Evangelisches Gemeindelexikon


Synergismus —> Rechtfertigung Synkretismus



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Synergismus —> Rechtfertigung Synkretismus

1. das griechische wort synkretismos be­zeichnet nach Plutarch (50-120 n.Chr.) den Zusammenschluß der sonst miteinander im Streit liegenden kretischen Städte zur Ver­teidigung nach außen. In der Theologie fand der Begriff Eingang, als die Bemühung von G. Calixt (i 586- 1656), die Konfessionen durch Herausarbeitung gemeinsamer »Fundamen­talartikel« des Glaubens einander näherzu­bringen, von seinen Gegnern mit dem Wort S. bedacht wurden. In der im 19. Jh. auf­kommenden Religionswissenschaft wurde der Begriff S. auf das Phänomen der gegensei­tigen Beeinflussung verschiedener Religio­nen übertragen, wobei entscheidend ist, daß eine letzte Wesenseinheit vorausgesetzt wurde (der griech. Gott Zeus ist mit dem röm. Jupiter identisch). Von daher bekam S. den vermutlich auch etymologisch gerecht­fertigten Sinn von Religionsmischung, gele­gentlich auch Theokrasie (Vermischung der Götter) genannt. Besonders die Zeit des Hel­lenismus (von Alexander d.Gr. bis zum Be­ginn des röm. Kaisertums) gilt als klassische Zeit des S. Auch das in dieser Zeit entste­hende Urchristentum wurde als typisches Kind dieser Zeit angesehen und als »synkre- tistische Religion« bezeichnet (H. Gunkel, 1862-1932; nach ihm R. —> Bultmann und seine Schule). Tatsächlich weist das Ur­christentum, insbesondere seit seinem Vor­dringen in die Zentren des Hellenismus in Kleinasien und Griechenland, vielerlei Ein­flüsse hellenistischer Religiosität auf. Be­kanntestes Beispiel ist die Rede des Paulus auf dem Areopag (Apg 17,22-31). Aber ge­rade dieses Beispiel zeigt, daß im NT mit Ernst nicht von S. gesprochen werden kann. Es kommt gerade nicht zur friedlichen Ver­mischung, sondern zur Konfrontation: das fremde Gedankengut wird, gereinigt und an­gepaßt, in den Dienst des Umkehrrufs zu dem einen, wahren —> Gott gestellt, den die Griechen, trotz all ihrer Frömmigkeit (V.22) gerade nicht kennen (V.30). Damit wird im NT die Unverwechselbarkeit des Gottes Is­raels und des Vaters Jesu Christi ebenso fest­gehalten wie im AT, wo der Kampf gegen die Anbetung fremder Götter ein die Geschichte des Volkes Israel von Anfang an begleitender Zug ist (Ex 32; rKön 18 u.ö.). Diese grund­sätzliche Abwehr jeden S. ist ein typischer Zug der biblischen Religion, zu dem es in der Religionsgeschichte kaum Parallelen gibt.



2. das Problem des s. stellt sich vor allem dort immer wieder neu, wo das Christentum in neue Räume vorstößt. Dabei hat es der in dieser Situation liegenden Gefahr nicht im­mer konsequent widerstanden, so daß es vielfach - wie im Heiligenkult - zu synkre- tistischen Zügen kam, ohne daß man doch, aufs Ganze gesehen, von S. sprechen kann (H. Krämer in EKL III Sp. 1250). Besonders akut stellt sich das Problem heute in den »jungen Kirchen« Afrikas und Asiens. Im Gegenzug gegen eine als imperialistische Überfremdung empfundene —> Mission sind sie z.T. in der Gefahr, unkritisch an die ein­heimische Religion wieder anzuknüpfen (vgl. —» Universalismus). In dem hier fälligen Dialog wird es darauf ankommen, auf der ei­nen Seite zwischen biblischer Überlieferung und spezifisch abendländischer Ausprägung der missionarischen Botschaft und Theolo­gie, auf der anderen Seite zwischen der schöpfungsmäßigen und geschichtlichen Eigenart der einheimischen Kulturen und ihren widergöttlichen Zügen zu unterschei­den. Wegweisend in diesem Dialog wird nicht eine konstruierte zeit- und ortlos rich­tige Theorie sein können, sondern das Be­mühen, an der unaufhebbaren geschichtli­chen Kontinuität zum Ursprung unseres Glaubens festzuhalten, von der —> Erwäh­lung Israels bis zur einmalig-endgültigen Of­fenbarung in Jesus Christus, wie sie die Schrift unüberholbar bezeugt.

