Tagebuch ohne Fotos zum Drucken



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Montag, 23. März 2009

Heute habe ich versucht, früh aus dem Bett zu kommen, was mir auch einigermaßen gelungen ist. So konnte ich den Morgen nutzen, um ein paar Mails zu schreiben und weitere Texte für meine Hausarbeit zu übersetzen. Ich bin dann etwas später als üblich zur Universität gefahren, weil ich nach der Vorlesung noch viel Zeit überbrücken musste. Zunächst habe ich meine Metrokarte für den Monat April bezahlt, so dass ich mich in den nächsten Tagen da nicht mehr drum kümmern muss. Anschließend habe ich in der Stalowaja gegessen und ich war sehr froh, dass es heute noch einige Gebäckstücke zu kaufen gab, weil ich damit dann den Hunger zwischen Vorlesung und freier Zeit überbrücken konnte. Mit leerem Magen singt es sich nämlich nicht ganz so gut. Nun fand die Vorlesung wieder einmal nicht statt -es wusste keiner Bescheid. So habe ich dann erst an dem Tagebuch geschrieben und dann weiter an meinen Texten übersetzt habe. Zwischendurch bin ich dann nur in die Stalowaja gegangen. Gegen fünf Uhr bin ich dann zu meinem Internetplatz gegangen, von wo aus ich dann mit meinen Eltern übers Internet telefoniert habe und ihnen das Neueste erzählen konnte.



Bei den Aufnahmen ist mir dann ein kleines Missgeschick passiert: In den kleinen Pausen, in denen Vater Alexej, Vater Michael und derjenige, der unsere Gesänge aufnimmt, mit einander gesprochen haben, habe ich ein von meinem Platz aus ein wenig die Kirche fotografiert. Als wir wieder anfangen sollten zu singen, ist mir die Kamera aus den Händen gerutscht und diese dann lautstark auf dem Boden bis vor die Füße von Vater Alexej. Anschließend wurde die Stabilität der Kamera als deutsche Wertarbeit bewundert. Die Auswirkung für mich war aber, dass ich nicht mehr über mangelnde Disziplin schimpfen kann. Dennoch wäre ich sehr glücklich gewesen, wenn es heutet schneller gegangen wäre - ich hatte mich auf neun Uhr eingestellt und letztlich ist dann doch viertel vor zehn daraus geworden. Zum Schluss wurden nur noch Aufnahmen gemacht, wo einer Psalmen las und ich wollte dann eigentlich aus der Kirche gehen, weil ich mit Masha zumindest noch etwas absprechen wollte. Und dann war die Kirche abgeschlossen und ich konnte nicht heraus. An der Kirchentüre hämmern und klopfen ging auch nicht, weil man das in den Aufnahmen gehört hätte. So musste ich wohl oder übel warten und dann das Gelächter meine Kommilitonen über mich ergehen lassen. Zumindest dürften die Aufnahmen für die CD jetzt abgeschlossen sein und ich vermute, dass da eine schöne CD draus wird. Nun hoffe ich, dass sie bald fertig wird. Noch mehr hoffe ich aber, dass ich mich mehr in Ruhe üben kann, wenn solche Sachen anstehen - auch wenn ich anschließend noch eine Verabredung habe. Ich muss es einfach aufgeben, Hoffnungen zu haben, dass etwas so klappt, wie ich es am liebsten hätte... Vor der Chorstunde habe ich die Aufnahmen bekommen, wo mein Chor den Kanon in der Kirche gesungen hat. Und wenn das hört, dann merkt man bald, dass ich mit meinen Befürchtungen recht hatte - wir haben nicht sonderlich gut gesungen.

