5 Chinesische Familiennamen
Die kulturelle Vielfalt Asiens spiegelt sich auch in ihrer Namengebung wider. Berücksichtigt
wurden hier vor allem die südostasiatischen (indische Namen siehe
oben), d. h. die chinesischen und anschließend die koreanischen, vietnamesischen
und japanischen Personennamen, deren Struktur sich von der deutschen unterscheidet.
An erster Stelle erscheint immer der Familienname vor dem/den Rufnamen
und/oder Generationsnamen. Die Familiennamen bestehen in der Regel
nur aus einem Schriftzeichen (Silbe, Wort). Die persönlichen Namen (Rufnamen)
können aus mehreren Zeichen bzw. Silben bestehen. Zweigliedrige Familiennamen
sind eher selten (außer in Japan). Alle Schriftzeichen werden hier zum besseren
Verständnis in lateinischer Schrift (teilweise mit Sonderzeichen) angegeben.
Über chinesische Namen gibt es schon zahlreiche Arbeiten. Einen Überblick
findet man u. a. bei BAUER 1959, NING/NING 1995, CREAMER 1995 und LEWELLEN
2003.
In der chinesischen Kultur spielt der Name eines Menschen eine wichtige
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Neue Familiennamen in Deutschland seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Rolle für dessen Leben und Schicksal. Der Personenname kann hier eine symbolische,
soziale, historische, praktische und auch ideologische Bedeutung haben.
Es gibt private und öffentliche Namen. Namenwechsel und Namenänderung nach
Lebensabschnitten (Kindername, Erwachsenenname, Elternname, buddhistischer
Name, Beamtenname, Künstlername, Titel bzw. ehrenvoller Name zu Lebzeiten
und nach dem Tod) gibt es auch heute noch in China (vor allem in ländlichen Gegenden).
Allerdings wird nur ein Name (Familienname und persönlicher Name)
registriert.
Chinesische Familiennamen haben eine lange Tradition. Sie sind die ältesten
in der Welt und werden bis auf den legendären Urkaiser Fu Xi (auch Pao Xi oder
Tai Hao) zurückgeführt. Es wird angenommen, dass es Verbindungen zwischen
den Familiennamen in China und entsprechendem Totem (Urahnen, Schutz- und
Naturgeister) der frühen Bevölkerung gegeben hat (NING/NING 1995, S. 8). Für
das zweite Jahrtausend v. Chr. gibt es Nachweise dafür, dass Angehörige des
Kaiserhauses den Namen ihres Herrschers als Beinamen angenommen haben. So
ist z. B. der Beiname Yin als einer der ältesten schon in der Shang-Dynastie (16.
Jahrhundert bis 11. Jahrhundert v. Chr.) bezeugt. Die Herrscher der Zhou-Dynastie
(1122/1045 – 770 v. Chr.) werden mit ihrem persönlichen Namen, einem
geläufigen und einem postumen Namen genannt (z. B. Ji Fa mit dem geläufigen
Namen Zhou Wuwang ‘Kaiser Wu von Zhou’ und postumen Namen Wuwang;
Ji Song mit dem geläufigen Namen Zhou Chengwang ‘Kaiser Cheng von Zhou’
und postumen Namen Chengwang usw.). In dieser Zeit entstanden zahlreiche
Familien- oder auch Clannamen. Es war üblich, dass die chinesischen Herrscher
ihre Familiennamen (sie trugen keine Titel) an ihre Untertanen weitergaben, um
sie an sich zu binden. Dies hatte zur Folge, dass es zahlreiche Menschen mit ein
und demselben Familiennamen gab, die allerdings nicht miteinander verwandt
waren.
Das Chinesische kennt keinen adäquaten Begriff für Name. Mingzi oder ming
steht für den persönlichen (gegebenen) Namen und xingshi für den Familiennamen.
Ursprünglich bezeichneten xing den Stamm oder die Sippe der Mutter (mit
dem weiblichem Zeichen nü ‘Frau’, ni ‘Mädchen’) und shi eine Untergruppe
des Stammes (nach dem Vater, nach einem Ort, einer Region u. ä.). Der Stammes-
oder Clanname xing wurde über die Mutter weiter gegeben. Dieser konnte
den Clan der Mutter, eine Urahnin bzw. ein Totem, den Wohnort der Mutter u.
