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gebracht zu werden, macht unter dem Vorzeichen sich verschär­fender Wettbewerbsbedingungen bei Ent- oder Bestehen ganz erheblicher Preisdifferenzen zwi­schen den Anbietern – und zwar sowohl der Anbieter von Arbeitskraft als auch der Anbieter von Bauprodukten – solches Verhalten durchaus Sinn innerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik.

243Diese Behauptung lässt sich sehr gut mit der britischen Situation belegen. Dort gibt es praktisch keine berufliche Ausbildung und auch keine Weiterbildung mehr (Clarke, Wall 1995, 1996, 1998a und b). Gerade bei der dominierenden Form der Beschäftigung, dem Arbeiten auf eigene Rech­nung, also dem Auftreten am Markt als self-employed ist nur die bereits erzielte Qualifikation marktrelevant und nur sie drückt sich im Marktpreis aus. Wer in diesem System (sich oder andere) ausbildet, verschlechtert seine Marktbedingungen. Mit Ausbildung verbundene Kosten wurden kon­sequent externalisiert.

244Zum soziologischen Konzept der Normalität, das sich hinter diesem "Anspruch" verbirgt, siehe: Voswinkel, Lücking 1996. So ist die Rolle, die Bauarbeitgeber und ihre Verbände in der Industrie­verbandsstruktur spielen, zumindest prekär. Über ihre vom "Normalitätsstandpunkt" abweichende Position entsteht eine Sonderrolle, die zu einem Sozialprestige geführt hat, das sowohl Beschäftigte als auch Unternehmer diskriminiert.

245Bernd Mansel (2000, 16) verweist in diesem Zusammenhang auf den Vizepräsidenten des Haupt­verbandes der Deutschen Bauindustrie, Heinz A. Schüssler, der während einer Veranstaltung am Rande der bautec 2000 in Berlin sagte, Anfang der neunziger Jahre seien ausländische Unterneh­men angelockt worden, um die notwendigen Baukapazitäten zur Verfügung zu stellen, die im Zuge der deutschen Vereinigung benötigt worden seien. Auf der selben Veranstaltung verwies der Bun­desvorsitzende der IG BAU, Klaus Wiesehügel, auf die seiner Meinung nach gravierendere Rolle der illegalen und halblegalen Praktiken, die sich in dieser Zeit eingenistet hätten und nun nur schwer wieder zu beseitigen wären (ebd.).

2462002 wurden der Bundesrahmentarifvertrag und der Rahmentarifvertrag Angestellte im Bauhaupt­gewerbe von den Arbeitgeberverbänden zum 30. April erneut gekündigt. Der Forderungskatalog umfasst z.B. die Streichung oder Kürzung des Fahrgeldes, der Verpflegungszuschüsse und der Überstundenzuschläge. Die Möglichkeit, den Lohn um zehn Prozent zu senken, soll durch eine all­gemeine Tarifabsenkung im Osten Deutschlands verallgemeinert werden. Darüber hinaus soll die Arbeitszeitflexibilität erheblich ausgeweitet werden. Im Gerüstbauerhandwerk wurden alle beste­henden Tarifverträge gekündigt, darunter auch der Tarifvertrag für die Sozialkassen des Gerüst­bauergewerbes. Insgesamt zeigen diese Beispiele über den derzeitigen Zustand am Bau, dass die gemeinsame Basis der Vertragsparteien nicht mehr sehr tragfähig zu sein scheint (vgl. z.B.: Der Grundstein 4/2002).

247Siehe auch die Statements der im Rahmen des Projekts "Standardisation and Skills" interviewten Experten, die darauf hinauslaufen, dass der Markt kaputt sei und deshalb Innovation und Qualifika­tion wie alles, was mit Kosten verbunden ist, mehr und mehr der Betriebslogik, d.h. der unmittel­baren Rechenbarkeit zum Opfer fielen (Forschungsschwerpunkt ... 1999).

