschaftskonferenz, an der auch Pfarrer Th. —» Krawielitzki aus Vands- burg teilnahm, bekam B. den Auftrag, die Gründung eines Gemeinschaftsschwesternhauses vorzubereiten. Am 2. 10. 1899 eröffnete er es in seinem Pfarrhaus mit vier jungen Schwestern. Damit legte er den Grund für den -» Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband.
Lit.: K. Zdunek, Aus mir Pechvogel wird doch nichts, 19642
Zdunek
Blindenmission -> Christoffel
Blücher, Toni von, * 23. 7. 1836 Stolp, Pommern, f 18. 5. 1906, Berlin. Als Tochter eines Oberstleutnants und Großnichte des bekannten Generals erlebte sie während einer —> Evangelisation des amerikanischen Evangelisten P. —> Smith und Dr. Baedeker in der Garnisonkirche ihre Bekehrung. Sie begann daraufhin mit Kinderversammlungen, Tee-Versammlungen, der Verteilung von Traktaten sowie Mütter- und Elternversammlungen, besonders unter der armen Bevölkerung. So entstand 1883 eine Gemeinde, die im April 1894 in Berlin, Ho- henstaufenstr. 65 ein Gemeindehaus erhielt. In diesen Räumen wurde am 15. 9. 1905 die Bibelschule für »Innere und Äußere Mission« (heute —> Wiedenest) eröffnet, die im April desselben Jahres von führenden Männern und Frauen der Evangelischen Allianz gegründet worden war.
Herrn
Blumhardt, Christoph Friedrich, * 1. 6.
1842 Möttlingen, f 2. 8. 1919 Bad Boll, studierte Theologie und übernahm nach dem Tod seines Vaters Joh.Chr. —» B. 1880 die Leitung von Bad Boll. Auch für ihn stand das —> Reich Gottes im Zentrum der Verkündigung. Er erwartete das Reich als Erlösung (—> Heil) der Welt. Diese Erlösung setzt sich im Kampf gegen die Finsternis, d.h. gegen die
Christoph Friedrich Blumhardt
Macht des »Fleisches«, des Egoismus, des Unrechts durch. Besonderes Gewicht erhält der Begriff der Gerechtigkeit, der auch B.s Kritik an der Kirche bestimmt. Denn diese ist selber zu tief mit dem Unrecht in der Welt verquickt, als daß sie wirklich dagegen kämpfen kann. Statt von der Kirche redet er lieber von der —> Gemeinde, wobei die Grenze, wer zur Gemeinde gehört, unklar bleibt. Unverkennbar sind gewisse Einflüsse der Zeitphilosophie, insb. der Entwicklungsund Fortschrittsgedanke. Zwar hält er daran fest, daß das Kommen des »Neuen«, des Reiches, Gottes Tat ist, zugleich erscheint dieses Kommen als ein unaufhaltsamer und letztlich durchschaubarer Weltprozeß. Nicht mehr in wunderbaren Geist Wirkungen, sondern im Kampf gegen Armut und Not wird das »Neue« manifest, weshalb er sich im Kampf der Arbeiterschaft anschloß, der Sozialdemokratie beitrat und Landtagsabgeordneter wurde. Weil die Gottesherrschaft vor allem als Macht verstanden ist, die die Welt verwandelt, ist die Heilserwartung universalistisch und in gewissem Sinn diesseitig. B. übte starken Einfluß auf die Bewegung des religiösen —> Sozialismus in der Schweiz (H. Kutter, L. Ragaz) aus.
Lit.: G. Sauter, Die Theologie des Reiches Gottes beim älteren und jüngeren B., 1962
Flückiger
Blumhardt, Johann Christoph, * 16. 6.
