Dienstag, 03. März 2009
Dieser Morgen begann zunächst damit, dass ich meine letzten Käsevorräte aufgegessen habe und damit für mich die Fastenzeit mit dem morgigen Tag richtig beginnt und die ich ja bis zum Osterfest durchhalten möchte. Anschließend war ich kurz mit meinem Taschencomputer im Internet und habe dann, bevor ich zum Gottesdienst gegangen bin, noch ein paar liturgische Bücher gekauft. Anschließend wurde ich wieder von Mashas Eltern zum Tee eingeladen - vorher war ich mit ihr aber noch Ikonen kaufen, die ich dann nach dem Mittagessen gleich als Geschenk verschickt habe.
Am Abend waren wir wieder in dem Abendgottesdienst des Heiligen Andrej Kritskij7 - dem Kanon - der wieder besonders schön war. Besonders die Gesänge haben es mir ja angetan, sie sind einfach total schön und beruhigend. Ich stelle mich dann gerne in die Kirche, schließe die Augen und höre einfach nur zu und bekreuzige mich bei jedem "Herr, erbarme Dich meiner". Und dazu die schummrig von Kerzen erleuchtete Kirche - all das macht dort eine wunderbare Atmosphäre.
Mittwoch, 04. März 2009
Die Gottesdienste der orthodoxen Fastenzeit sind einfach wunderschön: Heute war ich ähnlich wie gestern in den Gottesdiensten - zunächst am Morgen in der Fakultätskirche. Dort war neben anderen Gottesdiensten zum Schluss die Liturgie der vorgeweihten Gaben, also die Gregoriusliturgie. Sie zeichnet sich auch durch eine besondere Schönheit aus, vor allem wenn drei Geistliche vor der Tagesikone einen Gesang singen. Aber auch der Chor, der heute nur aus wenigen Personen bestand, sang sehr zart und sehr schön. Wenn die Fastenzeit so weitergeht, dann wird es eine wirkliche Vorbereitung auf das Osterfest - oder die Osterfeste. Am Abend war ich in einer großen Krankenhauskirche zum Abendgottesdienst, der nach dem Heiligen Andrej Kritskij benannt ist. Es war die Bruderschaft von Vater Vladimir, die heute Abend zelebriert hat. Die Kirche war voll und es herrschte die gleiche schöne Atmosphäre wie am Vorabend. Am Ende der Liturgie war ich ziemlich traurig, weil ich sie in dieser Form vielleicht so schnell nicht wieder hören werde. Morgen ist diese Liturgieform zwar noch einmal, aber dann singe ich selbst im Chor mit, so dass es dann etwas ganz anderes ist: Dann kann ich mich nicht so in den Gottesdienst hineinfühlen. Morgen Abend ärgere ich mich vielleicht über meine Mitsänger, die während dem Gottesdienst oft mit dem Handy spielen oder miteinander reden. Wobei die Chorprobe heute völlig miserabel ausgefallen ist. Vater Alexej ist zwar nicht böse geworden, aber auf Anhieb haben wir gar nichts hinbekommen. Ich bin momentan der festen Überzeugung, dass mein Chor sich morgen Abend fürchterlich blamieren wird. Und zwischendurch war ich - wie jeden Tag in dieser Woche - bei Masha zu Gast. Dort fühle ich mich mittlerweile sehr wohl und fühle mich dort gut aufgehoben. Ich bin jeden Tag sehr glücklich, wenn ich mich abends auf den Nachhauseweg mache.
