Unterschiedliche Definitionen von Erfolg
„Die Sozialarbeit“ beurteilt und beobachtet Effekte für die Teilnehmer, vor allem angesichts der realen Vermittlungsquote „nicht mehr in erster Linie nach ihren künftigen Folgen für den Arbeitsmarkt, sondern nach ihrer aktuellen Wirkung entsprechend der sozialen Lage und den individuellen Lebenszusammenhänge der Betroffenen“ (MEIER et al. 1998: 193). Von der Inklusionsarbeit ob auf Grund immer schwierigeren Rahmenbedingungen dringlicher werdenden Forderungen nach Aufwertung von Zielen in Richtung Persönlichkeitsstabilisierung und –entwicklung werden seitens der Auftraggeber, als für deren funktionalen Beobachtungskriterien unmittelbar irrelevante Merkmale, mehr oder weniger reflexartig abgewehrt (vgl. ECKERT. 2004: 3). Dieses zu kurz greifende Evaluationskonzept wird der empirische Realität der Integrationsmaßnahmen insofern nicht gerecht, als es vor allem es „den prozessualen Zugewinn an Sach- und Orientierungswissen sowie an Handlungs- und Lebensführungskompetenz der Teilnehmenden (unterschlägt)“ (BRÖDEL. 1997: 134). Der Erfolgsbegriff der institutionalisierten Arbeitsmarktpolitik als unmittelbarer Auftraggeber beschränkt sich nach wie vor, bzw. paradoxerweise mehr denn je auf den statischen Aspekt der Vermittlungsquote in Beschäftigungsverhältnisse auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Die Arbeitslosen selbst bewerten die Ergebnisse ihrer Teilnahme differenzierter. Dies allein schon deshalb, als sie - in durchaus realistischer Sicht auf den Arbeitsmarkt und dessen Bedarf an Arbeitskräften - den zu erwartenden Nutzen einer Teilnahme bereits von vornherein nicht nur an den beruflichen Verwertungschancen messen (vgl. EPPING et al. 2001: 38). Dies betrifft zum einen den Zuwachs an „inkorporierten kulturellen Kapital“ (BOURDIEU. 1983: 183 ff.) durch im Zuge der Maßnahme erworbenen überberuflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, in erster Linie der Erweiterung der kognitiven und sozialen Kompetenzen sowie des personalen Handlungsrepertoires. Dies trifft vor allem auch in qualifizierenden Maßnahmen zu, die diesen Kompetenzzuwachs auch im Sinne übergreifender „Schlüsselqualifikationen“ bzw. sozialer Kompetenzen zertifizieren (Referenztyp A). Paradoxerweise trifft dies gerade für den Maßnahmentyp B, also eine explizite „Qualifizierungsmaßnahme“, in kaum nennenswertem Ausmaß zu. Vor allem der im Typ A noch ausgeprägt situierten Sozialarbeit im engeren Sinne ist in daran gelegen, derartige Zertifikat als legitime Anerkennung des in der Maßnahme erworbenen sozialen und kulturellen Kapitals durchzusetzen, auch wenn sich keine unmittelbare Arbeitsmarktintegration bzw. -verwertbarkeit daran knüpft.