ä. bezeichnen. In der westlichen Zhou-Dynastie gab es nicht mehr als dreißig
Bei- oder Familiennamen, von denen die meisten das weibliche Schriftzeichen
Gabriele Rodríguez
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nü ‘Mutter’ beinhalteten (z. B. Jiang, Yao, Si, Ji, Hao, Ren, Yi, Zhi, Fei, Kui, Yun,
Ying, Zha und Zhuo).
Der Name eines Zweiges oder einer Untergruppe des Stammes (shi) wurde
häufig durch einen Herrscher verliehen (auch nach dem Tod des Namensträgers
als postumer Name); konnte auf den Namen des Ortes zurückgehen, wo der Clan
lebte; konnte ein Amt oder Titel bezeichnen oder auf den Namen eines Herrschers
zurückgehen. Es konnte noch eine weitere Unterteilung des Namens (shi) erfolgen
(Zweitname oder zweiter Beiname). Neben den persönlichen und Familiennamen
gab es auch Tabunamen (hui) bei berühmten Persönlichkeiten.
In der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) sind Familiennamen xing oder
xingshi nicht nur bei Edelleuten, sondern auch bei Bürgerlichen gebräuchlich. Sie
werden teilweise vereinfacht, d. h. ohne Unterscheidung verwendet.
Heute gibt es keinen Unterschied mehr zwischen xing und shi, man bezeichnet
mit xingshi den Familiennamen. Es ist nicht bekannt, wie viele Familiennamen
es in China tatsächlich gibt. Eine der ältesten Listen von Familiennamen stammt
aus der nördlichen Song-Dynastie (960 – 1127) und nennt 472 Familiennamen.
Das Buch der Hundert Familiennamen (Bai Jia Xing) war bis in die fünfziger
Jahre des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Lehr- und Sachbuch. Es enthält nicht
nur Personennamen, sondern auch historische und sprachwissenschaftliche Informationen.
So wurde es als Lehrbuch in den Schulen verwendet, da es Kenntnisse
über Namen im Besonderen und über das Leben und die Gesellschaft im
Allgemeinen vermittelt. Neben diesem Buch gibt es noch das Buch der Tausend
Familiennamen (Qian Xing Bian) von Cai Zhenzi (Ming-Dynastie) mit 1.968 Familiennamen
und erweiterte, aktualisierte Versionen des Buches der Hundert Familiennamen
mit bis zu 3.107 Familiennamen. Die Familiennamen werden hier
in verschiedene Gruppen geteilt: nach geographischen Namen und Namen von
Dynastien (Jing ‘Hauptstadt’, Guo ‘äußere Stadt’, Xia, Shang, Zhuo, Han, Wu,
Hu, Zheng, Song, Zhao, Ming), Nationalitäten und Völkern (Han, Hua ‘Chinese’,
Man ‘Manchu’, Meng ‘Mongole’, Zang ‘Tibetaner’, Ha ‘Kasache’), nach topografischen
und meteorologischen Begriffen (Tian ‘Himmel’, Yang ‘sonnig’, Taiyang
‘Sonne’, Yu ‘Regen’, Hong ‘Regenbogen’, Feng ‘Wind’, Huo ‘Feuer’), nach
Himmelskörpern (Chen ‘Stern’, Yue ‘Mond’, Ri ‘Sonne’), Himmelsrichtungen,
Tages- und Jahreszeiten (Dong ‘Osten’, Nan ‘Süden’, Xi ‘Westen’, Bei ‘Norden’,
Nian ‘Jahr’, Yue ‘Monat’, Ri ‘Tag’, Chen ‘Morgen’, Wan ‘Abend’, Ye ‘Nacht’,
Chun ‘Frühling’, Xia ‘Sommer‘, Qiu ‘Herbst’, Dong ‘Winter’), nach Tieren und
Pflanzen (Ma ‘Pferd’, Niu ‘Kuh’, Yang ‘Schaf’, Mao ‘Katze’, Guo ‘Hund’, Lang
