§§ 12, 61 AufenthG; § 56 AuslG - Umverteilung Geduldeter aus familiären Gründen u.a.
VG Potsdam 7 C 174/95.A, B.v. 22.01.95, IBIS e.V.: C 1247, InfAuslR 1995, 259. Das Landeseinwohneramt Berlin wird verpflichtet, gemäß § 51 AsylVfG der Umverteilung einer gefolterten und infolgedessen reiseunfähigen, beim Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin in Behandlung befindlichen Asylsuchenden nach Berlin zuzustimmen.
VGH Hessen 10 TG 2557/95, B.v. 24.06.96, IBIS e.V.: C1248, InfAuslR 1996, 360. Verheiratete Kriegsflüchtlinge mit Kindern, denen in verschiedenen Bundesländern eine Duldung erteilt wurde, haben Anspruch auf Familienzusammenführung. Dies folgt aus Art. 6 GG unmittelbar, da im AuslG (§ 36, § 44.6, § 56.3.1, § 64.2.1)die Umverteilung Geduldeter nicht geregelt ist. Die Ausländerbehörde am neuen Wohnort wurde daher gemäß § 123 VwGO verpflichtet, die Verlassenspflicht des Ehepartners gemäß § 36 AuslG nicht zu vollstrecken.
VG Berlin 20 F 87/98 v. 04.08.99, NVwZ-Beilage I 2000, 11, IBIS C1520 Das Land Berlin wird verpflichtet, dem in Niedersachsen geduldeten Partner eine zweite Duldung zu erteilen, damit er seiner Verlobten beistehen kann. Die Verlobte ist wegen einer schweren depressiven Störung und der Risikoschwangerschaft auf Betreuung und ständige emotionale Zuwendung ihres Partners angewiesen. Der Antragsteller kann sich im Hinblick auf das Wohl des ungeborenen Lebens auf das Elternrecht aus Art. 6 GG berufen.
Die Erteilung einer zweiten Duldung ist in einem derartigen Härtefall möglich und geboten (vgl. Hailbronner, AuslG, § 56 Rn 8; Renner, AuslR, § 45 AuslG Rn 7), einer Vorlage beim BVerfG im Hinblick auf die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 56 Abs. 3 Satz 1 AuslG bedarf es daher nicht.
VG Braunschweig Urteil 9 A 9026/99 v. 01.12.99, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/R5319.pdf Die Wohnsitzauflage für einen auf Sozialhilfe angewiesenen Geduldeten, der mit seinem an einem anderen Ort lebenden Kind und dessen Mutter in Lebensgemeinschaft leben will, ist ermessensfehlerhaft (§ 56 Abs. 3 AuslG, Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) und daher aufzuheben. Art. 6 GG und Art 8 EMRK schützen auch die Gemeinschaft von Eltern mit unehelichen Kindern.
OVG Lüneburg 4 M 3575/98 v. 11.08.98, GK AsylbLG § 10a OVG Nr. 1. Leitsätze: "1. Die im Asylverfahren erteilte Aufenthaltsgestattung sowie die Verteilungs- und Zuweisungsentscheidungen verlieren jedenfalls dann ihre Wirkung, wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, dem Ausländer eine vom Asylverfahren unabhängige Duldung erteilt wird und damit zu rechnen ist, dass sie für einen längeren Zeitraum (ggf. wiederholt) verlängert werden wird. 2. Eine der dem Ausländer erteilten Duldung beigefügte Auflage, den Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen, begründet nicht eine örtliche Zuständigkeit des dortigen Leistungsträgers für die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG für die gesamte Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet. 3. Bei einem Wechsel des Aufenthaltsorts zu dem Zweck, mit dem Ehepartner zusammenzuleben, muss (auch) im Vergleich mit dem hohen Wert der durch Art. 6 GG geschützten ehelichen Gemeinschaft die über die (räumlichen und sachlichen) Einschränkungen gemäß §§ 10a, 11 Abs. 2 AsylbLG angestrebte Unterbindung einer unerwünschten Binnenwanderung von Ausländern zurücktreten (wie Beschluss des Senats 4 M 4424/97 v. 10.10.97 zu § 120 Abs. 5 BSHG)."
OVG Münster 17 A 3994/98 v. 01.12.99, NVwZ-Beilage I/2000, 82 Nach Abschluss des Asylverfahrens wird eine asylverfahrensrechtliche Zuweisung wirkungslos, damit entfällt auch die durch sie begründete räumliche Beschränkung des Aufenthalts. Damit ist auch für eine Umverteilung nach § 51 AsylVfG kein Raum mehr. Für die räumliche Beschränkung gelten dann die Bestimmungen des AuslG, dem Anliegen der Kläger kann nicht mehr durch Umverteilung, sondern nur durch Änderung der räumlichen Beschränkung ihrer Duldungen Rechnung getragen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der weitere Verbleib aus asylverfahrensunabhängigen Gründen über den üblicherweise für die Abschiebung notwendigen Zeitraum hinaus ermöglicht wird, etwa weil die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (Duldung aufgrund § 55 Abs. 2 AuslG).