1805 Stuttgart, + 25.2. 1880 Bad Boll, aufgewachsen unter dem Einfluß eines von Bengel und Oetinger geprägten —» Pietismus, Theologiestudium in Tübingen (Stift), 1829 Vikar in Dürrmenz, 1830 Lehrer am Missionshaus Basel, 1837 Vikar in Iptingen, 1838 Pfarrer in Möttlingen. Hier wird ihm der seelsorgerli- che Kampf um die Heilung der seelisch-körperlich kranken Gottliebin Dittus zum entscheidenden Erlebnis: Deren Krankheit enthüllt sich ihm als eigentliche Besessenheit, zugleich »überkommt« ihn die charismatisch zu nennende Gewißheit der helfenden Macht Jesu. Die Seelsorge wird zum Gebetskampf, der in der Weihnachtswoche 1843 mit einer dramatischen und endgültigen Heilung des Mädchens endet. Dem Ereignis folgt eine Erweckungsbewegung in M., gekennzeichnet als Bußbewegung und Absolution, zugleich begleitet von —» Krankenheilungen. Der Prediger und Seelsorger B. wird nun von Tausenden aufgesucht, was ihn nötigt, 1852 das Gemeindepfarramt aufzugeben, um sich im neu erworbenen Bad Boll ganz dem Kampf gegen das »Elend« der Menschen, das ihm in den Hilfesuchenden entgegentritt, zu widmen. 1869 und 1872 treten auch seine beiden Söhne in den Dienst des Werkes.
Es geht B. um eine charismatische Erneuerung der Gemeinde Christi. Er will, daß seine Zuhörer sich nicht mit dem Hören des
fohann Christoph Blumhardt
Wortes begnügen, sondern dessen Wirkung erfahren, nämlich den —> Geist, den das Wort vermittelt. Er sieht diese Wirkung aufgehalten durch die Gebundenheit der Menschen unter die Macht der Finsternis. Der Sinn des »Kampfes« ist daher die Brechung dieser Macht durch das rettende »Eingreifen« Jesu. »Jesus ist Sieger«. Glaube darf sich nach B. nicht auf die Gerechtmachung und Neuschöpfung erst im Jenseits vertrösten, sondern muß jetzt schon zum Durchbruch, zur Buße und zur Erfahrung der —» Wiedergeburt im Geiste führen. Die Zeichen der machtvollen Gegenwart Jesu sind für B. ein »Angeld« der kommenden Erneuerung und Rettung der ganzen Welt durch das Kommen Christi, das —» Reich Gottes. Die charismatische Erfahrung geht Hand in Hand mit einer intensiv gesteigerten endzeitlichen Hoffnung, die dem sehnsüchtig und für bald erwarteten Tag entgegensieht, wo die Macht Satans endgültig zerbricht und die ganze Welt der Herrlichkeit Gottes voll sein wird.
Lit.: Fr. Zündel, Joh.Chr. Blumhardt, i88ou.ö.-G. Sauter, Die Theologie des Reiches Gottes beim älteren und jüngeren B., 1962
Flückiger
Bodelschwingh, Friedrich d. Ä. von,
*6.3.1831 Tecklenburg, 12.4.1910 Bethel.
B. wurde als 6. Kind des westfälischen Landedelmanns, Oberpräsidenten und Finanzministers —> Friedrich Wilhelms IV., Ernst von B., geboren und wuchs in Berlin u.a. als Spielgefährte des späteren Kaisers Friedrich III. auf. Von daher hatte er allezeit gute Beziehungen zum kaiserlichen Hof. Zunächst erlernte er von 1849 bis 1851 die Landwirtschaft und war dann als Gutsverwalter in Pommern tätig. Mit durch eine Missionspredigt angerührt, entschloß er sich 1854, Theologie zu studieren und Missionar zu werden. Er studierte in Basel (—» Auberlen), Erlangen und Berlin,- W. —» Löhe in —» Neuendettelsau und Christoph —» Blumhardt in Bad Boll wurden seine eigentlichen Lehrer in praktischer Theologie. Nach Studienabschluß wurde er 1858 Hilfsprediger und Pastor der deutschen Gemeinde in Paris und nahm sich dort besonders der Lumpensammler und Straßenkehrer an. Von 1864 bis 1872 wirkte er als Pastor in Dellwig bei Essen, wo er 1869 innerhalb von 14 Tagen seine 4 Kinder an einer Keuchhustenepidemie verlor.