Donnerstag, 05. März 2009
So wie ich es mir am Vortag vorgenommen hatte, bin ich an diesem Morgen in Elenas Gemeinde gefahren und habe dort den Morgengottesdienst mitgesungen, der sich wiederum aus verschiedenen Gottesdiensten zusammensetzte und und mit der Vetschernaja endete - auch wenn es Morgen war. Nach dem Gottesdienst hat mich Vater Pawel zum Kartoffeln essen eingeladen. Er hat unter der Kirche im Keller seine eigene Ecke - sogar mit einer eigenen kleinen Küche. Gekochte Kartoffeln hatte er noch und so war das Essen schnell fertig. Während dem Essen ist mir dann irgendwann eingefallen, dass in der ersten Woche ja eigentlich auch kein Öl gegessen wird, und so habe ich seine Toastbrote mit Öl dann höflich abgelehnt. Wir haben uns in seiner Wohnecke, die mit Büchern und allen möglichen anderen Dingen vollgestopft ist, noch über dies und jenes unterhalten. Zum Schluss gab er mir ein Buch über die liturgischen Gegenstände und ein paar Dekokerzen - dann bin ich in das Einkaufszentrum gefahren, wo ich immer ins Internet gehe. Im Internet habe ich mir etwas Zeit gelassen und konnte so das Neueste aus der Heimat und der Welt erfahren. Anschließend war ich in der katholischen Fakultät essen und habe dann bei Masha bis zur Chorprobe, die für halb fünf angesetzt war, ihr bei dem Übersetzen eines Textes geholfen.
Die Chorprobe ist halbwegs normal ausgefallen, hätte aber besser sein können. Anschließend haben wir um 18 Uhr im Kanon des Heiligen Andrej Kritskij das gesungen, was wir vorher geprobt haben. Was wir "abgeliefert" haben, kann man als halbwegs normal bezeichnen, zumindest waren für diesen Abend meine Sorgen nicht berechtigt. Mit uns zusammen haben einige Priester und Diakone gesungen, so dass zeitweise die Väter Nicolai und Alexej Emeljanov vor mir standen. Nach dem Gottesdienst habe ich das Angebot bekommen, bei Masha zu übernachten, weil mein Chor ja am nächsten Morgen schon wieder singen sollte. So habe ich mir noch schnell eine Zahnbürste gekauft. Nach dem Abendessen haben wir noch etwas gequatscht und den Abend ruhig ausklingen lassen.
Freitag, 06. März 2009 - Fest des Heiligen Theodor
Der heutige Tag fing schon um sechs Uhr an, aber dennoch wesentlich später, als wenn ich im Wohnheim geschlafen hätte, weil ich mir ja die wenigstens 40-minütige Fahrt zur Fakultätskirche sparen konnte. Nach einer großen Tasse Tee und ein paar Marmeladenbrote bin ich dann zur Kirche gegangen, wo ich auf die Minute genau angekommen bin. Die Gottesdienst hatte schon angefangen, nur waren die wenigsten schon da. So sangen ein paar Priester, Diakone und einige Studenten aus höheren Kursen. Zu Anfang haben wir uns einfach nur blamiert - nicht einmal ein einfaches "Herr, erbarme Dich" hat auch nur ansatzweise geklappt. Es klang oft wie ein alter Plattenspieler, der anfangs leiert. Irgendwann kam Vater Nicolai und hat jeden einzelnen von uns gesegnet - vielleicht ist es daraufhin etwas besser geworden. Um kurz vor zehn Uhr kam Vater Michael und dann wurde der Chor aufgeteilt. Daraufhin, so mein Eindruck, wurde es wesentlich besser - es war aber noch lange nicht gut. Auch wenn mir vielfach gesagt worden ist, dass es gut war, so habe ich es als eine absolute Blamage empfunden und war heilfroh, als alles um kurz vor eins vorbei war. Zum Schluss der Liturgie der vorgeweihten Gaben, die in etwa so etwas ist wie ein Gottesdienst mit Kommunionausteilung in der katholischen Kirche, wurde eine gesegnete Süßspeise aus Weizen und viel Zucker ausgeteilt. Sie geht auf das Fest des Heiligen Theodor zurück. Er ist während der Christenverfolgung einem Bischof erschienen und hat ihm Rat gegeben. Weil gerade Fastenzeit war, durften keine tierischen Produkte gegessen werden. Es gab jedoch einen staatlichen Befehl, alle Lebensmittel mit dem Blut von Opfertieren zu besprengen. Der Hl. Theodor hat den seinen Gläubigen gesagt, dass nicht zu essen und dafür etwas zuzubereiten. Daraus ist dann eine Süßspeise geworden.
