Reichsliederbuch -* Liedgut
Reisepredigt, Verein für
Der Verein für Reisepredigt, seit 1974 umbenannt in Evangelischer Gemeinschaftsverband Siegerland und Nachbargebiete e.V., wurde gegründet am 27.4.1852 in Weidenau (Sieg). Zu seinen Gründungsmitgliedern gehörte Tillmann —» Siebei, der auch der erste Präses des Vereins wurde. Weitere Persönlichkeiten, die für die Entwicklung des Vereins von Bedeutung sind, sind der Lederfabrikant Jakob Gustav Siebei der Ältere, der Neffe Tillmann Siebeis, der diesem im Amt des Präses folgte, und zu den Mitbegründern des —» Gnadauer Verbandes gehörte, und Rektor i.R. Jakob Schmitt, der von 1937 —1967 Präses des Vereins war. Derzeitiger Präses ist Adolf Kühn. Der —> Verein wurde zum Zweck eines regelmäßigen Predigtdienstes in den zahlreichen örtlichen Versammlungen im Siegerland gegründet. Der §1 der Satzung lautet: »Der Verein will überhaupt nur in der Kirche des Herrn dienen und derselben Handreichungen tun«. 1863 stellte der Verein seinen ersten ständigen Reiseprediger, den Diakon Heinrich Severin ein. Heute sind dem Verein 104 örtliche Gemeinschaften angeschlossen. Von ihnen besitzen 85 eigene Versammlungshäuser, etwa 20 versammeln sich in Privathäusern und Schulen. Der Verein hat nur fünf fest angestellte Prediger. Aus dieser Tatsache ist zu ersehen, daß die Beteiligung von Laien an der Wortverkündigung bis heute in den Siegerländer Gemeinschaften eine große Rolle spielt. Die Aufgabe der Reiseprediger ist es, dafür Sorge zu tragen, daß in jeder Gemeinschaft einmal im Monat ein biblischer Vortrag gehalten wird. Die übrigen Gemeinschaftsstunden werden von den Teilnehmern selbst als Bibel- oder Gebetsstunden gestaltet. Neben den hauptamtlichen Predigern beteiligen sich etwa 500 Brüder an der Wortverkündigung. Das starke Engagement der Laien ist ein wesentliches Element der Siegerländer Gemeinschaften. - Das Organ des Vereins ist »Der Evangelist aus dem Siegerland«. Diese kleine Zeitung wurde 1863 gegründet und erscheint heute zweimal im Monat. Geschäfts- und Kassenführung des Gemeinschaftsverbandes nimmt ein hauptamtlicher Geschäftsführer wahr. Sitz der Geschäftsstelle ist Siegen- Weidenau. — Die zentrale Versammlungsstätte der Siegerländer Gemeinschaften ist das Vereinshaus »Hammerhütte» in Siegen. Hier finden neben den regelmäßigen Veranstaltungen des Vereins für Reisepredigt und des CVJM-Kreisverbandes Siegerland u.a. auch die jährlichen Allianzkonferenzen der Deutschen Ev. —» Allianz statt. - Die dem Verein angeschlossenen Gemeinschaften pflegen enge Beziehungen zur Neukirchener Mission, Gnadauer Brasilienmission und der Mission für Oberägypten. - Viele der Siegerländer Gemeinschaften unterhalten eine rege —» Sonntagsschularbeit, die schon im Jahre 1838 von Tillmann Siebei begonnen wurde.
