, <Æ/æ> durch <Ä/ä>
oder und <Ø/ø> durch <Ö/ö> oder . So auch bei der Telekom, wo
Sæmundsson zu , Guðbjörnsson zu und Þorgeirsson
zu wird.
Einer Regelung bedarf der sog. Mittel- oder Zwischenname, der vor allem in
Dänemark vorkommt (s. 3.2): Poul Nyrup Rasmussen. Während er in den skandinavischen
Namen eher zum Nach- als zum Vornamenkomplex gehört und vom
Typ her auch ein Familienname sein könnte (meist Patronyme oder Hofnamen),
wird er nach deutschem Recht, das keine Zwischennamen kennt, zum Rufnamenkomplex
geschlagen (allerdings mit dem Vorsatz „Mittelname“), sofern der
einzubürgernde Träger diesen Namen beibehalten möchte. In Deutschland lebende
Ausländer/innen, für die Heimatrecht gilt, behalten ihre Mittelnamen generell
bei.
Bei Isländer/inne/n, die keinen Familiennamen führen, sondern nur ein (von
Generation zu Generation wechselndes) Patro- oder Metronym, wird dieser Beiname
als Familienname betrachtet: Ingibjörg Gunnarsdóttir bzw. Kristján Gunnarsson.
Hier werden sie als Frau Gunnarsdóttir bzw. Herr Gunnarsson angesprochen
(was in ihrem Heimatland undenkbar wäre, wo in allen Situationen nur
der Rufname gilt). Je nachdem, ob sie deutsches oder Heimatrecht geltend machen
wollen, wird das Patronym (bzw. Metronym) bei Heirat oder Kindern unverändert
als Familienname übernommen, oder es wird nach isländischem Recht
ein echtes Patronym (bzw. Metronym) gebildet. Auch werden Namen grundsätzlich
nicht übersetzt (DA § 57 (5)).
Familiennamen aus den skandinavischen Sprachen
67
Wenn Bücher oder Aufsätze isländischer Autor/inn/en außerhalb Islands zitiert,
verzeichnet oder inventarisiert werden, so wenden manche Bibliotheken
(meist solche skandinavistischer Institute) das isländische Prinzip an, d. h. die alphabetische
Einordnung nach dem Rufnamen. Dies ist für Nichtkenner isländischer
Gepflogenheiten äußerst verwirrend. Andere fassen das stets nachgestellte
Patronym als Familiennamen auf und ordnen diesen alphabetisch ein. Dem folgt
auch unser Literaturverzeichnis.
3 Entstehung, Entwicklung und Motivation
der skandinavischen Familiennamen
Die heutigen Familiennamen sind Produkt jahrhundertelanger Entwicklungen
und lassen sich daher nur über ihre Diachronie verstehen. Da hier jedoch nicht
der Platz ist, die Geschichte der Familiennamen dreier skandinavischer Länder
aufzurollen, wird der Schwerpunkt auf Schweden gelegt (3.1). Kontrastiv dazu
wird anschließend Dänemark, am Rande auch Norwegen (3.2.) sowie Island
(3.3) in den Blick genommen. Die norwegischen und isländischen Familiennamen
sind in Deutschland mit Abstand am schwächsten vertreten und werden daher
auch nicht so detailliert behandelt.
In den kontinentalskandinavischen Sprachen gibt es die Termini schwed. efternamn
(norw. etternavn/etternamn, dän. efternavn), wörtl. ‘Nachname’ und
schwed. släktnamn (norw. slektsnavn/slektsnamn, dän. slægtsnavn), wörtl. ‘Geschlechtsname’,
d. h. ‘Familienname’ im engeren Sinn. Manchmal werden damit
Bedeutungsunterschiede verbunden: Da man in allen drei Ländern neue Nachnamen
annehmen kann (ohne dass ihn die Familie übernimmt) oder bei Heirat seinen
alten Geburtsnamen behalten kann, wird släktnamn in der Regel durch den
allgemeineren Begriff efternamn ersetzt. Im Folgenden sprechen wir in all diesen
Fällen von Familien- oder Nachnamen.