1872 übernahm er in Bielefeld die Leitung
Friedrich von Bodelschwingh d.Ä.
des 1869 gegründeten Diakonissenhauses und des ihm angegliederten Pflegehauses für epileptische Kinder. Schritt für Schritt baute er nun in einem Seitental des Teutoburger Waldes -» Bethel als Heimstatt für die von der Gesellschaft verstoßenen Epileptiker auf, wobei er bewußt die Gründung einer Anstalt vermied, sondern das Modell einer Großfamilie in Leben und Arbeiten vor Augen behielt. Ziel seiner Wirksamkeit war weniger die Durchführung eines sozialen Programms als der Wille, auch den Kranken ihre Gottesebenbildlichkeit (—»• Mensch) zu verkündigen und sie zur -> Nachfolge Christi aufzurufen. Aus diesem Ziel heraus kam es 1877 zur Gründung der Diakonenanstalt Nazareth. Wenig später wandte sich B. der Nichtseßhaftenfürsorge zu und gründete die Kolonistenhöfe von Wilhelmsdorf und später Freistatt bei Sulingen und Hoffnungstal bei Berlin, um durch Arbeit und Gemeinschaft der Verelendung der Wanderarmen abzuhelfen (»Arbeit statt Almosen«). Er knüpfte dafür Beziehungen zur Regierung und zur Sozialdemokratie, wurde Abgeordneter im Parlament und unbequemer Mahner des ganzen deutschen Volkes. Mit der Gründung des Vereins »Arbeiterheim« baute er in der Nähe Bethels eine Eigenheimsiedlung für Arbeiter auf und nahm damit den Gedanken des sozialen Wohnungsbaus um Jahrzehnte vorweg.
In Bethel war mit der Gründung des Hauses Morija die Betreuung der seelisch und geistig Kranken aufgenommen worden. 1890 trat B. in den Vorstand der 1886 gegründeten »Ev. Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafri- ka«, die 1906 nach Bethel verlegt wurde. Die Einsicht in die Zusammengehörigkeit von —> Innerer und Äußerer —> Mission ließ B. diesen Missionszweig in sein Werk integrieren und in Ostafrika u.a. ein kleines Bethel (Epilepsie- und Geisteskrankenhaus in Lu- tindi) aufbauen.
1890 begründete B. ein Kandidatenkonvikt, um das Interesse für -> Diakonie auch in der Pfarrerschaft zu wecken. Hieraus erwuchs 1905 die Theologische Schule, die ursprünglich als freie theologische Fakultät gegen die herrschende —» liberale Theologie geplant war. In der Gründung dieser Hochschule kommt B.s Beitrag zur Studienreform und praxisbezogenen —> Ausbildung des Theologen zum Ausdruck.
Aus dem Nichts hatte er so in vier Jahrzehnten das größte diakonische Werk der Welt aufgebaut und wurde als Pastor der Zionsgemeinde zum Anwalt der Notleidenden in Deutschland und aller Welt.
Lit.: Ausgewählte Schritten, 3 Bände, hg. v. A. Adam, 1955 bis 1964 - Briefwechsel, Teil 1 bis 12, hg. v. A. Adam 1966 bis 1974- Uber B.: M. Gerhardt-A. Adam, F. von B., 3 Bde., 1950 bis 1958 - K. Pergande, Der Einsame von Bethel, 1953 -B. Grämlich, B., Bethel und die Barmherzigkeit, 1964
Ruhbach
Bodelschwingh, Friedrich d.J. von, ‘14.
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1877 Bethel, [4. 1. 1946 ebda.