Von den Teilnehmern wird vor allem der mit Besuch der Maßnahmen mitunter verbundene Erwerb von sozialem Kapital in Form des Aufbaus eines, die Maßnahme überdauernden Netzes von Beziehungen positiv bewertet. Diese Form des informellen sozialen Kapitals wird seitens der „Experten“ oft gering geschätzt, zumal die so entstehenden Beziehungen in der Regel innerhalb einer eher von sozialer Missachtung und Abwertung betroffenen Gruppe der Arbeitslosen zustande kämen, zu der man sich eben nicht freiwillig bekennt, derer man sich in erster Linie eher zu schämen habe. Diese Sichtweise verkennt jedoch wiederum die Realität und vor allem das mit zunehmendem Bestand der Gruppe in der Maßnahme auf gegenseitigem Verständnis, Anerkennung und Wertschätzung beruhende (zum Großteil aber nicht ausgeschöpfte bzw. geförderte) Potential, vor allem im Sinne von Solidarität und politischer Handlungsfähigkeit, welche auf Grund der in den Maßnahmen weiterlaufenden Individualisierung der Arbeitslosigkeitsursachen und der damit verbundenen Förderung des Leistungs- und Konkurrenzdenkens häufig allein schon aus Ressourcengründen nicht ausreichend gefördert bzw. im Gegenteil oft gar, als für den reibungslosen Ablauf hinderlich, unterbunden werden. Der Blick der Teilnehmer geht also durchaus über den reinen ökonomischen Nutzeffekt im Sinne des Tauschwertes auf dem Arbeitsmarkt hinaus. Er umfasst auch den „Gebrauchswert“ im Sinne des Erhalts und Ausbaus sozialer und personaler Kompetenzen und persönlicher Erfahrung sowie den „Symbolwert“ der mit der Absolvierung verbundenen Weiterbildung (vgl. EPPING et al 2001: ebd.).
Divergierende Auffassung von Professionalität
Von institutioneller Seite gilt als professionell, was “ohne Kanten“, zügig, stromlinienförmig und durchgeplanter Weise abläuft, einzig das zu erreichende Ziel der Arbeitsmarktintegration fokussierend. Handlungsleitend sind entsprechend geregelte bürokratische Abläufe. Dies gilt vor allem für die großen „Masseneinrichtungen“ wie den Projekttyp B. Der Anspruch wissenschaftlich fundierter Sozialer Arbeit liegt dagegen in der beruflichen Kompetenz, die speziell auf den erwerbslosen Menschen bezogene Aufgabe „Integration“ und die damit verbundene komplexe Problemstellung auf hohem, empirisch gesättigtem und theoretischem Niveau zu lösen. Im Zentrum steht die Erarbeitung spezieller Aufgabenlösungen unter Vermeidung vorschnell auf den jeweiligen Einzelfall übertragener, pauschaler Handlungsschemata. Der Anspruch einer akademisch ausgebildeten Berufsgruppe „Soziale Arbeit“ liegt in der reflexiven Umsetzung der in Theorie und Praxis erworbenen Kompetenzen und Wissensstandards.
Dieser „doppelte Professionsanspruch“ der sozialen Arbeit offenbart sich entsprechend als Feld der Widersprüche, Paradoxien und Unzulänglichkeiten. Funktionale, möglichst störungsfreie Verlaufsformen einerseits sowie reflexive Umsetzung wissenschaftlicher Standards, andererseits sollen möglichst im Kombipack geleistet werden. Die sehr zeitaufwändige Eingebundenheit in bürokratisch-organisatorische Prozesse bindet jedoch einen Großteil der Energie. Dies schmälert wiederum die Ressourcen im Zusammenhang mit den Anforderungen einer flexiblen und zeitgemäßen Antwort auf komplexe Planungs- und Interaktionsarrangements. Pointiert ausgedrückt bündelt sich dieser Widerspruch in der Aufforderungen zu „mehr Leistung mit immer weniger Mitteln“, was wiederum prägnant die Ökonomisierung dieses Sektors beruflicher Arbeitslosenbildung ausdrückt: „Paradox erscheint die Forderung, dass parallel zu den Rationalisierungen durch betriebswirtschaftliche Optimierungsstrategien als Organisationsentwicklung mehr und qualitätsvoller gearbeitet werden soll. Organisationsentwicklung soll den professionellen Kern der Tätigkeit neu freilegen und herausfordern. Trotz Abbau von Personal, Senkung von Bezahlung, längerer (Lebens-) Arbeitszeit sind über Organisationsoptimierung und Qualifizierung auch in der Weiterbildung die Leistungen zu erhöhen.“ (GIESEKE. 2004: 24)
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