Daraufhin bin ich wieder bei Masha zu Hause gewesen, wir haben zusammen gegessen und anschließend eine ruhige Pause eingelegt. Am Nachmittag sind wir nach Zarizino in den Park gefahren, wo ich abends einmal kurz mit Sonja und Ludwig war, und sind dort spazieren gegangen. Die Parkanlagen dort sind wirklich sehr schön - vor allem habe ich noch einmal den Schnee genossen, der jetzt so nach und nach langsam schmilzt und weniger wird - denn tagsüber herrscht momentan Tauwetter. Dort kann man wunderschön und sogar recht ausgedehnt spazieren gehen - es ist ein Ort in Moskau, wo es an diesem Tag recht ruhig und beschaulich zuging. Das Schloss und die Parkanlagen sind erst vor ein paar Jahren wieder hergestellt worden, so dass alles noch sehr neu und schön aussieht.
Nach dem Abendesssen bin ich dann ins Wohnheim gefahren, wo ich ziemlich schnell ins Bett gefallen bin und mir vorgenommen habe, am nächsten Tag auszuschlafen und habe dementsprechend den Wecker nicht gestellt.
Herr, Gebieter meines Lebens, den Geist des Müßiggangs, der Kleinmut, der Herrschsucht und der Geschwätzigkeit gib mir nicht. Den Geist der Keuschheit, Demut, Geduld und Liebe aber verleihe mir, Deinem Diener. Ja, Herr und König, lass mich meine eigenen Sünden erkennen und nicht meinen Bruder verurteilen, denn gepriesen bist Du in Ewigkeit. Amen. (Bußgebet des Heiligen Ephraim)
Samstag, 07. März 2009 - Fest des Heiligen Theodor
An diesem Morgen habe ich zunächst ausgeschlafen - bin aber dennoch schon um kurz nach halb neun aufgestanden und habe dann erst einmal eine ganze Menge Klamotten gewaschen. Den Vormittag habe ich damit verbracht, ein paar Bücher herauszusuchen und sie zu archivieren. Sie werde ich am Dienstag Ottmar Steffan mitgeben, den ich dann am Paveljezker Bahnhof treffen werde und der noch Gewicht übrig hat. Dann habe ich mein Zimmer aufgeräumt und das erledigt, was in den letzten Tage liegen geblieben ist. Da ich an diesem Morgen aber recht trödelig war, habe ich nicht viel zustande gebracht - ich hatte eigentlich noch vorgehabt, wenigstens einen Text für meine Hausarbeit zu übersetzen. Das wird hoffentlich am Montag was werden. Zwischendurch habe ich beobachtet, wie ein paar Arbeiter eine Art Bauzaun auf dem Hof, der mittlerweile vom Schnee so gut wie frei geräumt ist, aufgestellt haben. Kurz nachdem sie weg waren, hörte man es auf laut scheppern und klötern - der Bauzaun war auf seiner ganzen Länge umgefallen. Ich vermute, dass das durch den Wind kam - auch wenn heute nicht so viel Wind war.
Am Mittag bin ich wieder nach Masha gefahren - und habe zwischendurch festgestellt, dass meine neu gekaufte Jacke an der Tasche wieder eingerissen war. Gestern war ich schon bei einer Frau, die das repariert hat und nun musste ich noch einmal wieder hin. Nun hoffe ich, dass die Jacke ihre gute Qualität nicht vortäuscht. Ich weiß bislang nur noch nicht, wo ich mir die Jacke eingerissen habe.
Am Abend sind wir dann gemeinsam in die Vetschernaja gegangen - auch wenn ich eigentlich erst in die Heilige Messe wollte. Das werde ich auf einen anderen Tag verschieben. Es war einfach mal wieder zu schön bei ihr zu Hause - zumal ich mit ihrem jüngsten Bruder Kolja sehr gut klar komme und wir gemeinsam Spaß haben. So haben wir uns heute über die Sitzbank und die Hocker gejagt, die rund um den Küchentisch standen und dabei viel gelacht.