VG Düsseldorf 7 L 3644/01, B.v 21.02.02, IBIS M2091 Anspruch auf "Umverteilung" eines geduldeten Ausländers aus familiären Gründen (hier: notwendiger Beistand durch Ehemann mit gesichertem Aufenthalt, schwerer psychischer Erkrankung, zwei gemeinsamen Kindern, Art 6 GG). Ende der Wirksamkeit der früheren Zuweisung im Asylverfahren nach Ablehnung des Asylantrags, zwischenzeitlichem Untertauchen und Erteilung einer faktischen, asylverfahrensunabhängigen Duldung durch die Ausländerbehörde am tatsächlichen Aufenthaltsort wegen krankheitsbedingter Reiseunfähigkeit (vorliegend war zwischen den Ausländerbehörden die örtliche Zuständigkeit für die Erteilung der Duldung strittig).
OVG Nds. 8 ME 142/02, B.v. 17.10.02, IBIS M2913, Asylmagazin 1-2/2003, 34 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/M2913.pdf Kein Anspruch gegen die zuständige Ausländerbehörde in Nds. auf Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Geltungsbereichs der Duldung, da § 56 Abs. 3 AuslG diese Möglichkeit nicht vorsieht. Das Ziel, sich in C. (NRW) beim Lebenspartner und gemeinsamen Kind aufzuhalten, muss vielmehr durch einen Antrag bei der Stadt C auf Erteilung einer zusätzlichen Duldung (bzw. einen Eilantrag beim dort zuständigen VG Gelsenkirchen) verfolgt werden. Ist aus zwingenden Gründen ein Aufenthalt in einem anderen Bundesland erforderlich, kann die dort zuständige Ausländerbehörde dem Ausländer eine weitere Duldung – beschränkt auf den jeweiligen Aufenthaltszweck – erteilen (vgl. Nds. OVG 11 M 1263/00, B v. 12.05.00; Hailbronner, § 56 AuslG Rn. 8; Renner, § 56 Rn. 7; a.A. GK-AuslR, § 56 AuslG Rn. 11).
VG Braunschweig 6 B 548/02, B.v. 18.11.02, IBIS M2904, Asylmagazin 2003, 34; InfAuslR 2003, 107 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/M2904pdf Anspruch eines Ausländers mit räumlich beschränkter Duldung auf Erteilung einer Duldung durch die Ausländerbehörde am Wohnort seiner in einem anderen Bundesland lebenden deutschen Ehefrau. Beklagter war die Ausländerbehörde am Wohnort der Ehefrau, die bisher zuständige Ausländerbehörde wurde beigeladen. Die Antragsgegnerin ist grundsätzlich berechtigt, von der räumlichen Beschränkung auf das Land NRW und die Stadt H. abzuweichen (§ 64 Abs. 2 Satz 1 AuslG). damit kann auch den Fällen Rechnung getragen werden, in denen die räumliche Beschränkung Grundrechte verletzen würde. Die Kammer folgt damit der Auffassung, nachdem einem bereits geduldeten Ausländer in einem anderen Bundesland eine (weitere) Duldung erteilt werden darf (VGH Hessen InfAuslR 1996, 360; VG Düsseldorf Inf AuslR 1996, 78; VG Göttingen 3 B 3331/02, B.v. 23.09.02, IBIS M3015; GK AuslR § 56 Rn 11; ähnlich VG Berlin NVwZ-Beilage 2000,11; siehe auch VwV AuslG Ziff 56.3.1; tendenziell ebenso OVG Nds 11 M 1263/00, B.v.12.05.00). Die übrigen in Rspr. und Literatur für diese Fallkonstellation vorgeschlagenen Lösungen überzeugen nicht (wird ausgeführt).
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Anmerkung: Die Entscheidung ist grundsätzlich auf Fälle übertragbar, in denen enge Familienangehörige durch die räumliche Beschränkung einer Duldung getrennt werden, auch wenn kein Beteiligter Deutscher ist.
VG Gera 4 K 2525/02 GE, U.v. 05.05.03, InfAuslR 2003, 390, IBIS M3930, www.asyl.net Die Ausländerbehörde in Thüringen darf einer abgelehnten Asylbewerberin mangels Zuständigkeit und wegen der rechtlich zwingenden Beschränkung der Duldung auf Thüringen keine weitere Duldung erteilen, wenn die Antragstellerin krankheitsbedingt auf absehbare Zeit reiseunfähig ist und sich deshalb in Hamburg aufhalten muss. Die Klägerin kann aber einen Antrag auf Erteilung einer Duldung - beschränkt auf den jeweiligen Aufenthaltszweck - bei der Ausländerbehörde in Hamburg stellen.