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Neue Familiennamen in Deutschland seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
‘Wolf’, Long ‘Drachen’, Bao ‘Leopard’, Xiang ‘Elefant’, Ya ‘Ente’, Hong, Hu
‘Schwan’, Feng, Luan ‘Phoenix’, Niao ‘Vogel’, Hua ‘Blume’ Lan ‘Orchidee’,
Lian ‘Lotus’, Zong ‘Palme’, Zhu ‘Bambus’), Materialien, Rohstoffen, Edelsteinen,
Farben und Zahlen (Jin ‘Gold’, Yin ‘Silber’, Tie ‘Eisen’, Lin ‘dunkelgrüner
Jadestein’, Mao ‘Jadegefäß’, Hu ‘Korallengefäß’, Yi ‘eins’, Er ‘zwei’, San ‘drei’,
Si ‘vier’, Wu ‘fünf’, Liu ‘sechs’, Bai ‘hundert’, Qian ‘tausend’, Zhao ‘Million’,
Hong ‘rot’, Jiang ‘dunkelrot’, Cheng ‘orange’, Huang ‘gelb’, Su ‘klare, helle
Farbe’), nach Körperteilen, menschlichen Beziehungen und Eigenschaften (Tou,
Shuo ‘Kopf’, Yan ‘Gesicht’, Mao ‘Haar’, Mu, Yan ‘Auge’, Shen ‘Körper’, Li
‘dunkler Teint’, Fu ‘Vater’, Mu ‘Mutter’, Zi, Er, Lang ‘Sohn’, Sun ‘Enkel’, Peng,
You ‘Freund’, Gong ‘Respekt’, Cheng ‘ehrlich, aufrichtig’, Zhen ‘ehrlich; Wahrheit’,
Zhi ‘Wissen, Weisheit’, Hui ‘weise’, Li ‘wild, heftig’, Bao ‘gewalttätig’,
Ning ‘ruhig’, An ‘friedlich’, Nu ‘ängstlich’, Chang ‘beständig, treu’, Da ‘groß’,
Xiao ‘klein’, Qiang ‘stark’, Mei ‘schön, wunderschön’, Fei ‘fett’, Chuo ‘böse’),
nach Berufen, Ämtern und Titeln (Huang ‘Herrscher’, Wang, Jun ‘König, Kaiser’,
Gong ‘Herzog’, Bo ‘Graf’, Li ‘Gefängniswärter’, Jiang, Jiangjun ‘General’,
Li ‘Beamter’, Shaozheng ‘Vizeminister’, Situ ‘Minister des Landes und der
Bevölkerung’, Sima, Jun ‘Kriegsminister’, Gong ‘Arbeiter’, Ru ‘Gelehrter’, Jun
‘Soldat’, Gu ‘Händler’, Pao, Churen ‘Koch’, Seng ‘Mönch’, Ni ‘Nonne’, Ji ‘Priester’,
Ling ‘Schauspieler’), religiösen Erscheinungen und anderen, auch vermischten
Objekten (Fo, Fan ‘Buddha’, Dao ‘Taoist’, Yuan ‘Tempel’, Ping ‘Schutz’
u. a.) (vgl. NING/NING 1995, S. 21 – 35).
Chinesische Familiennamen sind in der Regel einsilbig, einige können auch
mehrgliedrig sein. Man unterscheidet heute vier Gruppen von Familiennamen:
die eingliedrigen, die zweigliedrigen, die mehrgliedrigen und die kombinierten
Familiennamen. Mehr als 80 % aller chinesischen Familiennamen bestehen aus
einem Schriftzeichen (Li, Wang, Zhang, Liu, Chen, Yang). Sehr selten sind zwei-
und mehrgliedrige Familiennamen (Sima, Zhuge, Yifu, Wuyan, Shizhu, Fangfeng,
Kongdong, Xiangfu, Situ, Jianwu, Moqi, Juchenjing, Xiduguan, Yaowuge,
Jinjinlijin, Xulianti, Xilinjueluo, Yiergenjueluo). Diese findet man vor allem bei
anderen Nationalitäten und ethnischen Minderheiten, von denen es 54 in China
gibt. Kombinierte Familiennamen, d. h. Doppelnamen, bestehen meist aus den
Familiennamen des Vaters und der Mutter (aus Respekt vor den Eltern) oder bei
verheirateten Frauen aus dem eigenen und dem Namen des Ehemannes (Fang-Ye,
Ye-Fang). Mehrgliedrige Familiennamen sind schwierig zu schreiben und auszusprechen,
deshalb werden diese auch vereinfacht. Die Kinder erhalten heute in
Gabriele Rodríguez
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der Regel auch nur den Familiennamen des Vaters.