Lit.: Heinrich Schlosser/W. Neuser, Die Evangelische Kirche inNassau-Oranien 1530—1930,1931 - Jakob Schmitt, Die Gnade bricht durch, 19583
Hillnhütter
Religionsfreiheit
R. ist »das Recht einer Person und der Gemeinschaften auf gesellschaftliche und bürgerliche Freiheit in religiösen Dingen» (II. Vatikanisches Konzil). Sie basiert auf dem Bewußtsein, daß Fragen der Wahrheit und der Gottesverehrung nicht mit Gewalt durchgesetzt werden dürfen, sondern daß der Würde des Menschen die freie Entscheidung in persönlicher Verantwortung entspricht. Diese Vorstellung widerspricht der noch heute in vielen Völkern vorhandenen Anschauung, daß Staat, Kultur und Religion bzw. Weltanschauung eine Einheit bilden. Auch in Deutschland ist diese Ansicht trotz zunehmender Gleichgültigkeit in religiösen Fragen noch nicht völlig überwunden, obwohl seit 1919 die Trennung von —> Kirche und Staat besteht. Bei uns entwickelte sich seit der —» Aufklärung lediglich eine gewisse —» Toleranz. Seit 1648 wurden im Deutschen Reich zwar verschiedene Konfessionen anerkannt, doch in den Ländern bestimmte der Landesfürst einheitlich die Religion. Letztlich haben erst die Flüchtlingsströme nach 1945 die grundlegende Veränderung dieser Situation eingeleitet. Zur Anerkennung der R. durch die Römisch-Katholische Kirche kam es durch das II. Vatikanische Konzil (1962-65). Die im 19. Jh. entstandenen —> Freikirchen sind wegen mangelnder R. in Deutschland durch viele Leiden hindurchgegangen. In England und
Nordamerika ist R. jedoch gerade von ihnen miterkämpft worden, weil sie das Staats- kirchentum aus der Erkenntnis ablehnten, daß die Kirche aus Menschen besteht, die eine persönliche —» Bekehrung erfahren haben. Das erste baptistische Glaubensbekenntnis (1610) erklärt, daß der Herr Jesus »das Amt der weltlichen Regierung. . . nicht mit den Ämtern seiner Kirche verbunden» hat. 1639 wurde in der Kolonie Rhode Islands als erstem Land der Welt echte R. garantiert. Vor allem —» Quäker und -» Baptisten setzten in der Verfassung der Vereinigten Staaten Nordamerikas R. durch (1777). Die Ursprünge dieser Entwicklung liegen jedoch in den Kämpfen englischer Christen um religiöse Freiheit und im kontinentalen Täufertum (16. Jh.). Dessen Ausrottung hatte auf unserem Kontinent zugleich diese biblische Erkenntnis erstickt. Daß hier R. vorwiegend philosophisch (Aufklärung) und politisch (Französische Revolution) vertreten wurde, hat die Aufgeschlossenheit der Christen gegenüber R. erschwert; sie gehört aber zur Befreiung durch das Evangelium. Darum können sich Christen mit ihrer Verweigerung nicht abfinden, obwohl Gottes Gnade Menschen auch dort zur Entscheidung für ihn führen kann, wo die Gesellschaft die Freiheit dazu nicht gewährt.
Lit.: M. S. Bates, Glaubensfreiheit, 1947 (grundlegend z.T. überholt) -G. Westin, Die Baptisten und die Religionsfreiheit in »Die Kirchen der Welt», Band 2 »Die Baptisten», (hg. v. J. D. Hughey) - Die Erklärung über Religionsfreiheit des 2. Vatikanums, Kleines Konzilskompendium, Herder-Bücherei 270, S. 65 5ff. (hg. v. Rahner/Vorgrimler) - Zeitschrift der Internationalen Vereinigung zur Verteidigung und Förderung der Religionsfreiheit, Bern - T. Lorenzen, Die theologische Basis der Religionsfreiheit, Theologische Zeitschrift der Theologischen Fakultät der Universität Basel, Heft 4/1977
Thaut
Religionspädagogik
I. Die R. untersucht die Frage nach den Inhalten und Methoden der Glaubensunterweisung (GU) in der Kirche mit ihren Er- ziehungs- und Unterrichtsfeldern Kindergottesdienst, Konfirmandenunterricht, -» Jugendarbeit und Erwachsenenbildung sowie in den privaten und staatlichen Bildungseinrichtungen ^-Kindergarten, Schule und Hochschule.