OVG Hamburg 1 Bs 566/03, B.v. 26.11.03, InfAuslR 2004, 108 Bei einem Wechsel des Bundeslandes ist die Ausländerbehörde im Zielland örtlich zuständig für die Ausstellung der Duldung (vgl. Nr. 56.3.1 VwV AuslG; § 3 Abs. 1 Nr. 4 HmbVwVfG)
OVG Thüringen 3 EO 166/03, B.v. 02.07.03, FEVS 2004, 234, EZAR 224 Nr. 30 Eine Rechtsgrundlage für eine länderübergreifende "Umverteilung" geduldeter Ausländer besteht auch bei Vorliegen gewichtiger Gründe nicht (unter Berufung auf Art. 6 GG beantragter Umzug zur in einem anderen Bundesland lebenden Ehefrau). § 56 AuslG schließt nach seinem Wortlaut eine derartige Umverteilung aus. Dem Anliegen kann durch die von der Ausländerbehörde in analoger Anwendung des § 58 AsylVfG praktizierte Erteilung von Erlaubnissen zur vorübergehenden Verlassen des Landes Rechnung getragen werden. Sachlich und örtlich zuständig für ausländerrechtliche Maßnahmen ist die Behörde am Zuweisungsort nach AsylVfG, wobei die Zuweisung trotz zwischenzeitlicher Abschiebung und Erteilung einer Duldung wegen tatsächlicher Abschiebehindernisse fortwirkt. Es ist fraglich, ob eine zusätzliche Duldung für das Land, in dem der Aufenthalt gewünscht wird, erstritten werden kann.
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Anmerkung: Die Entscheidung des OVG Weimar steht im Widerspruch zur in Kommentierung und Rechtsprechung allgemein vertretenen Auffassung. Offen bleibt auch, auf welcher Rechtsgrundlage eigentlich - folgt man der Auffassung des OVG - die Ausländerbehörde die als Alternative benannten "Urlaubsscheine" erteilen soll.
OVG Thüringen 3 EO 1060/03, B.v.22.01.04, InfAuslR 2004, 336 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/5226.pdf Der Ausländerbehörde Weimar wird untersagt, die Abschiebung des mit einer Deutschen verheirateteten und mit ihr in Hamburg lebenden ehemaligen Asylbewerbers zu vollziehen. Die Ausländerbehörde Weimar ist trotz des tatsächlichen Aufenthalts des Antragstellers in Hamburg und der dort von ihm begehrten Aufenthaltserlaubnis weiterhin örtlich zuständig (§§ 63, 64 Abs. 2 S. 2 AuslG), da der Antragsteller im Rahmen des Asylverfahrens nach Weimar verteilt wurde und diese Zuweisung weiterhin wirksam ist (§ 44 Abs. 6 AuslG, § 71 Abs. 7 AsylVfG).
Zwar ist der Antragsteller grundsätzlich verpflichtet, auszureisen, um ein Visum zur Familienzusammenführung zu beantragen, vorliegend steht dem jedoch die psychische Erkrankung und Suizidalität der ehemals drogenabhängigen, auf seinen Beistand angewiesenen deutschen Ehefrau entgegen. Wegen ihres durch Art 6 GG geschützten Rechtes, mit dem Antragsteller zusammenzuleben, Ist neben dem Antragsteller auch seine Ehefrau antragsbefugt. Der Antragsteller könnte Anspruch auf eine Aufenthaltsbefugnis wegen rechtlicher Abschiebehindernisse (§§ 30 Abs. 3, 55 Abs. 2 und 4 AuslG) haben, was im Hauptsacheverfahren zu klären sein wird.
VG Braunschweig 1 A 124/01, U.v. 10.07.03, InfAuslR 2003, 437 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/4553.pdf Die Kläger hat Anspruch auf Änderung der ihr, ihren Kindern und dem nicht verheirateteten Kindesvater zur Duldung erteilten Auflagen zur Wohnsitznahme an verschiedenen Orten in Niedersachsen, um der Familie das legale Zusammenleben an einem Wohnort zu ermöglichen. An welchem Ort ihr diese Möglichkeit einzuräumen ist steht im Ermessen des Beklagten und der zuständigen Bezirksregierung Braunschweig. Die Tatsachse, dass die Klägerin sich im Land Niedersachsen frei bewegen darf und somit ihren Lebensgefährten jederzeit besuchen kann, wird dem verfassungsmäßigen Schutz von Ehe und Familie nicht gerecht.
