Lea Ritter-Santini: L’italiano Heinrich Mann, Bologna 1965 Übersetzt von Sabine Russ Einleitung



Yüklə 0,98 Mb.
səhifə18/20
tarix01.11.2017
ölçüsü0,98 Mb.
#26130
1   ...   12   13   14   15   16   17   18   19   20

Die Memorie Linda Murris dienten als Quelle für den Roman auf andere Weise: „Rebellion von Lola’s Freundin gegen die Männer“, notiert Heinrich Mann neben einigen Zeilen der Memorie: „Ich lebte wie außerhalb des Lebens. Kein Mann gefiel mir, in jedem von ihnen sah ich einen Spekulanten der weiblichen Sklaverei. Ehefrauen, ihnen erdrücken sie die Seele, Geliebte verachten sie. Und in dem ich in diesem Gedanken die ganze moralische Bedingung des Verhältnisses zwischen Mann und Frau entdeckte, zitterte ich vor Verachtung für den Mann, der die Frau für ein Spielzeug seines tierischen Vergnügens hält, zitterte ich aus Mitleid für die Frau, die sich noch glücklich nennen darf, wenn zumindest dieser Teil respektiert wird.“ (S. 197).

Das Engagement, mit dem Heinrich Mann die Murri unterstützt, wird in einem Brief von Thomas an Kurt Martens vom 28.3.1906 (Briefe, I, S. 65) bestätigt: „Ich bin ziemlich sicher, daß auch mein Bruder Dir ähnliche Einschränkungen zu machen hätte, dieser Heinrich Mann, den Du so egoistisch eingezogen schilderst, und der jetzt höchst expansiv in den Zeitungen für den Professor Murri ficht.“

Eine Variante, die noch unter dem Eindruck der Ereignisse um den Fall Murri entstanden zu sein scheint, ist der Einakter Die Unschuldige, geschrieben 1909 und im Kleinen Theater von Berlin am 21.11.1910 aufgeführt zusammen mit einem weiteren Einakter mit italienischem Hintergrund: Der Tyrann (vgl. Schauspiele, Band X, S. 27), entwickelt aus der gleichnamigen Novelle geschrieben im Sommer 1907 am Fuße des Monte Grappa. Vielleicht weist Heinrich Mann auf diese Arbeit hin in den Notizen zu Einst an der Piave, im Anhang veröffentlicht. In Die Unschuldige wird die Hauptfigur des Ehegattenmordes angeklagt, nach nur einem Jahr aus dem Gefängnis entlassen, weil die Vermutung ihrer Unschuld von einem Arzt-Verteidiger unterstützt wird, der glaubt, damit die Wahrheit triumphieren zu lassen. Nach der Heirat der beiden, des Verteidigers und der Angeklagten, beginnt das Spiel von „Wirklichkeit und Schein“, des Zweifels über den begangenen Mord, die Möglichkeit, die Ehefrau habe ihn wirklich begangen oder sei die Frucht der Verzweiflung einer ungerechtfertigten Verurteilung. Heinrich Mann verband einige Motive, die ihm aus den Memoiren Linda Murris bekannt waren und fügt die Atmosphäre des großen Erfolgsarztes ein.

Wie wichtig der Fall Murri für die italienischen Jahre Heinrich Manns gewesen ist, läßt sich nur am Wandel seines Urteils und seiner Sympathie gegenüber der Vertreter verschiedener sozialer Klassen ermessen. In Jagd nach Liebe bewahren sich die launischen Adligen und mittellosen Anwälte, die der Franchini den Hof machen, noch etwas von den akzeptablen Figuren einer noch von der Literatur gefilterten Welt. In Zwischen den Rassen ist der Bruch offensichtlich geworden, der zur Kleinen Stadt führen wird.