Jetzt, am Abend, hat es wieder geschneit und die Temperaturen tendieren in Richtung -5°C und es gibt Vorhersagen, dass es wohl wieder recht kalt werden soll - vielleicht sogar -11°C. Der Winter scheint sich also wieder zurückzumelden. Mich freut es - zumal ich den Schnee noch lange nicht leid bin und mich über jede Schneeflocke sehr freue.
Sonntag, 08. März 2009 - Fest der Orthodoxen Christenheit und Frauentag
An diesem Tag wurden zwei Feste begangen - zum einen der staatliche Frauentag und das kirchliche Fest zu Ehren der orthodoxen Christenheit. Ersteres hat in der orthodoxen Kirche kaum eine Bedeutung, weil es ein staatliches Fest ist und die Wurzeln im Kommunismus zu finden sind. Ich habe heute in der "nicht-orthodoxen Welt" eine Menge Frauen gesehen, die Blumen in der Hand getragen haben und an jeder Ecke standen Blumenverkäufer mit Tulpen und Rosen. In der orthodoxen Kirche dagegen wurde heute die Göttliche Liturgie nach Basilius dem Großen gefeiert und im Anschluss ein Gottesdienst zum Lob auf das orthodoxe Christentum gefeiert. Diese beinhaltete Gebete für die lebenden und verstorbenen Patriarchen der verschiedenen orthodoxen Kirchen, für die Bischöfe, das Kirchenvolk und es wurde auch ein kurzer Anathemagesang gesungen. Zu dieser Liturgie gehörte auch eine Lesung und das Evangelium und vor allem das Glaubensbekenntnis. Dies alles geht auf das siebte ökumenische Konzil zurück. Es schien, als hätte sich Vater Michael besonders auf den Gottesdienst gefreut, denn er lächelte vor und nach seinem Gesang still vor sich hin. So konnte er wieder seine ganze Stimmgewalt unter Beweis stellen, was ihm sehr eindrucksvoll gelungen ist.
Nach der Liturgie bin ich mit Masha einkaufen gegangen, weil ich mich freiwillig zum Kochen bei ihr zu Hause gemeldet habe. Es hat Nudeln mit einer Tomatensoße geben - dazu habe ich als kleine Überraschung einen Obstsalat als Nachtisch und einen Gemüsesalat gemacht. Das Essen ist sehr gelobt worden, auch wenn ich selbst nicht so richtig zufrieden war. Der Ketchup schmeckte irgendwie ziemlich chemisch. Nach dem Essen haben wir dann den Film "Himmel über Berlin" geschaut und sind dann von Mashas Mutter zum Kuchen essen eingeladen worden. Und so bin ich wie die letzten Tage auch erst um 23 Uhr im Wohnheim angekommen...
Montag, 09. März 2009
An diesem Tag war Moskau noch völlig ausgestorben, denn da der gestrige Feiertag auf einen Sonntag gefallen ist, wurde der Montag als arbeitsfreier Tag einfach einen Tag nach hinten verschoben. Für mich war es angenehm, weil kaum Stress in der Metro und auf den Straßen herrschte. So konnte ich ganz ruhig und entspannt in einem Hotel nach Preisen und Konditionen fragen und anschließend ins Internet und einkaufen gehen. Einziger Schwachpunkt an der Ruhe war das Wetter: Heute hat es zuerst geschneit und dann hat es den ganzen Tag über getaut, so dass die Straßen voll Wasser und Matsch waren, so dass man fast ein Schiff gebraucht hätte. Zum Glück bin ich nicht ausgerutscht und auch nicht von Autos nass gespritzt worden.
