Auf Grund des Codex Iuris Canonici



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zials wenden mit der Bitte um Abhilfe.247 Der schuldige Offi­zial kann vom Bischof in Strafe genommen werden (can. 1625). Wenn der Bischof selbst das Urteil gefällt hat, und ihn ein Verschulden trifft, so wäre die Strafe vom Apostolischen Stuhl zu verhängen. Das Amt des Offizials stellt sich also im Aufbau der Gerichtsverfassung als das Tribunal der un­tersten Stufe und der ersten Instanz dar. »

Es ist ein officium. Zwar hat auch hier der Codex keine feste Terminologie und redet bald von „munus“, bald von „officium“, aber der Charakter des Amtes legt es nahe, an ein „Amt“ im technischen Sinne, d. h. an ein officium zu den­ken: im Unterschied vom Generalvikar muß ein Offizial be­stellt werden (can. 1573 §1). Das Amt ist also im Recht nicht bloß „in genere“ errichtet, sondern auch „in specie“ für jede einzelne Diözesankurie vorgeschrieben und mit ob­jektiver Perpetuität ausgestattet. Es ist dem Belieben des Ordinarius entzogen, ob und wann er einen Offizial ernennt: er ist dazu verpflichtet, sobald eine „Vakanz“ des Offiziala­tes eintritt, ein Begriff, der auf das Generalvikariat nur im uneigentlichen Sinne angewendet werden konnte, wie wir sa­hen. Näherhin ist das Amt des Offizials ein „officium minus, saeculare, eminenter sacrum“, weil der Offizial Welt­geistlicher und zwar Priester sein soll, wie weiter unten bei der Besprechung der persönlichen Qualifikationserforder­nisse noch zu sagen sein wird.

Wer das Recht hat, einen Offizial zu ernennen, ist vom

  1. I. C. nicht ganz eindeutig festgelegt. Noval248 meint, es stünde dieses Recht nur den gefreiten Äbten und Prälaten, sowie den eigentlichen Bischöfen zu, nicht aber den Aposto­lischen Vikaren und Präfekten. Denn es werde ausdrücklich in can. 1572 § 1 gesagt: „In unaquaque dioecesi . . . iudex primae instantiae est loci Ordinarius.“ Nun aber seien die Missionssprengel keine Diözesen im eigentlichen Sinn (can.

215 § 2, 216 § 2) und deshalb finde can. 1572 § 1 keine An­wendung auf die Missionsprälaten. Demgegenüber ist zu sa­gen, daß can. 294 § 1 den Apostolischen Vikaren und Präfek­ten alle Rechte und Vollmachten gewährt für ihr Territorium, welche den Bischöfen in ihren eigenen Sprengeln zustehen, vorausgesetzt, daß es sich nicht um päpstlich reservierte Dinge handelt. Durch can. 294 § 1 ist also in dieser Beziehung der Unterschied zwischen Missionssprengel und Diözese be­seitigt, und da weder ein Verbot des gemeinen Rechtes noch ein Reservat des Apostolischen Stuhles vorliegt, so ist nicht einzusehen, warum die Missionsprälaten nicht das Recht ha­ben sollten, sich einen Offizial zu ernennen. Man kann sich auch nicht auf eine Analogie in der Bestellung eines General­vikars durch die Missionsprälaten berufen, denen ja, wie oben dargetan ist, nur die Ernennung eines Vicarius Delegatus freisteht. Die Rechtslage ist hier eine andere: denn dort han­delt es sich darum, daß der Missionsprälat, selber päpstli­cher Vikar, seine stellvertretende ordentliche Gewalt in ihrer ganzen Fülle nicht generell auf einen anderen Vikar übertra­gen kann, wodurch auch dieser zum Ordinarius loci würde. Hier aber, bei der Bestellung des Offizials, wird nur eine Seite der bischöflichen Gewalt, die potestas iudiciaria, über­tragen und der Offizial nicht zum Ordinarius loci gemacht, wenn er auch iudex Ordinarius ist nach can. 1573 § 1. Diese teilweise Übertragung seiner ordentlichen Gewalt kann aber auch der päpstliche Stellvertreter, der Missionsprälat, vor­nehmen. Man wird also „Episcopus“ in can. 1573 § 1 weit dahin zu interpretieren haben, daß auch die Apostolischen Vikare und Präfekten das Recht und die Pflicht haben einen Offizial zu ernennen.