Seit ein paar Tagen streunt an der Elektritschka-Station beim Wohnheim ein neuer Hund herum, der offenbar auf der Suche nach einem neuen Herrchen oder Frauchen ist. Es ist einer der vielen Hunde, die mehr oder minder wild in Moskau leben. Er schnüffelt gerne mal leicht den Schwanz wedelnd an den Beinen der Passagiere und schaut sie mit seinen großen traurigen Augen an. Ich konnte da irgendwie gar nicht anders, als ihm kurz den Kopf und Nacken zu kraulen. Daraufhin schaute er mich noch lieber an. Nun - in Moskau gibt es jede Menge Hunde, die sich teilweise in Rudeln zusammengetan haben und in einer Art Revier leben. Sie sind irgendwann ausgesetzt und vermehren sich jetzt ziemlich unkontrolliert. Sie werden insbesondere von den älteren Moskauern mit Futter, also Essensresten, versorgt und kommen so gut über die Runden. Viele von ihnen leben in Metrostationen, Hauseingängen oder zumindest dort, wo es trocken und windgeschützt ist. Einige von ihnen haben sogar ein großes Stück Pappe, wo sie dann drauf liegen. Sie sind in der Regel friedlich, auch wenn viele Menschen um sie herum laufen. Nur nachts können sie auch mal bellen oder knurren, wenn man ihrem Revier zu nahe kommt. Einige von ihnen müssen mit einer Behinderung leben und humpeln so durch die Gegend. Gerne schauen sie auch den Menschen zu, wenn in ihrer Nähe gearbeitet wird. So habe ich vor ein paar Tagen Gleisarbeiter in der Nähe des Kursker Bahnhof gesehen, die von zwei Hunden auf Schritt und Tritt verfolgt wurden. Auch vom Küchenfenster des Wohnheims aus beobachte ich gerne sechs-sieben Hunde: Vier von ihnen bewachen gemeinsam ein großes Grundstück, wo eine Kühllagerhalle steht. Insbesondere in der Zeit, in der Schnee lag und der mit einem Gabelstabler geräumt wurde, waren die Vier aktiv - sie rannten dann bellend neben dem Gefährt her, wälzten sich im Schnee und schienen ihren Spaß zu haben. Und am Wochenende, wenn auf dem Platz weniger los ist, dann freuen sie sich immer, wenn jemand vorbeikommt, der sie kurz streichelt oder ihnen etwas zu fressen mitbringt. Und selten sind sie auch auf der Straße anzutreffen, dann machen sie eine kleine Runde um das Grundstück. Gegenüber findet sich ein Unternehmen, das Marschroutetaxis durch Moskau schickt und auch diese Firma wird von zwei Hunden bewacht. Auch sie sind eigentlich immer gemeinsam unterwegs und wo der eine ist, ist der andere garantiert nicht weit. Auch sie freuen sich immer, wenn ein Mitarbeiter kommt und sich kurz mit ihnen beschäftigt. Und läuft ein Fremder zu nahe am Tor vorbei, dann werden sie auch mal laut. Sehr lustig wird es, wenn die beiden ihren Nachbarn, einen großen Schäferhund besuchen gehen, der direkt in der Nachbarschaft ein Grundstück bewacht. Zuerst geht meistens einer von beiden zum Zaun an der Straße wenn der Schäferhund auch da ist, dann kläffen sich beide unter dem Zaun durch an - das Hinterteil ist also erhoben und der Kopf ganz auf dem Grund. Und dann kommt der andere Hund von dem Taxiunternehmen und dann kläffen die beiden um die Wette den Schäferhund nieder, der natürlich nicht aufgeben will. Und so sieht man eigentlich an jeder Ecke hier in Moskau Hunde, die geduldet werden. Mir wurde erzählt, dass es ein Kastrationsprogramm für die Hunde hier gibt, damit sie sich nicht so weitervermehren. Der Erfolg scheint bislang aber bescheiden zu sein.
 

Dienstag, 24. März 2009

Auf dem Weg zu Masha und zur Universität habe ich im Kursker Bahnhof in die beiden orthodoxen Läden hineingeschaut, um dort nach einer speziellen Ikone zu suchen, die ich aber wie erwartet nicht gefunden habe. Dafür habe ich aber ein ganz kleines Gebetbuch gefunden, wo die wichtigsten Gebete zu finden sind. Nun werde ich das Tischgebet bei Masha zu Hause komplett mitsingen können und auch in der Kirche das Vater Unser und das Glaubensbekenntnis, da ich jetzt einen handlichen und leichten Text habe, der schnell greifbar ist und nicht erst lange aus dem Rucksack hervorgekramt werden muss. Die Frage ist nun nur, wie lange das Buch seine Seiten zusammenzuhalten vermag, da es keinen stabilen Eindruck macht.



