1 Familiennamen aus germanischen Sprachen Ulf Timmermann Friesische Familiennamen



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3 Geographische Verteilung

Die zehn häufigsten hier ermittelten italienischen Familiennamen in Deutschland21

sind 1. Russo, 2. Costa, 3. Esposito, 4. Gallo, 5. Rossi, 6. Romano, 7. Greco,

8. Bruno, 9. Marino, 10. Rizzo. Von diesen Familiennamen sind Russo, Esposito,



Rossi, Romano, Greco und Rizzo auf Karte 1 dargestellt. Costa, Gallo, Bruno

und Marino wurden nicht berücksichtigt, weil sie nicht eindeutig italienisch sind.



Rossi wurde trotz Konkurrenz mit Herkunftsnamen zu dem Siedlungsnamen Rössing

(Ostfalen) aufgenommen, da der Name in Ostfalen nur selten vorkommt und

daher die Konkurrenz als geringfügig zu veranschlagen ist. Die Kreise repräsentieren

die relative Zahl der Telef. pro dreistelligem Postleitzahlbezirk (PLZ). Der

auffällige Kreis südwestlich von Hannover repräsentiert PLZ 387 mit lediglich

10 Telef. auf Russo (alle in 38704 Liebenburg) und 1 Telef. auf Romano. Mit

Ausnahme dieses Kreises bilden die sechs Namen keine regionalen Häufungen

innerhalb des Gesamtverbreitungsgebiets.

20 HANKS 2003, I, S. 552.

21 Eventuell ist ein anderer italienischer Familienname häufiger als einer der hier genannten. Eine

vollständige Abfrage italienischer Familiennamen in Deutschland ist nicht möglich, deshalb

auch keine exakte Rangfolge. Familiennamenkarten für Italien lassen sich mit einem öffentlich

zugänglichen Kartierungsprogramm im Internet unter www.gens.labo.net/en/cognomi/ erstellen.

Italienische Familiennamen in Deutschland

343

Kartiert man andere häufige italienische Familiennamen oder Namengruppen



(z. B. die Familiennamen auf -etti), ergibt sich ein ganz ähnliches Bild: Die Telef.

finden sich im äußersten Süden, Südwesten, in Westdeutschland bis zum Ruhrgebiet,

in Wolfsburg (wo die Volkswagen-Werke ein wichtiger Arbeitgeber u. a.

für italienische Migranten sind), seltener in den weiteren norddeutschen Großstädten,

in Berlin, sehr selten in den neuen Bundesländern. Weicht die Verteilung

häufiger (vermeintlich) italienischer Familiennamen in Deutschland stark von

diesem Bild ab, liegen Konkurrenzen vor. Grande 411 beispielsweise ist über

ganz Deutschland verstreut, wie auf Karte 2 zu sehen ist (die Kreise repräsentieren

die absolute Zahl der Telef. pro dreistelligen PLZ). In Italien kommt der

Name vor allem im Süden vor. Für Deutschland geben KOHLHEIM/KOHLHEIM

(2005, S. 287) folgende Bedeutungserklärungen an: „1. Herkunftsname zu dem

gleich lautenden Ortsnamen (Holstein). 2. Niederdeutscher Übername zu mnd.



grande ‘groß’ (< lat. grandis ‘groß’) für einen groß gewachsenen Menschen. […]

3. Italienischer oder spanischer Übername zu italien. / span. grande ‘groß’.“

Die oben aufgeführte Rangfolge italienischer Familiennamen in Deutschland

deckt sich nicht mit derjenigen der häufigsten Familiennamen in Italien. Dies

hängt u. a. mit den oben erwähnten Konkurrenzen zusammen, so dass z. B. spanische

und portugiesische Familien einen Teil der Namenträger von Costa stellen.