248So gehen Bosch und Zühlke-Robinet (1999, 240) von Quoten zwischen 50 und 70 vH im Bauhaupt­gewerbe und zwischen 25 und 30 vH im verarbeitenden Gewerbe seit 1970 aus, womit sie doch er­heblich von den von Voswinkel verwendeten Zahlen abweichen (siehe dazu die Tabelle 52 im An­hang). Dass die Zahlen so unterschiedlich sind, kann nicht allein am unterschiedlichen Bezug liegen (hier Baugewerbe, dort Bauhauptgewerbe).

249Die Unterschiede zwischen den beiden Quellen sind um so erstaunlicher, als beide sich auf dassel­be Konzept berufen. Sowohl Voswinkel (1999) als auch Bosch und Zühlke-Robinet (1999) ziehen zur Berechnung der Fluktuationsquote den Anteil der begonnenen und beendeten sozialversiche­rungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse an den insgesamt sozialversicherungspflichtig Beschäf­tigten mit dem Stichtag 31.12. heran. Bei Voswinkel geht dies schon aus der Tabellenüberschrift hervor, bei Bosch und Zühlke-Robinet heißt es dazu: "Die Fluktuationsquote ist ein Relationsmaß für die jährlich begonnenen und beendeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhält­nisse in bezug zum Beschäftigungsbestand" (240). Schütt (1996, 21) konstatiert eine zurückgehen­de Fluktuationsquote seit Mitte der achtziger Jahre von 42 auf 30 vH im Bauhauptgewerbe.

250Um die ungenügende Reichweite der benutzten Fluktuationsberechnung zu verbessern, benutzen Bosch und Zühlke-Robinet (2000, 87ff) zusätzlich das Konzept des Stellenumschlags, mit dem die jährlichen Beschäftigungsveränderungen genauer erfasst werden können, indem berechnet wird, "wie viele Arbeitsplätze in den Betrieben durch Neugründungen oder Expansion entstehen und wie viele durch Verringerung des Personalstandes und Stillegung vernichtet werden". Von 1982 bis 1994 lag der so berechnete Wert für das Baugewerbe im Jahresmittel bei 10,4 vH gegenüber 6,4 vH im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes und 7 vH in der Gesamtwirtschaft.

251Dieser Zusammenhang wird auch von Bosch und Zühlke-Robinet (1999) bestätigt. Schütt (1996) bestätigt ihn ebenfalls bis zur Mitte der achtziger Jahre. Danach seien andere Gründe für die von ihm festgestellte zurückgehende Fluktuationsquote verantwortlich (siehe auch nächste Fußnote).

252Es muss in der Tat von einer sozusagen positiv besetzten Attraktivität für diese Bevölkerungsgrup­pen ausgegangen werden, die gewissermaßen das Spiegelbild der natürlich auch bestehenden se­kundären Attraktivität ist, die sich ergibt aus den mangelnden Chancen, in einer begehrteren Bran­che einen Arbeitsplatz zu bekommen. Jüngste Arbeiten (Syben 2002) relativieren diesen Zusam­menhang jedoch.

253Dieses Argument hört sich heute möglicherweise wenig glaubwürdig an, doch immerhin lag bis in die siebziger Jahre hinein eine faktische Vollbeschäftigung in Westdeutschland vor, so dass doch von den Betrieben eine Konkurrenz um die Menschen bestand, die die offenen Stellen besetzen sollten.

254Noch in der jüngeren Vergangenheit wurden Arbeiten zur besonderen Verfasstheit der Baubranche veröffentlicht, die entschieden dem Gedanken Ausdruck verliehen, die abweichende Struktur bzw. der abweichende Charakter der Baubranche sei (auch) Ausdruck einer suboptimalen Organisation. Deshalb sei darauf zu drängen, die Baubranche zu "normalisieren" (siehe vor allem den sog. At­kins-Report, der diese Position dezidiert vertritt: Kommission ... 1993; siehe auch: Moström, Asp­lund 1997). Dahinter steckt in gewisser Weise eine ideologisierte Sichtweise des Taylorismus. In Wirklichkeit waren tayloristische Arbeitsweisen nie normal im Sinne einer weit verbreiteten und empirisch üblichen Arbeitsorganisation. Der Taylorismus war sozusagen nur Standard setzend, ohne selbst Standard zu sein. Zur Kritik dieses Ansatzes siehe Voswinkel, Lücking (1996) und Vos­winkel u.a. (1996).