3.1 Schweden
Die Familiennamen in Schweden sind deutlich später als in Deutschland aufgekommen
(Modeér 1989). Erst 1901 entstand die erste landesweite Familiennamenverordnung,
d. h. die Verpflichtung zur Annahme eines festen Familien-
Damaris Nübling
68
namens (Brylla 2002). Im Mittelalter wurde zwar durchaus die Möglichkeit,
(unfeste) Beinamen hinzuzufügen, genutzt, doch wird es erst im 16. und 17. Jh.
in Adelskreisen üblich, einen festen Familiennamen anzunehmen, der sich typischerweise
aus zwei Bestandteilen des Wappens zusammensetzte (Lindelöf, Rosengren,
Lilliehöök). Erste Verordnungen im 17. Jh. (1626) schützen die Adelsnamen,
da sie immer öfter von den Bürgern übernommen wurden. Diese machen
sich jedoch in der Folgezeit das (prestigehaltige) Muster der Adelsnamen zunutze,
indem sie einfach zwei Naturbegriffe (von denen einer oft auf die eigene Herkunft
oder Wohnstätte verwies) mehr oder weniger frei kombinieren, d.h. die
Glieder sind mit Appellativen homonym (transparent), die Kombination indessen
nicht unbedingt. Damit entstehen viele „Nonsense-Komposita“. Oben wurden
bereits einige unter den Top 50 genannt (Lindberg, Lindström, Lundberg, Lundgren,
Berglund, Forsberg), in den Positionen 51 bis 100 kommen 28 weitere hinzu
(wie Holmberg, Berggren, Bergqvist, Dahlberg, Ekström), zuzüglich sechs
eingliedrigen. Die wörtliche Übersetzung führt also zu Bildungen wie ‘Lindenstrom’,
‘Eichenstrom’, ‘Talberg’, ‘Waldzweig’, ‘Bergast’ etc.).
Diesem sog. Adels- oder Bürgernamen (in der schwedischen Terminologie
werden die Namentypen nach ihrer Trägerschaft benannt) widmen wir deshalb so
viel Aufmerksamkeit, weil er als (äußerst effiziente) Reaktion auf die Masse der
Patronyme („Bauernnamen“) zu verstehen ist, die erst gegen Ende des 19. Jhs. zu
(erblichen) Familiennamen wurden (spätestens mit der Verordnung von 1901).
Wie oben bereits erwähnt, war das in ihnen enthaltene Rufnamenmaterial so begrenzt,
dass der Name kaum mehr seinem Differenzierungsgebot nachkam. Die
große Mehrheit enthält einen christlichen Rufnamen – deutliches Indiz für die
späte Fixierung dieses Namentyps. Dieser Namentyp hat um 1900 eine regelrechte
„onymische Krise“ ausgelöst, von der noch die heutige Tatsache, dass ein
Drittel der Schweden einen son-Namen trägt, kündet (Daten von 2004; gemäß
Gidebäck 2005 sind es knapp 3 Mio Schweden). Die Fixierung der Patronyme
zu Familiennamen erreichte mitnichten das Ziel möglichst monoreferentieller
Gesamtnamen. Da um 1900 keine Verpflichtung bestand, das Patronym zum Familiennamen
zu erheben, entstand eine Vielzahl „unschwedischer“ Phantasienamen
wie Axyz, Caryll, Ohné, gegen die sich Widerstand erhob und die man als
„Namenbarbarei“ (Noreen 1924a) empfand. Für die Annahme neuer Familiennamen,
die bis heute jedem offensteht, wurden von dem Sprachwissenschaftler
Adolf Noreen „10 Gebote“ (Noreen 1924b) ausgearbeitet, die neben dem
Familiennamen aus den skandinavischen Sprachen
69
Gebot zur Monoreferenz die Übernahme bloßer Rufnamen verbot, ebenso lächerliche
oder anstößige Namen. Empfohlen wurde ein möglichst kurzer, der
schwedischen Schreibung, Wortbildung und Appellativik entsprechender Name,
was jahrzehntelang zur Propagierung des zweigliedrigen Naturnamens führte
und ganz konkret in seiner massenhaften Produktion in den seit 1921 mehrfach
erschienenen Familiennamenkatalogen mündete („Svenska efternamnsförslag“).