Außerdem stammen die meisten italienischen Gastarbeiter aus Süditalien,

weshalb typisch süditalienische Familiennamen wie Russo, Esposito, Romano

und Marino in Deutschland überproportional vertreten sind.22 Umgekehrt sind

Bianchi und Colombo in Deutschland unterproportional vertreten, wohl weil sie

norditalienisch sind.23 De Luca tritt in Deutschland verhältnismäßig selten auf,

obwohl der Name hauptsächlich in Süditalien vorkommt.24 Ein Grund könnte die

Unsicherheit in der Schreibung der Präposition sein. So gibt es in Deutschland

neben De Luca 22 noch de Luca 34, Deluca 20, DeLuca 3, De-Luca 3. Wesentlich

häufiger ist einfaches Luca 97, das in Italien jedoch ungleich seltener ist als



De Luca25. Auch Luca kommt in Italien vor allem im Süden vor. Zählt man alle

diese Varianten zusammen, erhält man eine den anderen Fällen in etwa entsprechende

Summe von 179 Telef. in Deutschland.

22 KUNZE 2004, S. 221.

23 DE FELICE 1979, S. 80, 105.

24 DE FELICE 1979, S. 154.

25 Nach Angaben von DE FELICE 1980, S. 33 –41.

Kathrin Dräger

344

Stuttgart



Frankfurt

Köln


München

Nürnberg


Wolfsburg Berlin

Dortmund


Hamburg

Russo, Esposito, Rossi, Romano, Greco, Rizzo

Italienische Familiennamen in Deutschland

345


Stuttgart

Frankfurt

Köln

München


Nürnberg

Wolfsburg Berlin

Dortmund

Hamburg


Grande 411

Karte 2: Familienname Grande

Kathrin Dräger

346


4 Fazit

Bislang existieren zu italienischen Familiennamen in Deutschland keine deutschsprachigen

Monographien oder Nachschlagewerke. Karten mit der Verbreitung

italienischer Familiennamen in Deutschland dürften auch für die Migrationsforschung

von Interesse sein. Amtliche Statistiken erfassen lediglich, wie viele

Italiener mit italienischer Staatsangehörigkeit sich wo in Deutschland aufhalten.

Sie umfassen jedoch nicht die italienischstämmigen Familien deutscher Staatsangehörigkeit,

die teilweise seit mehreren Generationen in Deutschland leben.

Verbreitungskarten zeigen, dass sich die häufigsten italienischen Familiennamen

in Deutschland in jenen Regionen finden, in denen sich die Gastarbeiter seit den

1950er Jahren bevorzugt niedergelassen haben. Dabei ergibt sich ein deutlich

abweichendes Bild gegenüber der Verbreitung von französischen, spanischen,

ungarischen, polnischen oder türkischen Familiennamen in Deutschland.26

Literatur

BERARDI, R. 2007: Das italienische Personennamensystem. In: BRENDLER/BRENDLER, S. 322–338.

BORMANN, R. 1994: Arbeiterinnen und Arbeiter beim Eisenbahnbau im Raum Schwäbisch Hall um

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BRECHENMACHER, J. K. 1957–63: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen.

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BRENDLER, A.; S. BRENDLER. 2007: Europäische Personennamensysteme. Ein Handbuch von

Abasisch bis Zentralladinisch. Anlässlich der 65. Geburtstage von Rosa Kohlheim und Volker

Kohlheim. Hamburg (= Lehr- und Handbücher zur Onomastik 2).

CAFFARELLI, E. 1997: Frequenze onomastiche. In: Rivista italiana di onomastica 3, S. 293 –314.

CARACAUSI, G. 1993: Dizionario onomastico della Sicilia. Repertorio storico-etimologico di nomi

di famiglia e di luogo. 2 Bände. Palermo.

DE FELICE, E. 1979: Dizionario dei cognomi italiani. 2. Auflage. Mailand.

DE FELICE, E. 1980: I cognomi italiani. Rilevamenti quantitativi dagli elenchi telefonici: informazioni

socioeconomiche e culturali, onomastiche e linguistiche. Bologna (= Studi e ricerche

CXV).