Der Offizial hat auf Grund seines Amtes stellvertre­tende, ordentliche Gewalt. Zum Unterschied vom G.-V. sind der Jurisdiktion des Offizials in seinem Gebiet vom Recht fast keine Schranken gezogen worden. Er kann konkurrie­rend mit dem Bischof in allen Sachen entscheiden, welche dieser sich nicht ausdrücklich Vorbehalten hat (can. 1573).

Diese Reservation ist dem Bischof verboten in allen Pro­zessen, wo es sich um weltliche Güter und Rechte seiner Mensa oder seiner Diözese handelt (can. 1572 § 2),249 denn nie­mand soll Richter in eigener Sache sein. Mit diesen Prozessen sind nicht zu verwechseln Besch werden gegen Verwal­tungsakte des Bischofs, bezw. des G.-V., die gar nicht Ge­genstand einer Klage sein können. In diesen Sachen ist also der Offizial ausschließlich zuständig; in den Fällen der can. 1946 § 2 u. 1954 hingegen, wo es sich um die Einleitung eines Strafverfahrens handelt, kann der Offizial nur tätig werden auf Grund eines bischöflichen Spezialmandates. Es sind dies auch die beiden einzigen Fälle, wo er ein solches braucht: wir sehen den Unterschied zur Vollmachtsabgrenzung des G.-V., wo das Spezialmandat eine so außerordentlich große Rolle spielt. Wenn der Offizial tätig wird in einer Sache, die der Ordinarius sich Vorbehalten hat oder die nach der Rechts­ordnung ein Spezialmandat verlangt, ohne jedoch ein sol­ches zu besitzen, so ist sein Urteil nichtig und wird mit der Nichtigkeitsklage der can. 1892 no3, 1893 angefochten.

Der Offizial soll in der Regel hauptamtlich tätig sein: be­sonders soll eine Verbindung der Ämter von G.-V. und Offi­zial vermieden werden (can. 1573 § 1). Neben der Rücksicht auf die Arbeitsüberbürdung des G.-V. lässt die Möglichkeit eines Interessenkonfliktes zwischen freiwilliger und streiti­ger Gerichtsbarkeit, zwischen Verwaltung und Justiz, dies geraten erscheinen. Der Codex übernimmt damit, im Geist der Reformen Pius’X., den modernen Grundsatz von der Trennung beider Sphären auch für den kirchlichen Rechts­bereich. Er stellt ferner die Praxis, die im allgemeinen schon bisher in den transalpinen Ländern üblich war, unzweideutig als die dem gemeinen Recht entsprechende Übung fest. Der Kleinheit mancher Diözesen, besonders in Italien, trägt er

hingegen Rechnung, wenn er in diesen Fällen eine Kompati­bilität von Generalvikariat und Offizialat in einer Person zu­lässt. Daß mit der Anordnung der Trennung beider Ämter keine ,,Neuerung“ getroffen worden ist, wie vielfach be­hauptet wird, und daß die bisher herrschende Lehre von der Identität des G.-V. und Offizials auch nach dem alten Rechte bereits eine durchaus irrige ist, glauben wir im grundlegen­den Teil bereits überzeugend nachgewiesen zu haben.

Zur Unterstützung können dem Offizial dauernde Stell­vertreter, sog. Vizeoffiziale, beigegeben werden (can.

  1. § 3). Ihre Ernennung ist sogar erwünscht, weil im Fall der Ablehnung des Offizials durch eine Partei wegen Befan­genheit (can. 1604) oder im Fall, daß der Offizial sich selber für befangen erklärt, Ersatzrichter dasein sollen. Offizial wie Vizeoffiziale werden vom Bischof frei ernannt. Vor Antritt ihres Amtes haben sie den Amtseid zu leisten (can. 1621). Sie sind außerdem, wie alle übrigen Gerichtspersonen, zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit verpflichtet, und zwar in Strafsachen unbedingt, in Zivilsachen dann, wenn aus dem Bruch der Verschwiegenheit der einen Partei Nach­teile erwachsen könnten (can. 1623).