Als jüngster Sohn des ersten Leiters von —> Bethel wurde er zeitlebens von der Autorität seines Vaters geprägt. Von früh an empfing er in der Gemeinschaft von Gesunden und Kranken bleibende Eindrücke. Sein Theologiestudium in Bonn, Basel, Tübingen und Greifswald brachte ihn in enge Verbindung mit H. —» Cremer und A. —» Schiatter, die bis zu deren Tod andauerte. Von Natur aus schüchtern fühlte sich der hochbegabte B. eher zur Wissenschaft gezogen; er folgte aber 1901 dem Ruf seines Vaters und übernahm 1910 nach dessen Tod die Leitung der Bethe- ler Anstalten.
Bald wuchs B. in sein Amt hinein und verschaffte sich als Prediger, Seelsorger und Vermittler zwischen mancherlei gegensätzlichen Traditionen Respekt und Verehrung. Anders als sein Vater nahm er die Leitungs-
Friedrich von Bodelschwingh d.J.
aufgaben weniger autokratisch als kollegial über eigens dafür geschaffene Gremien wahr. Der gewaltige Aufschwung, den Bethel unter seiner Hand erfuhr, ist ein deutliches Zeichen für seine Führungsqualitäten. Neue Pflegehäuser wurden errichtet, die eine stärkere Differenzierung der Kranken ermöglichten, Zweiganstalten wie Ek- kardtsheim wurden gebaut und ausgebaut, das Schulwesen in Bethel wurde erweitert, die Kapazität der Theologischen Schule vergrößert und auch die Arbeit der Bethelmission intensiviert. Die medizinische Forschung besonders der Epilepsie wurde vorangetrieben, die Arbeitstherapie nach noch heute modernen Gesichtspunkten weitergeführt, die Fürsorge für Flüchtlinge, Auswanderer und Fremdenlegionäre wie die Betreuung der Nichtseßhaften mit allem Nachdruck betrieben. In der Zeit der großen Arbeitslosigkeit rief B. einen freiwilligen Arbeitsdienst ins Leben. Als neues Arbeitsgebiet kam die bald lebhaft blühende Schriftenmission (-* Literaturarbeit) Bethels hinzu. Nur die Zeit der beiden Weltkriege führte zu einer Stagnation im Aufbau, in den Kriegsjahren 1943 bis 1945 sogar zur Zerstörung mehrerer Häuser durch Bomben.
Im beginnenden Kirchenkampf hielt sich B. zurück, erschien jedoch als der geeignete Repräsentant des bekenntnisgebundenen Protestantismus und wurde am 27.5.1933
von den Bevollmächtigten der Landeskirchen zum Reichsbischof der Deutschen Ev. Kirche gewählt. Durch die Einsetzung A. Jägers zum Staatskommissar für die preußischen Landeskirchen sah sich B. jedoch bereits 27 Tage später gezwungen, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Blieb er selbst auch während des weiteren Kirchenkampfes im Hintergrund, so stellte er Bethel immer wieder für Tagungen den Gremien der Bekennenden Kirche zur Verfügung, arbeitete selbst in den Leitungsgremien der Inneren Mission mit und stand vielen Ratsuchenden zur Seite. Erst als der NS-Staat mit seiner Euthanasie-Aktion das Leben seiner Kranken bedrohte, trat B. den Staatskommissaren in den Weg und erreichte zusammen mit anderen den Abbruch der ganzen Aktion. Am 4.1.1946, mitten im Wiederaufbau Bethels und der —» Ev. Kirche Deutschlands stehend, starb er als todkranker Mann.