Man geht von 4.000 bis 10.000 chinesischen Familiennamen aus, von denen
aber nur ca. 2.000 heute im Gebrauch sind. Laut einer Untersuchung zu Familiennamen
in sieben chinesischen Städten aus dem Jahr 1978 gibt es 2.225 verschiedene
Familiennamen in Beijing, 1.802 in Guangzhou, 1.640 in Shanghai,
1.631 in Chengdu, 1.574 in Wuhan, 1.270 in Shenyang und 1.245 in Chongqing.
In Taiwan wurden 1.700 verschiedene Familiennamen gezählt (Ning/Ning 1995,
S. 13f.). Die drei häufigsten Familiennamen in China sind Li (7,9 %), Wang (7,4
%) und Zhang (7,1 %). Es folgen sechzehn weitere Namen mit jeweils einer
Häufigkeit von mehr als 1 % aller Namen (Liu, Chen, Yang, Zhao, Huang, Zhou,
Wu, Xu, Sun, Hu, Zhu, Gao, Lin, He, Guo und Ma). Die neunzehn häufigsten
Familiennamen verteilen sich auf 55,6 % und die hundert häufigsten Familiennamen
auf 87 % der Bevölkerung in China (NING/NING 1995, S. 36 – 37). Es
konzentrieren sich also nur wenige Familiennamen auf einen Großteil der Bevölkerung.
Die Unterscheidung der Menschen erfolgt meist über den gegebenen
persönlichen Namen, der aus dem Grundwortschatz frei gebildet werden kann. In
einigen Fällen wird er noch mit einem Generationsnamen gekoppelt. So trugen
die Brüder Mao Zedong, Mao Zemin und Mao Zetan im persönlichen Namen
noch den Generationsnamen ze. Die Generation des Vaters trug dagegen den Generationsnamen
yi (Mao Yichang) und die des Großvaters den Namen en (Mao
Enpu) (LI und LAWSON 2007, S. 208).
In Deutschland leben mehr als 42.900 Chinesen (www.auslaender-statistik.de
[Stand: 1999]). Es ist nicht bekannt, wie viele unterschiedliche chinesische Familiennamen
es in Deutschland gibt. Die zwölf häufigsten Familiennamen konnten
aber auf der Grundlage von Telefonanschlüssen (in Verbindung mit den entsprechenden
Vornamen) ermittelt werden. Es sind in der Reihenfolge nach ihrer Häufigkeit
(für einige der Namen kommen mehrere Bedeutungen in Frage): 1. Wang
.König, Kaiser. (Platz 2 in China), 2. Chen .Stern, Morgen. (5), 3. Li .Beamter.
(Platz 1 in China), 4. Zhang .Hand; offen. (3), 5. Liu .Dynastie; sechs. (4), 6.
Yang .sonnig; Schaf. (6), 7. Lin .dunkelgrüner Jadestein. (16), 8. Wu .Dynastie;
fünf. (10), 9. Sun .Nachkomme, Enkel. (12), 10. Xu .Sitte, Brauch, volkstümlich;
Reihe, Ordnung. (11), 11. Zhou .Dynastie. (9) und 12. Huang .gelb; Herrscher.
(8). Es ergibt sich also ein ähnliches Bild wie in China, wobei die in Südchina
häufigen Namen Lin, Wu und Huang in Deutschland in der Gesamtrangordnung
stärker vertreten sind.