Lit.: A. Schiatter, Christliche Ethik, 1911 (S. 204ff.) - M. P. Nilsson, Geschichte d. gr. Religion II, 1974’ (S. 581 ff.) - H. Burkhardt (Hg.), Absolutheit des Christentums?, t974 - C. Colpe, Art. Synkretis­mus, in Der kleine Pauly 5, 197 S - J- Stott, Gesandt wie Christus, 1976 (S. 57».) Burkhardt


T

T aschenbibelbund

Der Taschenbibelbund für Deutschland e.V. ist Teil einer internationalen Bibel- und Missionsbewegung. Der Hauptsitz ist in den USA. Gründerin: Helen Cadbury, Birming­ham, die um 1890 einen Schülerbibelkreis um sich sammelte und als Bedingung für die Mitgliedschaft drei Regeln herausstellte: a) das Beisichtragen der Bibel, b) regelmäßiges Lesen der Bibel, c) die Bereitschaft zum Wei­tergeben der Bibel. - Die Bewegung breitete sich unter ihrem Einfluß über die ganze Erde aus. - Der T. will keine eigene Gruppierung neben den verschiedenen Kirchen und Ge­meinschaften sein, sondern in ihnen Chri­sten zum konkreten Leben und Missionie­ren mit der Bibel ermuntern. Arbeitsweise: Bibelmission und Evangelisation in Schulen und Gemeindekreisen, bei Großveranstal­tungen (Olympiaden), Konferenzen. Finan­zierung: Durch Spenden eines Freundeskrei­ses und Bibelverkauf. Alle Mitarbeit ge­schieht nebenamtlich. Organisatorisch ist die deutsche Zentrale im Diakonissen-Mut- terhaus »Kinderheil««, Bad Harzburg, veran­kert.

Lit.: »Kleiner Wegweiser in die Heilige Schrift«« - Gebetshilfe »Das ewige Leben haben», »Gottes Wort ist nicht gebunden» (Selbstdarstellung) - »Suchet in der Schrift» (T.-Nachrichtenblatt)

Flake


Taufe

Die von Jesus Christus eingesetzte (Mt 28,

18-20) Taufe ist die Handlung, durch die ein Mensch in die christliche Gemeinde aufge­nommen wird. Sie wird im Namen des Va­ters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (im NT auch einfach im Namen Jesu) durch Eintauchen in oder Besprengung mit Wasser am Täufling vollzogen.

A) Das volkskirchliche Taufverständnis 1. grundsätzliches: T. ist Zeichenhandlung. Der Begriff »Zeichen«« aber fordert Näherbe­stimmung. Dreierlei läßt sich unterschei­den: a) das Hinweiszeichen (kognitiv): Ein Verkehrszeichen ist nicht die Sache selbst, sondern nur Abbild, Hinweis, Gleichnis, will »bedeuten««; b) das Wirkzeichen (kausa­tiv): Ein Kuß ist selbst der Vollzug von Liebe,

das Zeichen wirkt, was es zeigt; c) das Pflicht- und Bekenntniszeichen (ethisch): der Ehering bekennt nach außen, verpflich­tet nach innen. — Entsprechend lassen sich die verschiedenen Taufverständnisse ord­nen: a) Die reformierte Tradition lehrt ko­gnitiv (Calvin, Heidelberger Katechismus): »Wie der Schmutz des Leibes durch Wasser, so werden unsere Sünden durch Blut und Geist Christi hinweggenommen« (Abbild, Gleichnis!), b) Luther versteht die T. kausa­tiv: Sie »wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel und gibt die ewige Se­ligkeit«. In, bei der T., durch sie geschieht's! c) Die rein ethische Sicht - T. ist nur Bekenntnisakt! - hat sich volkskirchlich nicht durchgesetzt (vgl. K. —» Barths Posi­tion: Glaube muß dem Taufakt vorangehen, Kindertaufe ist somit ganz unangemessen). - Vom AT (»Zeichen« als wirkmächtiger Vollzug, nie nur Illustration) wie vom NT her läßt sich die notwendige Zusammenge­hörigkeit und Einheit der drei Aspekte auf­zeigen: So sagt Paulus (Röm 6): »Durch die