214 Zwischen den Rassen, S. 306 (S. 322 Anmerk. d. Übers.].

215 [Zwischen den Rassen, S. 234-235 Anmerk. d. Übers.] Es ist eine ähnliche Beobachtung wie sie sich in den frühen Notizen des italienischen Aufenthaltes finden läßt; Florenz, 4. 11.1893 (N. Archiv 466, TNI) Heinrich Mann verwendet seine Theorie und seine ganze französisierende literarische Sensibilität auf die Übung der exakten psychologischen Beobachtung, und obwohl er weiß, daß Stendhal die Natürlichkeit ablehnt, um statt dessen deren Feinheiten [der psychologischen Beobachtung, A.d.Ü.] im analytischen Roman zu verwerten, der zunehmend soziologisch und weniger „di anime“ werden wird: „Heute Abend in der Arena Nazionale während Ruy Blas und eine der Frauen beobachten, die sich, so lange man sie alleine läßt, für etwas anderes halten, als sie sind. Ihre Haut hat übrigens den Glanz von Schminke, die Nase mit einbegriffen, der Mund ist zart und röter als man erwartet, daß er sein könnte, das Haar von einem charakteristischen Aschblond, das in kleinen, nur wenig geölten Strähnen über den Hinterkopf hinabhängt und sich in kleinen, getrennten, geringelten, phantastisch erdachten Stirnlocken runterschlängelt. Die Augen sind schwarz umrandet, Größe und Glanz sind direkt wie durch Kohle erhöht. Aber ist es Kohle? Und was ist natürlich, was Kunst an diesem Gesicht? Der äußerliche so gehobene und doch junge Ausdruck vereinigt sich dann rasch mit dem tiefen, ruhigen, etwas müden und blasierten, vielleicht bloß melancholischen, wenn sie die Annäherungen der jungen Leute übertreiben sieht, die auf der Suche nach reifen Reizen sind. Für Gamins (Tu sais, ça m’a toujours dégoûté quand le gamins dorment dans les vieilles) macht dieser Zug, macht die Querfalte, die von den Nasenflügeln beim Lächeln verläuft, erst den Vorzug.“

216 Aber noch früher, in den Betrachtungen (S. 62, Einkehr), hatte er nicht mit der Peitsche gespart für das vom „Zivilisationliteraten“ gewählte literarischen Genre: „Er ist sicher, daß ein Vortreten des Romans oder genauer, des Gesellschaftsromans im öffentlichen Interesse der exakte Gradmesser wäre für den Fortschritt jenes Prozesses der Literarisierung, Demokratisierung und „Vermenschlichung“ Deutschlands, von dem ich sprach, und den anzufeuern die eigentliche Angelegenheit und Sendung des Zivilisationsliteraten ist.“

217 [Hier folgt bei Ritter-Santini der Originaltext aus Ein Zeitalter wird besichtigt, allerdings mit der Angabe Zwischen den Rassen, S. 355. Anmerk. d. Übers.]

218 [Zwischen den Rassen, S. 372] Die Skizze zum Roman, mit vollständigen Teilen verfaßt in der Struktur, die in der definitiven Fassung gleichbleiben wird, ist in einem kleinen „Notizbuch“ enthalten, das in Form und Größe identisch ist mit allen anderen, die Heinrich Mann in diesen Jahren benutzte (sie scheinen alle aus demselben Schreibwarengeschäft aus München zu stammen). Darin notierte er Zugfahrpläne, Schneiderkosten, Beschreibungen von Kunstwerken, die er noch nicht gesehen hatte, Büchertitel und vor allem wichtige Kernpassagen der Novellen und Romane, die er gemeinsam mit Zitaten entwickelte, die er später im Text verwendete und oft die Bedeutung von programmatischer Unterstützung hatten. Zwischen den Rassen ist nicht das Resultat homogener Auszüge und „europäischer“ Verquickungen; der erfundene Teil ist wesentlich stärker als in allen anderen Romanen, vor allem im zentralen Teil, der mit Lola-Arnold, in der Verdoppelung der beiden Protagonisten, die wichtigsten Bestätigungen der Autobiographie des Autors selbst enthält. Lola verrät die Empfindungen der langen Aufenthalte in italienischen Städten, ohne die Möglichkeit, sondern einzig das Heimweh, einer einzigen Welt anzugehören; Arnold hingegen verrät die persönlichen Ereignisse der Entdeckungsperiode oder Krise des Talents und des Schweigens ob der Hilfestellungen, die ein derartiges Ambiente zu geben verpflichtet war.

