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Kapitel VIII Renate Welsh



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Kapitel VIII

Renate Welsh

Autorenporträt



1. Leben

Renate Welsh wurde am 22. Dezember 1937 in Wien als Tochter eines Arztes geboren, der sich eigentlich einen Sohn gewünscht hatte. Als Vierjährige verlor sie ihre Mutter, die an einem Hirntumor starb. Dieser frühe Tod prägte sie, weckte in ihr Schuldgefühle. Zusammen mit der um zwei Jahre jüngeren Schwester lebte sie eine Zeitlang bei den Großeltern auf dem Land. Während die kleine Schwester Großmutters Liebling war, hielt sich Renate mehr an den Großvater. Heute noch ist sie stolz darauf, dass er mit ihr über alles reden konnte. Von ihm lernte sie zuhören und darauf vertrauen, dass ihr jemand zuhören kann. Mit ihrem Großvater konnte sie nicht nur so sein, wie sie war, sondern so, wie sie sein wollte. Vier Jahre nach dem Tode der Mutter starb auch der Großvater, was ein herber Verlust für die damals Achtjährige war.

In Aussee, im Dorf, wo ihre Großeltern lebten, wurde Renate auf ihren eigenen Wunsch im Alter von fünf Jahren eingeschult. Die Unsicherheit im Umgang mit anderen Kindern machte es ihr sehr schwer, sich in die Klassengemeinschaft zu integrieren. Sie war schüchtern, zugleich aber außerordentlich wissbegierig und, was sie sehr belastete, klein, rothaarig und sommersprossig. Darum war ihr die Außenseiterrolle vorausbestimmt. Retter in der Not war der Stärkste in der Klasse. Dieser bot ihr Geleitschutz an, wenn sie als Gegenleistung für ihn die Hausaufgaben schreiben und, was noch viel wichtiger war, Geschichten erfinden würde. Er wusste diese kommerziell zu verwerten. So kam es bald zu einem schwungvollen Handel. Renate schrieb auf Zettel, nähte diese zu Heften zusammen. Er verkaufte die fertigen Produkte gegen einen Bissen Schmalzbrot, eine Hand voll Nüsse oder Zwetschen. So begann sie, die sich heute selbst für die Schwachen einsetzt, als Kind zu schreiben, wie sie in der Rolle der Unterlegenen war: „Ich will zeigen, wie es einem Außenseiter geht, will Verständnis erwirken, weil ich inzwischen meine, dass man sich ohne Fäuste besser wehren kann.“ (R. Welsh)
Nachdem ihr Vater wieder geheiratet hatte, besuchte sie in Wien die Mittelschule. Die Ehe zwischen Vater und Stiefmutter war nicht besonders glücklich. Auch das sah Renate als ihr Verschulden an. Dazu hatte sie das Gefühl, die Stiefmutter bevorzuge die eigene, leibliche Tochter. Ihren Vater, den sie selbst als Patriarchen bezeichnet, sah sie nur selten. Am ehesten erfuhr sie seine Nähe, wenn sie mit ihm auf Krankenbesuch ging. In dieser Zeit lernte sie in dem Ärztehaushalt, neben strengen Sitten und Moral, Entscheidendes. Immer wieder wurde sie von ihrem Vater dazu angehalten, als Laufbursche Medikamente aus der Apotheke zu besorgen und zu den Kranken zu bringen, die dazu selbst nicht in der Lage waren. Bei diesen Botgängen gewann sie einen Einblick in die Lebensverhältnisse von Arbeitern oder alten Leuten, wie sie Gleichaltrigen ihrer Schicht verschlossen blieben. Sie lernte unterschiedliche Formen von Armut kennen. Ein starkes Engagement, das sich durch ihre Bücher zieht, war die Folge.

Mit fünfzehn Jahren erhielt sie ein Stipendium und ging für ein Jahr als Austauschstudentin nach Portland, Oregon. Sowohl in den USA als auch ein Jahr später in Wien unterzog sie sich der Matura und bestand die Prüfung. 1955 begann sie an der Universität Wien Englisch, Spanisch und Staatswissenschaften zu studieren, brach das Studium allerdings nach ihrer Heirat 1956 ab, um am Britisch Council in Wien zu arbeiten. Dort war sie zunächst nebenberuflich, ab 1962 freiberuflich als Übersetzerin tätig.

Es folgte die Geburt ihrer zwei Söhne Georg (1958) und Martin (1959). Die erste Ehe hielt nicht lange. 1961 heiratete Renate Welsh ihren zweiten Mann, einen schottischen Musiker. 1962 kam ihr dritter Sohn Chris zur Welt.

Ihre schriftstellerische Tätigkeit begann nach einem längeren Krankenhausaufenthalt im Jahre 1968. Bei einem Sturz von einem Aprikosenbaum brach sie sich den dritten Halswirbel. Es war fraglich, ob sie je wieder würde gehen können. Vor allem aber war ihr Sprachzentrum für einige Zeit nachhaltig gestört. Diese lange Phase des Liegens und Nachdenkens war der Auslöser für ihr erstes Buch, Der Enkel des Löwenjägers (1969).

Seit 1975 arbeitet Renate Welsh als freiberufliche Schriftstellerin. Sie ist vornehmlich als Autorin der Kinder- und Jugendliteratur bekannt. Sie schreibt jedoch auch für Erwachsene. Darum wird sie als eine tätige und vielseitige Persönlichkeit betrachtet. Den Beweis führt ihre Mitarbeit mit dem Österreichischen Rundfunk und in der letzten Zeit eine Reihe von Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften. Sie sucht die Nähe zu ihrem Lesepublikum, unternimmt Lesereisen und hält Gastvorträge innerhalb und außerhalb Österreichs. Sie veranstaltet auch Schreibwerkstätten und Lesungen für Kinder.

Heute lebt sie mit Dr. Shiraz Rabady, ihrem Partner, in Wien und in Hilzmannsdorf, Niederösterreich. Nach einer langjährigen Beziehung hat sie mit ihm 1997 die Ehe geschlossen. Es ist interessant, dass er Arzt von Beruf ist, gleich wie ihr Vater und ihre Söhne Georg und Martin.

Das Erzählen und Schreiben von Geschichten ist noch immer ein Teil ihrer selbst. Bis zu 80 Stunden in der Woche arbeitet sie. Da sie glaubt, „dass Bücher der Hoffnung mehr Platz einräumen können, dass sie die Grenzen des Verstehens und der Einsicht ausdehnen können“, sagt sie weiter: „In der Hoffnung auf diese Hoffnung schreibe ich und weil mir gar nichts anderes übrigbleibt. [Vgl.: K. Škrabková 2003, S. 12]


2. Schaffen

Welshs Arbeiten umfassen sowohl vom Alter der Zielgruppe her als auch bezüglich der Themenbereiche ein äußerst breites Spektrum. Bilderbücher und heitere phantastische Erzählungen finden sich ebenso wie Kinder- und Jugendromane, in denen sie die Realitäten, Empfindungen, Probleme und Identitätssuchen junger Menschen in den Mittelpunkt stellt. Ihre biographischen und zeitgeschichtlichen Texte überzeugen nicht zuletzt durch die vorangegangene akribische Recherche; individuelle Existenzen werden dabei in unmittelbarem Zusammenhang mit den jeweiligen politischen Ereignissen gesehen. [Vgl.: K. Sollat 1994]




2.1. Roman Johanna

Die vielleicht größte Stärke von Renate Welsh ist die literarische Umsetzung authentischer Vorgaben. Johanna (1979) basiert auf Gesprächen mit der realen Protagonistin. Die Geschichte spielt im Österreich der 30er Jahre (1931–1936), in der Zwischenkriegszeit, die von politischer Unsicherheit und finanzieller Not, Arbeitslosigkeit und aufkeimendem Nationalsozialismus geprägt ist.