255Diese von vielen Autoren geteilte Beschreibung der qualifikatorischen Entwicklung der Bauarbeit, die häufig pointiert beschrieben wird als "Bauarbeit ist Facharbeit", kontrastiert eklatant mit der (erneuten) Entdeckung der Bauarbeit als Auffangbecken für "eher praktisch begabte" und "ausbil­dungseingeschränkte" Jugendliche oder wie Menschen mit die Chancen am Arbeitsmarkt verrin­gernden schlechteren schulischen Abschlüssen heute sonst noch genannt werden. Gerade in der Region des östlichen Ruhrgebiets, für die der Baubranche unisono eine besondere Rolle beigemes­sen wird (z.B. DGB Dortmund ... 1998), scheint sie auch als probater Ort für ansonsten nicht oder kaum vermittelbare Jugendliche zu gelten (siehe z.B. Landesausschuss 1996, 4: "Für leistungsge­minderte und motivationsschwache Auszubildende kommen anerkannte Ausbildungsberufe in Be­tracht, die sich den Ausbildungsbedürfnissen und -möglichkeiten dieser Personengruppen nicht ver­schließen. Auch die verschiedenen Formen der Stufenausbildung, insbesondere in der Bau- und Textilbranche, kommen den Ansprüchen lernbeeinträchtigter Jugendlicher eher entgegen.").

256Diese besonders hohe Abwanderungsquote wurde in der Vergangenheit mehrfach konstatiert (z.B. Clauß 1993; Lutz 1989; Pahl, Syben 1995; Streek 1983). Sie wird dort begründet mit der Unstetig­keit der Bauproduktion und der daraus sich ergebenden Unstetigkeit und Unkalkulierbarkeit der Be­rufsverläufe. Neueste Untersuchungen stellen diese Gewissheit aber in Frage. Erlinghagen und Zühlke-Robinet (2001) können in einem Vergleich zwischen Bauhauptgewerbe und Maschinenbau keine signifikanten Unterschiede ermitteln. Daher kommen sie auch zu dem Schluss: „Von einer prinzipiellen Unattraktivität des Baugewerbes im Vergleich zu anderen Sektoren kann ... nicht ge­sprochen werden (S. 179).

257Zu einem ganz ähnlichen Befund kommen Artus u.a. (1998) für die Situation in der ostdeutschen Bauwirtschaft. Dort konnte sich das in den alten Ländern etablierte Regulierungssystem kaum und nur eingeschränkt durchsetzen. Neben spezifischen Ursachen, die mit der differierenden Tradition und den besonderen Bedingungen nach dem Umbruch zusammenhängen, könnte eben auch die breite Verfügbarkeit von in ausreichendem Maße qualifizierten Arbeitskräften zu dieser problema­tischen Lage geführt haben.

258Das Nichtbestehen dieser akuten Gefahr heißt keineswegs, dass auch künftig genügend hinrei­chend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Jedenfalls führt die bereits erwähnte Rekur­sivität zu einer Verstärkung negativer Effekte mit dem möglichen Ergebnis eines Arbeitskräfteman­gels, wenigstens insoweit als von qualifizierten Beschäftigten die Rede ist. Und tatsächlich klagt die Bauwirtschaft trotz des Abbaus von annähernd einer halben Million Arbeitsplätze seit 1995 wieder über einen Facharbeitermangel, der sich sogar ausweite (vgl. Syben 2002).

259Syben (1998, 15) findet diese Vermutung in der Realität des deutschen Bausektors bestätigt: "Die Strukturen der Branche, lange Zeit geradezu der Modellfall eines gut funktionierenden sektoralen Institutionengefüges, scheinen insgesamt aus den Fugen zu geraten."