T. seid ihr in Christi Tod hineingetauft« (kausativ) - »Haltet euch dafür« (kognitiv) - »Wandelt in einem neuen Leben« (ethisch): Das neue Sein ruft nach einem neuen Be­wußtsein und neuem Aktiv-(Gehorsam)- Sein. Isoliert man das kausative Verständnis (T. ohne bewußten Glauben und Gehorsam), so droht magisches Denken; isoliert man die bloß kognitive Sicht (nur Gleichnis!), so bleiben nur Bilder (Intellektualismus); iso­liert man das ethische Verständnis (nichts als Bekenntnisakt), besteht die Gefahr, den Christenstand auf den eigenen Glauben zu gründen, statt allein auf Christus und seine Gnade. Zusammenfassung: Die T. ist eine Gestalt des Wortes Gottes, des einen Jesus- Christus-Evangeliums. Gottes Wort aber ist in jeder Gestalt wirkmächtig, neuschöpfe­risch, es tut, was es sagt.



2. das |A zur säuglingstaufe. Entscheidend ist nicht die geschichtliche Frage nach der Praxis (T.-form) der frühesten Christenheit (bei der Säuglingstaufe nicht auszuschließen ist), sondern allein die theologische Frage nach dem sachlichen Recht der T. von Säuglingen. Ist sie evangeliumsgemäß? Da­

bei ist der »Sitz im Leben«zu unterscheiden: Missionstaufe ist ihrem Wesen nach T. von Erwachsenen (bewußte Abkehr vom Hei­dentum). Säuglingstaufe kann nur innerge­meindliche T. sein. Es geht bei ihr also kei­neswegs um beliebige Kinder, sondern um Christenkinder. In diesem Zusammenhang aber bringt gerade die Säuglingstaufe zum Leuchten, daß Gottes Gnade stets am An­fang steht, also unserer -> Bekehrung und Entscheidung, unserem -» Glauben und Be­kennen grundsätzlich vorweg ist. »Darum ist die Kindertaufe ein vortreffliches Mittel, um . . . festzustellen, welches das richtige Verhältnis zwischen Gnade und Glauben ist« (-» Schiatter). Glaube ist stets reines Empfangen (»wie ein Kind werden«, Mt 18,2). In diesem übertragenen Sinn ist alle T. »Unmündigentaufe«. In der heutigen Situa­tion eines wachsenden »Neuheidentums« (erneut Missionssituation!) werden beide Gestalten der einen T. nebeneinander ste­hen müssen und im wechselseitigen Ver­weis aneinander gesunden können.



3. T. und -» Bekehrung. Nur ein magisches Mißverständnis der Säuglingstaufe kann von der T. her Front gegen die persönliche Bekehrung machen. Das Gegenteil ist sach­gemäß: Die vorangehende Zueignung des Heils (Taufe) ist angelegt auf die folgende Aneignung in Buße und Bekehrung. Richtige

T.lehre ist nicht Hindernis, sondern Motiv für die evangelistische Verkündigung. Diese wird in der Volkskirche auszurufen haben: »Du bist getauft, darum kehr um! Das große Ja Gottes steht schon längst über Deinem Leben, antworte endlich mit dem kleinen Ja Deines Glaubens!« Umgekehrt lebt der Christ im ständigen Rückgriff auf das ihm in der T. bereits Geschenkte. »Bekehrt ist, wer Gott für seine T. danken kann« (E. v. —> Rothkirch).

Lit.: W. Michaelis, »Haben wir ein gutes Gewissen gegenüber der Taufe?«, Gnadauer Materialdienst, Heft i - C. H. Ratschow, Die eine christliche Tau­fe, 1972

Kettling


B) Das freikirchliche Taufverständnis Das Taufverständnis und die Taufpraxis im freikirchlichen Raum sind im Ganzen als nicht einheitlich anzusehen. Daß die Dinge so stehen, ist ein Ergebnis der unterschiedli­chen geistlichen Ausgangspunkte, die zur Gründung der jeweiligen -» Freikirche führ­ten und die bestimmte, nachwirkende Ak­zente setzten. So praktiziert der deutsche —» Methodismus mit seinem Selbstverständnis als Erweckungs- und Heiligungsbewegung generell die Säuglingstaufe. Die T. ist dabei im Sinne einer vorauslaufenden, göttlichen Gnadenzuwendung verstanden. Sie gewährt darum auch nicht die Vollmitgliedschaft in der Kirche, die erst nach dem persönlichen Glaubensbekenntnis gewährt wird.