FERRER, E. B.; L. GUIDO. 2007: Das sardische Personennamensystem. In: BRENDLER/BRENDLER,



S. 641–648.

HANKS, P. (Hg.). 2003: Dictionary of American Family Names. 3 Bände. Oxford u. a.

26 Zum türkischen Namen Kaya s. KUNZE / FREIENSTEIN 2007, S. 27, Karte 1; zu den anderen

KUNZE 2004, S. 220.

Italienische Familiennamen in Deutschland

347


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KREMER, D. 1996: Morphologie und Wortbildung der Familiennamen: Romanisch. In: E. Eichler

u. a. (Hg.), Namenforschung. Ein internationales Handbuch zur Onomastik. Band 2. Berlin, New

York (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 11.2), S. 1263–1275.

KUNZE, K. 2004: dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. 5.,

durchgesehene und korrigierte Auflage. München.

KUNZE, K.; J. C. FREIENSTEIN. 2007: Orts- und Personennamen und ihre Geschichten. In: Der

Deutschunterricht 3 , S. 63–73.

MARTINI, C. 2001: Italienische Migranten in Deutschland. Transnationale Diskurse. Berlin.

NECKER, H. 2004: Modifizierende Suffixe und Adjektive im Italienischen. Dissertation,

veröffentlicht auf dem Dokumentenserver der Universität Konstanz: http://deposit.ddb.de/

cgi-bin/dokserv?idn=978170911&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=978170911.pdf

(01. 11. 2007).

RIEKER, Y. 2003: „Ein Stück Heimat findet man ja immer“. Die italienische Einwanderung in die

Bundesrepublik. Essen.

SCHINDLING, A. 1993: Bei Hofe und als Pomeranzenhändler: Italiener im Deutschland der Frühen

Neuzeit. In: K. J. Bade (Hg.), Deutsche im Ausland – Fremde in Deutschland. Migration in

Geschichte und Gegenwart. 3., unveränderte Auflage. München, S. 287–294.

URMES, D. 2006: Etymologisches Namenlexikon. Das Herkunftswörterbuch. Wiesbaden.

ZODER, R. 1968: Familiennamen in Ostfalen. 2 Bände. Hildesheim.

Internet

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Gens = www.gens.labo.net/en/cognomi/ (07. 08. 2007).

349


RITA HEUSER

Französische Familiennamen in Deutschland

1 Franzosen in Deutschland und ihre Namen

1.1 Franzosen in Deutschland und Einwanderung

aus französischsprachigen Gebieten

Was haben die bekannten Namensträger Theodor Fontane, Oskar Lafontaine,



Thomas de Mazière, Anette Schavan, Sophie von Laroche, Friedrich de la Motte

Fouqué, Friedrich Karl von Savigny, Hermann Aubin, Georg Racke gemeinsam?

– Einen deutschen Vornamen und einen französisch klingenden Familiennamen.

An diesen Beispielen bekannter Namensträger kann man bereits die Variantenvielfalt

der Namen französischen Ursprungs erkennen.

Die meisten in Deutschland vorkommenden französischen Familiennamen

gehen wohl hauptsächlich auf historische Einwanderungsschübe, politische und

wirtschaftliche Kontaktsituationen1 und Bevölkerungsmischung in den Grenzgebieten

zurück. Die in der Bundesrepublik lebenden französischen Staatsbürger

tragen ebenfalls einen Teil bei. Nach Auskunft des statistischen Bundesamtes2 leben

(mit dem Stand vom 31. 12. 2006) 104 085 Franzosen in Deutschland (davon

48 090 Männer, 55 995 Frauen). Damit steht Frankreich an 14. Stelle der Länder,

deren Staatsbürger sich in Deutschland aufhalten.