In der Vorlesung "Einführung in die liturgische Überlieferung" konnte ich mich selbst wieder sehr gut einbringen und Fragen stellen, da es heute wie auch die letzten Male um sehr interessante Themen ging. So zum Beispiel um gemeinsame Gebete: Sie sind außerhalb des Kirchengebäudes oder der Liturgie bzw. eines Gottesdienst gemeinsam möglich, so zum Beispiel ein gemeinsames Tischgebet oder die Gebete vor und nach den Vorlesungen. Aber beispielsweise in der orthodoxen Panichida für einen katholischen Verstorbenen zu beten ist nicht möglich. Ebenso hat ein nichtorthodoxer Geistlicher in liturgischer Kleidung in einer orthodoxen Kirche "nichts zu suchen". Überraschend fand ich die Frage eines Kommilitonen zur Einheit der Kirchen - sie klang sogar ein wenig enttäuscht. In diese Frage stimmten dann gleich weitere Studenten ein. Diese Vorlesung hört ein erster Kurs (also Anfänger) und nun wäre es für mich sehr interessant zu sehen, wie oder ob sich die Meinung im Laufe des Studiums verändert durch das, was sie im Laufe des Studiums erlernen. Es ist das erste Mal in meiner gesamten Moskauer Zeit hier gewesen, dass so etwas wie ein Wunsch in dieser Frage herauszuhören war. Die Gründe des Dozenten, die gegen eine Einheit sprechen, waren mir dagegen alle hinreichend bekannt: das Filioque, und das Papstverständnis waren nur einige. Und im Laufe des Studiums hier in Moskau ist mir sehr klar geworden, dass eine Einheit wohl in meiner Generation nicht zu erreichen sein wird, da sich in der langen Zeit der Trennung die Kirchen zu weit auseinander gelebt und dennoch wiederum viel gemeinsam haben. Dies zeigt sich mir immer wieder, wenn ich mit meinen Kommilitonen über das Thema Einheit spreche. Eine Communio ist für die allermeisten in Anbetracht der eben genannten Gründe unvorstellbar. Und dennoch sind die Fortschritte höchst erstaunlich, wenn man noch die 1950er Jahre bzw. die Zeit vor dem zweiten Vatikanischen Konzil im Blick hält: Bis dahin wurden Kontakte zu orthodoxen Christen von katholischer Seite verboten und eigentlich ist es erst mit der Öffnung der katholischen Kirche zu anderen Kirchen möglich geworden, dass beispielsweise ich als katholischer Student an einer orthodoxen Universität Theologie studieren kann. 

Nach den Vorlesungen bin ich nach dem Erledigen einiger Einkäufe nach Hause gefahren und habe dort etwas an meinem Text übersetzt, einige Mails geschrieben und auch etwas geschlafen. Auf dem Nachhauseweg sind mir einige sehr interessante Gedanken durch den Kopf gegangen, was die orthodoxe Kirche und ihren Sitz in der Gesellschaft angeht. Vielfach wird die religiöse Lage in Russland als katastrophal beschrieben - in der Hinsicht, dass es zu wenige (praktizierende) Gläubige gibt. Dennoch glaube ich, dass sich die Kirche mittlerweile einen festen Platz in der Gesellschaft erwirkt hat. Beim einkaufen heute habe ich fleischlose Pelmeni gesucht - und letztlich auch gefunden. Als ich an der Kasse stand, habe ich auf der Packung einen Aufkleber gesehen mit der Aufschrift "Fastenprodukt" und vor ein paar Wochen habe ich "Fastenmajonaise" gekauft. Und zu Beginn der Fastenzeit waren auf einmal eine Menge Sojaprodukte im Angebot. Bezüglich der Fastenzeit scheinen sich die Geschäfte darauf eingerichtet zu haben, vermehrt Produkte zu verkaufen und anzubieten, die orthodoxe Christen während der Fastenzeit essen können. Ohne eine entsprechende Anzahl von Käufern würde sich nach meinem kaufmännischen Verständnis eine solche Werbung und Produktpalette nicht rentieren. Dies mag als ein erster Anhaltspunkt gelten. Ein zweiter dagegen sind die vielen kleinen Läden mit kirchlichen Sachen in Moskau, die sich an beinahe jeder Ecke und Kante finden: In Straßenunterführungen, Metroein- und Ausgängen, in kleinen Buden an der Straße, in großen Bahnhöfen, manchmal auf dem Markt, usw. Sie sind die "weltliche" Ergänzung zu den Verkaufsecken, die in allen Kirchen zu finden sind. Und dann sind da natürlich noch die großen Läden wie Sofrino oder die Geschäfte in der Nähe von Universitäten, in Klöstern oder großen Kirchen, wo man teilweise sogar Gehstöcke für Bischöfe oder Kronleuchter für Kirchen kaufen kann. Das Sortiment dieser kleinen Läden reicht von Ikonen, Ketten mit einem Kreuz, Kerzen, Weihrauch, (Gebet-)Büchern und alles, was ein orthodoxer Christ oder Interessierter so gebrauchen kann oder haben muss. Auch hier gilt das kaufmännische Prinzip der Rentabilität, die ja anscheinend durch genügend Käufer gegeben ist. Und insbesondere in den letzten Wochen ist mir vermehrt aufgefallen, dass an ganz vielen Ecken Ikonen oder christliche Symbole zu finden sind: An ganz vielen Kassen in kleinen Geschäften oder Supermärkten stehen versteckt irgendwo eine oder mehrere Ikonen - so im Blumenladen, in dem Kabuff einer Toilettendame, in der Metrokasse, in Autos hinter der Windschutzscheibe, manchmal ist sogar eine ganze Ansammlung von Ikonen dort zu finden, wo ich sie am wenigsten vermute. Besonders beliebt sind besonders Marien- und Christusikonen und die des Hl. Nikolaus von Myrra. Und selbst wenn ich zur Post gehe, wo immer Postkarten verkauft werden: Es sind auch immer christliche Postkarten mit Heiligen oder mit Motiven zu bestimmten Festen wie Ostern, Weihnachten usw. zu finden. Ein weiteres Zeichen sind sicherlich auch die Kirchenbesucher: Bislang weiß ich eigentlich keine Gottesdienste oder Liturgien, die schlecht besucht werden, sofern sie nicht gerade inmitten der Woche liegen. Die Vetschernaja am Samstagabend und die Göttliche Liturgie am kommenden Morgen ist in bislang allen Kirchen, die ich gesehen habe, sehr gut besucht: Viele Kirchen sind voll. Zu den besonderen Festen wie Ostern, Weihnachten oder Taufe des Herrn kommen auch viele in die Kirche, die sonst nicht regelmäßig kommen. Ich habe sehr oft den Eindruck, dass zumindest in Moskau die Kirchen durchaus mehr gefüllt sind als in deutschen Städten. Es wären die Zustände und Folgen kaum auszudenken, wenn nur die Hälfte der Moskauer Bevölkerung regelmäßig zur Kirche gehen würde: Die Kirchen würden aus allen Nähten platzen oder wären hoffnungslos überfüllt. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kirche(n) gar nicht so schnell reagieren könnten: Es würde an Priestern fehlen, um beispielsweise die Beichte zu hören und letztlich auch an Kirchengebäuden. Wenn sich die Kirchen weiter füllen werden, dann könnte nicht nur die orthodoxe Kirche vor interessanten Problemen stehen. Es ist bestimmt interessant zu sehen, wie die Situation in anderen Städten Russlands aussieht - vor allem in Städten, die weiter von Moskau als religiösem Zentrum entfernt sind.

