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Dabei verliert das gerade für das Baugewerbe bedeutsame duale Ausbildungssystem in doppelter, für den Bau sogar in mehrfacher Hinsicht an Bedeutung: Erstens wird es über außerbetriebliche Ausbildungsgänge (z.B. an Hochschulen), zweitens über die vermehrte betriebsspezifische Aus- und Weiterbildung der großen Unternehmen zunehmend relativiert. Für die Baubranche kommt drittens hinzu: Mehr und mehr ge­winnen angelagerte Büros und Serviceeinrichtungen an Bedeutung, in denen norma­lerweise keine Menschen arbeiten, die das duale Ausbildungssystem durchlaufen ha­ben (allgemein: Heidemann 1997). Schließlich: Der Einsatz von Fremdpersonal über Werkverträge u.ä. ist vielleicht die wichtigste Relativierung der Bedeutung des dualen Ausbildungssystems, weil auf diese Weise in ihm qualifizierte Fachkräfte durch nicht oder außerhalb dieses Systems ausgebildete Bauarbeiter ersetzt werden. Syben (1999b, 230) spricht deshalb von der Möglichkeit einer radikalen Veränderung des bisherigen Produktionsmodells und der damit korrelierten Arbeitskräftepolitik: Bauar­beit ist dann keine Facharbeit mehr, wie bisher allgemein attestiert (105ff), sondern wieder wie früher "Jedermannsarbeit". Es gibt jedoch andere Auffassungen, die nicht für eine Rückkehr zur Jedermannsarbeit sprechen. So stellen u.a. Mehrländer (1997, 15f) und Helias (1992, 43f) fest, dass es gerade die jungen und hoch qualifizierten Menschen sind, die (z.B. aus Polen) nach Deutschland auswandern oder zumindest dort Arbeit nachfragen. Diese Beobachtung deckt sich auch mit anderen Untersu­chungen aus der Migrationsforschung, wonach zuerst die Eliten wandern. Folgt man Syben, so ist die mit der unterstellten Rückkehr zur Jedermannsarbeit initiierte reduk­tive Spirale (wie diese Bewegung hier genannt werden soll, um ihre Richtung und ihre Eigendynamik auszudrücken) die eigentlich fatale Konsequenz, weil damit ein "niedriglohn-hierarchie-orientiertes Produktionsmodell" (231) etabliert werden würde, das folgerichtig auf einen auf den Preis reduzierten und so mit massiven Problemen bezüglich der Qualitätsstandards einhergehenden Wettbewerb hinauslaufen würde. Der schließliche Verlust nicht nur der praktizierten Qualifizierung, sondern der Quali­fizierungsfähigkeit stünde am Ende dieser anti-qualifizierten Entwicklung.