Zum Richteramt sind eine Reihe von persönlichen Eigen­schaften erfordert, die teils positiver, teils negativer Art sind. Ausgeschlossen sind alle jene, die nicht den vollen Be­sitz der Ehre oder der kirchlichen Mitgliedschaftsrechte haben: die an einer infamia iuris oder facti leiden (can. 1931, 2294, 2256 no2), alle Exkommunizierten (can. 2263) und gene­rell Suspendierten (can. 2279 § 1 u. 2), womit selbstverständ­lich auch die Unfähigkeit von Häretikern, Schismatikern und Apostaten (can. 2314) für dieses Amt gegeben ist. Die Amts­handlungen der Genannten sind unerlaubt, und wenn die Verfehlung, bezw. Zensur durch deklaratorisches oder kon- demnatorisches Urteil festgestellt war, auch ungültig (can. 2264, 2284, 2294 §1). Unter denselben Voraussetzungen ist auch die Übertragung des Amtes unerlaubt und ungültig.


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Durch die Natur der Dinge ausgeschlossen sind alle die, wel­che sich nicht im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten befinden,250 ferner Laien,251 die zur Ausübung kirch­licher Jurisdiktion ja unfähig sind. An positiven Eigenschaf­ten werden verlangt Priestercharakter, guter Ruf, bestimm­tes Alter, akademische Graduierung. Das Erfordernis des Priestertums entspricht der allgemeinen Tendenz des Codex zu allen irgendwie wichtigen Ämtern nur Priester zuzulassen, deren abgeschlossene berufliche und asketische Vorbildung eine gewissenhafte und kluge Amtsführung eher verbürgt. Die Voraussetzung persönlicher Integrität und eines tadel­losen Leumundes ist selbstverständliche Forderung für jeden Geistlichen, doppelt aber für den kirchlichen Richter, dessen Person jeglichen Angriffen entrückt sein muß im Interesse des Ansehens, der Wirksamkeit und der Vertrauenswürdig­keit der kirchlichen Rechtspflege. Das Alter von 30 Jahren und die akademische Graduierung (oder doch wirkliche Er­fahrung) sind gefordert für den Offizial als Stellvertreter des Bischofs — er soll die gleichen persönlichen Qualitäten ins Richteramt mitbringen wie dieser. Wie jeder Richter, so kann auch der Offizial wegen Befangenheit im Einzelfall ab- gelehnt werden; die Gründe prüft der Bischof (can. 1614 §l).252 Derartige Gründe zur Ablehnung wegen Befangenheit sind Blutsverwandtschaft zwischen Offizial und einer Prozeßpar­tei in allen Graden der direkten und bis zum zweiten Grade der Seitenlinie; ferner ein Vormundschafts- und Pflegschafts-

Verhältnis, enge Lebensgemeinschaft und Vertrautheit zwi­schen dem Offizial und einer Prozeßpartei; endlich kann Be­fangenheit geltend gemacht werden in allen Fällen, wo der Offizial an der Streitsache irgendwie interessiert ist (can. 1613).

Wie der Bischof den Offizial frei ernennt, so kann er ihn auch jederzeit vom Amt entheben — natürlich unter Wah­rung der natürlichen Billigkeit und aus gerechter Ursache (can. 192 § 3).253 Gegen die Enthebung ist Rekurs an den Apo­stolischen Stuhl (aber ohne Suspensivwirkung) und Klage wegen des durch die diffamatio verursachten sachlichen und intellektuellen Schadens („dommage moral“) zulässig. Neben dieser freien Amotion ist natürlich noch die Amtsentsetzung auf Grund richterlicher Sentenz möglich.254 Die Jurisdiktion des Offizials endet, zum Unterschied vom G.-V., nicht mit der Sedisvakanz. Um des ungestörten Fortgangs der Rechts­pflege willen, also aus praktischen Gründen, überlebt er den Bischof (can. 1573 § 6) ; seine Jurisdiktion ist also gesetzlich verlängert für die Zeit der Sedisvakanz. Freilich auch er ist zu sehr als Gehilfe und Vertreter an die Person seines Ordi­narius gebunden, als daß die Sedisvakanz ganz ohne Einfluß auf sein Amt bleiben könnte. Er bleibt zwar im Amt, kann auch vom Kapitelsvikar nicht entfernt werden, er bedarf aber der Bestätigung des Nachfolgers. —

  1. Das Verhältnis von Bischof und Offizial.

Wir haben im Vorausgehenden das Amt des Offizials, seine Rechte und persönlichen Qualitäten behandelt und müs­sen nun noch eingehen auf sein Verhältnis zum Bischof. Der Bischof ist „iudex Ordinarius“ seiner Diözese, doch wünscht der C.I.C. offenbar nicht, daß er sich allzusehr in die Rechts­sprechung einmische (vgl. z. B. can. 1578). Im Unterschied vom