Nun stehe ich vor dem Problem und versuche von der orthodoxen Kirche letztlich auf das Wetter zu sprechen zu kommen, da mir dieser Sprung nur schwer gelänge, soll dies, insofern nicht schon geschehen, ohne geschehen. Es ist nach wie vor kalt draußen und die Temperaturen bewegen sich tagsüber immer knapp über Null Grad und nachts immer knapp im Minusbereich. Als ich vorhin kurz genauer aus dem Fenster geschaut habe, habe ich mit einer gewissen Überraschung festgestellt, dass es wieder geschneit hat und alles wieder wie mit Puderzucker überdeckt ist. Tagsüber ist es immer sehr frühlingshaft und abends kehrt dann oft der Winter wieder zurück. Sollte morgen wieder die Sonne scheinen, dann wird der Schnee an den Stellen, wo die Sonne hinkommt, sehr schnell wieder verschwunden sein. Mittlerweile ist es auch ratsam, in der Metro die Jacke aufzumachen, aber sobald man wieder draußen ist, muss man sie im kalten Wind wieder zu machen. Es ist eine Zeit, in der man sich schnell eine Erkältung holen kann. Ich bin sehr gespannt, wann der Frühling richtig Einzug hält. Der Baum vor der Küche steckt zumindest schon in den Startlöchern - an den Ästen bilden sich seit einiger Zeit immer größer werdende "Knubbel", aus denen schon sehr bald Blätter bzw. Blüten hervorgehen könnten.



Mittwoch, 25. März 2009

Zunächst war ich um kurz vor zehn Uhr in der Liturgie der vorgeweihten Gaben in der Fakultätskirche und habe leider nur noch einen Teil der Liturgie mitbekommen, weil Chor und Liturgen schneller waren als ich vermutet hatte. So bin ich kurz vorm Vater Unser dort aufgetaucht. Anschließend war ich noch bei der Panichida, die im Anschluss gefeiert wurde und bin dann bis zwölf Uhr mit Masha zu ihr nach Hause gegangen, um die Zeit bis zu meiner Vorlesung in Pastoraltheologie zu überbrücken. Dort angekommen habe ich für Masha schnell ein paar Pizzabrotschreiben gemacht und musste kurz nach dem sie fertig waren auch schon wieder aufbrechen. Bis dahin war geplant, dass wir uns am heutigen Tag nicht mehr sehen würden, doch es kam mal wieder alles anders. Zunächst dachte ich auch, dass heute die Chorstunde ausfällt - Matfej (Matthäus zu Deutsch) sagte mir beim Essen, dass sie doch stattfindet, und zwar in der Dreifaltigkeitskirche, wo Fotos gemacht werden sollten. Dies war dann letztendlich auch der Fall und die Chorstunde war wirklich schön, zumal wir dieses Mal mit einer wunderschönen Akustik proben konnten und diese den Proben eine tolle Atmosphäre verliehen hat. Anschließend fragte mich Roman, ob ich nicht mit in den Gottesdienst in die Taufkapelle St. Vladimir gehen und dort mitsingen wolle. Nach kurzem Überlegen habe ich zugesagt. Nun dachte ich erst, dass wir eine Vetschernaja singen würden, doch sehr bald stellte sich heraus, dass ich wiederum in der Liturgie der vorgeweihten Gaben stand. Ich war dann sehr verwundert, wie viele Kommilitonen dann doch kommuniziert haben - zumal ja vorher das eucharistische Fasten gilt. Nach der Liturgie habe ich mich dann wieder bei und mit Masha getroffen und ein Essen gezaubert, dass sich fortan Ragout mit Reis nennt. Ich habe einfach aus Zutaten, die ich im Kühlschrank gefunden habe, etwas zu Essen gemacht.