Bereits im 16. Jh. kamen die ersten Flüchtlinge aus Glaubensgründen aus den

französisch sprechenden Gebieten der spanischen Niederlanden in die Pfalz. So

entstand 1579 die wallonisch-reformierte Gemeinde Otterberg.3 Aus der Picardie,

Lothringen und dem Raum Lüttich-Malmedy kamen wallonisch-hugenottische

Einwanderer, die die Gemeinde Annweiler gründeten. Die um 1615 in der französischen

Gemeinde Kassel verzeichneten Familiennamen weisen auf eine Ein-

1 Als Beispiel sei hier die Zugehörigkeit der französischsprachigen Grafschaft Mömpelgard zu

Württemberg zwischen 1397–1792 genannt, s. HIRSCH 1965 / 69, S. 215.

2 DESTATIS; vgl. auch NEUHAUS 1997, S. 57 f.

3 PAUL 1997, S. 205 f.

Rita Heuser

350


wanderung aus dem frankophonen Belgien, aber auch aus dem niederdeutschen

Sprachgebiet hin.4 Nach 1648 waren aufgrund von Abwanderung, Kriegsverheerungen,

Seuchen viele Dörfer und Städte menschenleer. Die deutschen Fürsten

strebten danach, die Einwohnerzahlen wieder zu erhöhen, Landwirtschaft,

Handel und Handwerk wieder zu beleben. Geflohene Bürger sollten wieder

zurückkehren, mit Privilegien und Steuervergünstigungen5 wurde aber auch

im Ausland für eine Ansiedlung geworben. Vor allem aus der Schweiz, Tirol,

Frankreich und dem Piemont (Waldenser)6 folgten viele diesen Aufrufen. Besonders

in Gemeinden westlich von Mannheim und südlich von Landau, aber

auch in den norddeutschen Städten ließen sich hugenottische Siedler schon vor

der Aufhebung des Edikts von Nantes nieder.7 Während des so genannten „Ersten

Refuge“ im 16. Jh. entstanden vielerorts Neugründungen von eigenständigen,

selbstverwalteten Koloniesiedlungen (z. B. Frankenthal 1562, Otterberg

1579) und von Neustädten (Neu-Hanau).8 Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges

mit Frankreich verließen viele französische Siedler die Pfalz und

gingen nach Hessen (vor allem nach Hanau) und Brandenburg.9 Katholische

Einwanderer kamen besonders im Zuge des Festungsbaus zwischen 1680 und

1697 als Handwerker in die Westpfalz, viele katholische Beamte, Kaufleute,

Händler, und Landwirte ließen sich im 17. Jh. in der Stadt Homburg (Saarland)

und Umgebung nieder.

Am bedeutendsten war die Zuwanderung von ca. 38 000 bis 44 000 Hugenotten,

die zwischen 1685 und 1730 nach der Aufhebung des Edikts von Nantes in

Deutschland Zuflucht fanden. Davon ließen sich 16 000–20 000 in Brandenburg-

Preußen nieder, in Hessen-Kassel 3 800, im Rhein-Main-Gebiet 3 400, in der

Pfalz und in Zweibrücken 3 400, in Franken (Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-

Bayreuth) ca. 4 000, in Württemberg 3 000, in Niedersachsen 1 500, in

den Hansestädten 1 500.10

4 WOLFF 1985, S. 68 f.

5 Zu diesen Begünstigungen s. SCHRÖDER 1992, S. 257 f.; DÖLEMEYER 2005, S. 35–44.

6 S. dazu KIEFNER 1990, S. 165–177.

7 KOPITZSCH/STEPHAN-KOPITZSCH 1992, S. 286.

8 Vgl. KUBY 1973, S. 31 f.; ESCHMANN 1989, S. 9; KLINGEBIEL 1990, S. 67–79; KLINGEBIEL

2005, S. 14 f.

9 PAUL 1997, S. 209.

10 BIRNSTIEL 1992, S. 74, Fußnote 12 und Karte der Kolonien, ebd. S. 75; DÖLEMEYER 2005,

S. 35; SCAPOLI u. a. 2005, S. 78.

351

Französische Familiennamen in Deutschland



Die Peuplierungspolitik der deutschen Fürsten nach dem Dreißigjährigen

Krieg unterstützte darüber hinaus die Zuwanderung katholischer und protestantischer

Handwerker und Kaufleute unabhängig von der religiösen Verfolgung in

ihren Heimatländern. Die im Gefolge der Französischen Revolution (1789) nach

Deutschland gekommenen Emigranten, hauptsächlich Adelige, Geistliche und

Gelehrte, haben im Vergleich nur wenige Spuren im Familiennamenschatz hinterlassen.