VG Karlsruhe 6 K 3675/02 U.v. 27.03.03, IBIS M3633, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/3633.pdf Eine Wohnsitzauflage zur Duldung gem. § 56 Abs. 3 S. 2 AuslG ist unverhältnismäßig, wenn dem öffentlichen Interesse an einer gleichmäßigen Lastenverteilung in anderer Weise Geltung verschafft werden kann und gewichtige Interessen des Betroffenen der Auflage entgegenstehen. Vorliegend wurde nach Feststellung eines Abschiebehindernisses nach § 53 AuslG im Asylverfahren eine Duldung erteilt und trotz attestierter Suizidalität auf Grund des Landesaufnahmegesetzes Ba-Wü eine Umverteilung von Karlsruhe nach Waldshut angeordnet. Das VG erklärte die Zuweisung für unverhältnismäßig, da die Klägerin auf die Fortsetzung ihrer in Karlsruhe begonnenen psychotherapeutischen Behandlung angewiesen ist.
OVG Rh-Pfalz 10 B 11661/03.OVG, B.v. 16.01.04 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/5277.doc Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts kraft asylverfahrensrechtlicher Zuweisung erlischt nicht zusammen mit der Aufenthaltsgestattung des Asylbewerbers bei rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrags. Sie gilt bis zu seiner Ausreise oder ihrer anderweitigen Erledigung fort mit der Folge, dass der betreffende Ausländer nicht andernorts seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen vermag.
Begehrt dieser eine Duldung, die ihm die Aufenthaltnahme in einem anderen Bundesland ermöglicht, kann er bei der für den neuen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde seine länderübergreifende Verteilung dorthin gemäß § 51 AsylVfG beantragen. In besonderen Ausnahmefällen kann für seinen vorzeitigen Aufenthalt dort von einer Durchsetzung der Verlassenspflicht abzusehen sein.
OVG Sachsen 3 BS 380/03, B.v. 19.05.04, IBIS M5873, Asylmagazin 12/2004, 28; InfAuslR 2004, 341 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/5873.pdf Die Erteilung einer länderübergreifenden Duldung zwecks Zusammenleben mit seinen in Stuttgart lebenden Kindern und deren Mutter, die in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis/EU ist wird mangeld grundlage im Ausländergesetz und mangels örtlicher Zuständigkeit abgelehnt.
Ggf. wäre eine weitere Duldung für den neuen Aufenthaltsort in Stuttgart zu beantragen (vgl Hes. VGH, InfAuslR 1996, 360; OVG Hamburg, InfAuslR 2004, 108). Durch den Wechsel des Aufenthaltsortes dürfte eine noch in Kraft befindliche erste Duldung ebenso wirkungslos werden dürfte wie die sich darauf beziehende gemäß § 44 Abs. 6 AuslG nachwirkende örtliche Beschränkung.
VG Düsseldorf 24 L 99/04, B.v. 23.01.04, InfAuslR 2004, 342 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/5797.pdf Für die Umverteilung eines geduldeten, abgelehnten Asylbewerbers zu seiner in einem anderes Bundesland lebenden Ehefrau ist die Ausländerbehörde am Zuweisungsort des ehemaligen Asylbewerbers zuständig. Die Unverteilung zur mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis in einem anderen Bundesland lebenden Ehefrau kann vorliegend nicht beansprucht werden, da die Ehe - auf Dauer oder ggf. bis zu Erteilung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis - auch in der Türkei geführt werden kann, deren Staatsangehörigkeit beide besitzen.
VG Leipzig 5 K 442/03, U.v. 10.06.04, IBIS M5372 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/5372.pdf
Ein Antrag auf länderübergreifende "Umverteilung" eines geduldeten Ausländers ist als Antrag auf Erteilung einer Duldung für das Gebiet des Landes, in dem der Ausländer sich aufhalten will, an die zuständige Ausländerbehörde dieses Landes zu richten.
VG Lüneburg, 2 A 101/05, U.v. 24.06.05 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/6774.pdf Anspruch auf Aufhebung der Wohnsitzauflage zur Duldung, um das Zusammenleben der Klägerin mit dem Vater ihres Kindes (in einem anderen Landkreis im selben Bundesland) zu ermöglichen.
Bei der Wohnsitzauflage handelt es sich um eine selbständige Anordnung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, so dass sich die Frage nach der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen nicht stellt. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wobei ein Vorverfahren durchzuführen ist, sofern sich aus landesrechtlichen Bestimmungen nicht anderes ergibt (GK AufenthG, § 61 Rn 27). Nach § 8 a Abs. 1 NAusfG zur VwGO bedarf es für Verwaltungsakte, die nicht dem Ausnahmekatalog nach § 8 a Abs. 3 zuzuordnen sind, keines Vorverfahrens mehr. Die Duldung war mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung versehen, so dass nach § 58 Abs. 2 VwGO Klage innerhalb eines Jahres erhoben werden konnte.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Regelung ist § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Bei der Entscheidung, ob eine Duldung mit einer Wohnsitzauflage zu versehen ist bzw. eine Wohnsitzauflage zu ändern oder aufzuheben ist, stehen den fiskalischen öffentlichen Interessen private Belange des Ausländers gegenüber, die in die Ermessenserwägung einzustellen sind und die regelmäßig überwiegen, wenn sie grundrechtlichen Schutz genießen (vgl. VG Braunschweig, InfAuslR 2003, 437). In Fällen der „Familienzusammenführung“ gebietet Art. 6 Abs. 1 GG grundsätzlich die Herstellung der Einheit zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, und zwar ohne Einschränkungen und Vorbehalte, insbesondere dürfen Erwägungen hinsichtlich möglicher Belastungen (unterschiedlicher) öffentlicher Kassen durch Sozialleistungen keine Rolle spielen. Denn Art. 6 Abs. 1 GG gebietet die Anerkennung eines Mindestmaßes an autonomer Entscheidungsbefugnis über die Modalitäten der Unterstützung und Hilfegewährung im Familienverband (vgl. GK- AufenthG, § 61 Rdnr. 31). Vorliegend gebietet Art. 6 Abs. 1 GG die Herstellung der Familieneinheit zwischen der Klägerin, ihrem Kind und dem Vater des Kindes, der die Vaterschaft anerkannt hat.
Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Duldung der Klägerin mit einer neuen Wohnsitzauflage betreffend den Wohnort des Vaters des Kindes der Klägerin versehen werden kann, was die Klägerin offenbar bereit ist, zu akzeptieren.
VG Halle 1 B 26/05 HAL, B.v. 08.04.05, InfAuslR 2005, 317 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7077.pdf Anspruch gegen die Stadt Halle/Saale aus Art 6 GG für den in familiärer Gemeinschaft bei seinem Kind in Halle lebenden Kindesvater auf Ausstellung einer zweiten Duldung für den Aufenthaltsort Halle (vgl. OVG Bautzen, InfAuslR 2004, 341; OVG Hamburg InfAuslR 2004, 108). Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass ihm in Hinblick auf Art 6 GG, Art. 8 EMRK ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 bzw. 27 Abs. 1 AufenthG zusteht. Der Antragsteller muss sich nicht auf die von der Stadt Annaberg/Sachsen für 1 Woche/Monat erteilte Verlassenserlaubnis verweisen lassen. Ihm ist unzweifelhaft nicht zuzumuten, sich zur Wahrung seines Rechts aus Art. 6 GG überwiegend illegal in Halle aufzuhalten.
VG Halle 1 B 25/05 HAL, B.v. 26.05.05 www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6806.pdf Länderübergreifende "Umverteilung" eines Ausländers mit Duldung zu deutschem Familienangehörigen durch Erteilung einer weiteren Duldung durch Ausländerbehörde am Wohnort des deutschen Ehepartners in Halle. Zuständig ist die Ausländerbehörde am neuen Wohnort. Regelmäßige "Verlassenserlaubnisses" zum Besuch der Ehefrau reichen nicht aus, um den Schutz des Art. 6 GG zu gewährleisten. Gründe, die den Landkreis Sächsische Schweiz berechtigen würden, das gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zu erklärende Einvernehmen nicht zu erklären, sind nicht ersichtlich.
OVG NRW 19 B 1577/02, B.v. 27.05.04, Asylmagazin12/2005, 27, www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/7438.pdf (ebenso OVG NRW 19 B 2409/03, B.v. 28.07.04 - www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/7439.pdf)
Das Begehren des im Kreis Schleswig geduldeten Antragstellers, sich bei seiner Ehefrau und seinen minderjährigen Kindern in Bonn aufhalten zu dürfen, kann ausländerrechtlich umgesetzt werden durch Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis, die vorbehaltlich einer räumlichen Beschränkung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AuslG für das Bundesgebiet gilt.
Insbesondere kann der Antragsteller nicht länger auf eine Duldung verwiesen werden, die er bereits seit Juli 1997 innehat. Die Frist der Duldung soll nach § 56 AuslG ein Jahr nicht übersteigen. Diese Höchstdauer darf nur in Ausnahmefällen überschritten werden (Nr. 56.2.1 AuslG-VwV).
Der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 GG kann es erfordern, langfristig geduldeten Familienangehörigen, die in verschiedenen Bundesländern leben, auf diesem Weg die Herstellung der ehelichen und/oder familiären Lebensgemeinschaft zu ermöglichen. Die Interessenlage unterscheidet sich nicht vollständig von Asylbewerbern mit Aufenthaltsgestattung, für die § 51 AsylVfG ausdrücklich vorsieht, der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern auch durch länderübergreifende Umerteilung Rechnung zu tragen. Entsprechende Regelungen über eine länderübergreifende Verteilung für geduldete Ausländer gibt es im AuslG nicht.
Entgegen anderslautender Rechtsprechung und Kommentarliteratur kann dem Schutz von Ehe und Familie auch nicht durch eine Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Landes analog § 58 AsylVfG Rechnung getragen werden (so aber ThürOVG 3 EO 166/03, B.v. 02.07.03, DÖV 2003, 909; GK AuslR, § 56 Rn. 11; wie hier ablehnend BayVGH 10 CS 99.3290, B.v. 16.02.00, InfAuslR 2000, 223).