Heute habe ich ein paar interessante Fotos gemacht: Am heutigen Morgen ist Schnee gefallen - oder besser Schneematsch, so dass ich wieder aufpassen musste, dass mich keine nasse Pampe vom Hausdach trifft. Eine Gefahr hätte es heute nicht bedeutet, nur wäre ich klatschnass gewesen. Kurz bevor ich in der Universität angekommen bin, habe ich einen Mann gesehen, der das Hausdach vom Schnee befreit, so dass den Passanten auf dem Gehweg nichts Böses droht. Es ist für mich eines der typischen Winterbilder geworden, die ich hier in Moskau so oft gesehen habe. In der Fakultätskirche habe ich dann endlich einmal vernünftig die Ikonostase fotografiert - eine Sache, die ich schon länger einmal vorhatte und die ich bei Sonnenschein eventuell noch einmal wiederholen will. Aber zumindest sind die Fotos recht gut geworden - bislang hatte ich mit meiner Kamera in der Kirche ja immer recht wenig Glück. Und auf dem Nachhauseweg wäre ich fast zu spät ins Wohnheim gekommen, weil ich noch die Klosterkirche zwischen den Elektritschkastationen Depo und Pererwa fotografiert habe - im Dunkeln.
 

Donnerstag, 26. März 2009

An diesem Morgen bin ich so zeitig aufgestanden, dass ich um neun Uhr Bücher aus einer Abholstelle eines Internetkaufhauses abholen konnte. Der Zug ist um zwanzig nach acht gefahren und ich war tatsächlich schon ein paar Minuten nach Öffnung des Geschäftes um neun Uhr dort und habe sofort die Bücher erhalten. Da ich noch ins Internet wollte, habe ich mir bei Mc Donalds ein Wasser gekauft und habe dort E-Mails abgefragt. Eigentlich hatte ich vor, dort länger zu sitzen, aber Masha hatte mir eine Mail geschrieben in der stand, dass das Sakrament der "letzten Ölung" schon um zehn Uhr stattfinden sollte. So habe ich innerhalb von 13 Minuten Mails abgefragt, eine beantwortet und die Internetseite erneuert. Und dann war ich schneller bei der Fakultätskirche als ich erwartet habe - nämlich schon um zehn vor zehn. Es waren zwar schon sehr viele Leute in der Kirche und später habe ich gesehen, dass im Aushang auf der Straße tatsächlich zehn Uhr stand, der Gottesdienst begann aber um halb elf. Letztendlich gab es zwei Aushänge: einen auf der Straße und einen in der Kirche selbst - beide wiesen unterschiedliche Zeiten aus - und auch der Wachmann "Djadja Slawa (Onkel Slawa)" wusste es nicht sicher. Ich habe mich eines Tricks bedient, da ich eigentlich nicht an der Soborowanije - also der letzten Ölung - teilnehmen kann, da es ein Sakrament der orthodoxen Kirche ist. Da während der Soborowanije die Priester durch die Kirche gehen und jedem das Sakrament spenden, habe ich ganz hinten im Chor gestanden und nur einige Lieder mitgesungen. Die Regentin war zunächst gar nicht begeistert, als ich ihr aber gesagt habe, dass ich den Segen von Vater Nicolai habe, sind ihr die Argumente ausgegangen. Während des Gottesdienstes war ich sehr verwundert, dass es eine Vielfalt von liturgischen Farben gab: Vater und Erzpriester Vladimir trug die volle schwarze liturgische Kleidung, die anderen Priester lediglich ein goldenes Epratichilon (eine goldene Stola) und der Erzdiakon Vater Michael ein schwarz-silbernes Gewand und dazu ein violett-goldenes Orarion (Stola des Diakons). Während des Gottesdienstes waren die ganze Zeit die Zarentüren geöffnet und die acht Priester standen in der Kirche. Nur während der Beweihräucherung der Ikonen in der Kirche, wurde vor dem der Altar beweihräuchert. Die eigentliche Soborowanije fand dann zum Schluss statt und dauerte recht lange und zudem hatte ich mich vorher schon gewundert, warum dort so viel Öl in großen Glaskannen stand. Zunächst wurde eine Lesung gelesen, dann das Evangelium und darauf noch einige Gebete von einem der Priester, dann gingen die Priester mit Pinsel und einem kleinen Metallbecher ausgerüstet durch die Kirche. Jeder Anwesende wurde dann im Gesicht, am Hals und auf den Handaußen- und Innenflächen mit dem Öl betupft. Insbesondere Vater Alexej und Vater Valentin konnte man ansehen, dass es ihnen Freude bereitete, die Leute ausgiebig und mit sehr viel Öl zu betupfen. Dies - bei der Lesung angefangen - fand dann sieben Mal statt. Das Gebet wurde immer von einem anderen Priester in voller liturgischer Gewandung gelesen und zur Ölspendung hat er es dann wieder abgelegt. Ganz zum Schluss haben sich Vater Michael und ein Priester auf den Boden gekniet, ihnen wurde von allen Priester das Evangelium über den Kopf gehalten und ein Gebet gesprochen. Dies war der Abschluss des Gottesdienstes. Anschließend gingen die Priester noch einmal durch die Gemeinde und jeder hat das Evangelium und das Handkreuz geküsst. Nach der Predigt war es dann möglich, von dem geweihten Öl etwas mit nach Hause zu nehmen. Bei der Soborowanje wurden alle Namen von denen gelesen - bei jedem Durchgang - die die letzte Ölung gespendet bekamen. Die Priester sind auch durch den Chor gegangen - ich habe mich derweil immer nach ganz hinten verzogen und bei denen, die mich kannten, abgelehnt.