In der Universität angekommen, konnte ich mir kaum vorstellen, dass die Ethikvorlesung stattfinden würde, denn erstens war heute ein staatlicher Feiertag und zudem habe ich in der Stalowaja keinen Studenten gesehen, der mit in die Vorlesung gegangen wäre. Als ich dann die Türe zum Lesesaal geöffnet habe, saßen dort schon zwei Studenten und auch der Dozent. Im Laufe der nächsten Minuten kamen dann noch zwei weitere Studenten, so dass die Vorlesung stattgefunden hat. Anschließend habe ich mir CD's gekauft mit dem Kanon des Heiligen Andrej Kritskij, den ich ja vier Mal in der letzten Woche gehört habe und die mir so gut gefallen hat. Dann habe ich Daniel, einen ostfriesischen Freund, angerufen und ihm zum Geburtstag gratuliert. Eigentlich hatte ich den Geburtstag vergessen, weil ich nicht mehr so häufig auf eine Internetseite schaue, die praktischerweise Geburtstage anzeigt, konnte mir aber heute den julianischen Kalender zunutze machen, nach dem er heute Geburtstag gehabt hätte.
Auf dem Rückweg von Masha ins Wohnheim habe ich einige Kommilitonen verschiedener Fakultäten getroffen und wir haben uns in der Elektritschka prächtig unterhalten und viel gelacht. Am Abend habe ich dann noch mit meinen Eltern telefoniert und wir haben ihre Reise im Mai zu mir nach Moskau geplant.
Dienstag, 10. März 2009
Da ich die letzte Nacht nicht sonderlich fest und gut geschlafen habe, war das Klingeln des Weckers am Morgen um 5:45 Uhr eine echte Qual - und das Aufstehen noch viel mehr. Ich habe aber noch in Ruhe frühstücken und mich auf den Tag vorbereiten können. Um Punkt halb acht fuhr dann der Zug aus Saratov in Begleitung von Marschmusik aus dem Lautsprecher ein, in dem Ottmar Steffan saß, den ich dann vom Paveljezker Bahnhof bis zum Flughafen Sheremetevo II begleitet habe. Er hatte nur wenig Gepäck dabei, so dass ich ihm etwa 10kg Bücher und moderne Ikonen mitgeben konnte, die ich hier nicht mehr benötige. Das war mir eine große Hilfe und Kostenersparnis, so dass ich da sehr glücklich drüber war. Und zudem ist es immer sehr spannend, sich mit ihm zu unterhalten, das er einerseits immer Neuigkeiten aus der Heimat oder dem Bistum hat und ebenfalls Neuigkeiten aus dem Süden Russlands mitbringt, die für mich sehr interessant sind. Und wie immer vergeht die Fahrtzeit mit ihm wie im Fluge. Nachdem wir uns im Flughafen Sheremetevo II verabschiedet haben, habe ich noch im Flughafenbahnhof aus dem Fenster geblickt und mich gewundert, dass in der neuen Bahnsteighalle Eis und Schnee auf dem Bahnsteig lag. Ein Blick nach oben ließ mich fast erschrecken: Die Plastik- oder Glasdachplatten der Halle haben den Schnee nicht ausgehalten und sind entweder ganz aus dem Dach in den Bahnhof gefallen oder hängen lose dort im Dach herum. Und dabei ist der Bahnhof dort noch ganz neu und fällt schon auseinander. Das war mir wiederum ein kurzes Telefonat mit Ottmar wert, dem ich das dann noch schnell erzählt habe...