Ein völlig anderes Bild bieten Taufverständ­nis und auch Taufpraxis bei den Gemeinde­bundbewegungen (-» Baptismus, Brüderbe­wegung, —» Freie ev. Gemeinden). In ihnen gibt es, von ihrem Selbstverständnis her, ei­nen typischen, unmittelbaren Rückgriff auf das urgemeindliche Verständnis und z.T. auch auf die urgemeindliche Praxis, wie sie aus den neutestamentlichen Briefen erhellt. Was damit gemeint ist, zeigt der Passus über Glaube und T. in »Rechenschaft vom Glau­ben« (des Bundes Ev.-Freikirchl. Gemein­den, -» Baptisten), wo es heißt: »Gott bietet allen, die das Evangelium von Jesus Christus hören, darin seine Gnade an. In seinem Wort fordert er die Antwort des Glaubens. Gottes Geist befähigt den Menschen zu einer mün­digen Entscheidung für Jesus Christus. Wer sich in Buße und Glauben zu Gott hinwen­det, empfängt Vergebung seiner Schuld und ewiges Leben. Die Umkehr des Menschen zu Gott kommt zum Ausdruck in seinem Be­kenntnis zu Christus, das er vor Gott und den Menschen in der von Jesus Christus ein­gesetzten Taufe ablegt. Deshalb taufen wir nach der Lehre des Neuen Testamentes nur solche Menschen, die die Taufe aufgrund ih­res persönlichen Glaubens begehren und ih­ren Willen bekunden, mit Gottes Hilfe ein verbindliches Leben in der —» Nachfolge Jesu Christi führen zu wollen. Die von Jesus Christus eingesetzte Taufe auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Gei­stes, die die christliche Gemeinde mit Was­ser und durch Untertauchung des Täuflings vollzieht, ist Zeichen der Vergebung der Sünden, der Annahme des Menschen durch Gott und der Erneuerung des Menschen durch den Heiligen Geist. In der im Glauben empfangenen Taufe erhält der Täufling An­teil am Sterben und Auferstehen Jesu Christi und wird ihm als Herrn übereignet. In der Taufe wird der Täufling durch die Gabe des Heiligen Geistes zu einem neuen Leben des Lobes Gottes in der Nachfolge Jesu Christi zugerüstet. In der Taufe läßt er sich in den einen Leib Christi eingliedern und in die

Gemeinschaft der Gemeinde aufnehmen. Durch die Taufe solidarisieren sich Christus und seine Gemeinde mit dem Täufling, der zum Kampf und Leiden im Reich Gottes in Pflicht genommen wird«.

Aus dieser bei den hündisch verfaßten Frei­kirchen im wesentlichen übereinstimmen­den Sicht von T. ergeben sich zum Teil über­einstimmende, zum Teil jedoch unter­schiedliche Konsequenzen in der Taufpra­xis. Gemeinsam ist die Ablehnung des Tau- fens von Säuglingen in den Gemeinden. Statt dessen wird generell eine Kinderseg­nung geübt.

Anders verhält es sich bei der Frage, ob die Aufnahme in die Ortsgemeinde unabdingbar durch die Glaubens- bzw. Bekenntnistaufe geschehen muß. Der Bund Ev.-Freikirchl. Gemeinden (—> Baptisten) vertritt generell diese Auffassung, wenn es auch hier und da aus besonderen Gründen einzelne Ausnah­men gibt. Abweichend davon ist die Praxis im Bund -» Freier ev. Gemeinden sowie in der Brüderbewegung (—» Versammlung). Obwohl auch hier kein Ungetaufter Glied einer Gemeinde werden kann und obwohl auch hier der Schwerpunkt auf der Praxis der Glaubenstaufe liegt, so gibt es dennoch eine Ausnahme: Die Respektierung der Gewis­sensentscheidung von Glaubenden, die als Säuglinge getauft wurden und in einer neu­erlichen T. eine »Wiedertaufe« sehen. Sol­chen Menschen wird auf ihr persönliches Glaubensbekenntnis hin volle Mitglied­schaft in der Gemeinde gewährt. Die Tauf­frage wird in ihre persönliche Verantwor­tung vor ihrem Herrn und Erlöser und sei­nem Wort gestellt.