Johanna, als uneheliches Kind recht- und chancenlos, wird als Magd auf einem Bauernhof jahrelang ausgebeutet, bis sie sich aus den Unterdrückungsmechanismen befreit und selbständig entscheidend die Verantwortung für ihr Leben übernimmt.

Die individuelle Existenz wird in unmittelbarem Zusammenhang mit den politischen Ereignissen gesehen. Das dörfliche Klima ändert sich – unbegreiflich für Johanna – als Kanzler Seipel stirbt, Hitler in Deutschland an die Macht kommt, Kanzler Dollfuß erschossen wird. In den zahlreichen Reflexionen und Dialogen zwischen den Bauern und Arbeitern, in den Ausführungen des politisierenden Pfarrers wird jüngere österreichische Geschichte lebendig – die nicht nur für Österreich interessant ist: 1980 wurde Johanna mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.


Genesis des Werkes
Renate Welsh schildert die Geschichte eines Mädchens, das sich zur selbständig denkenden und handelnden Frau entwickelt. Dieses Werk beruht auf einer wahren Biographie.

Die Autorin selbst sagt über die Zeit, als sie das Buch zu schreiben begonnen hat:

Um Johannas Geschichte so zu erfahren, mußte ich zuerst von meiner Nachbarin im Dorf, die im Buch Johanna heißt, eine Menge handfester Dinge lernen, vom Umstechen bis zum Strudelausziehen. Wir tranken unzählige Tassen Kaffee in ihrer oder meiner Küche, bevor sie mir wirklich von sich erzählen konnte. Natürlich hatten wir auch früher geredet, über ihre Enkel und meine Kinder, über die Politik und Dorftratsch, aber diese Gespräche waren immer außen geblieben. Vielleicht hatte sie Angst, die Unordnung ihrer Herkunft könnte Schatten auf ihre gegenwärtige Ordnung werfen.“ [R. Welsh 1995]
Renate Welsh hat viele Zeitungen durchgelesen, mit Zeitzeugen gesprochen und die Dreißiger Jahre aus der Literatur studiert, um ein Bild der damaligen Zeit zu bekommen. Sie hat auch auf dem Bauernhof gearbeitet, um nicht nur im Kopf, sondern auch im Kreuz zu wissen, was der Alltag einer Magd bedeutet.

Eines Tages erzählte mir meine Nachbarin, dass sie als Jungdirn noch zu Allerheiligen barfuss Kühe hüten musste. Ich stellte mir den Frost auf den Stoppelfedern vor, den stechenden Schmerz in den Fußsohlen und Zehen. Ich stellte mir vor, wie Johanna auf einem Fuß stand, den anderen zwischen den Händen warm zu reiben versuchte. Dann fiel mein Blick auf die Kuhfladen, die in die kalte Luft dampften. Ekel, dachte ich, war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Ich ließ Johanna in die Kuhfladen steigen, die Wärme zwischen den Zehen spüren. Ich schrieb diese Szene auf, offenbar hatte ich die Hoffnung doch nicht ganz aufgegeben, irgendwann ihre Bewilligung zu erhalten.“ [Ebd. S. 17]


Geschichtlicher Hintergrund des Romans Johanna
Im Roman widerspiegeln sich politische und gesellschaftliche Ereignisse Österreichs der Zwischenkriegszeit. 1918 wurde die Monarchie aufgelöst und die Republik entstand. Das wichtigste Problem der jungen Republik war die Festlegung ihrer Grenzen. Die sudetendeutschen Siedlungsgebiete wurden 1918 von tschechoslowakischen Truppen besetzt.

Um die Wirtschaft vor dem Zusammenbruch zu retten, nahm Österreich zwei Völkerbundanleihen (1922, 1932) auf. Politiker sowie Bevölkerung waren auf ein Leben in einem Kleinstaat nicht eingerichtet. Das innenpolitische Problem war die Einführung der neuen Staatsreform, die durch eine demokratische Verfassung gesichert wurde. Die Nationalversammlung wählte Karl Renner (1870–1950) zum Staatskanzler. Die ersten Wahlen aufgrund der Verfassung fanden im Oktober 1920 statt und brachten den Christsozialisten die Mehrheit. Gemeinsam mit den Großdeutschen und dem Landbund bildeten sie die Regierung. Diese Kleine Koalition, auch Bürgerblock genannt, bestimmte die Jahre 1921 bis 1932. Die Sozialdemokraten gingen in die Opposition.


Am dringendsten musste die Regierung die wirtschaftliche Notlage beseitigen, die schließlich zu einer schweren Inflation geführt hatte. Bundeskanzler Ignaz Seipel gelang es, die Wirtschaftslage zu konsolidieren.

Das tiefe Misstrauen der beiden politischen Parteien führte zum Aufbau von Parteiarmeen: Republikanischer Schutzbund und Heimwehren. 1927 zeigten sich die Spannungen zum ersten Mal. In Wien kam es zu Arbeiterdemonstrationen und der Justizpalast ging in Flammen auf. Seipel ließ durch den Einsatz bewaffneter Kräfte die Ordnung wieder herstellen, über 90 Menschen starben.

Die Weltwirtschaftskrise verursachte die Steigerung der Zahl der Arbeitslosen. Zu Beginn der dreißiger Jahre war jeder Dritte arbeitslos.

Die Sozialdemokraten lehnten ein Koalitionsangebot der Christsozialen 1931 ab und schwächten den demokratischen Flügel. Der Bundespräsident Wilhelm Miklas betraute den Landwirtschaftsminister Engelbert Dollfuß mit der Regierungsbildung. Dollfuß begann Österreich in einen autoritären Staat umzuwandeln. Er wollte den Staat auf berufsständischen Grundlagen neu aufbauen, was auch den Wünschen Mussolinis entsprach, und gründete eine neue Partei, die Vaterländische Front, die alle politischen Kräfte zusammenschloss. Die Partei der Sozialdemokraten wurde verboten und demokratische Kräfte fielen als Stütze gegen den Nationalsozialismus aus.

1934 trat die neue Verfassung des Bundesstaates Österreich in Kraft, die sozialdemokratischen Bevölkerungsschichten lehnten jedoch die Regierung ab. Dollfuß konnte sich also nur auf einen Teil des Volkes stützen. 1934 scheiterte der NS-Putsch, Dollfuß wurde getötet und zum Bundeskanzler wurde Kurt von Schuschnigg gewählt. Unter dieser Bedrohung ließ Hitler seine Anhänger in Österreich fallen und leugnete jede Verantwortung für den Tod des Kanzlers.

1936 entschloss sich Schuschnigg einen Vertrag abzuschließen, in dem sich Deutschland unter anderem zur Nichteinmischung und Österreich zur Amnestierung verhafteter Nationalsozialisten verpflichtete. Er bemühte sich auch um einen Ausgleich mit den Sozialdemokraten, jedoch wenig erfolgreich.