Nach der Vorlesung bei Vater Vladimir Vaschenko habe ich zunächst Kusma getroffen - ein Absolvent des Moskauer Konservatoriums, der plant, für ein Jahr nach Deutschland zu gehen und gerne mit mir Deutsch sprechen möchte. Das haben wir jetzt für Donnerstags eingerichtet. Heute waren Janka und Andrej mit dabei und es war eine ganz angenehme Runde. Anschließend bin ich wieder nach Masha gegangen und habe mich dort erst einmal ausgeruht, weil ich doch sehr müde war, und danach weiter an meinen Texten übersetzt Als ich zurück zum Wohnheim gehen wollte, musste ich auf der Brücke umdrehen - sie war gesperrt worden. Als ich im Wohnheim war, hat es nicht mehr sehr lange gedauert, bis ich im Bett gelegen habe.

 

 

Freitag, 27. März 2009



Als ich in der Universität ankam, habe ich mich darauf eingestellt, dass die schimpfende Putzfrau mich dort wieder daran hindert, in den Unterrichtsraum zu gehen. Doch es war weit und breit nichts von ihr zu sehen - erst während dem Unterricht hörte man sie im Konferenzsaal arbeiten. Nach der Vorlesung bei Vater Alexej habe ich dann wieder in der Küche beim Abwasch geholfen - wie fast jeden Freitag. Anschließend war wieder Chorstunde - der dann die Liturgie der vorgeweihten Gaben folgte, die wir dann wiederum in der Taufkapelle gesungen haben.

Den Abend habe ich wieder bei Masha verbracht - und werde auch bei der Familie übernachten, da wir am morgigen Tag gemeinsam nach Vladimir fahren wollen.