2.4 Segmentierung und Substituierung


Es ist davon auszugehen, dass die komparativen Vorteile im operativen Geschäft auch bei Rückgewinnung der Regelungskompetenz, die in den neunziger Jahren auf­gegeben wurde19, künftig bei den Anbietern aus dem west- bzw. mittel- und osteuro­päischen Ausland liegen werden. Das tun sie in gewisser Weise bereits heute, nach der angestrebten bzw. vollendeten politischen und ökonomischen Öffnung der Gren­zen und dem auch in der eigenen Brieftasche erlebbaren Ende der Währungsgrenze wird die monetäre und auch kulturelle Grenze, die heute wesentlich für die auf ge­samtwirtschaftlicher Ebene noch immer ausgesprochen niedrigen transnationalen Wanderungsbewegungen verantwortlich gemacht wird (Langewiesche 2000a und b), sukzessive aufgehoben werden bzw. sich selbst auflösen, so dass die Anbieter aus den betreffenden Ländern ihren komparativen Vorteil wahrnehmen und auch am Markt profitabel anwenden werden20. Daher kann sich der Wettbewerb zwischen den Anbietern über die Grenzen – wenigstens für eine weitere beträchtliche Übergangs­zeit – auf diesen Bereich konzentrieren und sich in der Folge in einer internationalen Arbeitsteilung ausdrücken, wie sie in vielen anderen Branchen längst Realität ist. Die arbeits- und damit lohnintensiven Bereiche werden dann von ausländischen, die ka­pitalintensiven und damit lohnextensiven Bereiche von inländischen Anbietern abge­deckt. In der ersten Zeit, in der sich dieses Modell entwickelt und etabliert, wird dies zu einer Aufwertung spezialisierter und qualifizierter Arbeit führen, die in dieser Pha­se auf inländische Anbieter konzentriert bleibt. Relativ schnell aber dürfte dieser Wettbewerbsvorteil schwinden, denn die neuen ausländischen Anbieter werden gera­de hier, wo höhere Wertschöpfungspotenziale stecken, ihren Marktanteil auszuweiten versuchen und sich entsprechend qualifizieren.
Überträgt man dieses Modell aus der klassischen Theorie der Außenwirtschaftsbezie­hungen auf die Bauproduktion, so bedeutet dies einen sich segmentierenden Arbeits­markt im Inland entlang der Herkunft und dem Aufenthaltsstatus der Arbeitskräfte. Eine weitere Entwicklungsoption könnte in der Überwindung der betrieblichen Trenn­linien liegen, d.h. im gezielten Aufgreifen und Entwickeln von betriebsübergreifenden Kooperationsformen (Dressel 1997, 45f; siehe auch die verschiedenen Beiträge in: Steinmann, Haardt 1996). Dies ist aber weder eine notwendige noch eine endgültige Perspektive. Sie hängt wesentlich von der Bereitschaft und der Fähigkeit der Unter­nehmen ab, ihre spezifischen Stärken zu entwickeln. Für die inländischen Unterneh­men bedeutet dies vor allem die forcierte Besetzung neuer Märkte und die antizipati­ve Qualifizierung der Beschäftigten. Dressel (1997, 33) formuliert diesen Zusammen­hang sehr prägnant: "Die Know-how-Träger im Unternehmen sind immer die Mitar­beiter. Der verstärkte Rückgriff auf ausländische Billiglöhner ist als schnellste verfüg­bare Möglichkeit zu sehen, stellt aber keine langfristige Ressource dar. ... Zur lang­fristigen Know-how-Sicherung gehört eine Sicherung des qualifizierten Facharbeiter­stamms auch im Hinblick auf die Bereitstellung qualifizierter Poliere", die noch immer (bzw. wieder; vgl. Pahl u.a. 1995) als Schlüsselpersonen auf der Baustelle gelten, die wesentlich für den Erfolg einer Baumaßnahme verantwortlich sind (Marwedel 1992, 103; siehe auch: Pahlen o.J.).