1938 erreichte Hitler von Schuschnigg Zugeständnisse, die zur Auslieferung Österreichs führten und die NSDAP wurde praktisch legalisiert. Hitlers Drohungen mit militärischem Einmarsch veranlassten Schuschnigg zurückzutreten. Der neue Bundeskanzler wurde Arthur Seyß-Inquart. Am 12. März begann der deutsche Einmarsch. Der Anschluß wurde von den Großmächten zur Kenntnis genommen.
Im Buch von Renate Welsh spiegelt sich die politische Situation des damaligen Österreichs in den individuellen Schicksalen der Protagonisten. Es handelt sich um zahlreiche Reflexionen und Dialoge, heftige Diskussionen und gewaltsame Akte zwischen den Bauern und Arbeitern oder um Ausführungen des politisierenden Pfarrers.

Johanna ist ein Entwicklungsroman, der mehr als ein Einzelschicksal eines Mädchens aus der unprivilegierten Schicht schildert. Die individuelle Existenz wurde in die damaligen politischen Ereignisse eingegliedert. Das Buch stellt nicht nur die politische und soziale Situation in Österreich der 30er Jahre dar, sondern auch die Identitätskrise Jugendlicher.

2.2. Ausländer im Werk von Renate Welsh

Im Verlag Jugend & Volk, der 1973 einen kurzen Versuch mit zweisprachigen Büchern zur Gastarbeiterproblematik gestartet hatte, erschien im selben Jahr Ülkü, das fremde Mädchen von Renate Welsh. In Tagebuchform berichtet ein österreichisches Mädchen u. a. über ihre Freundschaft mit einer Türkin, beobachtet bei sich und anderen Vorurteile; die notwendigen Hintergrundinformationen, deren Fehlen viele andere Bücher so eng und eindimensional erscheinen lassen, werden in Form von Protokollen, Berichten, Notizen, Briefen zwischengeschaltet. [Vgl.: R. Wild 1990, S. 342]


In der realistischen Geschichte Ülkü, das fremde Mädchen versucht Renate Welsh sehr vorsichtig, die unterschiedlichen kulturellen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen einer österreichischen und einer türkischen Familie zu beschreiben. Die Protagonistin der Geschichte ist das zwölfjährige österreichische Mädchen Bärbel. Eines Tages kommt das türkische Mädchen Ülkü in die Klasse und muss die ihr fremde Umwelt bewältigen. Das ausländische Mädchen könnte sich, weil es intelligent und fleißig ist, leicht in das Gastland integrieren, aber die Familie hat andere Pläne. Sie will nämlich nach etwa einem halben Jahr nach Hause zurückkehren. Doch schlussendlich bauen die beiden Mädchen ihre ursprünglichen Vorurteile ab und werden Freundinnen.

Das Buch hat zwei unterschiedliche Erzählebenen. Auf einer Seite steht die Dokumentation in Form von Zeitungsausschnitten, Interviews, Briefen, Berichten zur Gastarbeiterproblematik. Dem gegenüber steht die Erzählung eines Mädchens, das die Erlebnisse mit der neuen türkischen Mitschülerin schildert.

Die Autorin äußert ihre Meinungen zu der Verarbeitungsform dieses Themas wie folgt:

Heute würde ich mich nicht mehr trauen, ein Buch über ein türkisches Mädchen zu schreiben, und wenn, dann nur in Zusammenarbeit mit einer Türkin. Damals dachte ich, dass nur unsere Fremdenfeindlichkeit der Integration im Weg steht, heute weiß ich, dass das zu einfach gesehen war.“ [R. Welsh 1991, S. 26]


Der Fall des Eisernen Vorhangs, die Veränderungen in früheren Ostblockländern und die Auflösung von Jugoslawien haben auch Auswirkungen auf die österreichische Kinder- und Jugendliteratur gezeigt.
1991 befasste sich Renate Welsh zum nächsten Mal mit der Problematik der Integration der Ausländerkinder im Roman Spinat auf Rädern. Die Protagonistin Maria, Tochter einer rumänischen Familie, deren Vorfahren früher in Österreich lebten und deren Eltern zurück wollten, fühlt sich in Wien einsam, entwurzelt, hat Misserfolge in der Schule. Ihre erste Freundschaft knüpft sie mit Frau Müller an, die genauso einsam wie Maria ist, jedoch aus anderen Gründen.

Tante Paula, wie sie von Maria angesprochen wird, wird von den anderen Leuten als verrückt betrachtet, denn sie fährt ab und zu ihre Zimmerpflanzen in einem Kinderwagen spazieren. Tante Paula sieht die Menschen und ihre Umgebung mit anderen Augen. Sie sagt: „Weißt du, Maria, so ist das: Als ich drauf und dran war, verrückt zu werden, hat es keiner gemerkt. Jetzt sagen sie, dass ich spinne. Komisch nicht?“ [R. Welsh. Spinat auf Rädern 1991, S. 17]

Die Autorin drückt Gefühle eines Mädchens aus, das sein Heim verloren hat und auf der Suche nach einem neuen ist. Die Freundschaft mit Tante Paula ist für es sehr wichtig. Sie ist die erste Person ohne Vorurteile, die sie in Österreich trifft, die in der Lage ist, mit Maria freundlich und ohne Hemmungen zu reden.

Welsh führt die Problematik der Ausländer auch am Beispiel der Türken an:

Meine Schwester heiratet!“ stieß sie heraus. Maria wußte nichts zu sagen. Was war daran so schlimm? Sie kannte Fasiye kaum. […] „Sie will ja nicht!“ „Warum sagt sie das nicht?“ fragte Maria. Fasiye schüttelt ihren Arm ab. „Du hast überhaupt keine Ahnung. Sie wird verheiratet, basta! Mit einem alten Mann. Weil sie als Deutsche nicht gut genug ist für einen Jungen.“ „Wieso Deutsche?“ Fasiye schlug mit der geballten Faust in ihre linke Hand. „Weil das so ist. Hier sind wir Türken. Dort sind wir Deutsche. Weil wir hier gelebt haben, und weil man nie wissen kann, ob wir wirklich brave Mädchen sind.“ Ihre Stimme war so scharf, dass es wehtat. [Ebd. S. 23]
R. Welsh zeigt nicht nur die Ausländerfeindlichkeit, sondern auch Gesetze und Regeln der jeweiligen Nation. Um Toleranz zu unterstreichen, gliedert sie in die Geschichte eine interkulturelle Tendenz der Schule ein. Die Lehrerin setzt sich zum Ziel, Vorurteile und Ausländerfeindlichkeit zu überwinden. Mit Hilfe verschiedener Aktivitäten im Unterricht bemüht sie sich, die Welt von dem globalen Gesichtspunkt aus zu präsentieren.
Bleib gleich da,“ sagte die Lehrerin. „Wir wollen auch ein bißchen erfahren, wie es bei euch zu Hause aussieht, dann können wir alle in der Phantasie hinreisen und teilen, was jede und jeder gesehen und erlebt hat.“

Katja drehte sich zu Ines um.

Maria wäre am liebsten aus der Klasse gelaufen.

Die Lehrerin schaute erwartungsvoll.

Wie sollte Maria das Dorf schildern? Großmutters Haus mit den Sonnenblumen davor, den Gemüsegarten daneben, die Ringelblumen zwischen den Zaunlatten, den Apfelbaum, das Schwein in seinem Koben hinter dem Haus, die Gurkenblüten über dem Komposthaufen, den Brunnen, den Schuppen mit der offenen Tür? Sie wollte sie nicht beschreiben. [Ebd. S. 75]
R. Welsh schildert Maria als einen durch objektive Realität frühzeitig erwachsenen Menschen. Vom Verhalten der Lehrerin ist eine erzieherische, pädagogische Intention spürbar. Sie möchte Maria in das Kollektiv integrieren. Ihr Einfluss kann jedoch nicht in die soziale Hierarchie der peer-group durchdringen, die Mitschülerinnen Marias sind imstande ihre Abneigung gegenüber Maria durchzusetzen und sie hat sich selbst zu verteidigen, um ihre stabile Position unter den Gleichaltrigen zu erkämpfen. Diese Tendenz nach einem verstärkten Individualismus der Protagonisten ist in der Kinder- und Jugendliteratur der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts steigend.