Die Auflage von 1992 enthielt 22 000 neue, maschinell erstellte Komposita. Daneben
besteht auch die Möglichkeit, selbst einen Namen zu kreieren – Hauptsache,
der Name ist nicht schon vergeben, ist unanstößig und kollidiert nicht mit
Produkt- oder reinen Rufnamen. Heute sind, was Schreibung und „schwedische
Prägung“ betrifft, viele Restriktionen gefallen (Brylla 1996, Entzenberg
2006). Auch ist es nach dem Namengesetz von 1982 wieder möglich, echte (produktive)
Patronymik oder Metroynmik zu praktizieren, was im Fall weiblicher
Namenwechsler zur Reaktivierung des Suffixes -dotter geführt hat (s. o.). Man
kann auch einen alten Familiennamen (wieder) annehmen (dann entfällt das Monoreferenzgebot),
oder man ändert nur die Schreibweise seines Namens. Zentrales
Anliegen dieser liberalen Nachnamenpraxis ist es jedoch, die nach wie vor
zahlreichen son-Namen zu verringern und die Namenvielfalt zu erhöhen. Schätzungen
gehen davon aus, dass zwischen 1920 und 1963 etwa 90 000 Personen
vor allem mit son-Namen einen neuen Familiennamen angenommen haben. Eine
Frequenzliste schwedischer Familiennamen vom 1.1.1973 erweist immerhin,
dass damals noch Platz 1–21 patronymisch besetzt waren (2006: Rang 1–19) und
dass sich unter den 100 häufigsten Namen 48 Patronyme befanden (2006: 45).
Den Namenwechsel (ebenso wie die Bildung eines neuen Namens) erledigt man
heute komfortabel per Internet (beim „Patent- och Registreringsverket“:
www.prv.se). Wird der Namenvorschlag akzeptiert, hat man mit 6–7 Wochen Bearbeitungszeit
zu rechnen. Der Wechsel kostet pro Person 1 500 Kronen (ca. 150
Euro), der Familientarif beträgt 3 000 Kronen (ca. 300 Euro). Eine 1995 vom Patentamt
herausgegebene Informationsbroschüre zum Namenwechsel trägt den ermunternden
Titel „Dags att byta namn“ ‘(es ist) Zeit, den Namen zu wechseln’.
2004 entschieden sich 1 248 Schwed/inn/en für einen neu(gebildet)en Familiennamen,
2005 waren es 1 252 und 2006 1 420 (siehe www.prv.se). Auch Rufnamen
unterliegen dieser Freiheit. Selbst mehrmaliger Namenwechsel ist erlaubt.
Ermöglicht wird dies alles durch einen absolut monoreferenten, unveränderlichen
„Namen“, den jede Person für jede bürokratische Handlung unbedingt benötigt:
die 10-stellige Personennummer.
Damaris Nübling
70
Neben den Patronymen und den Naturnamen verdient als dritter Namentyp
der sog. Geistlichenname onomastisches Interesse, auch weil dieser nun spezifisch
schwedisch ist, d.h. in Dänemark und Norwegen kaum vorkommt. Anders
Celsius, Alfred Nobel, Carl v. Linné, auch Henning Mankell sind berühmte Namenvertreter.
Unter Geistlichen war es schon im 16. Jh. üblich, ihr Patronym
(z. B. Erik ¨ Ericus) oder ihren Herkunftsnamen zu latinisieren oder (seltener)
zu gräzisieren. Celsius geht auf die volle Übersetzung von Högen ‘Hügel’ ins Lateinische
zurück. Nobel liegt der Landschaftsname Nöbbelöv zugrunde, der zu
Nobelius (mit Pänultimabetonung) umgeformt und später zur Zeit des französischen
Einflusses (17./18. Jh.) apokopiert wurde, womit die charakteristische Finalbetonung
(No'bel) entstand. Ähnlich Linné < dialektal linn ‘Linde’, das über
Linnaeus zu Linné wurde. Solche typischen, allesamt finalbetonten Ausgänge
sind -én/-een, -in, -el/-ell, -ér etc. Mit Lundin (43), Wallin (62) und Nordin (69)
befinden sich drei unter den 100 häufigsten Namen. Auch Namen mit der Endung
-(i)us, -(a)eus sind noch durchaus präsent, und bei der Bildung neuer Familiennamen
werden solche onymischen Suffixe sogar empfohlen. Auf Gräzisierungen
gehen die ebenfalls gebräuchlichen Namen auf -ander zurück (z.B. Wellander
mit Pänultimaakzent). Alle diese Namen führen auf prosodischer (abweichendes
Akzentmuster), phonologischer, graphematischer, morphologischer und lexikalischer
Ebene zu beträchtlicher Distanz zum restlichen Namenmaterial (hierzu
Nübling 1997a, 1997b, 2000a, 2004).