Amt des G.-V. ist das Amt des Offizials obligatorisch.. Für eine Reihe von Sachen ist sogar der Offizial allein zur Erledi­gung berufen und nicht der Bischof (can. 1572 § 2); für alle übrigen Angelegenheiten ist er vollkommen unabhängig und an kein Spezialmandat des Bischofs gebunden, mit Ausnahme der Strafsachen (can. 1946 § 2, 1954). Es würde das auch nur den neuzeitlichen Bestrebungen in Staat und Kirche entspre­chen, die eine möglichst weitgehende Trennung von Justiz und Verwaltung wünschen und eine „Kabinettsjustiz“ zu ver­meiden suchen. Die Unbefangenheit des Bischofs, der zu­gleich Verwaltungs- und Regierungschef ist, könnte zu leicht durch administrative und kirchenpolitische Erwägungen ge­trübt sein; andererseits will man dem Bischof, dem geistli­chen Vater seiner Diözesanen, auch das Odium abnehmen, das mit der Rechtspflege verbunden ist. Das bischöfliche Amt soll aus der Leidenschaft der streitenden Parteien, aus einer auch im kirchlichen Rechtsbereich möglichen „Vertrauens­krise der Justiz“ durchaus entrückt bleiben. Zu beachten bleibt freilich, daß diese tatsächliche Entziehung der Gerichts­sachen aus der Einflußsphäre des Bischofs nicht in einem falschen Sinn gedeutet werden darf. Eine Analogie zur Stel­lung der staatlichen Gerichte ist durchaus unzulässig. Grun d- sätzlich bleibt der Bischof „iudex Ordinarius“ seiner Diö­zese und kann alle Sachen in jedem Stadium des Prozesses bis zur definitiven Sentenz vor sein persönliches Forum zie­hen. Auch die Unabhängigkeit und Unabsetzbarkeit des Rich­ters kennt das Kirchenrecht nicht. Die Rechtspflege soll eben, wie die Verwaltung, in Unterordnung unter den Bischof und nicht selbstherrlich geführt werden: denn in seiner Person vereinigt sich die Fülle der Gewalt im Bereiche seines Terri­toriums. Der Offizial ist nur Stellvertreter des Bischofs, hat aber wie der Generalvikar ordentliche Gewalt — Ordinarius loci ist er freilich nicht, weil er den Bischof nicht allseitig vertritt, kein Vicarius generalis ist, sondern Vertretungs­macht nur für einen bestimmten Bereich hat, darin ähnlich dem Pönitentiar. Da er in Ausübung seiner richterlichen Ge­

walt „mit dem Bischof auf demselben Stuhle sitzt“, so ist naturgemäß von seinem Tribunal keine Appellation an den Bischof möglich, c. 2 in Vio 1, 4: Non putamus illam consue- tudinem . . . consonam rationi, quod ab officiali episcopi ad eundem episcopum valeat appellari: ne ab eodem ad seipsum quum sit idem auditorium utriusque, appellatio interposita videatur. Vgl. ferner die bereits zitierten Stellen: c. 3 in VIo

  1. 15 u. c. 4 in Vio 1,14, sowie die Entscheidung der S. R. Rota vom 5. Juli 1910: Iure canonico autem Officialis Episcopi, qui integram habet, immo eandem, Episcopi iurisdictionem cen- setur unum idemque tribunal cum Episcopo constituere, et hinc est Ordinarius et non datur ab eo ad Episcopum appella­tio.255 Zu beachten ist, daß diese vor dem CIC ergangene Ent­scheidung den Offizial als Ordinarius bezeichnet, während der Codex diesen Ausdruck auf den Offizial nicht anwendet, wohl um den Irrtum zu vermeiden, als sei der Offizial Ordi­narius loci, sondern ihm lediglich potestas ordinaria zu­schreibt. Die früher vielfach übliche „Bestätigung“ der Ur­teile des Offizials durch den Bischof ist gänzlich überflüssig, zeugt vom Mißverstehen der Rechtslage und ist nach dem neuen Recht nicht mehr angängig. Die Gewalt des Offizials unterliegt denselben Einschränkungen, wie die bischöfliche Gerichtsgewalt, in territorialer (can. 201 § 2 u. can. 1637) und sachlicher Hinsicht (can. 1557 u. 1569).