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Neue Familiennamen in Deutschland seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Karte 7: Verbreitung des Namens Wang (Quelle: Geogen v3.0.2625 © 2005 –2007)
Karte 8: Verbreitung des Namens Li (Quelle: Geogen v3.0.2625 © 2005 –2007)
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Menschen chinesischer Nationalität leben heute vor allem in Westdeutschland
und Berlin (mit Konzentrationen vor allem in den größeren Städten Hamburg,
Bremen, Hannover, Frankfurt/M., Köln, Aachen, Bochum, Paderborn, Düsseldorf,
München, Stuttgart, Karlsruhe u.a.). Entsprechend häufig findet man hier
auch chinesische Familiennamen. Die Verbreitungskarten der Familiennamen
Wang und Li (s. Karten 7 und 8) verdeutlichen dies.
Chinesische Familiennamen werden in der Regel nach dem Pinyin-Standard
des Mandarin-Dialekts auch ins Deutsche übertragen, d. h. ch steht für gesprochenes
[tschh], c für [ts], ian [jen], iao für [jao], j für [dsch und auch sch wie in
Garage], q für [tsch, tj], sh für [sch], x für [ß oder ch wie in ich], y für [j], z für
[ds] und zh für [dsch]. Wir finden heute aber in Deutschland chinesische Namen
nicht nur in der Pinyin-Schreibweise (Wáng/Wang, Chén/Chen, Li/Li, Zhang/
Zhang, Liú/Liu, Yáng/Yang, Huáng/Huang), sondern ebenso in der vor allem in
Taiwan gebräuchlichen inoffiziellen Wade-Giles-Umschrift (Wang, Ch’en/Chen,
Li, Chang, Liu, Yang, Huang), in der u. a. in Hongkong gebräuchlichen kantonesischen
Yale-Umschrift (Wong, Chan, Lee, Cheung, Lau, Yeung, Wong) und in
anderen, z. B. südchinesischen, auch dialektal und westlich geprägten Schreibformen
(Vong/Ong, Chern/Chun/Tan/Ding, Lee/Lei/Le/Ly, Zoeng, Liou/Liao, Joeng,
Hwang/Vong).
Bei der Einordnung der Namen ist es häufig schwierig, den Familiennamen
von Vornamen zu unterscheiden, da der Familienname meist noch als erster Name
erscheint. Im Briefverkehr kommt es deshalb auch schon zu Verwechslungen. So
kam ein Brief aus der Personennamen-Beratungsstelle an der Universität Leipzig
an Frau Huang zurück, da der Name der Empfängerin nach deutschem Vorbild
mit Vor- und dann Familienname adressiert wurde (Frau Lihua Huang). Nachdem
die Namen umgestellt wurden, also zuerst der Familienname und dann der
Vorname angegeben wurde (Frau Huang Lihua), erreichte der Brief seine Empfängerin.
Zweigliedrige persönliche Namen werden heute in der Regel zusammengeschrieben.
Es weichen ältere Namen in ihrer Schreibweise häufig aber von der
modernen ab (vgl. z. B. Sun Yat-sen für Sun Yixian oder Mao Tse-tung für Mao
Zedong). Je nach Umschrift und westlichem Einfluss (Mischnamen) können verschiedene
Varianten eines Namens erscheinen: z. B. in China (offizielle Reihenfolge:
Familienname und persönlicher Name) Chen Qiangxiao oder Huang Lihua
(Pinyin), in Hongkong Chan Yeung-chiu bzw. Wong Lee-wu oder Wong Lee-wo
(kantonesisch/Yale) oder vermischt auch Chan Yeung-chiu Lee (Lee Chan Yeung-
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Neue Familiennamen in Deutschland seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
chiu) bzw. Wong Lee-wu An (An Wong Lee-wu) oder in den USA und Europa
(auch mit westlichen Namen) Qiangxiao Chen, Qiang Xiao Chen, Qiang-Xiao
Chen, Yeung-chiu Chan oder Lee Yeung-chiu Chan bzw. Lihua Huang, Li Hua
Huang, Li-Hua Huang, Lee-Wu Wong oder auch An Lee-Wu Wong.
6 Koreanische Familiennamen
Über koreanische Familiennamen gibt es noch recht wenig Literatur (KIM
1995, LIE 1998, MACKELPRANG 2003). Koreanische Namen sind wie die chinesischen
Namen strukturiert. An erster Stelle steht der in der Regel eingliedrige
Familienname (seong, s.ng) und an zweiter Stelle der meist zweigliedrige persönliche
Name (ireum). Der Gesamtname wird seongmyeong bezeichnet. Frauen
behalten auch nach der Heirat ihren Familiennamen. Die Kinder erhalten den
Namen des Vaters.
