Wintersemester 2006/07


Graphische Darstellung der empirischen Arbeitsweise



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Graphische Darstellung der empirischen Arbeitsweise:




Arno Anzenbacher, Einführung in die Philosophie, Linz 1981, 23.

Religionspsychologie

1. Ihr Gegenstand ist ein Teilbereich der Erfahrungswelt, und die Ergebnisse als Beschrei­bungs- und Begründungszusammenhänge sind nur in diesem Teilbereich bestätigungsfähig;


2. durch ein Konstrukt wird ihr Thema auf einen bestimmten Gesichts­punkt hin eingeschränkt während andere Gesichts­punkte unbeachtet bleiben;
3. ihr Thema kommt nur in der Weise in den Griff der Forschung, den die Methode zulässt.

Die Bestimmung von Religion/Religiosität

„Das Feld für die empirische Religionspsychologie ist un­begrenzt, d.h. sie reicht, so weit es religiöse Gefühle, Er­lebnisse, Vorstellungen etc. gibt. ... Die ganze Religi­ons­geschichte mit ihrem unermeßlichen noch lange nicht aufgedeckten und vorgelegten Inhalt an Vorstel­lun­gen, Gefühlen, Handlungen, Kulten, Riten, Aus­drucks­formen will beachtet sein. Neben der Beo­bach­tung des eigenen Seelenle­bens tritt die des fremden, neben die Gegenwart die unüberseh­bare Vergangen­heit, neben die gleichmäßi­gen Massen von Daten gewöhnli­cher Art die Ver­wer­tung der Erlebnisse der religiösen Persönlichkei­ten, Genien, Stifter, Propheten: Confucius, Zarathustra, Buddha, Muhammed, Augustin, Luther etc.; neben die objektive Geschichts­schreibung die subjekti­ven Bekenntnisse, Zeugnisse, Selbst­portraitierungen; neben das nor­male ge­sunde religiöse Leben die ver­schie­denen Krankheitsformen desselben. Das ergibt für­wahr eine Sammlung von riesigem Umfang und weitschichtigem Material.“


Adolf Frey, Eine Untersuchung über die Bedeutung der empirischen Religionspsychologie für die Glaubenslehre, Leiden 1911, 14.
„ [...] the term ‚religious experience‘ covers an exeedingly disparate array of events – from the vaguest glimmerings of something sacred to rapturous mystical unions with the divine. Clearly some basic elements must be systematically extracted from these diverse phenomena if they are to be discussed with any conceptual quality.“
„ … involving some communication, however slight, with a divine essence, that is, with God, with ultimate reality, with transcendental authority”
Stark, Rodney / Glock, Charles Y., American Piety. The Nature of Religious Commitment, Berkeley-Los Angeles-London 1968, 125, 15.

Das empirische Relativ

„Liegen derartige Relationen bei den Merkmalsausprägungen der beobachtbaren Sachverhalte (im empirischen Relativ) vor, so können die Objekte hinsichtlich ihrer Merkmalsausprägun­gen unter Erhaltung ihrer Relation oder ihrer Struktur im Zahlenraum abgebildet werden. Es entsteht ein numerisches Modell der Beobachtungen, in dem selbstverständlich nur die Rela­tionen gelten dürfen, die auch im empirischen Relativ Gültigkeit haben. Daß gerade gegen dieses Postulat häufig verstoßen wird, indem numerische Operationen, z.B. statistische Be­rechnungen, ausgeführt werden, die unter Rücksicht auf die Strukturen im empirischen Rela­tiv unzulässig sind, führt zu Forschungsartefakten und zu berechtigter Kritik der Ergebnisse.“


Edward Haub, Die Messung der Religiosität, in: Edgar Schmitz (Hg.), Religionspsychologie. Eine Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Forschungsstandes, Göttingen u.a. 1992, 265f.
Ein Konstrukt wird durch Definitionen von Reli­gion/Religiosität gebildet: Was an einer Aus­drucks­­form kann als genuin religiös qualifiziert werden? Die Definition bestimmt die Aus­wahl der Indikato­ren.
Indikatoren sind Merkmale bzw. häufig beobach­tete Eigenschaften, von denen man an­nimmt, dass sich in ihnen Religiosität ausdrückt wie etwa: Glaube an Gott, regel­mäßiger Vollzug von Riten, Gebetspraxis, Bibel­kenntnis, vi­sionäre oder mystische Erlebnisse, Ge­fühle der Ge­borgenheit oder der Angst.
Das Konstrukt wird operationalisiert im Messinstru­ment: Fragebögen bzw. Skalen
Die Skalen bestehen aus Items, also Fragen, die in bestimmter Weise angeordnet sind.
Das Ziel ist, Korrelationen zu finden, also auffäl­lig häufige Zusammenhänge. Dazu müssen Eigen­schaf­ten, die Unterschiede aufweisen, in Relation zueinan­der gebracht werden wie etwa regelmäßi­ger Vollzug von Riten und Gefühle der Angst.

Relationen zu nicht-religiösen Eigen­schaften können etwa in Hinblick auf phy­si­sche oder psychische Gesundheit versus Krank­heit untersucht werden oder im sozial-politischen Be­reich auf autori­tä­re versus demokratische Einstellung.



  • Religiosität kann Gegenstand der Untersu­chung sein als Erfahrung, aber auch als Hal­tung, Verhalten oder Motivation.

  • Sie kann unter verschiedenen Aspekten be­trachtet werden wie: soziale Interaktion, Kog­nition oder Symbolbildung.

  • Es lassen sich Untersuchungsbereiche spezifizieren: in Kindheit und Entwicklung, bei beson­deren Ereig­nissen wie Eheschließung oder Krank­heit, Ster­ben und Tod sowie im Kontext von Grunderfahrungen wie Liebe, Angst oder Schuld, aber auch in Bezug auf „mental disor­der“.


Religiosität als „commitment“ in fünf Dimensio­nen (Mehrdimensionalität):

  • religiöse Erfahrung (experiential)

  • Glaubensüberzeugung (ideological, belief)

  • Praxis (ritualistic)

  • Wissen (intellectual)

  • Konsequenzen für Haltung und Handeln (consequencial).


Stark, Rodney / Glock, Charles Y. (1968), American Piety. The Nature of Religious Commitment.
Messen lassen sich:

  • die Häufigkeit des Vorkommens: Zustim­mung-Ablehnung

  • Einstellungen als Wert, den bestimmte religi­öse Indikatoren für die Untersuchungsperso­nen haben, die aufgefordert werden, Urteile ab­zugeben

  • die Relation zu nicht-religiösen Indikatoren


Normative Voraussetzungen (Prämissen)

  • stecken in den empirischen Wissenschaften, da diesen die Philosophie des Empirismus zu­grun­­de liegt;

  • stecken im psychologischen Konzept, das gewählt wird, und dessen Menschenbild;

  • stecken im Konstrukt aufgrund der Auswahl von Indikatoren: „Do not forget what you have decided to neglect“ (Allport, Gordon W. (1968), The Person in Psychology. Selected Essays, Boston, 271)

  • können in die Operationalisierung einfließen, wenn die konkreten Fragen die Indikato­ren nicht exakt zum Ausdruck bringen (z.B. bei Allport);

  • können aufgrund des Vorverständnisses der In­terpreten in die Interpretation der Ergeb­nisse einfließen.

„The type of psychology one choses to follow re­flects inevitably one’s philosophical presup­posi­tions about human nature”.


Allport, Gordon W. (1968), The Person in Psychology. Selected Essays, Boston, 23.


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