Lit.: G. Beasley-Murray, Die christliche Taufe, 1968

Betz

Tausendjähriges Reich -> Endzeiterwar­tung —» Wiederkunft I 5

Taylor, James Hudson, *21.5.1832 Barns- ley/Yorkshire, t3 6.1905 Changsha/Prov. Hunan. Gründer der —> China-Inland-Mis- sion. In einem methodistischen Elternhaus aufgewachsen, von schwacher Gesundheit und ohne gründliche Schulbildung, kam T. 17jährig zu der Gewißheit, zum Sendboten für China berufen zu sein. Nach privaten Studien (Theologie, Sprache, Medizin) mel­dete er sich bei der »Chinesischen Evangeli­sationsgesellschaft« und wurde 1853 nach China ausgesandt. 1860-66 war er wieder in der Heimat, um seine Ausbildung zu been­den. 1865 richtete er auf einer Londoner Bank ein Konto auf den Namen »China-In- land-Mission« ein und betete, fon brennen­der Liebe zu den unerlösten »Millionen Chinas« getrieben, um 24 Mitarbeiter. Im Mai 1866 konnte T. mit einer Gruppe in die­ser Stärke ausreisen. In chinesischer Klei­dung zog man ins Landesinnere. In den fol­genden Jahren kamen Hunderte von Missio­naren hinzu, - keiner erhielt ein festes Ge­halt. Auf der Missionskonferenz von Shang­hai 1890 kamen 1 000 Mitarbeiter, um die T. Gott gebeten hatte, tatsächlich zusammen. Sie zogen in fast alle Provinzen des Riesen­reiches. T. hatte die Überzeugung, man müsse die —» Wiederkunft Jesu dadurch be­schleunigen, daß man das Evangelium in alle Teile der Erde bringe. Als er 1896 eine Gabe von 100000 Pfund erhielt, prokla­mierte er einen erneuten Vormarsch zur Missionierung ganz Chinas. Er selbst fuhr noch einmal hinaus. Doch der Boxerauf­stand setzte dem Vormarsch ein Ende. T. hatte großen Einfluß in der Ev. —> Allianz; seine Grundsätze führten zu ähnlichen Gründungen in Afrika (z.B. Sudan Interior Mission).

Lit.: J. P. Benoit, Wind aus der Feuerwolke. Das Le­ben H.T.s, 1965 - F. Rudersdorff, H.T., 1966 - H. und G. Taylor, H.T., ein Mann, der Gott vertraute, I9772

Rothenberg

Technikerbund, christl. Berufsmissio­nen 9.

Teen Challenge -» Jesus People Telefonseelsorge

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs lagen ganze Stadtteile Londons in Trümmern. Die Zahl der Verzweifelten, die sich das Leben nahmen, stieg höher und höher. Man sprach von einer Suizid-Epidemie. Kirche und Kommune waren ratlos. Da setzte der Bapti­stenprediger Chad Varah ein Inserat in die Tageszeitungen mit dem Text: »Ehe Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an!« Seine Telefonnummer war beigefügt. Und sie wurde erstaunlich häufig benutzt. Viele selbstmordbedrohte Menschen wurden be­raten und getröstet, so daß sie vor dem Selbstmord bewahrt werden konnten. So be­gann die T., die es heute in mehr als 40 Län-

dem gibt - unter verschiedener Bezeichnung (Schweiz: »Die dargebotene Hand«, Eng­land: »Samariter«, Italien: »Freunde«, Ja­pan: »Lebenslinie«). - In der Bundesrepublik gibt es in über 5 o Städten T., vielfach in guter Zusammenarbeit von ev. —» Diakonie und kath. Caritas. - Neben Pfarrern, Diakonen, Sozialarbeitern, Psychologen und Ärzten stehen in jeder Stadt 20-100, insgesamt mehr als 2000 ehrenamtliche, sorgfältig ausgebildete Mitarbeiter zur Verfügung. - Rund um die Uhr kann bei der T. angerufen werden, ohne daß Name und Anschrift ge­nannt werden müssen. Aus dieser Anony­mität ergibt sich jedoch oft eine längere seel- sorgerliche Betreuung. Das technische Mit­tel des Telefons dient so Ungezählten in ih­rer Einsamkeit und Ratlosigkeit, in schwe­rer Krankheit und in Eheschwierigkeiten, in Süchtigkeit, Verzweiflung und Selbstmord­gefahr als bewährter Weg zu fürsorgerischer und geistlicher Hilfe. Die T. ist für den Dienst der Gemeinde Jesu an der modernen Welt unentbehrlich geworden.