  1. Das Verhältnis von Generalvikar und Offizial.

Welche Parallelen bestehen zwischen Generalvikar und Offizial? Beide sind Hilfsbeamte des Bischofs, ausgestattet mit ordentlicher stellvertretender Gewalt. Beide sind recht­lich identisch mit dem Ordinarius, sein Alter ego — Rekurs, bezw. Appellation gegen ihre Entscheidungen sind daher nicht möglich. Beide werden frei vom Bischof ernannt und beide sind „ad nutum“ amovibel. Bei beiden werden dieselben Amtseigenschaften gefordert: Priestercharakter, qualifizier­

tes Alter, akademische Graduierung. Es sind aber auch we­sentliche Unterschiede vorhanden. Der G.-V. ist Stellvertre­ter des Bischofs seiner ganzen Gewaltfülle nach, er ist wie dieser Ordinarius loci — der Offizial ist nur Stellvertreter für die Gerichtssachen, ist nicht Ordinarius loci. Das Amt des G.-V. kann nach Gutdünken des Bischofs und nach Maß­gabe der Verhältnisse errichtet werden, das Amt des Offi­zials ist pflichtgemäß. Der Umkreis der Jurisdiktionsvoll­machten ist beim G.-V. sehr variabel, durch das Erfordernis des Spezialmandates können die Grenzen nach dem freien Ermessen des Bischofs weit oder eng gesteckt werden. Das Amt des G.-V. erlischt von selbst bei eintretender Sedisva- kanz, der Offizial überlebt (unter gewissen Modifikationen) den Bischof. Der G.-V. hat Rang und Vortritt vor allen ande­ren Priestern der Diözese, mit seinem Amt ist ein päpstlicher Titel verbunden — der Offizial hat als solcher keinerlei Prä- zedenz- und Ehrenrechte. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß G.-V. und Offizial nicht aiuf derselben Stufe stehen, daß ihre Ämter nicht von gleicher Bedeutung und gleichem Wert sind. Der G.-V. hat bischöfliche Herrschaftsrechte über Klerus, Volk, Gebiet der ganzen Diözese — der Offizial hat nur den ihm zugewiesenen Aufgabenkreis zu bearbeiten. Er ist einer der vielen bischöflichen Stellvertreter, wie der Pöni- tentiar und der Weihbischof es sind — nur daß sein Amt von der Rechtsordnung, seiner größeren Bedeutung halber, eine eingehendere Behandlung gefunden hat. Der Offizial ist also sozusagen Beamter, während der Generalvikar Mitregent minderen Rechtes ist.

§ 2. Der Offizial als Haupt des Kollegialgerichtes.

Eine wesentliche Eigenschaft des Offizialamtes ist es, daß es schon frühe nicht bloß die Amtsgewalt eines einzelnen Mannes verkörperte, sondern zur Behörde, zum Offizialat ausgeweitet wurde. So darf denn auch nach geltendem Recht in einer Reihe von Sachen, und zwar gerade den wichtigtsen und häufigsten, der Offizial nicht als Einzelrichter tätig wer­

den, sondern als Haupt des bischöflichen, kollegial besetzten Gerichtes, wo er nur „primus inter pares“ ist.

Auch wenn der Offizial als Einzelrichter fungiert, ist es ihm unbenommen, noch andere Personen zu seiner Unter­stützung hinzuzuziehen. Unter diese Hilfspersonen des Offi­zials sind die Assessoren zu rechnen. Sie müssen aus der Zahl der Synodalrichter genommen werden (can. 1575). Die Bestellung eines Laien256 ist also nach dem geltenden Recht nicht mehr zulässig, was früher öfter geschah,257 weil der Priestercharakter notwendige Voraussetzung zum Amt des Synodalrichters ist. Das Amt der Assessoren ist kein öffentliches (lediglich ein „munus“), sie haben keine Juris­diktion, sondern sind lediglich Rechtsberater des Offizials. Gerade aus der Tatsache, daß sie keine Jurisdiktion ausüben, wurde von der früheren Doktrin die Zulässigkeit von Laien als Assessoren begründet.258 Da sie naturgemäß durch ihre beratende Tätigkeit einen großen Einfluß auf die Fällung des Urteils ausüben, so können sie wegen Befangenheit von den Parteien abgelehnt werden. Die Kosten der Beiziehung haben die Parteien zu tragen, da der Richter in der Berufung von Assessoren von einem Rechte seines Amtes Gebrauch macht, und der Assessor nicht zu seiner privaten Inf ormation dient.259

