Masaryk-universitäT



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Schlusswort

Abschließend möchte ich meine Dissertation im Hinblick auf ihre literarisch-theoretische und pädagogisch-didaktische Bedeutung kurz zusammenfassen.


Ich habe mich mit dem Leben und Schaffen sieben in Österreich ansässiger Schriftstellerinnen für Kinder und Jugendliche – Mira Lobe, Vera Ferra-Mikura, Käthe Recheis, Christine Nöstlinger, Renate Welsh, Lene Mayer-Skumanz und Jutta Treiber – befasst. Ihr literarisches Oeuvre habe ich im breiten Kontext der Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur in Österreich betrachtet.

Zuerst wurde der Stand der Forschung zum Gattungsbegriff ‚Kinder- und Jugendliteratur‘ aufgegriffen. Unter den Anfängen der Erforschung der Kinder- und Jugendliteratur habe ich primär die Formulierung der literarisch-ästhetischen Kriterien verstanden, wie sie Heinrich Wolgast im Jahre 1896 in seiner Arbeit Das Elend unserer Jugendliteratur aufführte. Sein Werk habe ich kontrastiv mit der gegenwärtigen Forschung der Kinder- und Jugendliteratur am Beispiel des Werkes von Hans-Heino Ewers verglichen. H.-H. Ewers versteht die gegenwärtige Kinder- und Jugendliteratur als ein komplexes kulturelles Handlungs- und Symbolsystem. In seiner literaturwissenschaftlichen Forschung gelingt ihm meiner Meinung nach die beste Klärung terminologischer Fragen und die Erfassung fundamentaler Strukturen des Gegenstandes Kinder- und Jugendliteratur. Er schöpft aus dem Werk Göte Klingberg, nimmt es kritisch auf und knüpft seine Entwicklung und Präzisierung der Fachterminologie an. Der zugrunde liegende zeitliche Bezugsrahmen seiner wissenschaftlichen Beschäftigung erstreckt sich vom 18. bis zum 20. Jahrhundert.

Die Tradition der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur wird in dem umfangreichen Zeitabschnitt von der Aufklärung bis zum Zweiten Weltkrieg betrachtet, es werden vor allem die Tendenzen des sog. Jugendschrifttums erwähnt. Primär habe ich aus dem Werk Geschichte der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart von Hans-Heino Ewers und Ernst Seibert geschöpft. Dieses Werk ist umso wichtiger, als in Österreich im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz die Kinder- und Jugendliteratur als literaturwissenschaftliches Forschungsfeld noch immer mit wenig entwickelter Bereitschaft aufgegriffen wird.

Am Anfang der intentionalen Kinder- und Jugendliteratur im 18. Jahrhundert standen vor allem pädagogische Kriterien der Bewertung im Vordergrund, denn die Hauptaufgabe dieser Literatur war die Erziehung der jungen Generation. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich Kriterien der Entwicklungspsychologie durchgesetzt, die sich auf die Angemessenheit bzw. Eignung des literarischen Werkes in Bezug auf psychologische und altersbedingte Sonderheiten des jungen Lesers konzentrierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg formulierte der österreichische Literaturwissenschaftler Richard Bamberger die sog. ‚Leserphasen‘. Bambergers großes Verdienst liegt in der Schaffung von Institutionen im Dienste der Leseforschung und Leseförderung sowie in der Erforschung der Bedingungen, die dem Lesenlernen förderlich sind.


Im Kapitel ‚Österreichische Kinder- und Jugendliteratur nach 1945‘ charakterisiere ich zuerst die allgemeine literarische Atmosphäre im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur nach dem Zweiten Weltkrieg, danach befasse ich mich mit dem prosaischen Werk der von mir ausgewählten Schriftstellerinnen, wobei ich mich auf die Genres der realistischen Geschichte und der phantastischen Prosa konzentriert habe (Erzählung, Novelle, Roman). In der Nachkriegszeit herrschte Uneinheit im Definieren der einzelnen literarischen Genres, die meisten Studien bevorzugten das Kriterium der Entwicklungspsychologie, wie z. B. Richard Bamberger, der 22 Genres definierte. Erst Hubert Hladej setzte in seiner Dissertationsarbeit Das österreichische Jugendschrifttum aus dem Jahr 1968 erneut auf die traditionelle Gliederung Lyrik, Epik und Drama. (Vgl. A. Mikulášová, 2004)

In den 50er Jahren entwickelte sich vor allem die phantastische Prosa, die neue inhaltliche Elemente trug. Sie beruhen auf der ständigen gegenseitigen Durchdringung der realistischen und phantastischen Ebenen, wobei die Welt der Phantasie nicht außerhalb der konkreten Realität steht, sondern sie sozusagen durchwächst. Manchmal hat die phantastische Welt für die handelnden Protagonisten eine eskapistische Funktion, sie soll als ein Mittel der Darstellung der soziologischen und psychologischen Erscheinungen dienen. Dort, wo die Kinder mit ihrer eigenen Kraft und Fähigkeit unzulänglich sind, selbst die Probleme zu lösen, tritt die Phantasie auf, die das Problem beseitigen hilft.