260Selbstverständlich darf diese Aussage nicht allzu wörtlich genommen werden. Es ist nicht davon auszugehen, dass jemals eine Vereinbarung zwischen den Branchenakteuren (also die Tarifparteien und der Staat) getroffen wurde mit der expliziten Begründung, damit die bestehende defiziente Anormalität zu kompensieren. Vielmehr dürfte die empirische Validität dieser Defizienz, also die messbaren Rekrutierungsprobleme, zu dieser Politik geführt haben.

261Dies wird im Zuge der Infragestellung der HWO für das Baugewerbe gelegentlich behauptet. So begründet Rußig die "doppelte Schutzglocke" z.B. mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen, die zur gegebenen nicht mehr funktionsoptimalen Branchenstruktur beitrügen. Allgemein wird von Vertretern der neoklassischen Schule unterstellt, jeglicher Eingriff in die Marktmechanismen produ­ziere notwendig schlechtere Ergebnisse als sich bei optimalen Bedingungen von selbst ergeben würden. So spricht Berthold (2001) in gehetzt-grotesker Manier von einer "Regulierungsspirale" und einer "institutionellen Verflechtungsfalle". Zwar kann er diese Begriffe weder sprachlich einlö­sen noch gar inhaltlich, aber er argumentiert unter Verwendung des Beispiels des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und den mit ihm einhergehenden Mindestlöhnen dahingehend, dass "Arbeits­platzbesitzer" ihre "Marktmacht" (dies vor allem über den hohen Zentralisierungsgrad der Tarifaus­einandersetzungen) dazu missbrauchten, die Löhne künstlich hoch zu halten – ohne Rücksicht auf die dann in der Arbeitslosigkeit verharrenden Menschen (Erlinghagen und Zühlke-Robinet 2001 weisen ihm die empirische Unhaltbarkeit seiner Auswürfe nach). Die HWO wurde schon in gleicher Weise kritisiert (Gluch u.a. 2001).

262Das Verfahren zur Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit ist inzwischen vereinfacht worden. War bis 1999 die Mehrheit im Tarifausschuss erforderlich, in dem Vertreter verschiedener Tarifparteien und der jeweiligen Dachverbände (also Deutscher Gewerkschaftsbund und Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände) sitzen, so kann der Bundesminister inzwischen ohne die Zustim­mung des Tarifausschusses in dringenden Fällen die Allgemeinverbindlichkeit per Verordnung durchsetzen bzw. bei Stimmengleichheit selbst mitstimmen (siehe zum genauen Verfahren im Ein­zelnen: Hunger 2000a). Diese Änderung erfolgte nicht zuletzt wegen des Widerstandes der bran­chenfremden Arbeitgebervertreter im Tarifausschuss bei der Debatte um das Entsendegesetz und dem damit verbundenen Mindestlohn. Diese gegen die Interessen der BDA durchgesetzte Verfah­rensweise ist als später Erfolg des Branchendialogs der Kollektivakteure im Bausektor zu werten.

263Zur genauen Berechnung der Bruttolohnsumme siehe z.B. die Internetseiten der Sozialkassen: Un­ter www.soka-bau.de/content/verfahren_sozbeitraege_gewerbliche.html (Stand: 1. März 2002) fin­det sich eine detaillierte Aufstellung der zum Bruttolohn zu zählenden Beträge.

264Diese praktisch nicht existente EU-Binnenwanderung (bzw. die fehlende Relevanz für eventuelle darauf abstellende Arbeitskräftestrategien) hatte mehrere Gründe: Erstens war Italien das erste Land mit dem überhaupt eine sog. Anwerbevereinbarung getroffen worden war (1955) und in den siebziger Jahren schon wieder etliche von den so nach Deutschland gekommenen Menschen nach Italien zurückkehrten. Zweitens stand damals die sog. Süderweiterung der EG noch bevor. Die Eu­ropäische Gemeinschaft bestand damals aus den sechs Gründungsstaaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande. 1973 kamen Dänemark, Großbritannien und Ir­land hinzu, 1981 Griechenland, 1986 Portugal und Spanien mit zum Teil mehrjährigen Beschrän­kungen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Treibel 1998, Gross 1992).