Renate Welsh hat in ihrem Roman nicht nur Ausländerintegration, sondern auch das Verhältnis zu älteren Menschen zum Thema gemacht.




2.3. Gewalt der Adoleszenten in den Büchern von Renate Welsh

Es handelt sich nicht um kriminelle Protagonisten in ihren Werken, sondern vorwiegend um Gewalttaten einer peer-group, die aus scheinbar auswegslosen Situationen und Angst ihrer Mitglieder entstehen. Motive solcher Werke sind oft auch Verhaltensweisen der Eltern, Gewalttaten in der Familie.

In den Büchern von Renate Welsh werden Jugendliche meistens nicht Hauptakteure gewalttätiger oder illegaler Aktionen. Sie stehen außen, reflektieren, suchen Kompromisse und Wege zur Versöhnung.

Ende gut – gar nichts gut (1980, Untertitel: Eine heikle Freundschaft)
Inhaltsangabe
Konstantin versteckt sich elf Tage in einer Betonröhre. Er ist von zu Hause ausgerissen. Sein Freund August bringt ihm Essen und Decken und stiehlt Geld aus der Kassa seines Vaters, um ihm bei der Flucht ins Ausland behilflich zu sein. Bald fühlt er sich in einer Klemme, gezwungen, Konstantin ständig mit dem Essen zu versorgen. Den einzigen Ausweg sieht er in Konstantins Abreise – dafür muss er ihm aber das nötige Fahrgeld besorgen. Aus der Kassa im Laden seiner Eltern stiehlt er das nötige Geld. Die Eltern verdächtigen ihre Angestellte, das unschuldige Mädchen Gabi.

Nachdem Konstantin wegen Diebstahls in einem Auto von der Polizei festgenommen wird, wird auch August als Zeuge verhört. Er gibt zu, Konstantin mit dem Essen von zu Hause versorgt und für ihn das Fahrgeld gestohlen zu haben.

August denkt über seine Freundschaft zu Konstantin nach, wie war seine Rolle in dieser Beziehung? Hat er ihm aus Angst geholfen? Beim Gerichtsverfahren nimmt er Konstantin schon mit anderen Augen wahr, es ist eine Ausnüchterung aus seiner Abhängigkeit. Obwohl ihm die Aussage über Erpressung seitens Konstantins helfen würde, bestätigt er sie nicht.
Ist das vielleicht gerecht, wenn der Konstantin zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wird, weil er eine Daunenjacke gestohlen hat, und der Mann bekommt sie sowieso wieder? Und so, wie der aussieht, kann er sich fünf neue kaufen, wenn er will. Und Konstantins Vater gibt zu, daß er ihn verprügelt hat, und nur, weil es sein Sohn ist und nicht ein fremder Mensch, darf er das tun? Der Konstantin hat einmal ein blaugeschlagenes Auge gehabt und hat gesagt, er ist gegen einen Lichtmast gerannt. Aber das war sicher nicht wahr, und beim Turnen hat er immer das Unterhemd anbehalten; jetzt weiß ich warum: der Vater hat ihn halbtot geprügelt, und der darf einfach nach Hause gehen, und keiner sagt was, und keiner tut was, und das ist ganz in Ordnung, und euch interessiert es auch nicht, und ihr reitet nur darauf herum, ob ich vor ihm Angst gehabt hab …Eine Scheißgerechtigkeit ist das! [R. Welsh. Ende gut – gar nichts gut, 1980, S. 36]
Ähnlich wie Mira Lobe im Roman Die Sache mit dem Heinrich (1989) äussert R. Welsh fast zehn Jahre vorher die verstärkte Solidarität der Kinder im Kollektiv. Das Phänomen der physischen und psychischen Misshandlung der Kinder wird in der Kinder- und Jugendliteratur offen besprochen. Der Leser soll erfahren, dass es keine ‚heile Welt‘ der kindlichen Idylle gibt, dass Kinder in der Erwachsenenwelt leben. Die kindlichen Protagonisten sprechen mit den Erwachsenen, Lehrern, Eltern, Erziehern etc. aus der Position der gleichgesetzten Partner, manchmal übernehmen sie sogar die Rolle der Berater.
Sonst bist du dran! (1994)
Eine Erzählung zum Thema Gewalt in der Schule.

Michel wird mehrfach Zeuge, wie einige seiner Mitschüler Arnold auflauern. Da sie Michel drohen und ihn erpressen, schließt er sich der Gruppe an. Zum Glück spürt die Lehrerin, dass in der Klasse etwas vorgeht. Sie schlägt vor, jeder Schüler soll selbst nachdenken, wie er mit Gewalt umgeht und seine Aussage anonym aufs Papier bringen. Diese Art der Beichte hat eine große Auswirkung auf die Schüler. Michel schämt sich vor sich selbst für sein Benehmen gegenüber Arnold, erzählt über sein Verhalten seinen Eltern und sie helfen ihm, einen Ausweg aus der Situation zu finden.


Sag mir nach: Ich bin ein stinkendes Arschloch.“ Das war Bertrams Stimme. Michel blieb stehen.

Er hörte, wie Klaus seine Lippen ansaugte und das zischelnde, halb zwitschernde Geräusch machte, das anzeigte, wie ärgerlich er war. Von Arnold kam nichts.

Da klatschte es laut, einmal, zweimal.

Wird´s bald?“



Wieder dieses Klatschen, und dann Lachen, vielstimmtig.

Ich muß heim, die Mama kriegt Zustände, wenn ich zu spät komme, und außerdem gibt es Apfelstrudel.“



Das klang wie Fanny, die jedes Jahr den Weihnachtsengel spielte, die gar keine Flügel brauchte, wiel sie sowieso aussah wie der Engel im Bilderbuch mit ihren goldblonden Locken und ihren himmelblauen Augen. Die konnte doch nicht dabeisein, wenn die Buben einen ohrfeigten, den sie in der Pause im Klosett ersäuft hatten. Fast ersäuft hatten. Aber das war Fannys Stimme, keine Frage, das war die Stimme, die alle so süß fanden und bei der Michel immer ein leichtes Ziehen in den Schneidezähnen spürte. „Du willst doch nicht, daß ich daheim Ärger kriege?“

Wieder klatschte es. Michel trat einen Schritt vor.

Jetzt sah er sie, Klaus, Bertram und ihre Freunde, und mitten zwischen ihnen Fanny, im Kreis um Arnold stehen. Einer nach dem anderen holte aus und schlug Arnold, der sich mit den Armen zu schützen versuchte. Plötzlich spritzte Blut aus seiner Nase, ein roter Schwall.

Fanny sprang zurück. „Das kommt vom Nasenbohren!“ rief sie. [R. Welsh. Sonst bist du dran 1997, S. 15–17]
Am harten, willkürlichen Verhalten von Fanny zeigt Welsh explizit, wie sich in der Kinder- und Jugendliteratur der letzten Jahrzehnte der Mädchen-Typ emanzipatorisch verändert hat. Die Mädchen sind keine submissiven Wesen mit einer vorprogammierten Frauenrolle mehr, sondern vollkommen gleichberechtigte Mitglieder einer peer-group, einer Bande, wo sie oft eine führende Position vertreten. Nur wirkt bei ihnen ein grobes und brutales Verhalten unerwartet und unglaublich auf den Leser, weil ihr sanftes und mildes Aussehen ein anderes Modell des Benehmens vortäuscht.