Ziel und Aufgabe aller ev. Unterweisung ist, die Lebensverbindung des (jungen) Mensehen mit Jesus Christus herzustellen, d.h. die Befähigung, selbständig in Gebet, Schriftbetrachtung und Gemeinschaft der Gläubigen mit Jesus Christus zu leben und von daher alle Aufgaben des Lebens zu erfüllen (Mt 28,19f.). Dies ist ein Werk des Hl. -> Geistes, Erlösungswerk Jesu Christi selber. Der Erzieher ist dabei Werkzeug und Mitarbeiter Gottes.
n. Die Geschichte der GU als Religionsunterricht (RU) in Kirche und Schule in Deutschland ist eng verbunden mit der Entwicklung des deutschen Bildungswesens und in Verbindung damit mit der Entwicklung und Zusammenarbeit von -» Kirche und Staat in bezug auf Schule und RU. Wurde ursprünglich ausschließlich von der Kirche schulische Bildungsarbeit betrieben, so übernahm der Staat in wachsendem Maße die Bildung seiner Bürger selbst und baute ein eigenes Schulwesen auf. In diesem geschichtlichen Werdegang, der sich über 1 000 Jahre erstreckt, hat die GU als RU ihren Weg.
-
DIE FRÜHE CHRISTENHEIT in NEUTESTAMENTLI- CHER und NACHNEUTESTAMENTLICHER ZEIT hat ihre Kinder im Familienverband und durch die Teilnahme an den Gemeindeversammlungen auf das Leben vorbereitet. Dabei ist zunächst das alttestamentliche Vorbild die Grundlage gewesen. Die Lehrer waren in neutestamentlicher Zeit vor allem Lehrer der Gemeinde.
-
IN DER ZEIT DER ALTEN KIRCHE UND IM ->
Mittelalter erteilte die werdende Kirche Taufbewerbern Taufunterricht, während die GU sowie die Vorbereitung auf Beichte und Kommunion weiterhin dem Elternhaus Vorbehalten blieben. Die Unterweisung des Volkes geschah in der Sonn- und Feiertagspredigt, zu der die Kinder vom 7- Lebensjahr an mitgebracht wurden. Die Ausbreitung der christlichen Mission auf den west- und nordeuropäischen Raum ging Hand in Hand mit Klostcrgründungen. An den Klöstern bestanden für den kirchlichen Nachwuchs Schulen. Karl der Große (768-814) förderte die Einrichtung von Domschulen, Schulen bei Kirchen und in Gemeinden. Die Städte richteten Schulen für ihre Bürger ein (Lateinschulen), aus denen u.a. Geschäftsleute und Verwaltungsbeamte hervorgingen. Stadtschulen als Lese- und Schreibschulen und private Schulen für Lesen und Schreiben kamen hinzu. Vorrangig war es die Kirche, die Unterricht erteilte und die Aufsicht über die GU ausübte.
-
DIE —► REFORMATION STELLTE DEN GEDANKEN DES -» PRIESTERTUMS ALLER GLÄUBIGEN NEU heraus. Martin Luthers Bibelübersetzung (—» Bibel), die durch die aufkommende Buchdruckerkunst rasche Verbreitung fand, und sein kleiner und großer Katechismus (1529) ermöglichten es, daß jeder selbst seinen Glaubensgrund in der Schrift suchen konnte und sollte. Daneben wurde die Unterweisung in den Häusern durch den Hausvater gefördert.
Luther forderte den Staat auf, christliche Schulen einzurichten, und trat für eine allgemeine Schulpflicht und die Unterweisung des Volkes im christlichen Glauben ein. Umfassende Bildungspläne wurden aufgestellt. Hauptziel der Bildung war die Erziehung von Christenmenschen und die Befähigung zur Teilnahme am kirchlichen Leben. Die Inhalte des RU wurden der Kleine Katechismus, Choräle, Gottesdienst (Sakramente). Methode: Auswendiglernen. Küster wurden beauftragt, unter der Aufsicht der Ortspfarrer die Kinder zu unterweisen. Es entstanden katholische und protestantische (reformierte) Schulen je nach der Konfession des Gebietes, in dem sie sich befanden.