2.5 Qualifikationsverlust ... und mehr


Seit einiger Zeit scheint ein Umdenken in den Unternehmen, die Aufträge unterver­geben, stattzufinden. Nachunternehmen werden danach als "strategische Partner" (bei Hochtief heißt das "Unternehmen Partnerschaft"; Baubude 163, 30f) gesehen; es ist die Rede von einem "Kranz stabiler Unternehmensbeziehungen" (Schütt 1996, 23). Damit wird eine den einzelnen Auftrag überdauernde Kontinuität suggeriert, ge­tragen vom gegenseitigen Nutzen der beteiligten Unternehmen. Wichtiges Kriterium einer solchen Zusammenarbeit ist die Einsicht der Beteiligten in die Notwendigkeit, nicht auf kurzfristige Erfolge zu setzen, wenn diese erkauft wurden mit der Aufgabe einer auf längerfristige Marktpräsenz ausgerichteten Strategie. Teil dieser Einsicht sind Investitionen in die Ausbildung der Beschäftigung. Tatsächlich gibt es verschie­dene Unternehmen, die obwohl häufig als Nachunternehmer tätig, ihre Beschäftigten gezielt qualifizieren21. Es dürfte auch kaum zu bestreiten sein, dass dies bei gegebe­nem Verdrängungswettbewerb langfristig die einzige Möglichkeit darstellt, erfolgreich am Markt zu operieren. Doch in die Praxis scheint sich diese Überzeugung eher nicht zu übersetzen, ist doch gerade in den nachgeordneten Unternehmen eine ausgespro­chen ausgeprägte Weiterbildungsabstinenz festzustellen (Wassermann 1994). Kom­men diese Unternehmen aus dem Ausland, ist ihr vorrangiger Wettbewerbsvorteil so­wieso der Preis, der ein dauerhaftes und als Teil einer betrieblichen Strategie zu ver­stehendes Weiterbildungs- oder überhaupt Qualifizierungsengagement nicht för­dert22. Hinzu kommt die doppelte Instabilität dieser Firmen: Weder sind die Firmen selbst dauerhaft am deutschen Baumarkt präsent noch verfügen sie über einen sta­bilen Fachkräftestamm, weil in ihren Heimatländern die betrieblichen Arbeitsmärkte noch weniger entwickelt sind als in Deutschland und daher die Beschäftigtenfluktua­tion enorm ist (Hochstadt, Janssen 1998, 76).
Die Nichtbesetzung zukunftsorientierter Qualifikationen erhält die Substituierbarkeit der teureren Arbeitskräfte, verfestigt den Preiswettbewerb, der über den Lohn aus­getragen wird, verschärft die prekarisierende Wirkung und führt damit letztendlich zu einer Stagnation der Branche insgesamt. Das Ergebnis ist eine Verschärfung der ge­samten kontraproduktiven Entwicklung in der Baubranche. Was in ihr beobachtet werden kann (und nicht nur da, aber da eben ganz besonders), ist von elementarer Bedeutung für die Zukunft nicht nur der Innovationsfähigkeit der Branche, sondern auch der gesellschaftlichen Vereinbarungen, die das entwickelte System der indus­triellen Beziehungen tragen. Im Rahmen der zunehmenden Ausdifferenzierung der Beschäftigungsverhältnisse treten immer deutlicher disparate Bedingungen auf. Dis­paritäten sowohl auf der Ebene der individuellen als auch der gesellschaftlichen Ar­beitsverhältnisse sind aber geeignet, die das industrielle System tragenden Einrich­tungen und alle darauf aufbauenden Standards zu unterminieren.
Große Unternehmen setzen zunehmend auf betriebsbezogene Ausbildung, kleine Be­triebe können häufig keine zukunftsorientierte Ausbildung anbieten, weil ihnen die Potenzen fehlen (Wassermann 1994; Kommission ... 1993). Reproduktionsrisiken werden vermehrt auf die Beschäftigten abgewälzt. Im Rahmen der Hierarchisierung der Unternehmensbeziehungen greifen insbesondere Betriebe erster und zweiter Ordnung in der Unternehmenskette auf in der Regel ausländische Billigarbeitskräfte zurück, die ihre Qualifikation außerhalb des dualen Ausbildungssystems erworben ha­ben. Die Gefahr ist zumindest gegeben, dass damit die Basis für die Erhaltung und Weiterentwicklung von Qualifikation verloren geht. Oder anders formuliert: Es be­steht die Gefahr, dass erreichte Qualifikationen lediglich verzehrt werden, ohne dass dafür gesorgt wird, dass neue entstehen. Die seit den frühen achtziger Jahren in Großbritannien gemachten Erfahrungen, wo inzwischen die self-employed die größte Gruppe der Beschäftigten in der Baubranche ausmachen, sprechen diesbezüglich eine deutliche Sprache (siehe die voranstehende Fußnote). Mittlerweile ist es dort schwierig geworden, nicht nur einfach Fachkräfte zu finden, sondern schon das Know-how, diese überhaupt auszubilden (Clarke, Wall 1996 und 1998a). Clarke und Wall (1996, 75ff) zeigen darüber hinaus, welche negativen Effekte auf die Produkt­qualität dies nach sich zieht.