Dem Offizial können ferner, sowohl als Einzelrichter wie als Präsident des Kollegialgerichtes Auditoren beigegeben werden. Im Einzelfall kann der Offizial selbst einen Auditor bestellen. Sie sind immer der Zahl der Synodalrichter zu entnehmen (can. 1581). Die Auditoren sind Hilfsrichter, de­nen die Instruktion und Exekution von Prozessen, die Füh­

rung der Untersuchung, Zeugenverhöre und dergleichen über­tragen werden können (can. 1582). Als Instruktionsrichter haben die Auditoren für diesen Teil des Prozesses jurisdik- tionelle Gewalt, freilich nicht ordentliche auf Grund ihres Amtes, sondern bloß delegierte. Da die Untersuchungsrich­ter Jurisdiktion ausüben, so ist schon aus diesem Grunde eine Bestellung von Laien zu dieser Tätigkeit absolut unzu­lässig und jede andere Gewohnheit als reprobiert aazuse- hen.260 Im Besitz der Jurisdiktion unterscheiden sich die Audi­toren auch vom Relator oder Ponens, der in einem Kolle­gialgericht als Referent tätig wird. Der Referent entbehrt als solcher natürlich jeder Jurisdiktion — das Referieren ist kein jurisdiktioneller Akt — er hat sie nur als Mitglied des Richterkollegiums. Es soll hier eine Kontroverse wenigstens gestreift werden, die in ihrer näheren Darstellung in das Prozeßrecht gehört. Noval261 beanstandet nämlich die unklare Terminologie des Codex und meint, das Amt eines Referenten (Relator, Ponens), und eines Instruktionsrichters (Auditor), seien in derselben Sache nicht kompatibel. Er weist auf die Praxis der Rota* hin, wo der Auditor, also der Richter, der die Prozeßinstruktion geleitet hat, nicht iden­tisch sein darf mit dem Richter, der im Kollegialgericht das Prozeßreferat hat, ja wo der Instruktionsrichter dem Ge­richt, das die Sentenz fällt, nicht einmal angehören darf. Die­ser Ansicht schließt sich Vermeersch-Creusen an,262 wel­cher zudem noch meint, auch der Vorsitzende des Kollegiums, also der Offizial (bez. Vizeoffizial) dürfe nie zugleich Refe­rent in einer Sache sein. Dagegen hält Wernz-Vidal263 es sehr wohl für möglich, daß einer der Kollegialrichter (also auch der Offizial selbst), sowohl Instruktionsrichter wie Re­ferent ist. Besonders in Zivilsachen dürfe man nicht leicht die Voreingenommenheit eines Richters annehmen. Aus der

Tatsache, daß der referierende Richter (Ponens) zugleich Instruktionsrichter (Auditor) gewesen sei, lasse sich nicht leicht ein unzulässiger „suggestiver“ Einfluß auf das Kolle­gium folgern, andererseits sei aber der Vorteil nicht zu unter­schätzen, der aus der intimeren Kenntnis entspringe, die der Referent durch die persönliche Führung der Untersuchung gewonnen habe. Entscheidend ist wohl die Bestimmung des can. 1941 § 3, nach welcher der Untersuchungsrichter nicht zugleich Richter in dem Kollegium sein darf, welches das Urteil fällt. Es ist also Noval und Vermeersch Recht zu ge­ben, wenn sie die Zulässigkeit einer Vereinigung von Prozeß­instruktion und Prozeßreferat in der Hand eines der Kolle­gialrichter verneinen.

Es war schon wiederholt die Rede vom Institut der Syno­dalrichter. Ihr Ursprung reicht in frühe Zeiten zurück — Bonifaz VIII.264 gab zuerst Bestimmungen über die Aufstel­lung von delegierten Richtern. Der Codex ordnet in can. 1574 die Wahl von Synodalrichtern in den einzelnen Diözesen an. Es sollen erprobte und rechtserfahrene Priester sein, die der Diözese nicht anzugehören brauchen (can. 1574 § 1) ; auf der Diözesansynode sind sie nach einem Vorschlag des Bischofs zu wählen. Es gelten dieselben Bestimmungen für sie, wie für die Synodalexaminatoren und Pfarrerkonsultoren (can.

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