Als vierter und letzter Typ sind die ebenfalls als typisch schwedisch geltenden
sog. Soldatennamen zu nennen vom Typ Svärd ‘Schwert’, Modig ‘Mutig’, Rask
‘Kühn’, Hurtig ‘Schnell’ – einstige (stets eingliedrige) Beinamen, die im 16.–18. Jh.
den Soldaten beim Militär als Zusatz zu den wenig differenzierenden Patronymen
verliehen wurden und die am ehesten unseren Übernamen entsprechen.
(Wahlberg 1990).
„Gewinner“ der schwedischen Namenpolitik ist also insgesamt der zweigliedrige
Naturname, der in Norwegen und Dänemark zwar nicht unbekannt ist, doch
nicht diese große Verbreitung besitzt (in Dänemark setzt man eher auf sog. Zwischennamen,
d.h. einen dreigliedrigen Gesamtnamen, siehe 3.2). Der Vorteil dieser
morphotaktischen Strategie liegt auf der Hand: Relativ wenige, kurze und außerdem
„unverfängliche“, d. h. für die Bezeichnung von Personen ungeeignete
Naturbezeichnungen werden miteinander kombiniert, was mit wenigen Mitteln
ein riesiges Inventar schafft. Dieses ökonomische Prinzip sei nur anhand der Naturnamen
unter den 100 häufigsten Namen erläutert: Es handelt sich dabei um
Familiennamen aus den skandinavischen Sprachen
71
43 Komposita (plus 9 Simplizia, die allesamt auch in den Komposita vorkommen).
Die 86 „Bausteine“ als Tokens verteilen sich dabei nur auf 25 Types, d.h.
es werden insgesamt nur 25 verschiedene Bausteine verwendet. Davon kommen
die meisten nur als Erstglied vor (17, z. B. Å-, Blom-, Söder-), manche als Erstund
Zweitglied (5, z. B. Berg-/-berg, Lund-/-lund), und manche nur als Zweitglied
(3, nämlich -gren, -man, -qvist). Besonders häufig vorkommende Zweitglieder
sind -berg (15mal) und -ström (12mal). Zu mehr Zahlen bez. Erst- und
Zweitgliedern siehe Nübling (1997b, S. 220).
In ganz Skandinavien kommt dem Familiennamen pragmatisch weitaus weniger
Bedeutung zu als in Deutschland: Im Alltag wird, auch unter Fremden, viel
schneller und häufiger auf den Rufnamen zurückgegriffen (in Verbindung mit der
Anrede du, die Entsprechung von Sie wurde nach dem 2. Weltkrieg stark zurückgedrängt
und findet sich nur noch in wenigen, sehr distanzsprachlichen Domänen).
Ein Pendant zu „Frau Schmidt“ oder „Herr Schmidt“ ist, zumindest in der
jüngeren Generation, nicht gebräuchlich, hier gilt der Rufname. Im behördlichen
Alltag kommt der 10-stelligen Personennummer die größte Bedeutung zu.
3.2 Dänemark (und Norwegen)
In Dänemark und Norwegen verhält es sich mit der Diachronie der Familiennamen
in groben Zügen ähnlich wie in Schweden. Allerdings wird der deutsche
Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung der dänischen Familiennamen höher
eingeschätzt. Auch hier beginnt die Entwicklung beim Adel (hier ebenfalls
mit zweigliedrigen Wappennamen), der schon 1526 seine Namen schützen lässt.