2.4. Thema des Krieges im Werk von Renate Welsh

Renate Welsh befasst sich mit dem Thema des Zweiten Weltkrieges retrospektiv, im Vordergrund der Werke stehen besonders Erinnerungen an den Krieg. Oft verarbeitet die Autorin auch solche Motive wie Nationalsozialismus, Schuldgefühle, Antisemitismus.


Besuch aus der Vergangenheit (1999)

Inhaltsangabe


Eines Tages steht eine fremde Frau vor dem Haus Lenas Eltern: Emma Greenburg ist Jüdin und kommt aus Kanada. Sie ist gekommen, um noch einmal die Wohnung zu sehen, in der sie früher gewohnt hat. Vor sechzig Jahren musste sie mit ihren Eltern vor Hitler fliehen. Lena ist gerührt davon, weil Frau Greenburg im gleichen Alter war, wie Lena heute. Lenas Mutter lädt die alte Dame zum Tee ein und versucht, ihre Verlegenheit in irgendeiner Weise zu verbergen. Lenas Großmutter reagiert sehr unfreundlich und abweisend. Sie hat nämlich Angst, ihre Wohnung zu verlieren. Nach dem Krieg, als die Lebensbedingungen schwierig waren, musste sie hart arbeiten und viel sparen, um die Wohnung kaufen zu können. Diese war für sie eine Verkörperung dessen, was sie, zusammen mit ihrem Mann, im Leben erreichte.
Oma trat zum Tisch, stützte beide Handflächen auf die Platte. [ …]

Setz dich doch, Mama.“

Ich stehe lieber.“ Oma blickte auf die Sitzenden herab. „Bevor Sie auf falsche Gedanken kommen, Frau Grünberg …“

Greenburg“, berichtigte die Mutter.



Oma wischte den Einwand weg. „Bevor Sie auf falsche Gedanken kommen, möchte ich Ihnen sagen, dass wir diese Wohnung nicht von den Nazis haben. Wir haben sie 1963 gekauft, zu einem Preis, der damals drei Jahresgehältern meines Mannes entprach. Und was wir hineinstecken mussten, verlottert wie die Wohnung war. Irgendwann muss Schluss sein.“ [R. Welsh. Besuch aus der Vergangenheit 1999, S. 10]
In der retrospektiven Erzählweise bearbeitet R. Welsh die Geschichte nicht nur aus Lenas Perspektive, sondern auch aus der der Mutter und der Großmutter. Sie beschreibt ihre Gefühle, Erinnerungen und Gedanken. Dabei zeigt sie, wie sich ihre Ansichten zum Thema Nationalsozialismus, Judenvernichtung und Wiedergutmachung unterscheiden.

Drei Frauen, die drei Generationen verkörpern, sehen die Wirklichkeit unterschiedlich. Die Großmutter betrachtet sich selbst als Opfer der Nazi-Zeit, die Mutter hat ihre theoretischen Überzeugungen nie wirklich überprüft und Lena hat sich bisher kaum für Politik interessiert. Für alle drei ist Emma Greenburgs Besuch der Beginn gewisser Auseinandersetzungen mit sich selbst. Die Mutter stellt fest, wie groß der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist. Lena gewinnt eine neue Auffassung von der Welt. Die Großmutter, die am stärksten gegen den Besuch ist, macht einen sehr großen Schritt und bemüht sich, ihre Ansichten zu verändern.


In diesem Buch vermischen sich die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg mit den Kriegsereignissen im ehemaligen Jugoslawien der 90er Jahre. Während Renate Welsh an diesem Buch gearbeitet hat, haben sich die Nachrichten vom Krieg auf dem Balkan überschlagen. Da hat sie ihn direkt in die entstehende Geschichte einbezogen:
Seit gestern Abend bombardiert die NATO militärische Ziele in Restjugoslawien“, sagte die Sprecherin. Die Mutter stellte ihre Tasse zurück. Kaffee schwappte aufs Tischtuch. Sie starrte das Radio an. Als die Nachrichten vorbei waren und Klaviermusik aus dem Apparat tönte, stand sie auf, knetete ihren Nacken. „Mein Vater hätte gesagt, wir müssen, sofort Reis, Zucker, Öl und Konserven kaufen. Grundnahrungsmittel. So hat er auf jede Krise reagiert.“ Sie drückte Lena an sich. „Hab keine Angst, mein Schatz.“

Lena war noch gar nicht so weit gekommen, Angst zu haben. Sie hatte die Nachricht gehört so wie alle Nachrichten, immerzu geschah etwas Furchtbares, anderswo, anderen Menschen, man sagte „schrecklich“ und gleich darauf: „Weißt du, wo mein Turnzeug ist?“ Jetzt klang Mutters Stimme so, dass Lena eine Beklemmung spürte, irgendwo in ihrem Inneren wurde eine Schraube angezogen. [Vgl.: Ebd. S. 81]
Im Verlauf der Handlung treten außer diesem Krieg auch die Ausländerfeindlichkeit in Österreich oder die Briefbombenangriffe in den Vordergrund. Sylvia Schwab äußert sich zu dieser Themenauswahl wie folgt:

Was die Autorin bewegt, sind die Verbindungslinien zwischen heutigem Ausländerhaß, dem Rassismus des Nationalsozialismus und dem Krieg im Balkan. Daß dieser Zusammenhang aber klar wird durch dieses Buch, möchte ich eher bezweifeln. In meinen Augen ist Renate Welshs „Besuch aus der Vergangenheit“ so lange überzeugend, intensiv und spannend, wie er bei seiner Ausgangsgeschichte und ihren familiären Folgen bleibt. Die aktuellen Konflikte wirken eher verwirrend und überfordern den Text, in einem eigenen Buch wären sie besser aufgehoben.“

Renate Welsh sagt dazu: „Ich tue mich ganz schwer, das auf einen Nenner zu bringen. Aber es geht immer wieder um Verantwortung, es geht immer wieder um Schuld, auch um das Unschuldig-Schuldig-Werden, das ich auch für wichtig halte, um das Annehmen von anderen, das Annehmen von sich selbst, wozu dann auch das Annehmen des eigenen Schattens gehört, um den Umgang mit Angst auch den Umgang mit Freude. [Vgl.: S. Schwab 1999]
Es sind viele und große Themen, die in diesem Erzähltext behandelt werden. Renate Welsh gelingt es, die Ereignisse im real existierenden Österreich der 90er Jahre zu schildern. Ein völlig ‚normales‘ Leben zwischen Schulalltag und Balkankrieg, Mutter-Tochter-Konflikten, Schuldkomplexen und den Blicken auf Schrecken der Vergangenheit.
Die Öffentlichkeit nimmt leider nicht immer positiv das Werk an, das sein Autor am meisten schätzt. So war es auch mit dem Empfang des Romans Besuch aus der Vergangenheit. Renate Welsh hat sich einmal zu diesem Problem geäußert:

Es hat mich sehr enttäuscht, dass Besuch aus der Vergangenheit kaum wahrgenommen wurde. Wenn ich von Reaktionen und Verkaufsziffern ausgehen wollte, müsste ich glauben, Das Vamperl wäre mein wichtigstes Buch. . […] Besuch aus der Vergangenheit ist ein Buch, das besonders viel von meinen eigenen Gedanken, Ängsten, Erfahrungen und zaghaften Hoffnungen enthält. Der Einstieg in das Buch war ein Bild, das mich seit Jahren beschäftigte: Eine alte Frau steht vor der Tür zu der Wohnung, aus der sie 38 flüchten musste und betrachtet diese ganz gewöhnliche Tür als wäre sie das interessanteste Bild, das sie je gesehen hat, als warteten hinter dieser Tür die Antworten auf alle Fragen, die ihr je den Kopf und das Herz beschwerten. Die Begegnung mit dieser Frau wird für die junge Protagonistin zu einem Schlüsselerlebnis, führt zu einer neuen Art der Auseinandersetzung mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, irritiert aber auch die Sehgewohnheiten von Lenas Mutter und Großmutter.“ [R. Welsh 2000, S. 25–26]


Das Buch Besuch aus der Vergangenheit ruft Reminiszenzen an ein Werk von Käthe Recheis hervor, und zwar an das Werk Geh heim und vergiss alles. In den beiden Werken wird ein Versuch gemacht, die Gegenwartsgeschichte literarisch zu verarbeiten, an der biede Autorinnen selbst, bzw. ihre Eltern persönlich beteiligt waren und die objektiv gesehen einerseits schmerzende Gefühle, andererseits Gefühle der Mitschuld hervorruft. Beim genannten Werk von K. Recheis handelt es sich um die noch nicht so weit entfernte Vergangenheit, um einen professionellen Fehler eines jüdischen Arztes, bei R. Welsh geht es um ein Problem der Geltendmachung der Eigentumsansprüche der jüdischen Bevölkerung, das bis heutzutage ungelöst bleibt.

2.5. Verarbeitung österreichischer Geschichte

Renate Welsh setzt sich auch mit der österreichischen Geschichte auseinander. Im Buch In die Waagschale geworfen. Österreicher im Widerstand (1988), das mit dem Jugendbuchpreis der Stadt Wien ausgezeichnet wurde, schildert sie Schicksale der Menschen, die gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben.


In acht Erzählungen werden Möglichkeiten des Widerstandes im Dritten Reich gezeigt. Er wurde von Menschen jeden Alters und unterschiedlicher sozialer Schichten geleistet. Renate Welsh wählt beispielsweise eine Schauspielerin, einen Priester, einen kommunistischen Funktionär, ein 13-jähriges Mädchen oder eine treue Hausgehilfin, Frau Jehlik. Keine der Geschichten ist frei erfunden. Renate Welsh hat mit den Protagonisten oder ihren Familienangehörigen gesprochen und diese Gespräche ergänzt durch genaue Recherchen, Arbeit mit Dokumenten, Protokollen und durch Analyse einzelner Biographien.
Als ich lange Gespräche mit Menschen aus dem Widerstand gegen die Nazis führte, war mir von Anfang an klar, dass ich kein Recht hatte, die weißen Flecken in ihrer Erinnerung einzufärben, auch wenn ich die Farbpalette noch so gewissenhaft wählte. Nie werde ich wissen, ob ich nicht angesteckt worden wäre von der braunen Pest, die die Ohren verstopfte und die Nasen, die die Rücken krümmte und den Augen verbot zu sehen, was vor ihnen lag. […] Während der ganzen Zeit der Arbeit an diesem Buch begleitete mich die Scham darüber, dass niemand diesen Menschen gedankt hatte. […] In meinem Kopf stand ständig das Bild vom Grab des Rabbi Löw auf dem alten jüdischen Friedhof in Prag mit den vielen Steinchen, die darauf liegen, Steinchen der Verehrung, des Dankes, auch der Bitten. Diese Kiesel sind Symbole für die größeren Steine, die man in der Wüste auf Gräber legte, um die Ruhe der Toten vor wilden Tieren zu schützen. Solche Gedenksteine wollte ich einigen Männern und Frauen aus dem unbekannten Widerstand setzen, um zu zeigen, dass sie nicht vergessen werden durften.“ [Ebd., S. 24–25]
Als Renate Welsh Materialien für dieses Buch sammelte, hat sie viele Stunden im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes verbracht. So fand sie z. B. eine Eintragung im Tagesbericht der Gestapo Wien Nr. 6 vom 13.–14. Juni 1942:

Am 10. Juni 1942 wurde die Hausgehilfin Elisabeth Jehlik, 4. April 1891 in Stetiza geb., deutsche Reichsangehörige, römisch-katholisch, ledig, Wien VI., Gumpendorfer Straße 141 wohnhaft, festgenommen, da sie versucht hat, dem ehemaligen Landesgerichtspräsidenten Eugen Israel Stein eine große Menge Lebensmittel zu überbringen. Die Lebensmittel wurden sichergestellt und dem SS-Hauptreservelazarett übergeben. Gegen Jehlik wird Schutzhaftantrag gestellt. [R. Welsh 1995, S. 29]
Renate Welsh schildert in der Erzählung Kriegslinzertorte, wie Elisabeth Jehlik vor der Wohnungstür Dr. Steins verhaftet wurde und wie sie von der Gestapo verhört wurde:
Das Trommeln wurde heftiger.

Ich bin ein ungewöhnlich geduldiger Mensch, aber langsam geht sogar mir die Geduld aus.“

Ich hab´ nichts Schlechtes getan! Ich hab´ nie etwas genommen, das nicht mir gehört hat, und ich hab´ mein Leben lang anständig gearbeitet.“

Er zeigte auf die Lebensmittel. „Und das da?“

Hab ich alles von meinem eigenem Geld gekauft. Auf meine Marken. Nichts im Schleichhandel.“



Mit einem Sprung war er bei ihr, schlug ihr die Faust mitten ins Gesicht. [R. Welsh. In die Waagschale geworfen, 1988]
Renate Welsh fügte zur Authentizität des Schicksals von Elisabeth Jehlik zu:

Über das weitere Schicksal der Elisabeth Jehlik konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Schutzhaft bedeutete Einweisung in ein Konzentrationslager. Es ist nicht anzunehmen, daß das Verhör der Elisabeth Jehlik anders ablief, als dies am Morzinplatz üblich war. Veilleicht war es noch schlimmer.



Der Schwester des Landesgerichtspräsidenten habe ich Züge meiner Tante Emmi verliehen. Es hat mich seltsam berührt, als ich erfuhr, daß die Wohnung des Präsidenten in unmittelbarer Nachbarschaft von der meiner Tante lag. […] Elisabeth Jehlik verdankt ihre Lebendigkeit in meinem Kopf vielen Gesprächen mit Frauen ihrer Generation in ähnlichen Umständen.“ [Vgl.: Ebd. ]

2.6. Werke mit behinderten Protagonisten

Die Auseinandersetzung mit der Form, die dem Inhalt gerecht wird, beginnt bei Renate Welsh schon während der Recherchen, die einen beträchtlichen Teil ihrer Arbeit ausmachen:


Ich stolpere über eine Frage, die mich nicht mehr loslässt, hebe […] hier eine Geste auf, dort einen Satz, einen Geruch, eine Farbe, Beobachtungen aller Art, zunächst fasst absichtslos, ohne jede Ordnung. Erst wenn die Menge an einzelnen Eindrücken eine bestimmte Größe überschritten hat, die ich nicht zufriedenstellend definieren könnte, beginne ich konkret zu recherchieren, bewußt Fakten zusammenzutragen, und zwar weit mehr, als ich für dieses Projekt brauchen kann. [R. Welsh 2000, S. 21]
Auf diese Weise begann Renate Welsh auch die Arbeit an Stefan (1989), einem Fotobilderbuch über eine Familie mit einem spastisch behinderten Sohn. Sie konzentrierte sich auf den Blickwinkel des gesunden jüngeren Bruders, weil dieser der einzig mögliche war.
Als der sechsjährige Felix sagte, sein großer behinderter Bruder sei der beste Freuer in der Familie, er selbst aber der beste Mama-Tröster, hatte ich ein Ende des roten Fadens in der Hand, der es mir möglich machte, mich auf das Buch einzulassen.“ [Ebd. S. 22]
Nach Stefan folgte das Buch Drachenfllügel (1989), das sich ebenfalls mit der Problematik eines behinderten Kindes befasst. Aus der Perspektive der elfjährigen Anne wird die Geschichte des spastisch gelähmten Jakobs erzählt. Anne hat sich hinter eine Mauer zurückgezogen, die einen Dialog unmöglich macht. Jede Reaktion ihrer Umwelt ist ihr unerträglich.