In der Folge der wiederholten Besetzungen der Pfalz, des Rheinlandes,

des Mainzer Kurstaates, des Saarlandes und deren Angliederung an das französische

Staatsgebiet wurden höchst wahrscheinlich immer wieder Soldaten und

Verwaltungsbeamte dort sesshaft.



2 Familiennamen in Frankreich – Entstehung,

Entwicklung, Motivation

Erste Familiennamen kamen im 10. / 11. Jh. im südlichen Frankreich auf. Die

Diffusion des zweigliedrigen Namensystems Rufname + Familienname erfolgte

flächendeckend im 13. Jh. und zwar von Süden nach Norden, von den Städten

in die ländlichen Gebiete, von den adeligen Familien in bürgerliche und zuletzt

bäuerliche Bevölkerungsschichten. Ein Grund für die Entstehung der Familiennamen

war u. a. die Reduzierung des Rufnamenbestands durch Rufnamenmoden

(Jean und Pierre waren die häufigsten Rufnamen im Mittelalter s. MENANT 1992,

S. 28). Mit dem Erlass von Villers-Cotterêts wurde 1539 die Führung von Taufregistern

verbindlich, damit wurde auch die schriftliche Fixierung der Namen

bestärkt. Die Unverändlichkeit der Familiennamen wurde mit dem Gesetz vom

23. August 1794 festgelegt.11

Basierend auf Daten handelsüblicher Telefon CD-ROMs aus dem Jahr 2002

ergeben sich 495 104 verschiedene Familiennamentypes (von 6,03 Mio. Familiennamenträgern

= Telefonanschlüsse) in Frankreich.12

Zu den allochthonen Namen in Frankreich gehören die korsischen, elsässischen,

flämischen, bretonischen Familiennamen, heute kommen in zunehmenden Maße

11 DAUZAT 1977, S. 40; MULON 1990, S. 93; MENANT 1992, S. 24–30; PITZ 2007, S. 221.

12 SCAPOLI u. a. 2005, S. 76; GOEBL 2005, S. 82. PITZ 2007, S. 224, geht von ca. 800 000 unterschiedlichen

Namen aus (unter Einschluss von Namen fremder Herkunft). Kartierungsmöglichkeiten

frz. Familiennamen bieten u. a. Internetseiten wie JTosti, NoFam, Geopat und basierend

auf Telefonanschlüssen: Pages Jaunes.

Rita Heuser

352


Namen aus den ehemaligen Kolonialgebieten (Maghreb, Indochina, z. B. Nguyen

auf Platz 88 der hundert häufigsten Familiennamen in Frankreich) und den Überseeterritorien

hinzu. Es treten auch auffallend viele Namen spanischer Herkunft

auf (z. B. Garcia auf Platz 8).

Die historischen Familiennamenlandschaften stimmen weitgehend mit den

Dialektgebieten Frankreichs überein (Langue d’oil – Französisch; Franko-

Provenzalisch; Langue d’oc – Okzidentalisch). Die Familiennamenlandschaft

Frankreichs ist stark regional geprägt, sowohl auf lexikalischer Ebene (Bsp. Dumont

(frz.) vs. Delpuech (okz.) vs. Puig (katal.)), als auch auf phonologischer

und morphologischer Ebene (Bsp. Fabre vs. Fevre, vs. Faure (okz.) vs. Lefevre

(frz.)).13

Trotz der Vielfalt der französischen Namen ist nach KREMER (1996, S. 1271)

kaum eine spezifische morphologische Physiognomie greifbar.14

Die Patronyme sind häufig ohne Zusatz aus germanischen und christlichen

Rufnamen abgeleitet (Bernard, Guillaume, Martin, Pierre). Typische Bildungsformen

sind vor allem: Rufname + hypokoristische Suffixe (Guillot < Guillaume),

Präposition (+ Artikel) + Rufname (Alamichel, Degeorge, Ageorges, Deguy). Appellativ

+ Rufname (Grandpierre, Jeanfils), Rufname + Rufname (Jeandidier)

sind seltener. Ein typisches patronymisches Suffix wie das deutsche -ing und das

skandinavische -sen fehlt im Französischen.