Sehr viele koreanische Familiennamen sind chinesischen Ursprungs (sinokoreanisch).
Im Unterschied zum chinesischen persönlichen Namen wird der koreanische
getrennt oder häufig mit Bindestrich geschrieben (z. B. Kim Chin Woo,
Kim Yu-shin, Kim Il-sung, Pak Soo-hee, Ch’oe Ch’i-won usw.).
Erste Beinamen und Ehrentitel (chi/ji und al oder ora ‘König, Herrscher‘) findet
man bei Koreanischen Königen im 4./5. Jahrhundert. So führten die Könige
in Paekche ab dem 13. König Kunch’ogo (346 –374) den königlichen Beinamen
Yo, der König Changsu (413– 491) den Beinamen Ko und mit König Chinhung
(540 –576) alle Könige dieser Linie den Beinamen Kim. Zwischen 668 und 918
kamen eingliedrige Zu- oder Familiennamen durch chinesischen Einfluss auch in
Korea auf. Während der Koryo-Dynastie (918–1392) und der Yi-Dynastie (1392–
1910) führten nur die Oberschicht und gebildete Leute einen Familiennamen. Einfache
Bürger und Sklaven trugen keinen Familiennamen (KIM 1995, S. 918–919).
Im alten Korea war es eine Auszeichnung, einen Namen zu tragen. Dieser zeigte
die soziale Stellung des Namensträgers an, d. h. die Zugehörigkeit zur Oberschicht.
Ende des 14. Jahrhundert führten dann alle freien Bürger einen vererbbaren Familiennamen.
Nach der Aufhebung der Sklaverei (1894) legten sich auch die Sklaven
Familiennamen zu, um nicht als ursprünglicher Sklave erkennbar zu sein. Während
der japanischen Kolonialherrschaft (1910 – 1945) mussten die Koreaner ihre Familiennamen
in Anlehnung an die mehrgliedrigen japanischen Namen ändern. Dies
wurde nach Ende der Kolonialherrschaft (1945) wieder rückgängig gemacht.
Gabriele Rodríguez
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Es gibt heute in Korea nur etwa 274 Familiennamen und davon trägt etwa
die Hälfte der 65 Millionen Koreaner nur fünf Familiennamen: Kim (8.785.554
Namensträger), Yi (5.985.037), Pak (3.435.640), Ch’oe (1.913.322) und Chong
(1.789.648) (die Zahlen wurden 1985 für Südkorea ermittelt, vgl. KIM 1995, S.
920). Die häufigsten Familiennamen Kim (k.m ‘Gold’), Yi ‘Pflaume’ und Pak
‘Magnolie’, in der Mythologie auch ‘Kürbis’ oder ‘hell leuchten’, sind sehr alt
und galten in früherer Zeit als ‘vornehme Namen (Clannamen)’. Zu den ebenso
geläufigen Familiennamen gehören auch Ch’oe ‘imposant, hochragend’, Ch.ng
‘feierlich, ernst’, Cho (chinesischer Ortsname Zhao), Kang ‘Ingwer’, Lim ‘Wald’,
Chang ‘Bogen anspannen’, Yun ‘Ortsvorsteher’, Han ‘China’, Sin bzw. Shin und
Song bzw. S.ng (Dynastienamen). Diese Familiennamen tragen 80% der koreanischen
Bevölkerung. Sehr selten sind zweigliedrige Familiennamen. So gibt es
nur zwölf zweiteilige Familiennamen, von denen Namgung (mit 18.743 Namensträgern),
Hwangbo (9.148), Jegal (4.444), Sagong (4.307), S.nu (3.560), S.mun
(1.861), Tokko (807) und Dongbang (220) die häufigsten sind.