Welche Anne meinst du?“ fragte der Leiter der Musikschule eben und Lea antwortete: „Die mit dem behinderten Bruder.“



Anne drehte sich auf dem Absatz um, rannte die Treppe hinunter, rannte aus dem Haus, rannte über die Straße. Ein Auto hupte, jemand schrie hinter ihr her. Sie rannte weiter, einfach geradeaus, bis sie nicht mehr konnte, bis ihr Herz hämmerte, die Seiten stachen, jeder Atemzug schmerzte. Sie hörte ihr eigenes Keuchen, drückte sich in eine Tornische.

Die mit dem behinderten Bruder, die mit dem behinderten Bruder.

Das war alles, was Lea über sie sagen konnte? [R. Welsh. Drachenflügel 1991 S. 70–71]
Erst mit Hilfe einer neuen Freundin Lea beginnt Anne zu lernen, dass nur der Abbau ihrer Sprachlosigkeit ein offeneres Umgehen mit sich selbst und der Behinderung des Bruders möglich macht. Annes Bindung an Jakob ist so stark, dass sie schließlich kein eigenes Leben hat. Ihr Großvater hilft ihr zu begreifen, dass sie sich von Jakob ein bisschen lösen muss.
Die Perspektive der zwölfjährigen Anne stand fest, ich hatte mich in der Arbeit mit Familien immer wieder mit den Geschwistern identifiziert, obwohl mir völlig klar war, dass ich ihre Geduld, die Genauigkeit ihrer Beobachtung, ihre Bereitschaft, sich selbst hintanzustellen, nur bewundern konnte, gleichzeitig sah ich auch die Gefahr, die darin lag. Ich wollte auch vermitteln, wie viel Phantasie gerade die Geschwister schwerst behinderter Kinder oft entwickeln und schenkte Anne deshalb meinen Großvater mit seiner bedingungslosen Liebe und seiner Fähigkeit, mich in Bilder hineinzuführen und darin heimisch zu werden.“ [R. Welsh 2000, S. 22]
Ein zentrales Motiv in den Drachenflügeln ist die Darstellung Jakobs als eines Menschen voller Liebe, Zärtlichkeit und Freude. Renate Welsh arbeitete weiter mit den Motiven wie Emphatie, Verantwortung, Ablehnung von falschem Mitleid, Hilfsbereitschaft.


3. Renate Welsh und ihre Berufung zum Schreiben

Renate Welsh beschäftigt sich stets mit dem Gedanken, ob sie es bewältigen kann, für die Jugendlichen zu schreiben.

Ich habe es immer als Anbiederung empfunden, wenn erwachsene Menschen versuchen, Jugendsprache zu schreiben. Erstens halte ich es ohnehin für unmöglich, die Sprache Heranwachsender zu treffen, man kann höchstens einige Versatzstücke einstreuen wie Schnittlauch auf die Suppe. […] Ich denke, dass es auch hier wichtig ist, zu der Distanz zu stehen, die uns trennt von denen, die auf der Suche nach ihrer Identität, ihrem Platz auf der Welt, von anderen Voraussetzungen ausgehen, unter anderen Zwängen und Tabus leiden als wir vor mehr oder weniger vielen Jahren. […] Jedes Schreiben ist wertend.“ [Vgl.: Ebd., S. 28]


4. Rezeption des Werkes von Renate Welsh ins Tschechische



In diesem Kapitel möchte ich den Roman Disteltage von Renate Welsh mit der Übersetzung ins Tschechische Naježené dny vergleichen.
Bei meinem Vergleich des Werkes Disteltage von Renate Welsh mit seiner tschechischen Fassung stand mir die deutsche Ausgabe, erschienen im Jahr 1996 im Verlag Nagel & Kimche AG, Zürich/Frauenfeld und Obelisk Verlag, Umschlag gestaltet von Wolfgang Rudelius zur Verfügung. Die tschechische Übersetzung aus dem Jahr 2000 stammt von Dana Linhartová, den Umschlag hat Michaela Lesařová-Roubíčková illustratorisch gestaltet.
Inhaltsangabe und thematische Analyse
Sarahs Mutter leidet seit der Scheidung unter Depressionen. An solchen Tagen bleibt sie im Bett, geht nicht zur Arbeit, sorgt für den Haushalt und selbst für ihre Tochter nicht. Sarah bemüht sich, alles für sich und für die Mutter zu schaffen, aber wenn die Situation ausweglos zu sein scheint, fühlt sie sich deprimiert, vergrämt und schließt sich langsam in ihre eigene Welt ein. Nichts ahnende Menschen in ihrer Umgebung wundern sich über ihre negative Veränderung.

Den Ausweg aus dieser tristen Situation stellt Sarahs Großmutter (die Mutter ihres Vaters) dar, die vom Urlaub zurück kommt und die kranke Mutter ersetzen kann.


Renate Welsh enttabuisiert, spricht offen über Partnerschaftsprobleme der Erwachsenen. Der Mut und die Courage der Adoleszentin, deren Eltern sie wegen eigener Interessen und Egoismus im Stich gelassen haben, werden in dieser Geschichte offen gezeigt.

Im Folgenden habe ich mich auf die Passagen konzentriert, in denen es bei adäquaten Sätzen Abweichungen gab. Weiter habe ich die spezifische Übersetzung der Redewendungen beobachtet:


Sie war keine Streberin, keine brave Langweilerin, aber so redete sie nicht, so benahm sie sich nicht. S. 9

Nikdy nebyla šprtka, vzorná žákyně, jenže takhle nemluvila, takhle se prostě nechovala. S. 7
„…Die mit ihren ewigen Unterschriften der Erziehungsberechtigten. Jeden Furz will sie bestätigt haben.“ S. 9

„…Ta s tím věčným podpisováním. Chce mít od rodičů podepsanou každou volovinu.“ S. 8


Leidenschaftlich“, stellte Florian fest. S. 10

V ní dříme vášeň“, konstatoval Florian po chvíli. S. 8


Der Mensch muß essen, sagte Oma immer, ein leerer Sack steht nicht. S. 17

Člověk musí jíst, říká vždycky babička, o hladu nic nejde. S. 13
Alles halb so schlimm“, sagt sie. S. 23

Nic není tak zlé, jak to vypadá.“ S. 17


Aber was bleibt mir sonst übrig?“ sagte sie laut. S. 27

Jenže co si mám počít?“ řekla nahlas. S. 20


Die Sarmann sang ihr ‚Guten Morgen‘, ansteigend bis Mor und dann in gen jäh abfallend. S. 29