Samstag, 28. März 2009

An diesem Morgen bin ich um 7:20 Uhr von Mashas Vater geweckt worden und nach dem Frühstück sind wir erst zum Friedhof in der Nähe der katholischen Kirche gefahren. Leider war an diesem Morgen nicht mehr die Zeit für ein richtiges Frühstück, es hat aber dennoch gereicht - und die obligatorische Tasse Tee war auch dabei. Zunächst haben wir an der Chaussee des Enthusiasmus - die Straße hat früher einmal den Namen der Stadt Vladimir getragen - an einer Tankstelle kurze Rast gemacht und etwas gefrühstückt. Mehr als eine Tasse Tee wollte ich aber nicht trinken. Auf dem Weg nach Vladimir haben wir zunächst im Außenbereich der Stadt im Stau bzw. Stop-and-go gesteckt und nachdem man langsam die richtige Natur entdecken konnte, ging es wesentlich zügiger und die Straße war immer weniger befahren. Auf dem Weg habe ich insbesondere im Stadtgebiet viele Autos gesehen, die am Straßenrand standen und wo deren "Maschinist" seinen Kopf unter die Motorhaube steckte und irgendetwas am reparieren war. Ebenfalls noch im Stadtgebiet habe ich einen Lastwagen gesehen, dessen Firma mir sehr wohl bekannt ist aus meiner Lehre zum Speditionskaufmann - es war ein Lastwagen der Firma Geodis Logistics, die unter anderem in der Nähe von Münster, in Lüdinghausen nämlich, eine Niederlassung hat. Auch sonst gab es jede Menge Lastwagen zu sehen, die früher einmal für eine deutsche Spedition gefahren sind. Noch mehr habe ich aber gestaunt, als ich eine Viehtransporterkolonne aus fünf oder sechs Lastwagen aus Deutschland gesehen habe - mit deutschen Kennzeichen. Wenn ich mich richtig erinnere, dann kamen sie aus Thüringen. Und kurz darauf haben wir ein anderes Auto mit deutschem Kennzeichen überholt. Wäre die Schnellstraße bzw. Autobahn qualitativ nicht ganz so gebaut wie ein besserer deutscher Feldweg, dann hätte ich mich fast wie zu Hause gefühlt. Unsere Fahrt ging dann durch kleine Dörfer und mit einem Mal tauchte wie aus dem Nichts ein Bahnübergang auf, den man nur mit Schritttempo befahren konnte. Zwei der Dörfer zwischen Moskau und Vladimir stachen besonders heraus: In einem hatte fast jedes Haus am Straßenrand Regale aufgebaut, in denen große Stofftiere in Plastiktüten zum Verkauf standen. Das sieht schon sehr ulkig aus, wenn am Straßenrand sonst vielleicht hier und da mal jemand steht und Äpfel oder etwas selbst Eingemachtes verkauft und wenn dann in einem Dorf jedes Haus versucht, das Gleiche an den Mann zu bringen. Offenbar allerdings mit geringem Erfolg, denn ich habe an keinem Haus einen Kunden noch einen Verkäufer stehen sehen. Wir sind davon ausgegangen, dass es in diesem Ort eine Firma gibt, die solche Kuscheltiere produziert. Etwas weiter sind in der Nähe der Stadt Guß Krustalnij vorbeigefahren, das übersetzt Kristallgans heißt. Dort standen an einigen Ecken Leute, die Kronleuchter und andere Dinge aus Kristall verkauften, allerdings nicht in der Anzahl wie in dem Kuscheltierdorf. Auch sonst war die Fahrt sehr interessant, weil es viel zu entdecken gab: Zum einen die ganzen bunten Holzhäuser mit ihren schönen typisch russischen Fenstern, die Brunnen an der Straße, wo Masha sogar einmal einen Wasser schöpfen gesehen hat. Ob ich jetzt selbst aus einem solchen Brunnen, der direkt an der vielbefahrenen Straße steht, Wasser trinken möchte, da bin ich mir nicht sicher. Die Dörfer sahen für deutsche Verhältnisse alle ein wenig rumpelig, aber dennoch ihrem Zweck dienend, aus. So hatten alle ihre eigenen Charme. Faszinierend fand ich auch die Buchenwälder, deren große weiße Stämme in Schnee und Sonne auf eine sehr interessante Weise leuchteten und ein ganz besonderes Bild abgeben, so wie ich es noch nie gesehen habe. Zwischendurch sind wir an Städten vorbeigefahren, deren Namen ich vom Kursker Bahnhof her schon gehört habe: Shelesnodoroshnaja (Eisenbahner), Elektrogorck und Petuschki.