219 „Renaissance und Reformation haben, bei stark abweichendem Inhalt, beide das Lebensgefühl verstärkt“: die Renaissance beherrscht ein Jahrhundert, das für Heinrich Mann „ebensowohl italienisch wie deutsch“ ist, wie er im Zeitalter bestätigt. Und vielleicht ist dies die Idee, die auch Thomas überzeugte, einmal ein Thema aufzugreifen, das in Renaissance-Verkleidung übersetzt ist.

220 Don Guidacci, der am Tag der Wahlen in Florenz aus der Kirche S. Lorenzo heraustritt, Freund von Contessen und Künstlern, findet sich in der Autobiographie des Zeitalters wieder und kann daher als Freund der italienischen Zeit gelten: „Madame Butterfly hörte ich avant lettre, im Hause eines Florenter Priesters von San Lorenzo. Die Oper war bisher nicht aufgeführt, jemand aber hatte die Partitur gelesen, er spielte auswendig; spielte lange: ich war sofort in dem Zustand einer vollkommenen Liebe …“ [S. 311, Anmerk. d. Übers.]

221 Th. Mann, Briefe, II, Frankfurt 1963 (Brief vom 29.7.1944). „Aber es ist bei mir nur eine vorübergehende Unterkunft“, fast als wolle er sich dafür entschuldigen, ein Ambiente besetzt zu haben, das der unbestrittene Besitz seines Bruders ist, und das hingegen, gerade weil es an zentraler Stelle des Treffens mit dem Teufel steht, durch den Faustus zum einzig literarisch bekannten Palestrina werden wird.

222 „ […] blickte ich über die Kronen der Ölbäume, die von unserer engen Bergstraße den Abhang hinabstanden, wohlgefällig in die Campagna hinein. Ihre gehaltenen, braun-violetten Töne dämpften das allzu grelle Sonnenlicht. Am Grund kleiner Seitentäler, die ins offene Feld verliefen, lag hier und da ein grauer Steinhaufen, der ein Bauernhof war, von schwarzem Gesträuch überwuchert, schon halb im Schatten. Draußen im Felde versteckten sich die Gehöfte hinter dichten Einfriedungen von Zypressen. Zwei stolzere Reihen derselben Bäume stiegen aus der Campagna in die herrschaftliche Villa hinein, die sich unterhalb des vor uns liegenden Städtchens die Höhe hinanzog. Diese Villa, von der ich hatte reden hören, ein theatralisches Meisterwerk, mit ihren verblüffenden Parkansichten, ihren zierlichen nachgeahmten Ruinen, ihren raffinierten Wasserkünsten und dem ungeheuren Barockpalast, wurde bewohnt von dem Besitzer der Kommune Rocca de’Fichi, dem Grundeigentümer und Herrn des ganzen Berges und des angrenzenden Campagnagebietes im Umkreis dreier Meilen, dem Fürsten Tordisasso.“ (Novellen, I, S. 111-112) [in Haltlos, S. 334-335, Anmerk. d. Übers.].

Zehn Jahre später beherrscht der Palast des Baron Torroni nicht mehr durch seine feudale Entfernung die Existenz und das Gerede der kleinen Stadt: der Baron im Jagdanzug, mit dem Gewehr auf der Schulter, plaudert mit dem Advokaten und füllt nur noch eine Nebenrolle aus. In der Novelle lebt er noch mit den seit dem Cinquecento unveränderten Gewohnheiten und Tendenzen, im Roman betritt der die Kneipe und verläßt sie nicht eher, bis er der „Komödiantentruppe“ die entsprechende Ehre zukommen ließ, anstatt sie in seiner weitläufigen Villa zu seinem Vergnügen einzusperren. Heinrich Mann hat definitiv die Verbeugung, sei es auch eine ironische gegenüber dem aristokratischen Ambiente, abgelegt.