265Ein berufener Neoklassiker möchte dazu etwas sagen: "Es ist kein Zufall, dass Firmen, die Leihar­beit anbieten, seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden schießen. Die Arbeitnehmer sind bei diesen Leiharbeitsfirmen fest angestellt. Sie genießen dort den üblichen arbeitsrechtlichen Schutz und zah­len die Versicherungsprämie. Die Entlohnung ist niedriger, die von ihnen geforderte berufliche und zeitliche Flexibilität höher. Die Unternehmungen, die auf Leiharbeit zurückgreifen ... bleiben flexi­bel. Sie werden nicht in das enge Korsett des Kündigungsschutzes eingezwängt ... Diese Entwick­lung ist den Arbeitsplatzbesitzern und ihren gewerkschaftlichen Vertretern ein Dorn im Auge, ihre Marktmacht erodiert. Es nimmt deshalb nicht Wunder, wenn vor allem die Gewerkschaften die Tä­tigkeiten der Leiharbeitsfirmen stärker reguliert sehen wollen" (Berthold 2001, 10). Auf die hier ge­führte Debatte würde er wahrscheinlich argumentieren: Wenn die Arbeitsplatzbesitzer die Löhne zum Preis fortgesetzter Arbeitslosigkeit hoch halten und darüber hinaus selbst kleine Ansätze einer Flexibilisierung unterbinden können, dann darf sich niemand wundern, wenn ausländische Arbeit­nehmer auf den Markt drängen.

266Die "produktive Winterbauförderung" setzte sich aus drei Elementen zusammen: Dem Wintergeld für Arbeitnehmer, den Mehrkostenzuschüssen und den Investitionszuschüssen. 1986 ausgesetzt und 1994 abgeschafft wurden Mehrkosten- und Investitionszuschüsse, geblieben ist das Winter­geld, das an die Arbeitnehmer ausgezahlt wird und über die betriebliche Winterbauumlage abge­wickelt wird.

267 André Gorz (1986, 88f) schlägt zur Überwindung der Monopolisierung von Wissen und Macht durch eine "elitistische Technokratie" eine radikale Arbeitszeitverkürzung vor. So stünden die hohe Quali­fikationen erfordernde Arbeiten einer größeren Zahl von Menschen zur Verfügung. Die Macht und die Privilegien, die mit den so monopolisierten Aufgaben einhergingen, würden langsam verschwin­den.

268Gegenüber dieser Vermutung überraschen daher die Ergebnisse einer im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Befragung unter Teilnehmern eines Informationstages des Dortmunder Baugewer­bes. Die Befragten hatten überwiegend ein positives Bild vom Baugewerbe. Allerdings verweisen die Ergebnisse auf eine besondere Milieubedingtheit, die die hier vertretene Argumentation doch stützt. Die meisten Befragten, die sich positiv äußerten, kannten jemanden, der am Bau arbeitete und der nichts Negatives berichtete. Die Vorstellungen der Befragten korrespondierten sehr genau mit den Darstellungen dieser Bekannten und Verwandten. Auffällig war insgesamt das sehr tradi­tionalistische Bild vom Bau (Hochstadt 2000a).

269Zu diesen Märkten mit uniformen Produkten wird die Tourismusbranche gerechnet, wo verschiede­ne Anbieter identische Produkte verkaufen. Man reist im selben Flugzeug in das selbe Hotel und belegt dort ein gleiches Zimmer. Bei derart austauschbaren Leistungen entscheidet neben mehr und mehr marginalisierten Aspekten wie Image und Stammkundentreue nur noch der Preis (oder die Unvollkommenheit des Marktes) über den Zuschlag.