4- Rationalismus und Pietismus. Der —> Pietismus führte zu einer Erweckung kirchlichen Lebens. Sein Vorläufer J. A. Comenius (15 97 -1670) faßte das Ziel der -> Erziehung als Erziehung zu Frömmigkeit und Sittlichkeit. Er nahm Bibelsprüche und biblische Geschichten in den Lehrplan auf (erstes Religionsbuch als bebilderte Schulauswahlbibel). Der RU wurde Lehrfach. Ph. J. Spener (1630-1705) und A. H. Francke (1663-1727) belebten neu den Katechismusunterricht, verstärkten den kirchlichen Unterricht (Konfirmandenunterricht) und erweiterten die Methodik durch das Gespräch und Verstehen, die neben das Auswendiglernen traten. Die Hauptaufgabe der Schulbildung sahen sie in der Anleitung zum Lob Gottes, zur Frömmigkeit und zur Unterordnung des eigenen Willens unter den Willen Gottes. Kirchengeschichtlicher Unterricht und die Erklärung der Sonntagspredigt traten zu den Inhalten des Lehrplans hinzu.
Die —> Aufklärung brachte den ersten großen Angriff auf die Christlichkeit des RU. Aber
der kirchliche Einfluß war stark genug, den Angriff abzuwehren. Der RU blieb Lehrfach der Schulen, allerdings unter zunehmender Aufsicht des Staates.
5. IN DER ZEIT DER WEIMARER REPUBLIK (1918-1933) wird die kirchliche Schulaufsicht abgeschafft, die Freiheit des Lehrers zur Erteilung oder Nichterteilung von RU, sowie die Abmeldemöglichkeit für Schüler vom RU werden gesetzlich verankert. Es taucht zum erstenmal die Frage nach dem Ersatzunterricht auf. Man spricht von Ethik oder Lebenskunde. Die Inhalte des RU bleiben erhalten, Schulanfangs- und Schlußandachten und die Unterrichtung über gottesdienstliche Bräuche treten hinzu. Die Methoden des Auswendiglernens und des Unterrichtsgesprächs werden ergänzt durch die arbeitsunterrichtlichen Verfahren (O. Eberhard).
IIL Der RU heute
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (1949) begründet den heutigen Rechtsstand des RU an Schulen, indem es die gesetzlichen Bestimmungen der Weimarer Verfassung (1919) aufnimmt und weiterführt: Artikel 7 GG formuliert: »(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. (2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am RU in den öffentlichen Schulen zu bestimmen. (3) Der RU ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts wird der RU in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, RU zu erteilen«. Die Länderverfassungen nach 1945 nehmen diese Grundsätze auf und behandeln die Frage des Ersatzunterrichts in je eigener Weise. Die Kirchen behalten das Recht, bei der Aufstellung der Lehrpläne und Beurteilung der Lehrbücher mitzuwirken und den Unterricht zu sehen. Die Bevollmächtigung der Lehrer zur Erteilung von RU handhaben die Kirchen der einzelnen Länder verschieden.
In der inneren Entwicklung des RU seit 194 5 bis zur gegenwärtigen Lage heben sich drei Phasen ab:
-
Phase: 1945 - etwa i960.
In dieser Phase ist der in der Lehrerbildung tätige Theologe Helmuth Kittel mit seinem religionspädagogischen Ansatz Repräsentant. Kittel arbeitete aus, was vor 1933 von
-
Bohne (Das Wort Gottes und der Unterricht, 1929) als Ertrag der theologischen Neubesinnung nach dem 1. Weltkrieg in die R. eingebracht und von M. Rang (Handbuch des Biblischen Unterrichts, 1934) sowie O. Hammelsbeck (Der kirchliche Unterricht, 1947) weitergeführt worden war. In seiner programmatischen These formuliert er, was RU seinem Wesen nach ist: »Evangelische Unterweisung (EU) heißt die neue uns gestellte Aufgabe - nie wieder RU!«* Und: »EU ist Unterweisung im rechten Umgang mit dem Evangelium«. (Kittel, Vom RU zur EU 1947).