Gegen Mittag waren wir dann in Vladimir und die erste wichtige Sehenswürdigkeit, die wir gesehen haben, war das Goldene Tor der Stadt, dass aus dem 12. Jahrhundert stammt. Die Stadt Vladimir wurde 1108 vom Fürsten Vladimir am Fluss Kljasma gegründet und war in der zweiten Hälfte des gleichen Jahrhunderts die Hauptstadt des Vladimir-Susdal-Fürstentums. Aus dieser Zeit stammen auch einige Kirchen, die bis heute erhalten geblieben sind. 1238 fiel die Stadt an die Tataren und im Jahr 1328 wurde die Hauptstadt nach Moskau verlegt. Es ist also eine der ältesten Städte Russlands und sehr eng mit der russischen Geschichte verbunden. Bei dem Goldenen Tor, das wir uns zuerst ein wenig angesehen haben, ist auch ein Wall, den wir dann "erklommen" haben und dort ein paar Jugendliche getroffen haben, die Fotos machen wollten und von denen wir Fotos gemacht haben. So haben wir dann eine kleine Schneeballschlacht gemacht. Bei dem Wall und dem Tor steht auch eine orthodoxe Kirche und gleich in der Nähe eine katholische Kirche. Beide habe ich aber nicht von innen gesehen, weil die Zeit dafür nicht da war. Anschließend sind wir zu einer anderen Kirche gelaufen, der Spasskaja-Nikolskaja Kirche, ein Baudenkmal des 18. Jahrhunderts. An deren Dachrinnen hingen Eiszapfen, von denen ich mir einen schönen abgebrochen und dann gegessen habe. Von dort hatte man  auch einen schönen Ausblick auf die Maria-Entschlafungs-Kathedrale im alten Kreml. Auf dem Weg dorthin haben wir noch in der Georgij-Kirche hineingeschaut, die auf dem Weg lag. Es ist eine sehr alte Kirche, sie wurde im Jahre 1129 erbaut. Innen befinden sich sehr interessante Fresken, von denen ich einige auf Anfrage fotografieren durfte. Dort befand sich auch ein Kreuz und der darauf gemalte Jesus trug um die Hüften ein schwarzes Tuch - eine alte dörfliche Tradition, wie Masha mir erzählte. Und dann sind wir zur großen Maria-Entschlafungs-Kathedrale gegangen, die von innen wunderschön und durchaus prächtig ist und ein wenig an bayrische Kirchen erinnert. Dort befinden sich auch einige Gemäldes des bekannten russischen Künstlers Andrej Rublov. Allerdings war mir diese Kirche zu touristisch geprägt und wurde ihrer Form als Gotteshaus kaum gerecht, auch wenn die Kirche als solche genutzt wurde. Anschließend sind wir in ein Restaurant essen gegangen und Masha und ich haben dann noch die Dmitri-Kathedrale besucht - die auch eines der Gründerbauwerke der Stadt ist. Von innen ist sie aber lediglich ein spärlich ausgerüstetes Museum und von Schönheit kann man im Innern kaum sprechen. Lediglich ein übriggebliebene Fresken lassen etwas von der verlorengegangenen Schönheit erahnen. Im Laufe unseres Vladimiraufenthalts hatte ich immer das Gefühl, dass wir zu langsam sind, weil wir Mashas Eltern immer weit hinterherliefen. Das lag zum großen Teil daran, dass wir uns viel Zeit zum schauen und fotografieren genommen haben.

Nach unserem Aufenthalt sind wir gegen 16:30 Uhr in das 125km entfernte Murom gefahren und ich habe mich wie schon den ganzen Tag an dem tollen Wetter, dem weißen Schnee und der Landschaft erfreut. Wieder führte die Fahrt durch viele Dörfer und es war eine ruhige Fahrt, da kaum Lastwagen und andere Autos auf der Straße unterwegs waren. Wir sind dann gleich in ein Frauenkloster gefahren, wo wir genau pünktlich zum Ölkreuz gekommen sind. Vorher habe ich noch ein wenig die Klosteranlage fotografiert, da die Abendsonne die Gebäude in ein tolles Licht hüllte. Am Ende des Gottesdienstes wurden dann die Gebeine der Heiligen Fevronija und Pjotr zur Verehrung geöffnet, das heißt, dass eine Glasscheibe an die Seite geschoben wurde. Das sind zwei sehr berühmte Heilige. Er war Fürst und wollte eine dörfliche Frau heiraten und hat dies dann auch getan. Die Bujaren waren davon nicht angetan, weil sie der Ansicht waren, dass Fevronija nicht an den Hof passt und aus diesem Grund wurde Fürst Pjotr mehr oder weniger vom Hof verstoßen. Im Alter sind beide ins Kloster gegangen und als der Fürst im Sterben lag, hat er Fevronija zu sich rufen lassen und sie sind innerhalb einer Minute gemeinsam verstorben. Sie sind das Patronat der Familie in der russisch-orthodoxen Kirche. Dabei haben wir auch Ikonen weihen lassen, die kurz auf die Glasscheibe des Schreins gelegt wurden. Nach der Vetschernaja sind wir dann noch etwas Essen gegangen, haben dann gemeinsam das Evangelium gelesen und sind dann sehr bald in unseren Betten verschwunden.

In den Restaurants Fastenessen zu bekommen, ist gar nicht so einfach, weil sich die Restaurants nicht darauf eingestellt haben. So mussten wir uns zumeist auf Beilagen zurückgreifen und dennoch war es nicht ganz möglich, das Fasten einzuhalten. Es ist kirchlich aber auch so geregelt, dass für Kranke, Studenten und auch für Reisende andere Fastenerleichterungen herrschen und so war die Pilzcremesuppe auch kein Problem.



 

 


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