In der Universität habe ich von den Vorlesungen kaum etwas mitbekommen, weil ich sehr müde war und mich nicht gut konzentrieren konnte. Die Nacht und das frühe Aufstehen zeigten ihre Wirkung. Nach den Vorlesungen habe ich mich im Bahnhof nach Preisen für eine Bahnfahrt nach Saratov und mit dem Express nach St. Petersburg erkundigt und habe dann meine Mutter angerufen und deren Reise weitergeplant. Ich war noch nicht lange im Wohnheim, da rief sie wieder an und wir haben ausgemacht, dass ich in dem Hotel, in dem Sonja und Ludwig auch schon waren, Betten buche. Das habe ich dann direkt darauf auch gemacht, indem ich zum Hotel gefahren bin. Mit Vater Marcus habe ich abgeklärt, dass ich mit meiner Familie nach St. Petersburg kommen und im Priesterseminar übernachten kann. Zwischendurch habe ich noch mit Nathalie telefoniert, die heute Geburtstag hat und die mich mit Mark Anfang Mai hier besuchen wird. Gleichzeitig zu den ganzen Reisevorbereitungen hat mir dann Juri Valerjewitsch noch die Einladungen für die Visa gegeben. So stand dieser Nachmittag und Abend völlig in den Vorbereitungen für meine Gäste.
Mittwoch, 11. März 2009
Der Wecker hat mal wieder recht zeitig um 7:45 Uhr geklingelt und kurz darauf bin ich aus den Federn gestiegen. Vor dem Frühstück habe ich meine Winterjacke aus dem Trockenraum geholt - oben herum war sie schon herrlich trocken, unten dafür noch klatschnass. Ich habe sie dann bei mir ins geöffnete Fenster gehängt, als ich mein Zimmer gelüftet habe. Sie hat dann den ganzen Tag etwas geöffneten Fenster gehangen und war abends so gut wie trocken.
Ich wollte dann eigentlich um kurz nach halb elf mit dem Zug in die Stadt fahren, doch der hatte fast 15 Minuten Verspätung, so dass ich schon Angst hatte, ich würde es nicht mehr zur Post schaffen. Dort bin ich trotzdem noch halbwegs pünktlich angekommen und konnte so noch Einladungen verschicken, damit meine Freunde und Eltern die Visen besorgen können. Zu dem Postamt, zu dem ich oft gehe, muss ich meistens nicht sonderlich lange warten und werde auch freundlich bedient. Wenn es Probleme gibt, sind die nach wie vor immer freundlich zur Stelle.
Anschließend bin ich in die Vorlesungen gegangen und zum Schluss war noch wie üblich die Chorstunde. So wie es aussieht, müssen wir noch einmal den Kanon des Heiligen Andrej Kritskij singen, zumindest haben wir noch einmal einige Lieder dafür geübt. Schön fand ich auch, dass wir wieder ein Lied gesungen haben, dass mich wohl Zeit meines Lebens an Vater Alexej Emeljanov erinnern wird - wir nennen es immer nur kurz "Bratije", also "Brüder". Nach der Chorstunde habe ich mich mit einem Kommilitonen getroffen, der mir gerne ein größeres Geschäft zeigen wollte, wo man Ikonen und alle möglichen liturgischen Gegenstände kaufen kann. Es ist ein wirklich sehr großes Geschäft und es lohnt sich tatsächlich dorthin zu fahren, wenn man Ikonen kaufen möchte. Einerseits sind sie dort günstiger und die Auswahl ist einfach riesig. Doch leider habe ich nicht die Ikone gefunden, die ich suche. Das scheint mir wieder ein größeres Problem zu werden und ich bin mal gespannt, ob ich eine Lösung dafür finde. Wenigstens bin ich in dem Geschäft etwas fündig geworden - ich habe wenigstens für zwei Freunde etwas auftreiben können. Danach bin ich zur katholischen Kirche gefahren und habe dort ein weiteres Geschenk gekauft.
Bis auf eine Etagenbesprechung gab es sonst heute nichts weiteres Besonderes - ich halte die Fastenzeit weiter ohne größere Probleme ein, überlege mir oft, was ich zu Essen machen könnte (heute ist mir das Pizzabrot eingefallen, dass ich mit "Fasten-Majonaise" machen könnte. Ich muss nur noch erforschen, wo ich die kaufen könnte. In Moskau taut der Schnee immer weiter, so dass es nach wie vor genügend Wasser und Matsch auf den Straßen gibt und der Schnee immer weniger wird - mittlerweile kann man es gut sehen.