2.6 Markt und Ideologie


Es ist derzeit populär, auf die zentrale Bedeutung des einzelnen Betriebes für die ge­samtwirtschaftliche Entwicklung zu verweisen. Dabei gerät immer häufiger die ge­samtwirtschaftliche und erst recht die gesamtgesellschaftliche Ebene aus dem Auge. Alles scheint Betriebswirtschaft zu sein. So wird die Öffnung der Flächentarifverträge gefordert, die Beseitigung "hemmender Verordnungen" eingeklagt (der anhaltende Druck auf die Handwerksordnung ist nur ein Beispiel)23, die Stärkung des einzelnen Betriebes im Konkurrenzkampf über die Befreiung von Kosten jedweder Art verlangt. Gleichzeitig wird von den Unternehmen selbst intern dasselbe Vorgehen praktiziert. Doch was für den einzelnen Betrieb durchaus Sinn macht, muss für die Gesamtwirt­schaft noch lange nicht gut sein. Je mehr die volkswirtschaftliche Ebene aus dem Blick gerät, desto größer wird die Gefahr, dass die Betriebe am Ende Opfer ihrer eigenen Strategie werden (Gefangenendilemma; Rekursivität) – und mit ihnen die Beschäftigten dieser Betriebe. Dies soll hier die Hegemonie der Betriebswirtschaft oder das Dilemma des betriebswirtschaftlich verengten Blicks genannt werden.
Insbesondere in Zeiten verschärften Wettbewerbs und damit einhergehenden erhöh­ten Kostendrucks wird jeder Versuch unternommen, möglichst schnell wieder an ein­gesetztes Kapital heranzukommen, also den Kapitalumschlag zu beschleunigen. Ge­rade in der Baubranche zeigt sich dies gut: Die Baustellenlaufzeiten verkürzen sich und sollen noch kürzer werden. Im Zuge dieses hier Verkürzung der Verwertungsho­rizonte genannten Moments werden alle Kosten überprüft und solche, die sich inner­halb dieses verkürzten Verwertungshorizontes nicht rechnen, werden zuerst gekappt. Zu diesen Kosten zählen auch (und vielleicht sogar vor allem) die Ausbildungskosten. Es ist ein Spezifikum des deutschen Berufsbildungssystems, dass es nicht auf die Be­lange des einzelnen Betriebs zugeschnitten ist, sondern über die Beruflichkeit eine allgemeine, an den Auszubildenden bzw. Ausgebildeten gebundene Qualifikation her­stellt. Der Charakter der beruflichen Qualifizierung im dualen System ist also be­triebsunspezifisch oder diffus, was häufiger auf Kritik stößt, aber auch immer wieder als Erfolgsbedingung des Systems begriffen wird. In anderen Ländern stellt sich die­ses Problem (das ja nur aus betriebsegoistischer Sicht existiert) nicht in dieser Schär­fe, weil dort modulare und damit eben sehr viel enger an den Betrieb gebundene Ausbildung stattfindet (für Großbritannien: Clarke, Wall 1996; siehe auch: Soskice 1994b und Soskice, Hancké 1996). Sollte jedenfalls über den skizzierten Mechanis­mus die duale Berufsbildung in Deutschland und speziell im Baugewerbe infrage ge­stellt sein und ihre Basis verlieren, wofür es Indizien gibt (Zühlke-Robinet 1999b), dann sind alle notwendig auf ihr aufbauenden Qualifizierungsmaßnahmen ebenfalls sehr gefährdet (Syben nennt dies die Qualifikationsfalle: Die Betriebe werden Opfer ihrer eigenen Handlungsweise).
In Wirklichkeit gehen diese beiden Phänomene – die Hegemonie der Betriebswirt­schaft und die Verkürzung der Verwertungshorizonte – zusammen. Beide sind Ursa­chen und Resultate der veränderten Marktbedingungen, denen die Baubranche aus­gesetzt ist und die sie selbst mit produziert hat. Das erhöht den Druck auf den er­reichten Stand aller relevanten Standards und damit auch des Ausbildungswesens. Denn wenn Kosten nur noch betriebswirtschaftlich gerechnet werden, wenn diesen Kosten kein unmittelbar zu erfassender rechnerischer Gewinn gegenübersteht, dann ist es – unter dem Druck eines anwachsenden Preiskampfes – wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis Ausbildung, bis die Verfügung über qualifizierte Beschäftigte das Privileg einiger weniger Unternehmen ist, die damit den Rest der Branche dominieren können. Es wird dann allerdings auch nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die feh­lende Ausbildung in der Breite auch auf die Großen zurückschlägt.
3 Der Bausektor in Deutschland und Europa

In diesem Kapitel sollen nach einer kurzen Diskussion der statistischen Erfassbarkeit und der volkswirtschaftlichen Bedeutung unter Einschluss der ökonomischen Lage zunächst die das Baugewerbe von anderen Sektoren der Wirtschaft unterscheiden­den Charakteristika herausgearbeitet werden. Dies ist erforderlich, um die Spezifika identifizieren zu können, die in der Tat das Baugewerbe zu einem etwas anderen Wirtschaftszweig machen und daher zu Konsequenzen führen, die gerade für die hier zu untersuchenden Aspekte von Bedeutung sein können24.