Die politisch-gesellschaftlichen Veränderungen in ganz Europa Ende der 60er Jahre widerspiegeln sich in der Formulierung der sog. ‚Anderen Moderne‘, die die ‚antiautoritäre‘ Kurzgeschichte als eine neue Gattung mit sich bringt. Soziologische Probleme werden zu scharf diskutierten Themen in der Prosa, z. B. sozial schwache Familien, Emanzipierung der Frau, Einzelgänger abseits der peer-group. Der Tod und das Sterben werden offen, ohne Tabu besprochen. Die 70er und 80er Jahre bringen Themen in die Kinder- und Jugendliteratur wie Harmonie und Verständigung in den Partnerbeziehungen und Kindheit als eine selbständige und gleichberechtigte Phase während des Heranwachsens und der Reifung des Menschen. In der Prosa der 90er Jahre wird das Innenleben der Protagonisten hervorgehoben, wobei das zentrale Thema das Milieu der Familie bzw. der Gruppe der Gleichaltrigen bleibt. In diesem Jahrzehnt wird das Interesse an geschichtlichen Themen geäußert. Zum wichtigsten Thema der Gegenwartsgeschichte wird erneut der Zweite Weltkrieg, der in neuer Perspektive aufgegriffen wird. Die historische Wirklichkeit wird retrospektiv bewältigt – durch die Sichtweise der sog. dritten Generation, der Generation der Enkelkinder, die den Krieg nicht erlebt hat, sich jetzt mit seinen Konsequenzen abfindet und Verhaltensweisen der Großeltern kritisch bewertet.
Das Schaffen der von mir ausgewählten Autorinnen wird im Kapitel ‚Zur Gattung Mädchenbuch‘ thematisch verbunden. Diese seit dem 19. Jahrhundert existierende Gattung der Kinder- und Jugendliteratur kam in ihrer Entwicklung durch einige Veränderungen vom sog. ‚Backfischbuch‘ – der gehorsamen und untergeordneten künftigen Ehefrau des vorvorigen und teilweise auch vorigen Jahrhunderts – hin zum emanzipatorischen Mädchenbuch der Gegenwart. Ich habe die Protagonistinnen der einzelnen, von mir analysierten Werke der sieben Autorinnen entweder nach ihren Charaktereigenschaften oder nach den inhaltlichen Merkmalen in sieben Gruppen aufgeteilt und diese näher beschrieben. Das Kapitel ‚Tschechische Prosa nach 1945‘ wird auf die Gattung Mädchenbuch in der tschechischen Kinder- und Jugendliteratur fokussiert, und es soll als ergänzender und vergleichender Beitrag zum Mädchenbuch in Österreich verstanden werden.
In den Passagen, die sich der Übersetzung und Rezeption der einzelnen literarischen Werke der österreichischen Autorinnen ins Tschechische widmen, habe ich die Veröffentlichungen der deutschen und tschechischen (bzw. slowakischen) Fassung neben einander gelegt und sie nach mehreren Gesichtspunkten unter die Lupe genommen. Was die Botschaft der Kultur und Denkweise anbelangt, habe ich keine wesentlichen Unterschiede gefunden, da beide Länder – Österreich und Tschechien bzw. die damalige Tschechoslowakei – nicht nur zwei Nachbarländer sind, sondern im historischen Kontext gesehen sie auch eine gemeinsame Geschichte verbindet. Bei einer genauen sprachlichen und stilistischen Analyse habe ich mehrere abweichende Passagen gefunden, am Ende jedes Abschnittes zusammengefasst und ausgewertet. Die vorgenommene Analyse verstehe ich als einen nützlichen Beitrag zur sprachlichen Kritik, die meiner Meinung nach in den sich der gegenwärtigen Kinder- und Jugendliteratur widmenden tschechischen Periodika fehlt. Ich möchte an dieser Stelle vor allem Ladění, die Zeitschrift für Theorie und Kritik der Kinderliteratur nennen, die an der Pädagogischen Fakultät der Masaryk-Universität veröffentlicht wird.

Da in der Kinder- und Jugendliteratur die Illustration eine nicht nur untergeordnete Rolle spielt und weil die Bilder für Kinder wichtige Tore zur Entdeckung der Welt darstellen, habe ich auch einen kleinen Versuch zur Bewertung der Bildausstattung der jeweiligen beiden Fassungen gemacht. Man behauptet zwar, dass die Kinderillustration und das hohe ästhetische Niveau in der tschechischen bzw. der damaligen tschechoslowakischen Kultur des Kinder- und Jugendbuches eine lange Tradition haben, aber ich kann abschließend nicht sagen, dass die Qualität der einen (originalen) oder anderen (übersetzten) Fassung wesentlich unterschiedlich ist. Marginale Unterschiede habe ich in Einzelfällen gefunden und auch ausgewertet.


An letzter Stelle ist das pädagogisch-didaktische Ziel meiner Dissertationsarbeit zu nennen. Ich hoffe, dass diese Arbeit meinen Studentinnen und Studenten an der Pädagogischen Fakultät der Masaryk-Universität als ein nützliches Handbuch beim Studium der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur dienen wird.

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