Die Valenz des Verbs wird in drei Stufen untersucht. Auf der ersten Stufe wird die quantitative Analyse vorgenommen. Es wird die Zahl der notwendigen Mitspieler des Verbs und die Zahl der von ihm in einem minimalen Satzmodell eröffneten Leerstellen festgestellt. Das Verb besichtigen, z.B., um einen grammatisch richtigen Satz zu bilden, braucht minimum zwei Mitspieler: Die Touristen besichtigen die Ausstellung. Das Verb besichtigen eröffnet im Satz zwei Leerstellen, es ist zweiwertig. Man beschreibt seine Valenz (Wertigkeit) auf solche Weise: besichtigen2.
Je nachdem, wie viele Leerstellen ein Verb im Satz eröffnet, unterscheidet man im Deutschen nullwertige, einwertige, zweiwertige und dreiwertige Verben. Zu den nullwertigen Verben gehören unpersönliche Verben:
Es regnet. Es schneit. Es donnert. Die erste Stelle in diesen Sätzen ist nur formal ausgefüllt. Als einwertige gelten die Verben, die nur mit einem Mitspieler einen grammatisch richtigen Satz bilden. Dazu gehören in erster Linie subjektive Verben: schlafen1, blühen1, fahren1, springen1u.a.m.:
Das Kind schläft. Die Rosen blühen. Zweiwertige Verben eröffnen im Satz zwei Leerstellen: besuchen2, betrachten2, gefallen2, beobachten2: Er besucht seinen Freund. Dreiwertig sind die Verben, die drei Mitspieler fordern, um einen grammatisch richtigen Satz zu bilden: legen3, beibringen3, verdanken3: Er legt das Buch auf den Tisch. Auf der quantitativen Stufe unterscheidet man obligatorische und fakultative Valenz der Verben. Wenn die Bedeutung eines Verbs ohne den entsprechenden Mitspieler nicht verstanden werden kann, so spricht man über die obligatorische Valenz. Die obligatorische Valenz wird ohne Klammer bezeichnet. Wenn man die Bedeutung eines Verbs ohne Mitspieler verstehen kann, so ist solche Valenz des Verbs fakultativ. Die fakultative Valenz wird in Klammern angegeben: essen1(2), lesen1(2), singen1(2). Auf der zweiten Stufe wird die qualitative Analyse der verbalen Valenz durchgeführt. Es wird die grammatische Umgebung des Verbs ermittelt. Auf dieser Stufe wird festgestellt, welche Wortarten und in welcher grammatischen Form die Leerstellen ausfüllen, die das Verb im Satz eröffnet. So werden im Satz: Die Touristen besichtigen die Ausstellung. zwei Leerstellen, die das Verb „besichtigen“ eröffnet, durch folgende Mitspieler besetzt:
1. durch das Substantiv im Nominativ als Subjekt;
2. durch das Substantiv im Akkusativ als Objekt. Bei der Valenzanalyse auf der 2. Stufe werden zur Bezeichnung der Mitspieler spezielle Symbole verwendet:
Sn – Substantiv im Nominativ (sowie substantivische Pronomen, die das Substantiv im Nominativ ersetzen);
Sa – Substantiv im Akkusativ;
Sd – Substantiv im Dativ;