223 Göttinnen, S. 97: „die graue Bergstadt“.

224 Im Roman Zwischen den Rassen lassen sich bereits die Töne festhalten, die dem Ausdruck vorangehen, wie das bleiche Gesicht, das „aufheult“, und eine wiederkehrende Reihe von Bildern mit immer schwarzen, weit aufgerissenen Mündern von Statuen, Gemälden oder Figuren, die den expressionistische „Schrei“ anstelle der Arroganz der Renaissance evozieren.

225 Prinz Albrecht in Köngliche Hoheit“, Settembrini im Zauberberg und Rüdiger Schildknapp im Doktor Faustus, sind prismatische Brechungen des brüderlichen Verhältnisses und komponieren aus verschiedenen Richtungen ein genaues Bild - wenn auch im Grunde psychoanalytisch zu interpretieren - von Heinrich während seiner frühen Phase. Es erstaunt nicht wenig, auch in Heinrichs Werk Figuren zu entdecken, die als Spiegel-Brechung des Bruders Thomas fungieren. Rüdiger Schildknapp ist allerdings die Figur, die am besten mit seinem Netz von konsequenten Bezügen über verschiedene Züge der Persönlichkeit Heinrichs informiert; es genügt, die französische Kultur durch die angelsächsische zu ersetzen, um das kulturelle Klima der Zusammenarbeit zwischen den Brüdern wiederzufinden.

226 Viktor Mann, a.o.O., S. 292 [Zitat nicht nachgeprüft, Anmerk. d. Übers.]

227 Die Skizze der Autobiographie ist im Nachlaß Heinrich Manns erhalten (N. 464). Sie wurde an die Ränder und die Rückseiten der an Mann adressierten Briefe ins amerikanische Exil geschrieben. Einer dieser Briefe betrifft die Aufforderung, sich an einem an den amerikanischen Präsidenten Truman gerichteten Appell für die Unabhängigkeit Indonesiens zu beteiligen. Fast alle Notizen zu den Essays oder den letzten Romanen, die in Amerika entstanden, sind daher sehr aufschlußreich, weil Mann, indem er sie weiterverwendete, seine Korrespondenz dieser Jahre für die Nachwelt erhalten hat.

228 Vgl. das Nachwort von Sigrid Anger zu Heinrich Mann, Die kleine Stadt.Die ersten Manuskriptseiten. Eine Faksimile-Ausgabe der Akademie von Berlin zum zehnten Jahrestag ihrer Gründung, die auch die beiden Stiftzeichnungen der Piazza und des Theaters enthält.

229 Die „kritische“ Bedeutung und die stilistische Kürze, die in diesem „Prospekt enthalten sind (so bezeichnet Heinrich Mann oft in Klammern seine Entwürfe) könnten es als einen Prospekt für den Verleger erscheinen lassen oder als Materialsammlung für einen Zeitungsartikel (an den Rand vermerkt der Autor die Lektüre der Briefe Theodor Fontanes!). Auf einen Fragebogen, den K. Lemke ihm nach Amerika geschickt hatte, um genügend Material für eine Biographie zu erhalten, antwortete Heinrich Mann bezüglich der Kleinen Stadt: „Wann und wo wurde geschreiben: Florenz, München, Venedig, beendet 31. März 1909, Meran. Siehe Zeitalter (geistige Liebe). Begonnen als kurze Geschichte für den Simplizissimus, Herbst 1907. Wurde in anderthalb Jahren das Stärkste, was ich gemacht habe. Ich war achtunddreißig.“ (Heinrich Mann, Briefe an K. Lemke und K. Pinkus, Hamburg 1964, S. 46).