Um 1800 trägt bereits über die Hälfte des Bürgertums feste Familiennamen.
1828 werden die Dänen schon bei der Taufe zu Familiennamen verpflichtet. 1827
wurde jegliche freie Familiennamenwahl untersagt, da immer wieder das Ziel der
Verordnungen, nämlich die sen-Namen zu reduzieren, konterkariert wurde
(Søndergaard 2000; zu den Namengesetzen siehe Meldgaard Villarsen
1983, 1984, Udolph 2006, zur Geographie der sen-Namen in Dänemark siehe
Schmuck i. Dr.). In Norwegen gilt erst seit 1923 die Verpflichtung zu Familiennamen.
Beide Länder tragen bis heute an der Last der Patronyme, wenngleich
auch hier die sen-Namen stetig zurückgehen (siehe Abschnitt 1). Meldgaard
Villarsen (1983) zufolge hält Dänemark bezüglich des quantitativen Missverhältnisses
zwischen (zu wenigen) Familiennamen und (zu vielen) Personen den
Damaris Nübling
72
europäischen Rekord. Obwohl auch in Dänemark (und in Norwegen) freier Familiennamenwechsel
besteht (der jedoch nie richtig genutzt wurde), hat es einen
anderen Ausweg gewählt als Schweden: Dänemark setzt schon seit Ende des 19.
Jhs. auf sog. Mittel- oder Zwischennamen (mellemnavn), die zwischen Ruf- und
Familienname treten und den ungenügend differenzierenden Familiennamen
kompensieren: John Kousgård Sørensen, Poul Nyrup Rasmussen. Zu Beginn
setzten sich die Mittelnamen aus toponymischen Herkunftsnamen zusammen,
später eher aus dem Familiennamen des zweiten Eltern- bzw. eines Großelternteils.
Erlaubt sind heute sogar mehrere Zwischennamen. Schon in den 1950er
Jahren trugen ca. 36 % der Kinder Mittelnamen; der Anteil wächst stetig, so dass
heute ein Mittelname längst die Norm darstellt. Bei alphabetischer Listung kann
auch der Mittelname ausschlaggebend sein, d. h. es kann passieren, dass ein und
dieselbe Person z. B. im Telefonbuch nach ihrem Nach- und in einem anderen
Verzeichnis nach ihrem Mittelnamen (alphabetisch) aufgeführt wird. Seit dem
Namengesetz von 1981 kann ein Bindestrich zwischen Mittel- und Familienname
gesetzt werden – weiterer Indikator für die Festigkeit dieses Nachnamenkomplexes
(dann allerdings bestimmt der Mittelname die alphabetische Einordnung).
Mit dem liberalen Namengesetz von 2006 hat sogar eine ausdrückliche Gleichstellung
von Mittel- und Familienname stattgefunden (Udolph 2006). Mit dieser
Aufwertung des Mittelnamens wurde und wird der Familienname sukzessive
entwertet. Im Alltag verwendet man oft nur einen Namen, entweder nur den Mittel-
oder nur den Nachnamen, was auch in Dänemark zu häufiger Verwirrung
führt (Meldgaard Villarsen 1983). Im Gegensatz zum Schwedischen, das
das Paradigma seiner Familiennamen erweitert, greift das Dänische nach syntagmatischen
Lösungen. Dabei sind Mittelnamen prinzipiell auch in Schweden und
Norwegen erlaubt, doch wird von ihnen weniger Gebrauch gemacht.
Wie bereits angesprochen, ist der Anteil niederdeutscher Familiennamen, bedingt
durch die Hansezeit, in Dänemark am höchsten. Während in Schweden
Herkunfts- oder Wohnstättenbezeichnungen latinisiert (oder gräzisiert) wurden,
so wurden diese in Dänemark „verdeutscht“ – entweder regelrecht übersetzt oder
nur formal ins Deutsche transformiert („pseudodeutsche Namen“): Tingsted ¨
Tengstedt, Ravenbjerg ¨ Raffenberg, Bredsten ¨ Breitenstein. Auch kam über
diesen Weg der Typ des Berufsnamens ins Dänische (der im Schwedischen so gut
wie inexistent ist): Møller (Platz 21), Schmidt (Rang 30), Schultz (84), Koch (90).