Die Erlaubnis nach § 58 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist nur für ganz kurzfristige Abwesenheitszeiten wie etwa Termine bei Bevollmächtigten, Flüchtlingshilfeorganisationen, Behörden und Gerichten vorgesehen. Einen allgemeinen Aufenthalt ermöglicht § 58 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich nur im angrenzenden Bezirk einer Ausländerbehörde.
Das Gewicht des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie ist im Fall des Antragstellers so groß, dass entgegenstehende Belange dahinter zurückstehen müssen. Der Antragsteller kann nicht darauf verwiesen werden, auf die (Wieder-)Herstellung der Familieneinheit während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet zu verzichten oder die Familieneinheit an einem anderen Ort im Bundesgebiet wiederherzustellen. Auf eine Wiederherstellung der Familieneinheit im Herkunftsland Jugoslawien kann der Antragsteller nicht verwiesen werden, weil dies voraussetzen würde, dass auch seine Ehefrau in absehbarer Zeit dorthin abgeschoben werden kann. Damit ist indes nicht ernsthaft zu rechnen.
Der Antragsteller kann auch nicht darauf verwiesen werden, die Familieneinheit in Schleswig-Holstein wiederherzustellen. Denn dann könnten die Ausländerbehörden eines jeden der beiden beteiligten Bundesländer die getrennt lebenden Teile einer Familie wechselseitig auf die bloße Möglichkeit einer positiven Ermessensentscheidung der jeweils anderen Ausländerbehörde verweisen und dadurch den verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 GG unterlaufen.
Örtlich zuständige Ausländerbehörde für die Aufenthaltsbefugnis ist in NRW die Antragsgegnerin. Ihre Zuständigkeit ergibt sich aus § 4 Abs. 1 OBG NRW, wonach die Ordnungsbehörde zuständig ist, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden.
Dem steht nicht entgegen, dass möglicherweise auch eine örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Kreises Schleswig begründet ist. Eine solche Mehrfachzuständigkeit ist weder bundesrechtlich noch landesrechtlich ausgeschlossen, wie § 63 Abs. 2 Nr. 2 AuslG belegt. Jedenfalls handelt es sich dabei nicht um eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit. Eine solche ist allenfalls für einzelne Maßnahmen der Ausländerbehörden gegen Asylbewerber vorgesehen, deren räumliche Beschränkung der Aufenthaltsgestattung noch besteht.
OVG NRW 19 B 2364/03, B.v. 29.11.05, IBIS M7556, Asylmagazin 1/2 2006, 33; InfAuslR 2006, 64 www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/7556.pdf Zu Anspruch, Zuständigkeit und Verfahren zur Erteilung einer Duldung durch die Behörde an neuen Wohnort zum länderübergreifenden Wohnsitzwechsel.
Die familiäre Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seiner Tochter und deren Mutter rechtfertigt gemäß Art 6 GG auch ohne Eheschließung einen Anspruch auf Aufenthalt am neuen Wohnort. Diesem Verfassungsgebot kann vielfach nicht anders als durch eine einzelfallbezogene Änderung der räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 AufenthG Rechnung getragen werden. Eine analoge Anwendung der Regelungen über die Umverteilung nach AsylVfG kommt nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. § 15a AufenthG ist nicht anwendbar, weil er nur Ausländer erfasst, die nach dem 31.12.05 unerlaubt eingereist sind. Auch für die Erteilung einer Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Aufenthaltsbereichs nach § 12 Abs. 5 AufenthG ist kein Raum, wenn es um eine auf Dauer angelegte familiären Lebensgemeinschaft geht (a.A. GK AufenthG, § 61 Rdn. 18). Auch Nr. 72.3.1.2 vorläufige Anwendungshinweise BMI schließt einen Länder- oder Ortswechsel nicht grundsätzlich aus.
Das BVerfG hat eine Praxis der Ausländerbehörden, den Aufenthalt eines Ausländers über Monate ungeregelt zu lassen, als gesetzwidrig, und eine hieran angeknüpfte Bestrafung als willkürlich bezeichnet (BVerfG 2 BvR 397/02 v. 06.03.03, InfAuslR 2003, 185).