In der »Ev. Konferenz für T.« sind die zahl­reichen T.-Stellen organisatorisch verbun­den. Vors.: Pfr. O. Kehr.

Möller

Telos -» Literaturarbeit VI. 4 Tempelgesellschaft

Die Gesellschaft ist eine unter endzeitlichen Hoffnungen auf C. -» Hoffmann zurückge­hende Bewegung zur Sammlung des Volkes Gottes - des geistlichen Tempels - zwecks Reformierung der Welt. Eine solche Erneue­rung konnte erst erfolgen, wenn der »von dem Herrn Jesu befohlene Auszug aus Baby­lon« erfolgt sei. Daher zogen 1868 die An­hänger Hoffmanns nach Palästina, wo sie in der Nähe der Städte Haifa, Jaffa, Sarona und Jerusalem Siedlungen gründeten, landwirt­schaftliche Pionierarbeit leisteten und gute Schulen unterhielten. Sie unterstützten H. -»Dunant und das Rote Kreuz. Der Platz des Präsidenten in ihren Versammlungen war für den wiederkommenden Christus freige­halten. - Die endzeitlichen und reformeri- schen Ideale traten je länger je mehr in den Hintergrund. Versuche mit der Heimat Kon­takt zu halten, scheiterten trotz des Besuchs durch Kaiser Wilhelm II. 1898. Im 1. Welt­krieg wurden viele Templer in Ägypten in­terniert, kehrten aber 1920 nach Palästina zurück. Die Engländer schickten im 2.

Weltkrieg Templer nach Australien, wo seit 1950 die »T. Australien« existiert. In Stutt­gart und Umgebung sind in kleinen Gruppen die Ideale der T. noch lebendig.

Lit.: Hundert Jahre T., 1961 Geldbach



Temperenzvereine (Mäßigkeitsverei­ne) -> Verein

Tersteegen, Gerhard —»Pietismus III. e, Stillen im Lande, Die

Tersteegen-Konferenz

Die Gerhard-Tersteegen-Konferenz will Christen durch intensive Bibelarbeit zur Neubelebung und Vertiefung ihres Glau­bens helfen. Angeregt durch O. —» Stock­mayer führten Fritz Oetzbach und seine Freunde 1900 die erste Konferenz in der Er­holungsstätte »Tersteegensruh«, Mül­heim-Ruhr, durch. Bis 1968 blieb der Name Tersteegensruh-Konferenz, obwohl der Ta­gungsort seit 1915 Essen ist. Die Vorsitzen­den waren K. v. Knobelsdorff, E. -» Schrenk, Joseph Simsa, Albert Hoffmann, W. —> Busch, Paul Deitenbeck. Ein Komitee bereitet die Konferenz vor. Es wird seit 1976 von Ulrich Parzany und Herbert Demmer geleitet. Die Konferenz findet jährlich als Frühjahrskonferenz in Essen und als Herbstkonferenz in Mülheim-Ruhr statt und dauert je zweieinhalb Tage.

Lit.: K.-H. Ehring, Die Geihard-Tersteegen-Konfe- renz, 1969

Parzany


Tersteegensruh —> Tersteegen-Konferenz Teufel

Die theologischen Aussagen über T., Satan und Dämonen gehören in den weiten Pro­blemkreis des —» Bösen, dessen Manifesta­tionen vielgestaltig und wechselnd sind, und dessen letzter Grund Geheimnis bleibt. Durchgehende biblische Voraussetzung ist, daß das Böse nicht nur vom Menschen aus­geht. Auch der Mensch handelt zwar als Sünder, d.h. in der Abkehr von Gott, böse. Nach dem biblischen Zeugnis gibt es aber auch Böses außermenschlichen, transzen­denten Ursprungs, das als Bedrohung, Macht, Anfechtung an den Menschen her­ankommt und dem er ohne die rettende Hilfe Gottes letztlich erliegt. Alles, was über T., dämonische Mächte u.ä. gesagt ist, ge­hört in diesen Beziehungsbereich. Diese



Mächte haben ihre Zeit, sie werden abgetan (Joh 12,31; iKor 2,6; 15,24; Kol 2,15; Offb

  1. . Gott allein ist ewig. Wer dem T. ewi­ges, gleiches Wesen zuerkennt, macht ihn zu einem Gegengott. Nur unter diesem Vorbe­halt ist aufzuzeigen, wie biblisch vom Bösen geredet wird.

