VI. Eine Frage des Preises
Das aber dürfte den Leuten schwer zu vermitteln sein. Denn in der Heimat von Aldi und Lidl sind sie seit Jahrzehnten Nahrungsmittel zu Niedrigpreisen gewöhnt. Gemessen an den Ausgaben für Konsumgüter insgesamt, sind in Europa nur noch Dänen, Iren, Österreicher, Luxemburger und Briten knauseriger bei Lebensmitteln. Auf den ersten Blick scheint es paradox: Hierzulande schwärmen viele Menschen für regionale Produkte und ihre umweltverträgliche Erzeugung – booten aber gleichzeitig ihre heimischen Biobauern aus.
Auf den zweiten Blick jedoch hat dieses Paradoxon seine ganz eigene Logik. Gerade weil das Preisniveau der Lebensmittel so niedrig liegt, gelten Bioprodukte – zumal aus anspruchsvoller heimischer Herkunft – als unverhältnismäßig teuer. Das sind sie aber gar nicht. Agrarforscher der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft haben die Erzeugerkosten eines Eies aus konventioneller Legebatterie mit jenen eines Biohofes verglichen. Rechnet man den Aufwand für Futter, Impfungen, Energie, Löhne und andere Kosten zusammen, liegen die Produktionskosten eines Öko-Eies im Schnitt drei Viertel über jenen eines konventionellen. Im Klartext: An einem Bio-Ei, das 75 Prozent teurer ist als ein konventionelles, hat sein Erzeuger noch keinen Cent zusätzlich verdient.
Das erklärt, warum Bio heute vor allem bei den billigen Import- und Discountprodukten boomt. Es erklärt auch, warum produktionskostenintensivere Lebensmittel wie Hähnchen- und Schweinefleisch noch zu weniger als einem Prozent aus ökologischer Erzeugung stammen. Die "hohen Preisaufschläge gegenüber der konventionellen Variante", so heißt es vom Agrarmarkt Informationsdienst, ließen sich bei deutschen Kunden einfach nicht durchsetzen.
All das erklärt auch, warum sich bei Hatje in den vergangenen Jahren immer mehr der Eindruck verstärkte, "dass die Sache auf Dauer einfach keinen Sinn macht". So lange, bis er sich schließlich zum radikalen Ausstieg entschied.
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