Und auch in Sachen meiner Wohnung gibt es Fortschritte - eigentlich schon seit gestern und leider keine positiven. Da mein jetziger Zwischenmieter viel früher als geplant auszieht, werde ich eine verminderte Monatsmiete zahlen und diese ab etwa Mitte Juli wieder bei der Müllabfuhr in Münster erarbeiten. Das bedeutet leider auch, dass die geplante Klostertour nach Walaam und ein angedachtes Praktikum bei Bischof Clemens in Saratov ausfallen werden. So mischt sich in die letzten Tage doch viel Wehmut, dass ich schon etwas eher in die Heimat aufbrechen muss. Eigentlich möchte ich das gar nicht...
Und dann ist da noch die reparierte Treppe, die zur Brücke über den Güterbahnhof zur Elektritschkahaltestelle Pererwa führt: Sie ist eigentlich noch gefährlicher als ohnehin schon geworden, weil es jetzt noch größere Eisenkanten an jeder Stufe gibt, die sicherlich zwei Zentimeter oder sogar mehr hoch sind. Menschen mit kleinen Füßen haben das Problem, dass sie daran stolpern können, bei meinen Füßen muss ich aufpassen, dass ich nicht irgendwo mit den Absätzen hängen bleibe. Und dann ist da einerseits noch eine Lasche ins Beton gegossen, die nicht wie die anderen umgebogen ist. Das ist eine sehr gefährliche Stolperfalle, da die Lasche um die etwa zehn Zentimeter hoch ist und sich genau in der Laufbahn befindet, wo das Treppengeländer ist. Oben passt die Treppe nicht richtig an die Brücke und dieser 30cm-Spalt ist notdürftig mit einer Metallplatte abgedeckt, die noch nicht einmal befestigt ist. Wenn sich jetzt noch Regenwasser in den Stufen sammelt, dann hat die russische Eisenbahngesellschaft es tatsächlich geschafft, rückwärts zu renovieren: Vorher war der Zustand zwar schon arg bedenklich, aber jetzt scheint es noch katastrophaler auszusehen.
Donnerstag, 12. März 2009
Bevor ich heute in die Stadt gefahren bin, habe ich zunächst einen Text zum Heiligen Apostel und Evangelisten Matthäus übersetzt und bin damit sogar fertig geworden. In der Stadt war ich zunächst erst im Internet, wo ich mit meinen Eltern ein paar wichtige Sachen für die Russlandreise geklärt und E-Mails abgefragt habe. Da war auch eine etwas ältere Mail dabei mit dem Inhalt, dass es vielleicht einen Zwischenmieter für meine Wohnung gibt. Diese Mail hätte ich aber noch bis abends beantworten müssen. Leider komme ich ja nicht ganz so oft ins Internet, so dass ich drei Tage zu spät war. Am Abend habe ich den bisherigen Mieter meiner Wohnung angerufen und ihm gesagt, dass er sich in solchen Dingen sofort per Mail oder SMS melden soll. Er will jetzt versuchen, den bereits abgesagten Mieter noch für die Wohnung zu gewinnen. Ich hoffe, dass das klappt, denn dann würde Walaam für mich doch noch möglich werden. In dieser Beziehung sind das nun doch recht turbulente Tage.
Nach der Vorlesung habe ich mich mit Masha getroffen und wir sind zunächst einkaufen gegangen - die Zutaten für eine "Fastenpizza", die ich mit Masha dann zusammen für ihre Familie gemacht habe. Ihre Mutter hatte auch Essen gekocht, davon haben Masha, ihr Vater und ich aber am frühen Abend soviel von gegessen, dass wir gezwungen waren, doch neu zu kochen. Neben der Pizza haben wir Nudeln gekocht, die wir anschließend mit Tomatenmark und Zwiebeln angebraten haben. Alles in allem ist es sehr lecker geworden. Die "Fasten-Majonaise" für die Pizza habe ich zum Glück schnell gefunden - sogar im Angebot.