  1. gott schuf die welt, indem er ins Chaos (Gen 1,1) das Geordnete, Feste, den Kosmos schuf. Und die Schöpfung war gut (Gen 1,31). Aber das Chaos umfängt die Welt immer noch als Abgrund und Finsternis, und wenn Gott sein Antlitz vom Geschaffenen ab­kehrt, dann bricht die Finsternis als Zerstö- rungs- und Todesmacht herein. Die'Chaos­macht trägt Züge des Bösen, des Todes, der Zerstörung. In prophetischer Bildrede wird sie (in Anlehnung an uralte Chaosvorstel­lungen) auch als Ungeheuer (Tiamat) be­zeichnet (Ps 74,14; 88,4ff.; 89,10—15; Hi 9,13; 26,12; Jes 51,9f.). Die Wunder Jesu (Heilungen, Totenerweckungen) offenbaren die neue Schöpfung; die Welt vergeht zwar, aber Gottes Auferstehungsmacht in Chri­stus ist das ewige Leben.

  2. IN DIESEN ZUSAMMENHANG GEHÖRT DIE REDE von außermenschlichen geistigen Mächten, die auf Völker und einzelne einen unheilvol­len Einfluß ausüben (Eph 2,2,- 6,11 -12). Zu diesen gehört auch der T., bzw. Satan oder Belial, in welcher Gestalt sich das Böse per­sonifiziert, oder sich doch mit personenhaf- ten Zügen manifestiert. In der jüdischen Theologie ist Satan auch der Ankläger, der die Menschen vor Gott verklagt (Hi i,6ff.) und das Gericht vollzieht. Mehr und mehr aber ist er selbst Widersacher Gottes (iChr 21,1; Sach 3,1 -2; Offb 12,9; 20,2). In apokr. Schriften erscheint er als gefallener Engel, Luzifer (s. Hen 29,4h, 31,4h, vgl. Ez 28,r 1 ff., wo der König von Sidon als Abbild Luzifers dargestellt ist). Jesus sieht den Satan wie ei- nenBlitz vom Himmel fallen (Lk 10,18), d.h. daß Satans Macht als Ankläger gebrochen ist, weil Christus für die Seinen eintritt. Auch nach Joh steht der T., der »Vater der Lüge« (Joh 8,44), als der eigentliche Widersa­cher Christus gegenüber. Christus ist ge­kommen, die Werke des Teufels zu zerstö­ren (1 Joh 3,8). Die Passion Jesu bedeutet, daß Satan keine Macht mehr über ihn hat (vgl. auch iKor 15,56).

  3. ZUM BEREICH DER AUSSERMENSCHLICHEN Mächte gehört in einem weiteren Sinn auch das Dämonische. In allen Kulturen gibt es die Erfahrung des Dämonischen (Dämonen- und Gespensterfurcht, Verbindung mit To­ten, magische Einwirkung auf Menschen, Wahrsagerei u.a.). Während die heidnische Welt von guten und bösen Dämonen redet, beurteilt die Bibel letztlich alles Dämoni­sche negativ. Wer sich mit dämonischen Mächten einläßt, trennt sich von Gott und wird von diesen abhängig. Das satanisch wie das dämonisch Böse weisen verwandte Züge auf: Das Schwebende zwischen Persönli­chem und Unpersönlichem, das Vagie- rend-Wandelbare, das Widergöttlich-Gei­sterhafte. Aber das Dämonische erscheint in den Überlieferungen stärker an Orte und Zeiten gebunden, das Satanische ist abgrün­diger und mächtiger. Große irdische Macht wird in Beziehung zur Gewalt Satans gese­hen (Lk 4,5; Offb 13,15). Diese Macht ist frei­lich zeitlich begrenzt. Das Böse hat auch gei­stige Wirkung, die dem Geist Gottes wider­strebt. Aus biblischer Sicht ist nicht zu fra­gen, ob jemand Geist hat, sondern was für einen Geist er hat bzw. welcher Geist ihn leitet. Die Perikope Mk 3,22ff. zeigt, was auch die Dämonenaustreibungen Jesu ent­hüllen (-» Exorzismus), daß der Einbruch der Gottesherrschaft in die vom Bösen be­herrschte Welt zur Scheidung der Geister führt. Wer den Geist lästert, durch den Chri­stus Gottes Werk tut, der verrät, daß er Got­tes Gegenwart nicht nur verkennt, sondern haßt und verneint. Er betreibt in diesem Fall tatsächlich das Werk Satans, das nicht ver­geben wird, sondern mit dem Satan selbst vergehen muß.