230 V. Ill. 8 und 10.

231 Thomas Mann erinnert beim Anlaß des 60. Geburtstages des Bruders an die Absicht der gemeinsamen Arbeit in dieser römischen Periode, in der sicherlich auch die ihnen gemeinsame Vorliebe zur Sozialsatire, die Typisierungen in Namen übersetzt, ihren Ursprung hat: „Als wir jung waren, zu jener vorläufigen Zeit in Rom, saßest du während vieler Wochen täglich am Tisch und stricheltest mit deiner Zeichenfeder an einer endlosen Bilderfolge, die wir „Das Lebenswerk“ nannten und deren eigentlicher Titel „Die soziale Ordnung“ lautete. Wirklich stellten diese Blätter, die wir zum langen Fries und dicker Rolle zusammenklebten, die menschliche Gesellschaft in allen ihren Typen und Gruppen dar, vom Kaiser und Papst bis zum Lumpenproletarier und Bettler - es war nichts ausgelassen in diesem trionfo [italienisch im Text, Anmerk. d. Übers.] sozialer Stufung, wir hatten Zeit und amüsierten uns wie wir konnten.“ (Th. Mann, Rede …, vgl. auch Klaus Schröter, Thomas Mann, Rom-Palestrina, S. 44-55.) [Thomas und Heinrich Mann - Briefwechsel 1900-1949, hrsg. v. Hans Wysling, Frankfurt 1995, S. 385-386, Anmerk. d. Übers.].

232 „[…] Romancier- und zwar einer mit Bedürfnissen, wie sie in Deutschland nicht häufig sind und wie sie vielleicht nur durch die Fontane’sche Blutmischung, die beinahe auch die meine ist, hervorgebracht werden. Effi Briest ist für mich noch immer der beste deutsche Roman seit den Wahlverwandtschaften“, schreibt Thomas an Maximilan Harden am 30.9.1910 (Briefe, Bd. I, S. 85). Die Schriftsteller mit ein bißchen „lateinischer Blutmischung“, wie Fontane oder Chamisso, hatten bei Heinrich ein Vorrecht neben den Franzosen, wie die Russen für Thomas. Fontane ist einer der wenigen, der ohne Meinungsänderung und Perspektivwechsel die literarische und kritische Bildung der Brüder Mann begleitet hat. Daher bildet Fontane für Heinrich eine Ausnahme, in dessen Werk die Spuren der Lektüre, Einflüsse und Ableitungen von deutschen Schriftstellern ausgesprochen selten und undeutlich sind.

233 Vgl. L. Mittner: Das Werk Thomas Manns, Mailand 1936, S. 161, und zum gleichen Motiv: E.Bertram, „Mitteilungen“, Jahrgang 4, S. 203; P. Friedrich: Thomas Mann, Berlin 1913, S. 20 und H. A. Peter: Thomas Mann und seine epische Charakterisierungskunst, Bern 1929.

234 Lanson: Histoire de la littérature française, Paris 1894,S. 1003. In der Detailpräzision und der „Pedanterie“ der Informationen, die er später verwendet würde, um nicht der Vernächlässigung der äußeren Glaubwürdigkeit beschuldigt zu werden, konnte Balzac der Meister Heinrichs gewesen sein, auch im Hinblick auf Details der Methode und ferner für die architektonischen und strukturellen Anregungen der Werke. Weiter erinnert Lanson daran, daß Balzac an Mme J. Carraud schrieb, um „le nom de la rue par laquelle vous arrivez à la place Mûrier, puis le nom de la rue qui longe la place du Mûrier et le palais de justice, puis le nom de la porte qui débouche sur la cathédrale; puis le nom de la petite rue qui méne au Minage et qui avoisine le rempart“ zu erfahren.