Nach schwedischem Vorbild indessen wurden im 18. Jh. zweigliedrige Naturnamen
gebildet wie dän. Holmstrøm (nach schwed. Holmström) oder – mit adlige-
Familiennamen aus den skandinavischen Sprachen
73
rem Beigeschmack – Løvenkrone, Gyldenskjold, Blixencrone, sog. Glanznamen,
derer sich geadelte Beamte und Offiziere oder einfach nur wohlhabende Bürger
bedienten. Auch viele von-Adelsnamen entstanden nach deutschem Vorbild: von
Kaltenborn, von Reichenbach, von Nutzhorn, von Müller (Søndergaard 2000,
S. 17).
Im Dänischen gibt es, wenn auch im Vergleich zum Deutschen in bescheidenem
Ausmaß, echte Übernamen, z.B. Bruun ‘braun’ (57), Ravn ‘Rabe’ (74), Kruse
‘kraushaarig’ (93), die alle einen Bezug zum Haar haben. Namen wie ‘Jung’,
‘Groß’ oder ‘Klein’ sucht man jedoch vergeblich. Im Schwedischen gibt es, abgesehen
von den Soldatennamen, keine Übernamen, ebensowenig im Norwegischen.
3.3 Island
Auf Island gilt bis heute Einnamigkeit als Norm. Angesichts seiner nur 300 000
Einwohner scheint dieses Verfahren ausreichend zu sein. Was noch bis gegen
1900 in Kontinentalskandinavien praktiziert wurde, hat auf Island bis heute seine
Tradition bewahrt: Die echten (primären, produktiven) Patronyme als wechselnde
Beinamen (Tomasson 1975). Metronyme sind auch zugelassen, werden aber
(obwohl im Altnordischen durchaus üblich) seltener gebildet und trugen bis vor
wenigen Jahrzehnten das Stigma des unbekannten Vaters (Kvaran 1996, 1987).
Die Patronyme bilden also bis heute den Prototyp. Manchmal wird der erste
Buchstabe des Metronyms als eine Art Mittelname zwischen Ruf- und Beiname
gesetzt: Jakob S. Jónsson („S.“ steht für das Metronym Svövuson, d. h. ‘Sohn der
Svava’; s. Kvaran 1996). Seit dem neuen Namengesetz von 1997 kann man sowohl
ein Patro- als auch ein Metronym verwenden (Typ Jakob Svörenson Jónsson).
Der Rufname ist damit der einzige Name. Nach seiner alphabetischen Ordnung
sind Namenverzeichnisse wie Telefonbücher organisiert. Der patro- bzw.
(seltener) metronymische Mädchen- bzw. Frauenbeiname endet auf -dóttir
‘Tochter’, der Jungen- bzw. Männerbeiname auf -son. Der die Basis bildende
Rufname steht im Genitiv, wobei es hier verschiedene Flexionsklassen zu berücksichtigen
gilt (in den erstarrten Patronymen Festlandskandinaviens kommt
dagegen fast nur der starke s-Genitiv vor): Die frühere isländische Präsidentin
hieß Vigdís Finnbogadóttir; Rufname des Vaters: Finnbogi (schwache Flexion).
Damaris Nübling
74
Ingibjörg, Tochter des Þorsteinn, nennt sich Þorsteinsdóttir (starke Flexion).
Weitere Klassen kommen hinzu.
Daneben sind auf Island auch Familiennamen zugelassen, doch bilden diese
die Ausnahme. Meist werden dafür Hofnamen verwendet. Prominenter Vertreter
ist Halldór Laxness, der seinen Hofnamen Laxnes zum Familien- und Künstlernamen
gewählt hat. Bis dahin nannte er sich Halldór Guðjónsson. Gemäß Kvaran
(1996) gab es 1994 insgesamt 2 227 Familiennamen auf Island, von denen
ein beträchtlicher Teil auf dort lebende Ausländer zurückgehen dürfte.
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