Bei den Herkunftsnamen werden meist die einfachen Siedlungsnamen übernommen

(Besançon, Bourgogne, Lyon). Bildungen mit Präposition + Siedlungsnamen

(Delignac, Demars) sind ebenso häufig, seltener sind Einwohnerbezeichnungen

(Lyonnais, Lyonnait, Tournois).

Die Wohnstättennamen sind meist Zusammensetzungen aus Präposition +

(Artikel) + Substantiv (Dubois, Dujardin, Delafontaine) bzw. mit Artikel ohne

Präposition (Laroche). Daneben stehen Formen ohne Präposition / Artikel (Roche,

Fontaine).

Bei den Berufsnamen stehen einfache Berufsbezeichnungen – meist gekennzeichnet

durch denominales -ier, -er (+ on) und deverbales -eur – neben Formen

mit Artikel (Letailleur vs. Tailleur) und Hypokoristika (Tissot, Tisserandot).

13 Zur Verteilung der Varianten zu ‘Faber’, ‘Wilhelmus’, ‘Podium’ in Frankreich s. DAUZAT 1977,

S. 319, 321, 323; FABRE 1996, S. 1104 f., K. 169.3, 169.4.

14 Im Folgenden s. KOHLHEIM 1996; KREMER 1996; DAUZAT 1977; DAUZAT 1994; PITZ 2007,

S. 221–225; GERMAIN / HERBILLON 2007, S. 31–44.

353

Französische Familiennamen in Deutschland



Bei den Übernamen sind Hypokoristika häufig (Blondet, Blondin, Blondel,

Blondeau), neben Formen mit und ohne Artikel (Leblond, Blond).

3 Die französischen Familiennamen in Deutschland

3.1 Berücksichtigung in der Literatur, Nachschlagewerke

Das umfangreichste Nachschlagewerk zu den Familiennamen der Hugenotten im

Deutschen (ZAMORA 1992) umfasst als Untersuchungsgebiet das heutige Bundesland

Niedersachsen. Seine Materialsammlung basiert auf den Kirchenbuchabschriften

der niedersächsischen Hugenottengemeinden zwischen 1661–1890, die

in der Hugenottenkartei der Wallonischen Bibliothek Amsterdam erfasst sind.

Mit den französischen Familiennamen in der Pfalz und ihren Eindeutschungen

beschäftigen sich CHRISTMANN 1961 und KEIPER 1891; Deutungen enthält auch

CHRISTMANN 1965. Darüber hinaus liegen einige kleinere Aufsätze (LÉVY 1961;

HIRSCH 1965 / 1969; SCHÜCKINGIN-SASSENBERG 1936; GRISSON 1975) und Verzeichnisse

(CORDIER 1930; MANOURY 1949 / 1950; Namenlisten auch in KIMMEL

1973) vor. Als grundlegende etymologische Namenbücher für französische Namen

sind u. a. zu nennen MORLET 1991, DAUZAT 1994, DEBRABANDERE 1993. Da

oftmals eine französische Grundform nicht mehr ohne weiteres zuzuordnen ist,

wäre darüber hinaus eine stärkere Berücksichtigung der Familiennamen französischen

Ursprungs in den deutschen etymologischen Namenbüchern wünschenswert.

