Revolution für die Freiheit


Die Opposition wird zerschlagen



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Die Opposition wird zerschlagen


Die Kämpfe um die Macht spitzten sich zu und näherten sich ihrem dramatischen Ende. Der Graben wurde tiefer und unüberbrückbar. Zum erstenmal in der Parteigeschichte setzte Stalins Apparat die Ge- heimpolizei rücksichtslos gegen die Parteimitglieder ein. Er verstand es, Spitzel in die Reihen der Opposition zu schleusen, ehemalige Weiß-gardisten die schon längst der Partei angehörten, deren soziale Herkunft und schwarze politische Vergangenheit aber in den Archiven sorgfältig aufgezeichnet waren. Auf Stalins Geheiß wurden diese Spitzel Unvermittelt verhaftet und ihre konterrevolutionären Machenschaften enthüllt. So bläute man der Partei und dem Volk aktenmäßig ein, daß die Opposition insgeheim mit der kapitalistischen Konterrevolution zusammenarbeitete. Dagegen konnte die Opposition ihre Wahrheit Kaum durchsetzen. Der endgültige Bruch war greifbar in Sicht, die Opposition hatte nur noch die Wahl, schmählich zu kapitulieren oder an das Volk zu appellieren und die Spaltung der Partei in Kauf zu nehmen.

Am 7. November 1927, dem zehnten Jahrestag der Revolution, versuchte die Opposition bei der großen Kundgebung, deren Teilnehmer sich durch die Straßen Moskaus zum Roten Platz bewegten, offen zu demonstrieren. Es war die entscheidende Machtprobe. Im Riesenzug der Manifestanten erhoben geschlossene Gruppen der Minderheit plötzlich Transparente mit ihren Losungen und fingen an, in Sprechchören ihre Forderungen zu skandieren. Am Arbat erschienen auf einem Balkon Trotzki, Kamenew, Sinowjew sowie andere bekannte Gestalten der Opposition und begannen, zu den vorbeimarschierenden Massen zu sprechen. Ein ungeheurer Tumult brach aus, die Gruppen der Oppositionellen waren im Nu von Polizei umstellt, wurden in Nebenstraßen abgedrängt und verhauen. Das Haus, von dem aus die Führer der Opposition sprachen, wurde abgeriegelt, die GPU holte die Sprecher heraus und führte sie ab. Die Opposition war zerschlagen, Kapitulationsstimmung verbreitete sich, die Angst vor der Parteispaltung und den daraus resultierenden Konsequenzen führte zum Abbröckeln jener Elemente, die mangels Charakterfestigkeit den Drohungen des Apparats nicht zu widerstehen vermochten.

In der Demonstration mitlaufend, fand ich mich unversehens an der Seite von Karl Hofmaier. Seine Anwesenheit in Moskau war mir bekannt, da er im Hotel «Lux» logierte; bisher jedoch hatten wir einander gemieden. Nun sprach er mich plötzlich an, forderte mich auf, am Abend zu ihm auf sein Zimmer zu kommen, um die «alten Geschichten» zu bereinigen. Ich ging hin. Bei unzähligen Tassen Tee eröffnete er mir: «Natürlich war damals die Affäre im Zentralkomitee der Jugend eine Gemeinheit von mir. Das gebe ich offen zu. Ich mußte aber irgendwie meinen Bruder unterbringen, der lag mir dauernd auf meinem schmalen Geldbeutel. Freilich hat er auf dem Jugendsekretariat nicht viel verdient, doch ich war ihn los. Ziehen wir den Schlußstrich, und Schwamm darüber.»

Das war es also. Ziemlich kühl entgegnete ich ihm: «Einverstanden, die Sache hat sich ja von selbst erledigt — durch die Flucht deines Bruders mit der Jugendkasse.» Damit verließ ich ihn, und weitere Kontakte gab es nicht mehr.

Die wirklichen Funktionen Karl Hofmaiers blieben lange Zeit verborgen, niemand wußte genau, in welchem Apparat er steckte. Seine Tätigkeit wurde erst bekannt, als er 1928 in Italien von der italienischen Geheimpolizei verhaftet und zu fünfzehn Jahren Kerker verurteilt wurde. Hofmaier war mit Ercoli (Togliatti) gut bekannt, und die Komintern verwendete ihn als geheimen Kurier zwischen Stalin und der illegalen Kommunistischen Partei Italiens. Er operierte dabei so ungeschickt, daß nicht nur er selbst bald verhaftet wurde, sondern auch eine ganze Reihe illegaler Funktionäre der Partei in die Fänge der Mussolinischen Geheimpolizei geriet. Hofmaier wurde nach sieben Jahren amnestiert. Nach dem öffentlichen Auftreten der Opposition wagte es Stalin noch nicht, die bekannten Führer aus der Partei auszuschließen; sie wurden analog dem Muster der zaristischen Regierungen nach Sibirien, in den hohen Norden oder nach Zentralasien verbannt, wo sie unbedeutende Posten bekamen oder einfach überwacht wurden.

Wie ein Lauffeuer hatte es sich in Moskau herumgesprochen, unter welchen Umständen Radek den Kreml verließ. Originell wie immer, verschaffte sich Radek einige Zweiräderkarren, fuhr seine ganze umfangreiche Bibliothek, die er nicht in die Verbannung mitnehmen konnte, hinaus auf den Roten Platz. Hier begann er, wie der Billige Jakob vor einer schaulustigen Menge seine Bücher zum Verkauf anzubieten. Er wurde dabei von einigen Freunden unterstützt, und das Publikum hatte seine helle Freude an Radeks derben Witzen, seinen vergifteten Pfeilen gegen die Bürokratie. (Schon damals zirkulierten in Moskau zahlreiche Radekwitze. Drei Oppositionelle sitzen im Gefängnis der Lubjianka. Der eine fragt den anderen: «Na, warum sitzt du denn?” «Oh, ich habe für Radek gestimmt.» «Und du?» wird der zweite gefragt. «Ich sitze, weil ich gegen Radek stimmte.» Der dritte geht schweigend in der Zelle auf und ab. Endlich fragen ihn seine zwei Mitgefangenen: «Was hast denn du verbrochen?» - «Ich? Ich bin Karl Radek.») Leo Trotzki wurde nach Alma Ata verbannt. Dabei kam es zu machtvollen Demonstrationen gegen die Parteibürokratie. Trotzkis zahlreiche Freunde bewachten seine Wohnung Tag und Nacht, bereit zum Widerstand gegen die Polizei, sollte sie eindringen. Erst auf Trotzkis ausdrücklichen Wunsch gaben sie den Widerstand auf. Da Trotzki sich weigerte, freiwillig zu gehen, trugen ihn die Polizeiagenten hinaus ins bereitstehende Auto. Die Kunde verbreitete sich in Moskau mit Windeseile. Auf dem Bahnhof, wo Trotzki in den Zug gesetzt werden sollte, versammelte sich eine Menge von über zehntausend Menschen. Viele Trotzki-Anhänger legten sich auf die Schienen und verhinderten so die Abfahrt des Zuges. Zusammen mit Uli war ich zum Bahnhof gepilgert, denn das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Die Geheimpolizei mußte passen, man führte Trotzki wieder in seine Wohnung zurück. Aber Stalin vergaß diese Lektion nicht. Einige Nächte darauf wurde der Führer der Roten Armee ohne Voranzeige verhaftet, und diesmal gelang der Streich.



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