Diese geringe Anzahl von Familiennamen machte eine weitere Differenzierung
notwendig. So gibt es neben den Familiennamen noch die Clannamen
(pon’gwan aus pon ‘Wurzel, Ursprung’), die für die Unterscheidung gleicher
Namensträger sehr wichtig sind (so dürfen z. B. Mitglieder eines Clans untereinander
nicht heiraten). Nach KIM 1995, S. 920 gab es 1985 in Südkorea 3.435
verschiedene Clannamen. Häufige Familiennamen haben mehrere Clannamen.
So sind für den Familiennamen Kim 285 verschiedene Clannamen, für Yi 241, für
Pak 128, für Ch’oe 127 und für Ch.ng 122 verschiedene Clannamen nachweisbar
(KIM 1995, S. 920). Die Clans werden in der Regel nach der Herkunft, d. h.
einer Örtlichkeit oder Region benannt. Manchmal wird der Clan noch in weitere
Zweige unterteilt.
Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit sind die Generationsnamen (siehe
auch unter Chinesische Familiennamen), die mit dem persönlichen Namen verbunden
werden. Sie kennzeichnen die Generation des Großvaters, des Vaters, des
Sohnes, des Enkels usw. mit einem jeweils eigenen Namen bzw. Schriftzeichen
(so z. B. nach den fünf Elementen k.m ‘Metall’ in der Generation des Großvaters,
su ‘Wasser’ in der des Vaters, mok ‘Holz’ in der des Sohnes, hwa ‘Feuer’ in der
des Enkels usw.).
Koreanische Namen können mit koreanischen Schriftzeichen (han’g.l, Hangeul
‘Schrift der Han-Leute’, d. h. der Koreaner) und auch mit chinesischen
Schriftzeichen (hanja) wiedergegeben werden. Für die Übertragung von kore-
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Neue Familiennamen in Deutschland seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
anischen Namen ins Englische oder Deutsche gibt es heute zahlreiche Möglichkeiten.
Neben der bekannten Schreibweise für den Familienname Kim findet man
auch noch eine revidierte Schreibform Gim. Und die Familiennamen Yi, Pak,
Ch’oe, Ch.ng, Kang, Cho, Yun, Chang, Lim erscheinen (auch in Deutschland)
ebenso in den revidierten oder englisch geprägten Schreibvarianten Lee, Rhee,
Ri, I; Park, Bak, Bark; Choe, Choi; Cheong, Chung, Jeong; Gang; Jo; Yoon; Jang
und Im bzw. Rim. Alle Namen werden, wie auch verschiedene Varianten eines
deutschen Familiennamens, als eigenständige Familienamen behandelt.
In Deutschland leben mehr als 23.000 Koreaner (www.auslaender-statistik.de
[Stand: 1999]), von denen der größte Teil aus Südkorea stammt. Viele Koreaner
haben sich in der Regel an das deutsche Namensystem angepasst. Zuerst erscheint
der persönliche oder Rufname, der (bei den in Deutschland geborenen Kindern
von koreanischen Eltern) nicht mehr nur koreanischen Ursprungs, sondern ebenso
ein europäischer Name sein kann. Der Familienname folgt dem Rufnamen. Der
Clanname, der in Korea wichtig für die Unterscheidung von Trägern gleichen
Familiennamens ist, spielt in Deutschland im offiziellen Bereich eine eher
untergeordnete Rolle und kann über mehrere Generationen auch verloren gehen.
Koreaner, die nicht dauerhaft in Deutschland leben, d. h. die wieder in ihre Heimat
zurückkehren, behalten meist die koreanische Namenstruktur bei.
Der Familienname Kim ist auch in Deutschland mit Abstand der häufigste
koreanische Familienname (mit ca. 15,8 % aller in den deutschen Telefonverzeichnissen
angegebenen koreanischen Familiennamen, s. Karte 9) und wird von
Deutschen meist auch schon als ein koreanischer Name verstanden. Es folgen die
Familiennamen Cho (ca. 1,7 %), Chang (ca. 1,4 %), Song (ca. 1,3 %), Pak (ca.
1 %), Lim (ca. 1 %) und Han (ca. 1 %) (die Zahlen sind repräsentative Durchschnittswerte).
Gabriele Rodríguez
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Karte 9: Verbreitung des Namens Kim (Quelle: Geogen v3.0.2625 © 2005 –2007)
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