Stichproben in den Familiennamenbüchern (BAHLOW 1985; BRECHENMACHER

1957–1963; KOHLHEIM/KOHLHEIM 2006; GOTTSCHALD 2005; NAUMANN

2007) ergaben für die Namen Hussong, Gerdon keinen Eintrag, für Schillo, Racke

und Ruffing wurde die Möglichkeit einer Herkunft aus dem Französischen

meist nicht erwähnt

Häufig wird von den so genannten „Hugenottennamen“ gesprochen, gemeint

sind aber meist allgemein Namen französischen Ursprungs. „Hugenotte“

wird häufig als Sammelbegriff für Auswanderer reformierten Glaubens benutzt,

die aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, der Schweiz

und Italien stammten. Der Begriff ist problematisch, da einerseits nicht alle

hugenottischen Immigranten frankophon waren (dazu s. ZAMORA 1992,

S. 55 f.), andererseits französische Namen auch mit katholischen Einwanderern

nach Deutschland kamen (s. WOLFF 1985, S. 71 f.). Namen, die ausschließlich

Rita Heuser

354


der Religionsgemeinschaft der Hugenotten zugeordnet werden können, gibt es

nicht. Ob ein Familienname auf hugenottische Herkunft hinweist, kann nur mit

Hilfe der Familienforschung belegt werden. Erschwerend ist hierbei, dass viele

hugenottische Familien in Deutschland statt des französischen Namens den

deutschen Familiennamen der eingeheirateten Ehefrau weiterführten oder ihren

Namen weitgehend eindeutschten. HARTWEG erwähnt sogar den Vorgang, dass

einige Deutsche, die in eine hugenottische Kolonie eingeheiratet hatten, ihren

Namen „französisierten“.15 Welchen Anteil die Namen der Hugenotten an den

französischen Namen in Deutschland haben, in wie weit sie erhalten geblieben

sind bzw. verändert wurden, ist noch ungeklärt. Eine geeignete Datengrundlage

für eine weitere Auswertung der französischen Namen in Deutschland, die auf

die hugenottische Einwanderung zurückgehen, könnte die Datenbank „Base de

Données de Refuge (CNRS)“ mit 240 000 Einträgen bzw. personenbezogenen

Datensätzen auf der Grundlage der Auswertung archivalischer Quellen bilden.

Sie wird betreut vom Centre d’Analyse et de Mathématique Sociales (CAMS),

Atelier d’Ingénierie des données du Centre National de la Recherche Scientifique

in Paris.

3.2 Französische Sprache in Deutschland

Lange Zeit wurde die französische Sprache als Alltags- und Unterrichtssprache

in den meist als geschlossene Kolonien angelegten hugenottischen Gemeinden

gepflegt und bewahrt. Die Herkunft der Zuwanderer aus den unterschiedlichen

Herkunfts- und Dialektgebieten Frankreichs führte vielerorts zur Entwicklung

zu einer Art Dorfsprache.16 Die sprachliche und kulturelle Assimilation verlief in

den hugenottischen Gemeinden unterschiedlich, erfolgte aber meist in der dritten

Generation mit der Übernahme der deutschen Sprache und mit der Verbindung

mit deutschen Ehepartnern.17 Französisch wurde zunehmend als Alltagssprache

15 Zur fortschreitenden Eindeutschung und dem Sprachwechsel im Berliner Refuge während der

zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts s. HARTWEG 1990, S. 35 f.; HARTWEG 2005, S. 121–126;

zum Sprachwechsel in ländlichen Gemeinden in der Uckermark und Hessen s. KADELL 1980,

S. 638 f.; BÖHM 2005, S. 127–133.

16 LICHTENTHAL-MILLÉQUANT 1985, S. 202.

17 KADELL 1980, S. 657; LICHTENTHAL-MILLÉQUANT 1985, S. 201–222; SCHRÖDER 1992,

S. 265; ZAMORA 1992, S. 61.

355


Französische Familiennamen in Deutschland

verdrängt und blieb als „lingua sacra“ dem Gottesdienst vorbehalten. Die französische