270Ein Blick nach Großbritannien illustriert, wovon hier die Rede ist. Nachdem seit den siebziger Jah­ren ein großer Teil der am Bau Beschäftigten in die Selbstständigkeit ging und auf eigene Rech­nung solche Leistungen am Markt anbot, die vorher im Rahmen einer regulären abhängigen Be­schäftigung bei einem Unternehmen erbracht wurden, ist der Anteil der Auszubildenden drastisch gesunken. Die mit der Ausbildung entstehenden Kosten wurden externalisiert. Trotzdem funktio­nierte der Markt oberflächlich weiter. Erst in den neunziger Jahren wurden die säkularen Probleme offenbar, deren Wurzeln damals gelegt wurden. Es fehlt allerorten an qualifiziertem Personal, der Ruf der Branche ist so schlecht, dass kaum noch Jugendliche den Weg dorthin finden. Die Nachfra­ger von Bauprodukten müssen sich mit Arbeiten abfinden, die kaum zufrieden stellend sind (Clarke u.a. 2000).

271Das Argument der suboptimalen Ergebnisse darf nicht als dieser Strategie folgenotwendig inne­wohnend überinterpretiert werden. Es gibt durchaus in den Staaten und Regionen, die bzw. deren Arbeitskräftereservoirs vor allem zur Rekrutierung dieser neuen Beziehungen genutzt werden, eine Bautradition, die qualitativ hochwertige Ergebnisse hervorgebracht hat und noch immer hervorzu­bringen in der Lage ist. Allerdings bleibt es sehr die Frage, inwiefern unter den Bedingungen eines enormen Preiswettbewerbs diese Tradition ins Gewicht fällt.

272Dennoch beinhalten die Bauinvestitionen nur zu ungefähr 80 vH Bauleistungen. Die restlichen 20 Prozent verteilen sich zum größten Teil auf die Bereiche Stahl- und Leichtmetallbau, Ziehereien und Kaltwalzwerke sowie Elektrotechnik (Goldberg 1991, 14). Dort wird auch angenommen, dass der Anteil der Bauinvestitionen, der sich nicht auf Bauleistungen bezieht, in der Industrie größer ist als beispielsweise im Wohnungsbau.

273Dass die Unterscheidung zwischen Bauvolumen und Bauinvestitionen nicht leicht ist, zeigt die Aufzählung von Goldberg (1991, 11f), wo zu den Bauinvestitionen Aspekte des Bauvolumens gerechnet werden (z.B. die Einbeziehung von Nachbar­schaftshilfe und Schwarzarbeit, aber auch Leistungen anderer Branchen). Im Sinne der hier verwendeten Abgrenzung ist diese Zuordnung nicht korrekt, da aber hier wie dort schließlich auf Zahlen des Statistischen Bundesamts zurückgegriffen wird, kommt diese Unschärfe in den Daten nicht zum Ausdruck.

274Die ungenügende statistische Erfassung der Betriebe und Unternehmen des Baugewerbes hat natürlich nicht nur Auswir­kungen auf die (fehlende) Kenntnis der bezüglichen genauen Zahlen, sondern daraus folgend auch auf die Kenntnis der an­deren Parameter wie Beschäftigungszahl, Bauinvestitionen usw. Dies ist der Grund für die häufige Beschränkung auf das – relativ gut erfasste – Bauhauptgewerbe.

275Die in der weiter hinten im Anhang zu findenden Aufstellung präsentierte Unterteilung in Berufsgruppen folgt direkt der Festlegung im "Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbes" in der Fassung vom 15. Mai 2001, der von den Tarifver­tragsparteien bundesweit vereinbart und vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung für allgemeinverbindlich er­klärt wurde. In der Lohn- und der Gehaltsberichterstattung des Statistischen Bundesamtes erfolgt eine Zusammenfassung dieser Berufsgruppen in gröbere Leistungsgruppen: "Für Zwecke der statistischen Analyse werden Leistungsgruppen gebil­det, die eine grobe Abstufung nach Qualifika­tion darstellen. In einer Leistungsgruppe sind aus jedem in der Erhebung ange­wandten Tarifvertrag eine oder mehrere Lohngruppen zusammengefaßt" (Statistisches Bundesamt g 1993, 5). Dort werden insgesamt drei Leistungsgruppen bei Arbeitern definiert. In der Gehaltsberichterstattung finden identische Methoden An­wendung; allerdings wird das Angestelltenspektrum in fünf (technische und kaufmännische Gruppen gemeinsam führende) Leistungsgruppen aufgeteilt (Statistisches Bundesamt h).