Freitag, 13. März 2009
Dieser Tag war ein gewöhnlicher Tag, jedoch mit einigen ungewöhnlichen Gegebenheiten. Als ich im Kursker Bahnhof aus dem Zug ausgestiegen bin, habe ich einen kleinen Güterzug gesehen, auf deren Flachwaggons jede Menge Schnee zum Abtransport lag. Das habe ich selbst in Russland nun zum ersten Mal gesehen. Für mich ist nun schon fast wieder spannend, wohin der Schnee transportiert werden soll oder von wo er kommt. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit Schnee beladene Güterwaggons gesehen habe.
Nach der Vorlesung zum Alten Testament und dem Seminar zum Neuen Testament habe ich wieder meinen Dienst in der Stalowaja angetreten. Mit den anderen Studenten hatte ich ziemlich viel Spaß, vor allem wenn wir uns gegenseitig etwas nass gespritzt oder kleine Schiffe aus Tellern und Besteck gebaut haben. Insofern war es schon ein ungewöhnlich lustiges Abwaschen heute. Anschließend war wie üblich Chorstunde mit Vater Alexej. Irgendwie kommt er beim warm singen immer auf mich zu und deutet mir an, dass ich ein "O" singen soll, allerdings mit geschlossenem Mund. Da er auch noch die Augen etwas verdreht, sieht das sehr lustig aus und ich muss dann immer grinsen. Dann kann ich für ein paar Sekunden gar nicht singen, geschweige denn ein "O". Zum Schluss der Stunde meinte er zu mir, dass wir uns um 17 Uhr am Dienstag treffen würden, um den Kanon des Andrej Kritskij zu singen und fing dann das passende "Gospodu pomiluj" (Herr, erbarme Dich) zu singen. Da wir letztes Mal so schlecht gesungen haben, habe ich ihm angedeutet, dass er mit dem Gesang genau richtig liegt.
Anschließend war ich noch in dem orthodoxen Laden in der Nähe der Universität und habe dann Masha zum spazieren gehen abgeholt. Wir sind heute in dem Park in der Nähe der Metro-Station "Kolomenskaja" spazieren gegangen. Dort ist eine Klosteranlage, die auf einem Hügel direkt an dem Fluss Moskau liegt. Von dort hat man eine herrliche Aussicht auf Teile der Stadt und sogar auf die Klosterkirche in der Nähe des Wohnheims genießen. Anschließend war ich wieder bis 22 Uhr bei ihrer Familie zu Gast. Mit ihrem Bruder Kolja habe wieder ein bisschen Spaß gehabt: Vor einiger Zeit war er immer sehr stolz darauf, dass er schon so viele Klimmzüge kann. Nun wollte ich das auch gerne mal sehen - nur gibt es im Haus dazu keine Möglichkeit. So bin ich auf die Idee gekommen, dass wenn ich mich am Türrahmen festhalte, dass er dann an meinem Arm Klimmzüge machen könnte. Die Kraft im Arm hat zweifelsohne ausgereicht, nur bin ich mit der Hand am Türrahmen abgerutscht. Beim zweiten Versuch hätten wir beinahe übereinander im Flur auf dem Haufen gelegen.
Mittlerweile kann man merken, dass es Frühling in Moskau werden will. Der Schnee schmilzt langsam aber sicher vor sich hin und in der Innenstadt sind mittlerweile die meisten Fallen und problematischen Stellen aufgetaut, so dass man mittlerweile fast ohne von Pfütze zu Pfütze springen seinen Weg finden kann. Die Temperaturen liegen tagsüber derzeit bei etwa 5°C, aber in der Nacht friert es zumeist. Und ich meine, dass sich insbesondere in den letzten Tagen die Luft verändert hat, sie ist frühlingshafter geworden - es ist, als würde mir ein anderer Duft um die Nase wehen. Ich habe nur noch wenig Hoffnung, dass der Winter noch einmal zurückkehrt. Es ist eigentlich schade, denn bislang bin ich den Schnee noch nicht leid und ich mag ihn einfach noch zu gerne ansehen.
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