Sprache wurde als Kirchensprache auch dann beibehalten, wenn sie

von den Gemeindemitgliedern nicht mehr verstanden wurde (ESCHMANN 1989,

S. 12). Mit der Eingliederung der ursprünglich unter Selbstverwaltung stehenden

französischen Pfarrgemeinden in den Verband der deutsch-reformierten

Kirche verlor das Französische auch seine Rolle als Kultsprache.18 Vom Rückgang

der Kenntnis der französischen Sprache waren auch die Familiennamen

betroffen, zunehmend veränderte sich Aussprache und Schriftbild. Die Eindeutschung

der Namen geschah zunächst wohl eher im Gebrauch der deutschen

Bevölkerung und im mündlichen Bereich sowie bei der Verschriftlichung

durch Schreiber, die des Französischen unkundig waren, später aber

auch durch bewusste Entscheidung der Namensträger in dem Bestreben nach

Anpassung.

3.3 Die häufigsten französischen Familiennamen

3.3.1 Die häufigsten Familiennamen in Frankreich

Bei den häufigsten Familiennamen in Frankreich dominieren im Gegensatz zum

Deutschen bei den Einzelnamen (absolut) die Patronyme auf den ersten drei Plätzen,

gefolgt von Wohnstättennamen (Dubois) und Übernamen (Petit, Moreau).

Ein Berufsname findet sich erst auf Platz 14 (Lefebvre).

Fasst man die Varianten der Namen zu einem Typ zusammen, sieht die Reihenfolge

etwas anders aus. Der Typ Faber ‘Schmied’ nimmt mit allen Varianten

(Le Goff, Lefevre, Faivre, Faur, Fabre, Lefebre u. a.) die Spitzenposition in

Frankreich ein, gefolgt von Übernamen (Rouge, Roig ‘rothaarig’; Moreau(x),

More, Morel(l) ‘dunkel, braun’), Patronymen (Martin, Pierre) und Wohnstättennamen

(Dumont ‘vom Berg’; Dubois ‘aus dem Wald’).19

18 KADELL 1980, S. 671; HARTWEG 1990, S. 36; HARTWEG 2005, S. 122.

19 KREMER 1996, S. 1266; KUNZE 2003, S. 117.

Rita Heuser

356


3.3.2 Vorkommen der häufigsten französischen Familiennamen

in Deutschland

Kartiert wurden auf Karte 120 von den zwanzig häufigsten Namen in Frankreich

(s. Tabelle 1) nur die Namen, die sich graphisch von deutschen Namen abheben:

Dubois 283, Durand 154, Petit 148, Fournier 125, Roux 125, Leroy 100, Moreau

99, Blanc 94, Lefebvre 36. Die häufigen Patronyme Martin, Bernard, Thomas,



Robert u. a. kommen in identischer Form auch als Familiennamen deutscher Herkunft

vor.


Als Schwerpunktgebiete zeigen sich auf Karte 1 die historischen und rezenten

Einwanderungs- und Kontaktgebiete im Westen und Süden (zur regionalen Verteilung

aktuellerer Einwanderung aus Frankreich s. NEUHAUS 1997, S. 57), vor

allem Rheinland, Niederrhein, Saarland, Eifel, Hunsrück, Württemberg, weniger

stark dagegen das Rhein-Main-Gebiet, Hannover, Brandenburg.

Auffallend ist, dass sich die nördlichen Einwanderungsgebiete nicht markant

abheben, obwohl ca. drei Viertel der hugenottischen Einwanderer sich nördlich

der Mainlinie niederließen (s. KLINGEBIEL 1990, S. 68).

Eine Kartierung der häufigsten wallonischen Namen (Dupont 443, Dubois

283, Dumont 248, Lejeune 167, Renard 116, Leclerq 1; ohne Lambert, Martin,



Simon, Laurent. Häufigkeitsliste s. KREMER 1996, S. 1266; GERMAIN / HERBILLON

2007, S. 62) ergibt eine noch stärkere Profilierung des westlichen Einwan-

20 Quelle: DFA = Deutscher Familiennamenatlas, Stand 2005.


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