Die Erteilung einer Duldung durch die Ausländerbehörde am neuen Wohnort in verstößt nicht deshalb gegen Bundesrecht, weil der Antragsteller damit einen länderübergreifenden Wohnsitzwechsel erstrebt. Dadurch ist weder § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG noch eine fortgeltende asylverfahrensrechtliche Zuweisung nach § 50 AsylVfG verletzt. Mit Erteilung einer Duldung zum länderübergreifenden Wohnsitzwechsel erlischt eine etwa noch in Kraft befindliche Duldung aus einem anderen Bundesland und deren räumliche Beschränkung auf dieses Bundesland (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Nach der Rspr. bleibt eine asylverfahrensrechtliche Zuweisung so lange wirksam, bis der Ausländer ausgereist ist oder einen Aufenthalt aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erhält. Ein solcher Anschlussaufenthalt kann auch durch eine Duldung bewirkt werden, dadurch wird die Zuweisung gegenstandslos (BVerwG 9 C 155.90, U.v. 31.03.92; OVG NRW 17 A 3994/98, U.v. 01.12.99 und 17 B 2737/98 B.v. 19.05.99, InfAuslR 1999, 412; vgl. auch OVG Rh.-Pf. 10 B 11661/03, B.v. 16.01.04, AuAS 2004, 130; OVG Sachsen 3 Bs 380/03, B.v. 19.05.04, InfAuslR 2004, 341).
Für die Erteilung der Duldung ist die Ausländerbehörde am neuen Aufenthaltsort zuständig. Ihr steht nicht das fehlende Einvernehmen der Behörde am bisherigen Aufenthaltsort entgegen (wird ausgeführt).
OVG Hamburg 4 Bs 66/06, B.v. 26.04.06, InfAuslR 2006, 369; Asylmagazin 9/2006, 29, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/8497.pdf
Anspruch auf Duldung für einen ein ausreispflichtigen, zuletzt in L. (Rh-Pfalz) registrierten, tatsächlich in Hamburg zusammen mit seinem Kind und dessen (deutscher) Mutter lebenden Ausländer. Die Hamburger Ausländerbehörde ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3a HmbVwVfG für die Entscheidung örtlich zuständig, wenn der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg hat.
Trotz Verstoßes gegen eine räumliche Aufenthaltsbeschränkung kann ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden, wenn der Ausländer wegen der Art des Abschiebungshindernisses - hier wegen der Lebensgemeinschaft mit seinem deutschen Kind - einen Anspruch darauf hat, sich gerade an diesem Ort aufhalten dürfen. Dem deutschen Lebenspartner und Elternteil des gemeinsamen deutschen Kindes ist regelmäßig nicht zuzumuten, zur Fortsetzung der Lebensgemeinschaft dem Ausländer in den Bereich seiner räumlichen Aufenthaltsbeschränkung zu folgen.
Ein Ausländer kann nicht darauf verwiesen werden, die Duldung im Bereich seiner räumlichen Aufenthaltsbeschränkung (hier: in L., Rh-Pfalz) zu beantragen verbunden mit einem Antrag, diesen Bereich wieder verlassen zu dürfen, um an anderem Ort (in Hamburg) seine Lebensgemeinschaft mit seinem Kind fortsetzen zu können. Hierin läge eine Aushöhlung und Umgehung der Regelungen über die räumliche Beschränkung des Aufenthalts nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sowie über das (nur) vorübergehende Verlassen dieses Bereichs nach § 12 Abs. 5 AufenthG.
OVG Bremen 1 B 282/06, 1 S 283/06, B.v. 09.10.06, InfAuslR 2007, 63, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9896.pdf Ausländer unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, die in unterschiedlichen Bundesländern geduldet werden, haben, wenn sie eine Familie gegründet haben und die Familieneinheit nicht in einem der Heimatländer hergestellt werden kann (hier verneint für Roma aus Kroatien und dem Kosovo), einen Anspruch auf Herstellung der Familieneinheit in Deutschland. In welchem Bundesland die Familie künftig zu dulden ist, hängt, wenn eine entsprechende Verteilungs- oder Anrechnungsregelung durch Gesetz oder Ländervereinbarung fehlt, nicht von der Wahl der Ausländer, sondern davon ab, mit welcher Lösung der geringstmögliche Eingriff in die ursprüngliche Verteilung auf die Bundesländer verbunden ist.
VG Osnabrück 5 A 319/06, B.v. 22.05.07 (PKH) www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2022.pdf Die im Hinblick auf das nachzuholende Visumsverfahren für den mit einer Deutschen verheirateten geduldeten Flüchtling verfügte Wohnsitzauflage für das Ausreisezentrum Bramsche (!) dürfte im Hinblick auf Art 6 GG und das Recht der Ehefrau auf freie Wahl ihres Wohnortes ermessensfehlerhaft sein. Die an einem anderen Ort lebende deutsche Ehefrau kann - anders als im Fall der Ehe zwischen zwei Ausländern - im Regelfall nicht auf eine Wohnsitznahme in Bramsche verweisen werden.
VG Braunschweig 7 A 211/06, U.v. 11.07.07, InfAuslR 2008, 191, www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-8/10852.pdf Anspruch auf landesinterne "Umverteilung" durch Änderung der Wohnsitzauflage zur Duldung zum Zweck des Zusammenlebens mit seiner deutschen Lebensgefährtin und der Personensorge für sein deutsches Kind, trotz mangelhafter Mitwirkung bei der Passbeschaffung.