235 Die Besorgnis um die Namen galt ausnahmslos für die Schriftstellergeneration dieser Jahre. So kritisiert auch Pirandello in seiner Rezension von Le vergini delle rocce 1895 die erfinderische Schwäche in der Wahl der Namen, die zumindest nicht seiner eigenen Vorliebe gerecht wird: „und ich schätze, wieviel Bedeutung für den Künstler der Name trägt, der den von ihm gewählten und geschaffenen Typen personifizieren soll, und der vor seinen Augen als lebende Person existiert.“ (Übersetzung durch die Übers.] (Luigi Pirandello: Saggi, poesie e scritti vari, Mailand 1960, S. 915, zitiert von M. Guglielminetti in: Struttura e sintassi del romanzo del primo novecento, Mailand 1964, S. 65).

236 Das gleiche Motiv - das des Spaziergangs auf einem Esel auf der friedlichen Steigung nach Palestrina - ist in der Novelle Heinrichs von 1897 und im Faustus variiert: der Stil ist nicht nur von der Zeit abhängig. Heinrich: „Der Nachmittag war heiß, nur aus Mangel an Beschäftigung hatte ich meinen Freund, den ausgezeichneten Cavaliere Crisostomo Temaniente zu dem Spaziergang veranlaßt, um seinem Bruder guten Tag zu sagen, dem Pächter Sor Alfonso, der im Schweiße seines Angesichtes seine Bauern beaufsichtigte, auf den ihm Sr. Excellenz dem Fürsten Tordisasso verpachteten Kurkuruzfeldern, eine kleine Meile von Rocca di Fichi. Mehr als einen Esel, den wir abwechselnd ritten, hatte uns der gefällige Pächter in dieser Erntezeit nicht auf dem Rückweg mitgeben können“ (Novellen, I, S. 111). Thomas: „[…] und Sor Alfonso, der Jüngere, etwa Mitte vierzig, von den seinen vertraulich „Alfo“ angeredet, ein Landmann, den wir von unserem Nachmittagsspaziergang in die Campagna nach Hause zurückkehrend, auf seinem kleinen Langohr, die Füße beinahe am Boden, unter einem Sonnenschirm und die blaue Schutzbrille auf der Nase, von seinen Feldern heimreiten sahen.“ (Faustus, S. 228)

237 Göttinnen, S. 702: Der Advokat hatte zusammen mit dem Maler Jacobus Halm, der sich von den Mühen des Malers zurückgezogen hatte, eine Gesellschaft zum Kampf gegen die Reblaus gegründet und das ist für Heinrich Mann die Gelegenheit, eine ganze Reihe von gesammelten Notizen zu diesem Problem und neuen Methoden zur Erhöhung des Alkoholgehalts im Wein zu verwenden.

238 Zwischen den Rassen, S. 371.

239 Die kleine Stadt ist für eine Strukturanalyse im Sinne Eberhard Lämmerts besonders geeignet (Vgl. Bauformen des Erzählens, Stuttgart 1955, hier besonders das Kapitel Gliederung und Verknüpfung mehrsträngiger Erzählung, S. 43-66).

240 Einer handschriftlichen Notiz Heinrichs, Puccini über Wagner, die im Nachlaß des Archivs erhalten ist, kann man das Interesse des Autors ablesen: „Ich glaube, daß die Verallgemeinerung des Studiums der Wagner’schen Opern, soweit sie nicht in sklavische Nachahmung ausweiche, in Italien zum Erwachen ernsterer und tieferer musikalischen Energie beitrug. Aber die wesentlich theatralische Sendung des latinischen Geistes, die auf die unmittelbaren Seelenerregung und die mit szenischer Sicherheit ausgedrückte menschliche Wahrheit ausgeht, ist dem Wagner’schen System von Natur entgegengesetzt und wendet sich vielleicht besser anderen Wendungen zu, die möglicherweise revolutionärer, aber einfacher und gefühlvoller sind.“ (Die Hervorhebungen entsprechen den von Mann gemachten Unterstreichungen). Es ist eine programmatische Anlehnung für die Art von musikalischer Atmosphäre, wie sie in der Kleinen Stadt geschaffen wurde und gleichzeitig ein Hinweis darauf, in den „anderen Wendungen“ die wichtigen Motive des „operhaften“ Romanteils zu suchen.