Bei dieser Herausarbeitung soll jedoch nicht der Fehler gemacht werden, aus dem Baugewerbe einen Wirtschaftszweig zu machen, der so gar nicht mit irgendeinem an­deren zu vergleichen ist. Das würde die Unterschiede, die es gibt, doch weit über­schätzen, denn letztendlich bleibt auch der Bausektor den systembedingten Verwer­tungserfordernissen unterworfen. Dennoch wurde gerade für die Bauwirtschaft in der Vergangenheit immer wieder die Bedeutung des Besonderen betont, vielleicht sogar überbetont. "Most of the time books about the economics of the construction sector contain a little of economy and a lot of construction. Invariably the uniqueness of the industry is emphasized, not to be compared with anything else. One sometimes gets the impression that economic laws are hardly applicable to construction" (Beereboom 2000, 54). Die Auffassung, der Bausektor bzw. die Bauproduktion stünde gewisser­maßen außerhalb ökonomischer Bedingungen, wie sie für die anderen Teile der Wirt­schaft gelten, wäre selbstverständlich unhaltbar25.
Horst Kern und Michael Schumann (1985, 18f; siehe auch: Ebd., 62f) brachten be­reits vor dreißig Jahren diese Position auf den Punkt: "In einem entwickelten Produk­tionssystem verwirklicht sich das kapitalistische Interesse an Erhöhung der Produktiv­kräfte der Arbeit vor allem durch die ständige Revolutionierung der Produktionstech­nik: Der permanente technische Wandel bildet ein charakteristisches Merkmal der in­dustriell-kapitalistischen Produktion – technische Neuerungen werden zu einem we­sentlichen Mittel der Realisation der Verwertungsinteressen des Kapitals. Dieser Pro­zeß der technischen Entwicklung wird von einer starken Differenzierung der industri­ellen Produktionsapparate begleitet. ... Wichtig ist ..., daß der technische Wandel in­nerhalb der schon bestehenden Bereiche der Produktion in Form und Intensität stark variiert. Für diese Unterschiede in der technischen Entwicklung sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Entscheidende Bedeutung haben die materiellen Gegeben­heiten der Produktionsprozesse: der Charakter des Ausgangsmaterials und des Pro­dukts. ... Ebenfalls differenzierend wirken ökonomische Faktoren, vor allem der von Branche zu Branche schwankende Umfang der ökonomischen Ressourcen, das je nach Marktsituation unterschiedliche Maß der Produktstandardisierung, die Serien­größe u.a.m."26.
Es ist jedoch gerade die Schwierigkeit, allgemeine Bedingungen auf das Besondere des Bausektors zu beziehen und umgekehrt im Besonderen des Bausektors doch das Allgemeine wiederzufinden, die eine differenzierte Auseinandersetzung mit der sek­toriellen Wirklichkeit erforderlich macht (siehe dazu allgemein: Kern 1989). Dies soll im Folgenden versucht werden.

3.1 Statistische Grundlagen


Prinzipiell ist es schwierig, den Bausektor statistisch hinreichend zu erfassen und ge­gen andere Sektoren abzugrenzen. Die Verwirrung beginnt schon bei der Vielfalt der Bezeichnungen. Da ist weitgehend gleichberechtigt von Baugewerbe, Bauwesen, Bausektor, Baubranche oder auch Bauwirtschaft die Rede. Hinzu kommen Bauhaupt­gewerbe, Ausbaugewerbe, Baunebengewerbe, Bauhilfsgewerbe, Bauhandwerk und Bauindustrie. Weiterhin gibt es die differenzierteren Bezeichnungen des Hoch- oder Tiefbau, auch von Ingenieurhochbau oder Straßen- und Brückenbau mag man schon gehört haben.