Lit.: H. M. Barth, Der T. und Jesus Christus in der Theologie M. Luthers, 1967 - H. Haag, Teufels­glaube, 1974 - O. Michel und A. Fischer, Gestalt­wandel des Bösen, 197 5

Flückiger



Thadden, Adolf von, *1796, +23.11.1882. Der Sohn des Flügeladjutanten Friedrich Wilhelms II. von Preußen nimmt nach dem Besuch der Kadettenanstalt als Freiwilliger 1813 an den Kämpfen gegen Napoleon teil. Schon als Kadett war T. Glied eines Gebets­kreises. Nach dem Krieg gehört er in Berlin zu den Erweckten um den Baron —> Kott- witz. Er ist Freund Ludwigs von —» Gerlach, dessen Schwager er wird. Nach seiner Heirat mit Henriette von Oertzen übernimmt T. das Gut Trieglaff in Pommern, das bald der Sammelplatz der Erweckten wird (Otto von —> Bismarck). Seit 1829 veranstaltet T. gut besuchte Predigerkonferenzen. Er arbeitet sozial und evangelistisch unter seinen Guts­leuten. Als Mitglied des preußischen Land­tages ist er Führer der Konservativen. Aus Kritik an der Landeskirche schließt T. sich den separierten Lutheranern an. »Ich kann mir nichts Schöneres denken als christliche Gemeinschaft«.

Lit.: E. v. d. Reuß, A. v. Th.

Brandenburg

Thadden, Reinold von, *13. 8. 1891 Mohrungen/Ostpreußen, fi0.10.1976 Ful­da. Das Leben dieses außergewöhnlichen Laienchristen war ein einziger Kampf um die Geltung des christlichen Glaubens im privaten und öffentlichen Bereich. Nach dem Jurastudium (Paris, Leipzig, München, Greifswald) und dem Kriegsdienst 1914-18, bei dem es in Dorpat zu einer intensiven Be­gegnung mit Traugott —> Hahn kam, wurde v. T. Landwirt auf dem Familiengut Trieglaff in Pommern. 1920 heiratete er Elisabeth von Thüngen, die durch die -» Chrischona-Ar- beit geprägt war. 1928 übernahm er den Vor­sitz der Deutschen Christlichen Studen- ten-Vereinigung (-»• Studentenarbeit), ein Amt, das er wie ein Studenten-Missionar wahrnahm. 1934 Präses der Pommerischen Bekenntnis-Synode, wurde er im Dienst für die verfolgte Kirche (—> Kirchenkampf) dreimal verhaftet. Im 2. Weltkrieg von 1942-44 Kommandant der Festungsstadt Löwen, traf er unter Gefährdung seines Le­bens viele Entscheidungen, um das Leben Unschuldiger zu retten. Drei Söhne fielen im Krieg; die Schwester Elisabeth wurde wegen Beteiligung am Widerstand gegen Hitler hingerichtet. Im März 1945 wurde v.

T. von den Russen zum Eismeer verschleppt. Nach der Rückkehr berief ihn 1946 der ökumenische Rat nach Genf. Durch viele Kehlkopf-Operationen stimmlich ge­schwächt, konnte er drei Jahre lang offizielle Besuche bei deutschen Kriegsgefangenen in Europa und Nordafrika machen. Erst danach war die Stunde reif zu Thaddens kirchenge­schichtlicher Tat: Als ein einzelner ohne Amt und Auftrag rief er auf der Ev. Woche 1949 zur Gründung eines »Evangelischen —> Kirchentags« auf, dessen Aufgabe er so um- riß: Wir wollen der Kirche vom Laien aus dazu helfen, daß sie die Türen zur Welt auf­macht und ihren Missionsauftrag wahr­nimmt. - Im Jahr darauf kam es in Essen zum ersten großen Treffen evangelischer Christen mit rund 200000 Teilnehmern. Bis 1964 bleibt v. T. der Präsident der Bewegung.

Lit.: W. Hühne, Thadden-Trieglaff - ein Leben un­ter uns, 1959 — H. Wagner, Reinold von Thad­den-Trieglaff, 1961

Rothenberg



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