OVG Nds. 1 ME 221/07, B.v. 17.08.07, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2089.pdf Die zur Duldung erteilte Wohnsitzauflage ist zu streichen, wenn sie das Zusammenleben mit der an einem anderen Ort lebenden deutschen Ehefrau und dem gemeinsamen Kind verhindert. Der derzeit erwerbslosen Ehefrau ist nicht zuzumuten, an den Wohnort des geduldeten Ausländers umzuziehen.
OLG Oldenburg Ss 39/08, B.v. 31.01.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12635.pdf
Das Verlassen des durch Auflage zur Duldung bestimmten Landkreises ist nicht strafbar gem. § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, solange der Ausländer das Bundesland, auf das die Duldung gemäß § 61 Abs. 1 AufenthG beschränkt ist, nicht verlassen hat.
Die Beschränkung auf den Landkreis beruht auf einer Auflage nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Eine solche weitergehende räumliche Beschränkung fällt jedoch nicht unter den Begriff der räumlichen Beschränkung des Aufenthaltes i. S. d. § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG. Dies folgt aus der Gesetzessystematik, wonach erstmalig begangene Zuwiderhandlungen gegen die räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als Ordnungswidrigkeit gemäß § 98 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG, jedoch Verstöße gegen eine vollziehbare Anordnung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nach der Bußgeldvorschrift des § 98 Abs. 3 Nr. 4 AufenthG geahndet werden. Die Tat ist daher als Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage nur eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 98 Abs. 3 Nr. 4, 61 Abs.1 Satz 2 AufenthG.
OVG Bln-Brandenburg 2 S 6.08, B.v. 20.05.08 Der Antrag des über eine nur für Sachsen gültige Duldung verfügenden, mit seinem deutschen Kind und dessen Mutter in Berlin zusammenlebenden, für sein Kind sorgeberechtigten Antragstellers auf eine Duldung für Berlin wird abgelehnt.
Nach der Rspr. des OVG Berlin ist für eine solche Duldung die örtliche Ausländerbehörde in Sachsen zuständig. Nach der Rspr. des OVG Sachsen (B.v. 19.05.04, InfAuslR 2004, 341, ebenso OVG NRW B.v. 29.11.05, InfAuslR 2006, 64 und OVG Hamburg, B.v. 26.04.06, InfAuslR 2006, 369) ist hierfür jedoch die Ausländerbehörde Berlin zuständig.
Zur Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte verbleibt hier nach Auffassung des OVG Bln-Brandenburg ein Umverteilungsantrag gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, da hier die Zuweisungsentscheidung aus einem früheren Asylverfahren gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung fortwirkt und einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf (OVG Rh.-Pfalz, B.v. 16.01.04, AuAS 2004, 130). Das OVG zieht auch die eine Verlassenserlaubnis gemäß § 12 Abs. 5, § 61 Abs. 1 AufenthG zur Überbrückung des 18-Monats-Zeitraums bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Erwägung, sieht hierin aber nur eine vorübergehende Möglichkeit des Aufenthalts, die Art. 6 GG nicht gerecht würde.
Der Ausländerbehörde Berlin wird vorläufig die Vollziehung der Verlassenspflicht gemäß § 12 Abs. 3 AufenthG bis zu einer Entscheidung über den unverzüglich zu stellenden Umverteilungsantrag untersagt (vgl. OVG Rh.-Pfalz a.a.O.).
OVG Schleswig-Holstein 4 MB 35/09, B.v. 09.06.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2293.pdf örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde am (noch) unrechtmäßigen (illegalen, gegen die Auflage zur Duldung verstoßenden), zukunftsoffenen neuen "gewöhnlichen Aufenthaltsort" (§ 31 I LVwG-SLH, § 30 III SGB I) bei der Familie für Erteilung einer wegen familiärer Lebensgemeinschaft mit Lebensgefährtin und gemeinsamen Kind und nach Art 6 GG zu beanspruchenden Duldung in einem anderen Bundesland. Die Ausländerbehörde des Bundeslandes am bisherigen Zuweisungsort ist zur Erteilung einer Duldung zur Wohnsitznahme in einem anderen Bundesland nicht berechtigt, § 61 AufenthG. Der Antragsteller kann nicht auf eine Verlassenserlaubnis nach § 12 Abs. 5 AufenthG verwiesen werden, da diese nicht zu dauerhaften Wohnsitznahme an einem anderen Ort berechtigt.
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Anmerkung: vgl auch die weiter unten angeführten Entscheidungen zur Umverteilung nach §§ 50, 51 AsylVfG
Literatur:
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Stiegeler, K., Aufenthaltsbeschränkungen für Flüchtlinge, Asylmagazin 9/2001, 5 (zur Umverteilung Asylsuchender und Geduldeter aus familiären /humanitären Gründen)
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