Werke: Lebendig und frei, Band 1-3, 1949 - Der Weg zum Bruder, 1953
Über B.: W. Brandt, F. von B., Nachfolger und Ge-
Böhme, Jakob —> Pietismus II
Boehmerle, Theodor, * 25. 6.1870 Eßlingen, t 7. i- 1927 Langensteinbach. Ev. Theologe. 1903-1908 Reise-Inspektor des Ev. Vereins für -» Innere Mission Augsburgi- schen Bekenntnisses (Badischer Gemeinschaftsverband), 1909-1927 Bibelheimlei
ter. In der 1905 gegründeten Zeitschrift »Reichsgottesbote« und auf Bibelkursen übte B. einen nachhaltigen Einfluß auf den süddeutschen —> Pietismus aus. Von schwäbischer —> Theosophie (Oetinger, J.M. —> Hahn) und H. -h» Cremer geprägt, vertrat B. eine strenge Wiederbringungslehre: Nach einem vorzeitlich gefaßten »Wohlgefallensplan« (Eph r ,4f.) läuft die —> Heilsgeschichte in vielen Gottzeitaltern ab. Gott schafft mit dem Himmel auch die Engel und den Satan. - Jesus erlöst durch sein Blut eine »Auswahlgemeinde«, die entrückt wird. - Israel treibt dann im iooojähr. Reich Mission unter den Nationen. Am Ende wird alles, auch der Satan, Gott unterworfen (—> Allversöhnung). - 1909 gründete B. das Bibelheim Bethanien, das 1927—35 von Adolf Pfleiderer, seitdem von Wilhelm Beck in den Linien B.s weitergeführt wird.
Lit.: Reichsgottesbote, 1905 -1927- Die Gemeine, Monatsschrift, 1924-26 - Gleichnisse Jesu, i960 - G. Urban, Theodor Boehmerle. Ein Zeuge Jesu Christi und Seiner Gemeinde, 1973
Rothenberg
Böse, Das
I. Biblische Orientierung
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Das Problem des B. begegnet uns schon auf den ersten Seiten der Bibel. Gen 3 erzählt, wie der Mensch im Bestreben, so sein zu wollen wie Gott, dessen Gebot Übertritt. Zwei Sachverhalte kommen hier zur Sprache, die in der ganzen Bibel immer wieder auftauchen: 1. Der Mensch wird zum Tun des B. verführt, d.h. das B. erscheint als Macht und zugleich als Tat. 2. Trotz dieser »Fremdbestimmung« behaftet Gott den Menschen bei seiner Tat und zieht ihn zur Verantwortung. Über den Ursprung des B. sagt Gen 3 nichts aus; diese Frage bleibt von der Bibel letztlich unbeantwortet. Das AT wehrt zumindest jeden Versuch ab, das B. einem von Gott entzogenen, eigenständigen Machtbereich zuzuordnen (vgl. Hiob 1 und 2). Gott kann es in seinen Dienst nehmen (vgl. 2 Sam 24,1.10).
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Die Botschaft des Sieges Jesu über das B. gehört zum Zentrum des NT. Als Urheber allen Übels wird der Satan gesehen (1 Joh 3,8 ff). Deshalb gilt ihm der Kampf Jesu. Stärker noch als das AT stellt so das NT den Gegensatz zwischen Gott und dem Satan (—» Teufel) in den Vordergrund, ohne deshalb aber den Gedanken des Monotheismus (die Anerkennung und Verehrung eines einzigen Gottes) aufzugeben. Der Satan wird als Fürst dieser Welt bezeichnet, der seine Herrschaft über die Menschen ausübt (Lk 4,6; Joh 12,31; 2 Kor 4,4). Jesu Begegnung und Überwindung des B. vollzieht sich in vielerlei Weise, entsprechend der mannigfaltigen Gestalt des B. (vgl. Mt 4,1—11; Mk 8,31-33; Mk 1,21-28). Der Mensch kann sich vom B. nicht selbst befreien; dies führt Paulus in Röm 7,19 ff aus, wo er auf die Sünde als die über den Menschen herrschende Macht hinweist; der Mensch ist gezwungen, B. zu tun, obwohl er das Gute will. Weil die Sünde über ihn herrscht, sündigt er auch. Indem Christus die Schuld des Menschen auf sich genommen hat und ihn an seinem Sieg teilhaben läßt, wird der Mensch vom Gesetz der Sünde befreit (Röm 8,2). Dieser Sieg Jesu bedeutet nun freilich nicht die Beseitigung des B. auf dieser Erde. Die Gemeinde Christi selbst steht ja im täglichen Kampf. Dem entspricht die Bitte des Vaterunsers um Erlösung von dem B. (Mt 6,13). Am Ende der irdischen Geschichte konzentriert das B. sich zu einer großen widergöttlichen Macht (2 Thess 2,4.8; Offb 13; 17) mit umfassendem Herrschaftsanspruch. Es zeigt sich in machtvollen Taten und wird endgültig besiegt durch die —> Wiederkunft Christi.