241 Zeitalter, S. 276-277. [Zeitalter, S. 312, Anmerk. d. Übers.].

242 In der Oper von Paris 1877 uraufgeführt, in der Saison 1887-1888 dann auf der Bühne des „Regio“ in Parma. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß Heinrich Mann es auch in einem anderen Theater gesehen hat oder es nur dem Titel nach kannte.

243 U. Weisstein, a.o.O., S. 100.

244 Und weiter: „Jeder Deutsche ist mehr werth als jeder Italiener, aber die Menge taugt nichts, vielmehr es gibt in Deutschland gar keine Menge. Sieh Dir die Deutschen im Theater an; wie egoistisch in sich versunken jeder ist. Wie unmöglich dort die spontanen Gefühlsäußerungen einer italienischen Galerie wären. Hier hat das Volk generöse Wallungen, im Gerichtsaal, auf der Straße und weiß sich doch wieder selbst zu beherrschen. Bei den Deutschen muß das die Polizei tun von der in Italien man so wenig merkt. (Italiener ungeduldig gegen Joch, verstehen sich leichter, sind beweglicher, schwerer zu disciplinieren). Das Fluidum, das gemeinsame Gefühl kommt bei der deutschen Menge viel schwerer in Gang; ist es aber entfesselt, dann hilft bloss noch der Schutzmann.“ (Archiv N. 467, TNI) Die Notizen wurden später für den Roman verwendet, und vom Beginn ausgehend, könnte es sich um einen beabsichtigte Dialog Arnolds handeln: tatsächlich ist gerade die an Lola gerichtete Erzählung Arnolds der Teil der Periode, der als italienisch-autobiographischer Teil zu identifizieren ist. Durch den Reiz eines Vergleichs zwischen deutscher und italienischer Verhaltensweisen und Situationen, kristallisiert sich die Wahl des Ambientes und des Materials für Die kleine Stadt und später für den Untertan.

245 Die Beschreibung von der Ankunft des Wagens mit den Choristinnen stimmt fast in jedem Detail mit den einleitenden Regieanweisungen der Pagliacci überein: „Beim Heben des Vorhanges hört man das mißtönende Schmettern der Trompeten, das sich mit Paukenschlägen abwechselt, gleichzeitig mit Lachen, fröhlichen Rufen, den Pfiffen der Spitzbuben und Geschrei, das sich langsam nähert. Vom Klang und dem Lärm angezogen, eilen die Bauern beiderlei Geschlechts und festlich gekleidet herbei […] Ein pittoresker Wagen, mit verschiedenen Farben bemalt und von einem Esel gezogen, kommt heran.“ [Übersetzung durch den Übers.]

Die kleine Stadt: „Alle sammelten sich am Ausgange des Platzes, reckten die Arme nach dem Tor und lärmten mit. Denn immer lauter ward dort hinten das Gewirr von Lachen und Gekreisch, das Trommeln auf Holz, das Singen […] Und mit Rasseln, Knallen und Gebell und umtollt von den Windlichtern der Jungen brach, voll weiblicher Schreistimmen, ein ganz bunter Wagen herein - niemand begriff die Buntheit - fuhr mitten auf den Platz und war da.“ Von diesem Modell sind viele Konsequenzen der Ereignisse bestimmt: wie in den Pagliacci ist es in Die kleine Stadt diese Darstellung, die das Drama der Verliebten hervorruft, auch wenn es sich um eine Verschmelzung von Motiven handelt, die aus der Gattung der veristischen Oper hergeleitet sind.

246 Vgl. U. Weisstein: Heinrich Mann und Gustave Flaubert, in Euphorion, 57, 1963, S. 132.

Yüklə 0,98 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   12   13   14   15   16   17   18   19   20




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©muhaz.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

gir | qeydiyyatdan keç
    Ana səhifə


yükləyin