Syben (1999b, 11) stellt ganz richtig kategorisch fest: "Zum Bauen gehört ... mehr, als das, was auf den ersten oder zweiten Blick das Bild vom Bauen bestimmt. Das dürften Bauarbeiter und Baustellen sein oder die Architektur, die den Gebäuden ihre Gestalt gibt. Zu diesem Bild gehören aber auch Baumaschinen und Baustoffe oder Bauunternehmen und Wohnungsbaugesellschaften. Es gehören Bauingenieure und Bauingenieurinnen als wichtigste technische Fach- und Führungskräfte dazu oder aber Fliesenleger und Maler, die Bauten erst ansehnlich und bezugsfertig machen. In der Tat ist das alles Bestandteil des Bauens. Ein Bauwerk aber entsteht aus wesent­lich mehr, als dem Rohbau und kein Bauwerk entsteht nur auf der Baustelle."


Allerdings wird Bauen sowohl statistisch als auch gesellschaftlich nicht als Einheit be­trachtet, die die Gesamtnutzungsdauer27 eines Bauwerks umfasst. Die einzelnen noch zu identifizierenden Etappen des Bauens im weitesten Sinne werden als voneinander getrennte, je selbstständige Vorgänge gesehen. So passiert es, dass unter Umstän­den planende und vorbereitende Arbeiten so wenig zum Bausektor gezählt werden wie vermarktende, erhaltende, umnutzende und schließlich rückbauende28 Tätigkei­ten (ebd., 12; siehe auch: Goldberg 1991).
In einer in diesem Umfang bisher einmaligen Darstellung wurde die Bauwirtschaft als der "Teilbereich einer Volkswirtschaft, der sich mit der Errichtung, Erhaltung und Nutzung von Bauwerken sowie mit der Anpassung und Veränderung von Bauwerks­beständen durch Bautätigkeit befaßt" (Rußig u.a. 1996, 11), bezeichnet. Damit wird bereits ein über die sonstigen, namentlich statistischen Grenzziehungen hinausge­hender Ansatz verwendet. Syben (1999b, 12) hält jedoch selbst diesen Ansatz noch für unzureichend, weil damit vorbereitende Planungsleistungen nicht notwendiger­weise erfasst würden, obwohl sie offenbar unabdingbar sind für darauf aufbauende ausführende Tätigkeiten. An anderer Stelle wurde deshalb schon vom "System Bau­wirtschaft" gesprochen, in das Teilmärkte von Finanzierungen, Grundstücken, Pla­nungsleistungen, Bauleistungen, Baustoffen, Baugeräten und Immobilien integriert sind (Arlt 1997, 494; ähnlich: Rußig 1998b, 24). Gelegentlich wird auch vorgeschla­gen, nicht von der Bauwirtschaft zu sprechen, sondern von der Bau- und Immobilien­wirtschaft bzw. von Bauwesen und Gebäudewirtschaft (DGB Dortmund ... 1998, 26), um den inneren Zusammenhang und die Notwendigkeit herauszustellen, dies auch in der darauf abstellenden Forschung zu berücksichtigen.
Jedoch tauchen in der amtlichen deutschen Statistik die Begriffe Bauwirtschaft oder Bausektor, Baubranche und Bauwesen überhaupt nicht auf. Allein der reichlich eng gefasste, sehr stark auf die Bauausführung beschränkte Terminus "Baugewerbe" ist insofern offiziell29; er bezeichnet einen nach der "Klassifikation der Wirtschaftszwei­ge" fest definierten Bereich. Zu ihm gehörten bis 1994/95 gemäß der "Systematik des produzierenden Gewerbes" (SYPRO) die beiden Unterbereiche des Bauhauptge­werbes und des Ausbaugewerbes. Seit 1995 gilt eine für die EU vereinheitlichte Wirt­schaftszweigsystematik "Klassifikation der Wirtschaftszweige – Ausgabe 1993", nach der es die Unterscheidung von Bauhaupt- und Ausbaugewerbe nicht mehr gibt (siehe dazu die verschiedenen für das Baugewerbe relevanten Fachserien und Reihen des Statistischen Bundesamtes; zusammenfassend: Hauptverband a ... 1996, VI). Bei der Umstellung auf die neue Systematik hat es einige interne Verschiebungen30, nach au­ßen, d.h. in der Abgrenzung zu anderen Wirtschaftszweigen jedoch keine signifikan­ten Änderungen gegeben (siehe dazu die Übersichten 1 und 2 im Anhang).