276In einem wichtigen Punkt unterscheiden sich die beiden der vorgestellten Systematik zugrunde liegenden Rahmentarifver­träge: Der "Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe", dessen persönlicher Geltungsbereich die gewerblichen Arbeit­nehmer (Arbeiter) nach SGB VI sind (§1 Abs. 3), ist für allgemeinverbindlich erklärt, d.h. er gilt allgemein und nicht nur für Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Dagegen ist der "Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Ange­stellten und für die Poliere des Baugewerbes", dessen persönlicher Geltungsbereich Angestellte, Poliere und zur Ausbildung für den Beruf eines Angestellten Beschäftigte nach SGB VI (aber ohne Angestellte nach §5 Abs. 2 BetrVG) nicht für allge­meinverbindlich erklärt.

277Weiter hinten im Anhang dieser Arbeit findet sich eine gekürzte Wiedergabe der im Elsner, der gängigen Tarifsammlung der Bauwirtschaft, abgedruckten Berufsgruppenbeschreibungen.

278"Der Mittelstand als Motor des Arbeitsmarkes: In den letzten 20 Jahren haben die westdeutschen Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten rund 2,9 Millionen neue sozialversicherte Arbeitsplätze geschaffen. Ein Plus von 20 Prozent. Gleichzeitig haben die Großbetriebe rund 15 Prozent der Arbeitsplätze abgebaut. Auch in Ostdeutschland ist die Entwicklung ähnlich: In den kleinen und mittleren Unternehmen nahm die Zahl der Arbeitsplätze von 1996 bis 2000 um 1,6 Prozent ab, in den Großbetrieben dagegen um 38 Prozent" (einblick 16/01, 8).

279Die folgende Darstellung basiert auf der "Tarifsammlung für die Bauwirtschaft", Ausgabe 2001/2002, die jährlich vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie herausgegeben wird. Der dortige Abdruck des Anhangs zum BRTV Bau (S. 305ff) ist hier nur leicht gekürzt.

280Die erwähnte Stufenausbildung wird im Haupttext dieser Arbeit ausführlicher behandelt. In dieser speziellen Form der dua­len Berufsbildung werden derzeit 15 Bauberufe angeboten, die alle mit dem erfolgreichen Abschließen der beiden Stufen der Ausbildung die formale Grundlage für die Eingruppierung in der Gruppe III bilden. Im Einzelnen sind dies im Schwer­punkt Hochbau: Maurer, Beton- und Stahlbetonbauer, Feuerungs- und Schornsteinbauer; im Schwerpunkt Tiefbau: Straßen­bauer, Rohrleitungsbauer, Kanalbauer, Brunnenbauer, Spezialtiefbauer, Gleisbauer; im Schwerpunkt Ausbau: Zimmerer, Stuckateur, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Estrichleger, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer, Trockenbaumonteur.

281Diese Abschlüsse entsprechen der ersten Stufe der Stufenausbildung, die normalerweise nach zwei Jahren Ausbildung er­reicht wird. Sie stellen eigenständige Qualifikationen dar, auf denen aufbauend die zweite Stufe der Stufenausbildung be­ginnt.

282Die Berufsgruppe VII wurde mit der Änderung vom 24. April 1996 im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mindestlohn-Tarifvertrages in zwei Stufen geteilt, wobei der "Gesamttarifstundenlohn der Berufsgruppe VII 2 ... zugleich Mindestlohn im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 AEntG für alle von dem persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfaßten Arbeitneh­mer (ist)" (Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestlohnes im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, § 2 Abs. 4, in der Fassung vom 2. Juni 2000).

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