Sarmannová zazpívala s veselou intonací své ‚Dobré ráno‘. S. 22
das sei ihr egal, sie sei schließlich nicht sein Mülleimer. S. 31

jí to je šuma fuk, není přece jeho popelnice. S. 23


Blöde Kuh, dachte er, blöde, blöde, blöde Kuh. S. 32

Káča pitomá, pomyslel si, pitomá, pitomá káča. S. 24
Aber das Glucksen, wenn sie lachte. S. 33

Ten její pěkný smích. S. 24
Aber genau diese Art von Blödeln hatte ihr früher immer Spaß gemacht. S. 33

Jenže právě tenhle způsob konverzace ji dřív vždycky bavil. S. 24
Wo war die alte Sarah? Hoffentlich nicht aufgefressen von dieser neuen, verwirrenden, unsympathischen, bösen. S. 33

A kam se poděla ta stará Sára? Snad ji ta nová, nesympatická, nevypočitatelná a zlá nesežrala! S. 24
Sie spitzte immer weiter an dem Stift, die rotbraune Holzlocke hing bis hinunter in den Papierkorb… S. 48

Ještě pořád si ořezávala tužku, červenohnědá dřevěná krouceninka sahala až dolů do odpadkového koše… S. 34
Der Schmerz in seinen Handflächen lenkte Moritz ab. S. 48

Morice prudce zabolely dlaně. S. 34
Die nächste Passage über Adventgesang in der Kirche fehlt vollkommen in der tschechischen Übersetzung:
Was für ein blödes Wort. „Der wird dich überschatten, damit du Mutter seist“, hatten sie im Advent in der Kirche gesungen. Das falscheste Wort, gerade jetzt. Aber so hieß es doch, oder, wenn man jemanden beobachtete? S. 49

To je to hloupé slovo. A co všechno v sobě skrývá! S. 35
Irgendwie kam auch dieser Schultag beim letzten Läuten an. S. 50

I dnešní dopoledne se konečně dokodrcalo až k poslednímu zvonění. S. 36
Er traute ihr durchaus zu, daß sie eine Hundertschaft Polizisten dazu brachte, nach ihm zu suchen. S. 51

Klidně by dokázala donutit celý regiment policistů, aby po něm pátrali. S. 36
Er beschloß, zur Oma zu laufen und dann am Nachmittag wiederzukommen und die Klavierstunde sausen zu lassen. S. 52

Rozhodl se, že poběží k babičce a sem přijde zas odpoledne, pustí k vodě hodinu klavíru. S. 36
Am Morgen hatte sie Mühe, sich aus dem Bett zu wälzen. S. 72

Ráno se opatrně vykulila z postele. S. 49
„…Mein Vater hat ihr gesagt, es würde sich nicht lohnen, mich zu entführen, da ist sie ihm fast mit allen zehn Nägeln ins Gesicht gefahren.“ S. 75

„…A když jí táta jednou řekl, že by se nikomu nevyplatilo mě unášet, tak se na něj málem vrhla.“ S. 51


„…Du gehst mir schwer auf den Geist.“ S. 76

„…Jdeš mi na nervy.“ S. 52


Als die Jungen in der Pause Mädchen jagten, rannte Moritz mit den anderen, schrie Spottverse und hatte beim Läuten einen Haarreifen von Vivian und eine Spange von Klara erbeutet. S. 76

Když kluci o přestávce honili holky, běžel Moric s ostatními, pokřikoval a do zvonění ukořistil Vivianinu čelenku a Klářinu sponku. S. 52
Ihre Blase wurde lästig, bis es Sarah nicht mehr aushielt, aufsprang und zur Toilette rannte. S. 85

Chtělo se jí čurat, až už to nemohla vydržet. S. 59
Einen Augenblick später tat sie Sarah wieder leid. Lauter Heiß-Kalt-Duschen, eine nach der anderen. S. 87

O chvíli později už jí bylo Sáře zas líto. Pocity se v ní střídaly jako aprílové počasí! S. 60
Magst du einen Malventee? Ich bin total ausgetrocknet. S. 97

Nedal by sis čaj? Mám hroznou žízeň. S. 66
Er fühlte sich immer mehr in die Zange genommen…S. 98

Byl pod stále sílícím tlakem…S. 67
Zwei Krähen stolzierten über die Wiese…S. 101

Po louce se procházely dvě vrány…S. 69
Die redet nicht mit jedem“, sagte die Bettnachbarin. S. 102

S nikým nemluví,“ řekla žena ze sousední postele. S. 70


Mama, Gramm und Zentimeter kann man nicht zusammenrechnen.“ […] „Man nicht, frau schon.“ S. 103

Mami, kila a centimetry se nedají sčítat.“ […] „Dají a nedají.“ S. 71


Ihr beide könnt gleich den Tisch decken, das Essen ist fertig, Händewaschen nicht vergessen.“ Als ob er das nicht selbst gewußt hätte. S. 114

Hned můžete prostřít, oběd je hotový, a nezapomeňte si umýt ruce.“ Tak to si tedy mohla odpustit. S. 78


Als Sarah ihre Wohnungstür zusperrte, war dieses ‚Beim nächsten Mal‘ sehr tröstlich. S. 124

Když za sebou Sára zavřela dveře svého bytu, bylo pro ni to příště moc důležité. S. 85
Warum war sie noch immer nicht da? Kutschierte in der Welt herum, wenn man sie brauchte. S. 127

Proč tu ještě není? Jezdí si někde po světě, zrovna když ji člověk potřebuje. S. 87
Es hat doch irgendwie mit Frausein zu tun, oder?“ fuhr sie fort. S. 129

A kromě toho prochází složitým obdobím, víš?“ pokračovala. S. 88
Die Dame wartete offenbar auf weitere Wortspenden. Moritz war nicht bereit, sich welche abzuringen. Heute war nicht der Tag für himmelblaue Blicke. S. 134

Stará paní zjevně čekala na další slovní projev. Moric však na něj neměl náladu. Dnes rozhodně ne. S. 91
Die Großmutter nahm ihre Brille ab, holte ein Ledertuch aus der Tasche, putzte die Brille umständlich. S. 139

Babička si sundala brýle, vytáhla z tašky nažehlený kapesník a obřadně si je vyčistila. S. 95
Sie rannte fast zum Auto. „Ich hab so einen Zorn auf meinen Sohn…“ S. 142

Prudce strčila klíčky do zapalování: „Mám na svého syna takový vztek…“ S. 97
Bei dem naßnebeligen Wetter waren sie fast allein im Park, in einiger Entfernung gingen zwei… S. 150

Při tom uplakaném počasí byli v parku skoro sami, jen kousek před nimi kráčeli dva lidé… S. 102
Zusammenfassender Kommentar
Kleine Unterschiede, die ich bei meinem Vergleich gefunden habe, sind zwar nur marginalen Charakters, trotzdem ist ihre Aussagekraft meines Erachtens groß. Die Übersetzerin der tschechischen Fassung Dana Linhartová verlieh der Sprache der Protagonisten eine moderne, lockere Prägung. Die handelnden Personen sprechen mit einem an das Milieu der heutigen Jugend angepassten Jargon. Die fehlende Passage des Adventgesangs in der tschechischen Fassung erklärt meiner Meinung nach die Tatsache, dass unser Gesellschaftsleben mehr säkularisiert ist, als es im deutschen Sprachraum der Fall ist.

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