Die Unterscheidung zwischen Bauhandwerk und Bauindustrie lässt sich für Deutsch­land auf der formalen Ebene noch leicht treffen. Sie bezeichnet lediglich die Eintra­gung in die Handwerksrolle und die obligatorische Mitgliedschaft in der Handwerks­kammer bzw. der Industrie- und Handelskammer. Schon arbeitsorganisatorisch oder technisch oder in Bezug auf die Marktposition dient diese Trennung bestenfalls noch als weicher Indikator und ist jedenfalls nicht hinreichend, um darauf aufbauende ökonomische oder soziologische Aussagen zu treffen. Kompliziert wird die Begriffs­vielfalt hier noch dadurch, dass gelegentlich Baugewerbe mit Bauhandwerk synonym verwendet wird. Im nicht deutschsprachigen Ausland ist es sowieso schwierig, mit Handwerk zu operieren, denn es gibt keinen einheitlichen Handwerksbegriff31.
Die an unterschiedlichen Plätzen und in unterschiedlicher Dichte und Regelmäßigkeit stattfindende statistische Erfassung, aber auch der uneinheitliche Sprachgebrauch machen es also reichlich schwer, sich auf einen gemeinsamen Bereich zu verständi­gen. Der Vorschlag, neben dem Bauhaupt- und Ausbau- bzw. Baunebengewerbe auch Architektur- und Bauingenieurbüros, das Grundstücks- und Wohnungswesen, sogar Unternehmen des Stahl- und Leichtmetallbaus, die statistisch unter sonstigen Maschinenbauerzeugnissen aufgeführte Gebäudetechnik, sowie die Gebäudebewirt­schaftung (bzw. facility management) und die Gebäudereinigung, aber auch die Bau­stoffindustrie und die Herstellung von Baumaschinen, den Schachtbau genauso wie den Gartenbau und die Energiewirtschaft (DGB Dortmund ... 1998, 26f) als im weite­ren Sinne dem Bauwesen zugehörig zu definieren, mag bezüglich der faktischen Zu­sammengehörigkeit korrekt sein. Selbst die Einbeziehung der Bauämter, also Hoch­bau-, Tiefbau- und Straßenbauämter, wurde schon angemahnt (Becker 1996, 58). Und in der Tat sollten Arbeiten, in denen Aussagen zum Charakter des Bausektors (in welcher Abgrenzung auch immer) getroffen werden sollen, zumindest zur Kenntnis nehmen, dass eine allzu enge Grenzziehung möglicherweise Entwicklungen über­sieht, die sich gerade im Zusammenwirken der verschiedenen Bereiche des Systems Bauwirtschaft ergeben und Rückwirkungen auf die Unterbereiche haben.
Dennoch, wenn hier im weiteren Verlauf von Bauwirtschaft, Bausektor, Baubranche, Bauwesen oder auch Baugewerbe die Rede ist, so werden diese Begriffe weitgehend synonym verwendet und bezeichnen die statistische Dimension von Baugewerbe. Sofern von Bauhandwerk oder Bauindustrie die Rede ist, ist damit weniger das in Deutschland übliche fach-, sondern das größenorientierte Konzept gemeint32. Bau­haupt- und Ausbaugewerbe werden im Sinne der alten Wirtschaftszweigsystematik verwendet, wo sich die Verwendung dieser Begriffe nicht vermeiden lässt33. Auch die Verwendung der sonstigen Begriffe zur Abgrenzung einzelner Teilbereiche voneinan­der findet entlang der statistischen Vorgaben statt. Jedoch wird, wo immer erforder­lich, dieser statistisch festgelegte Bereich überschritten, so dass Veränderungen oberhalb dieser Ebene nicht apriorisch unerkannt bleiben müssen.

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