II. Das Problem des B. in der Gegenwart In den vergangenen Jahrzehnten sind vor allem zwei Tendenzen bemerkbar:
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Das B. hat sich in einer schreckenerregenden Weise entfaltet und in Personen, Strukturen und Ereignissen offenbart. Es sei hier nur an die Kriege der letzten vier Jahrzehnte erinnert mit ihren grausamen Diktatoren und furchtbaren Möglichkeiten der Vernichtung, an die starke Ausbreitung atheistischer —> Ideologien und an das Anwachsen des Okkultismus (—> Aberglaube) in jüngster Zeit.
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Parallel zu dieser Entwicklung ist das Bestreben zu beobachten, das B. vernünftig zu erklären und so in den Griff zu bekommen. Auf dem Gebiet der Theologie entwickelt sich dieses Vorhaben im Gefolge des Entmy- thologisierungsprogrammes von R. -» Buhmann, {-» Moderne Theologie), der sich auf die Naturwissenschaften beruft: »Erledigt ist durch die Kenntnis der Kräfte und Gesetze der Natur der Geister- und Dämonenglaube .. .«. Andere Wissenschaften — etwa Psychologie und Soziologie - suchen die Einflüsse aufzuspüren, die einzelne Menschen oder Gruppen für das B. öffnen. Oft wird dabei der Optimismus geäußert, die Beseitigung bestimmter Verhältnisse schaffe auch das B. aus der Welt. Das Ausmaß des B. jedoch und seinen letzten Grund kann keine Wissenschaft einleuchtend erklären. Da, wo es gelungen ist, Lebensbedingungen im beabsichtigten Sinn zu verändern, tauchte das B. oft in ganz anderer Form und noch bedrohlicher als vorher auf. Allerdings können die Wissenschaften bei Anerkennung ihrer Grenzen eine wichtige Hilfe im Kampf gegen das B. sein. Die Bibel spricht von einem Machtbereich des B. (Mk 3, 24-27), der dem Menschen nicht verfügbar ist. Christen glauben aber nicht an den Satan, sondern gegen ihn. Er steht im Schatten Gottes. Der Glaube an den Sieg Jesu am Kreuz ermöglicht eine der Wirklichkeit angemessene Haltung, die den Kampf mit den Mächten der Finsternis aufnimmt (Eph 6,12 ff). -» Teufel
Lit.: O. Michel und A. Fischer, Gestaltwandel des Bösen, 1975
Weiland
Bonekemper, Joh., *1796 Niederbreunfeld, f 24. 1. 1837 Nümbrecht. Als früh verwaister Schmiedelehrling im Jünglingsverein von P. Döring in Elberfeld erweckt. Vor der Ausbildung im Basler Missionshaus ist B. 1 /4 Jahr bei Pestalozzi. 1824 wird B. als Pastor an die deutsch-ev. Gemeinde Rohrbach bei Odessa nach Rußland gesandt. Die verwahrloste Gemeinde erlebt eine tiefgehende —» Erweckung. —>■ Stunden entstehen und werden durch einen Brüderrat geleitet. B. erfährt von der Kirchenbehörde konfessionelle und persönliche Gegnerschaft. 1848 übernimmt er die Gemeinde Atmagea in der türkischen Dobrudscha. 18 s 1 zieht er in seine Heimat, wo er mit 61 Jahren stirbt. - Sein ältester Sohn Karl wird später Nachfolger des Vaters, für die russischen Arbeiter hält er die »Stunde« in russischer Sprache. Dadurch entstand der -* Stundismus.
Lit.: H. Brandenburg, Christen im Schatten der Macht, 1974
Brandenburg
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