-
Phase etwa 1960-1970
Die zweite Phase leitet den gegenwärtig noch laufenden Prozeß der Veränderung in R. und RU ein: Von seiten der Theologie drangen die Erkenntnisse der historisch-kritischen Forschung in R. und RU ein. Dazu kam Martin Stallmanns These (in: Christentum und Schule, 1958), daß der RU losgelöst von der Kirche zu sehen sei. Nur vom Bildungsauftrag der Schule, der das Christliche nicht ausschließen darf, ist der RU zu recht- fertigen (Stallmann, Otto, Th. Wilhelm). Damit war eine Diskussion um Begründung des RU und seiner Inhalte und Methoden in Gang gekommen, die bis heute anhält.
-
Phase ab 1970
Eine neue Theorie der Bildung und des Lehrplans, die sog. Curriculum-Theorie, markiert den Beginn der dritten Phase. Die Entwicklung des Lehrplans vom stofforientierten zum lernzielorientierten Plan führte beim RU dazu, daß Ausgangspunkt der Unterrichtsthemen die Schülerfrage, das individuelle und gesellschaftliche Problem des Schülers ist (thematischer oder problemorientierter RU). Eine Fülle von neuen Grundlegungsversuchen aus schulischem Bildungszusammenhang und von den gesellschaftlichen Aufgaben her schlug sich in einer Flut von neuen Lehrbüchern, Unterrichtsmodellen und neuen Lehrplänen oder Rahmenrichtlinien nieder. Dabei hat sich die Anbindung biblisch-geistlicher Aussagen an schüler- und lebensbestimmte Fragen bisher als sehr schwierig, oft sogar als ausgeschlossen erwiesen, so daß der RU heute sein ureigenstes Thema, das Thema des christlichen Glaubens, wieder suchen muß.
Biblische Texte treten zumeist funktional, d.h. als Mittel (Medien) zur Erreichung bestimmter, vorgegebener Lernziele auf. Hier setzen Versuche ein, in facheigenen Lehrgängen kirchengeschichtliche und biblische Inhalte zu vermitteln, die sich in ihrer Eigenart nicht allgemein schulisch gesetzten Themen unterordnen lassen.
Ergebnis: Die GU ruhte ursprünglich ausschließlich im Schoß der —» Familie und der —> Gemeinde Jesu, wurde während der Zeit des Zusammengehens von Kirche und Staat (die bis heute anhält) durch kirchliche und staatliche Bildungs- und Erziehungseinrichtungen mit übernommen, wobei die familiäre und gemeindliche GU durchgehend erhalten blieb, und sie scheint heute bei der Abspaltung des staatlichen und weithin auch des kirchlichen RU von der GU wieder in den Schoß der Familie und der Gemeinde Jesu zurückgenommen zu werden.
Lit.: K. Fror, Grundriß der Religionspädagogik, 1975 - Geserich/Velten, Evangelium und Unterricht, 1975 - K. Knoke, Wuppertaler Jugendbibel, Bd. 1-3, ABCteam, Sonderreihe »Werkbücher»
Knoke
Rendtorff, Heinrich, *9.4.1888 Westerland, 118.4.1960 Kiel. 1919 Pastor in Ham- warde/Worth, wo er durch Gerhard Füllkrug mit der -» Volksmission in Berührung kam und 1921 selbst Volksmissionar wurde. 1924 Direktor des Predigerseminars Preetz, 1926
-
Prof, für Praktische Theologie in Kiel, 1930 Landesbischof der Ev.-luth. Kirche in Mecklenburg-Schwerin und Honorarprof. in Rostock. Im —» Kirchenkampf zum Rücktritt gezwungen, übernahm R. 1933 ein Gemeindepfarramt in Stettin-Braunsfelde und wurde einer der Führer der Bekennenden Kirche in Pommern. 1945 erneute Berufung zum Prof, für Prakt. Theologie in Kiel, 1956 emeritiert. Seit 1946 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Volksmission, der er seit ihrer Gründung 1926 angehört hatte und deren Leitung er bis zu seinem Tode beibehielt. Bekannt geworden ist R. vor allem durch die —» Bibelwochenarbeit, die er 1938 als volksmissionarischen Dienst mit Helmut Kern und Friedrich —» Hauss begann, und durch seine praktische Bibelauslegung auf den Kirchentagen. Als akademischer Lehrer hat R. das Anliegen der —> Evangelisation in der Theologie energisch vertreten und dabei missionarische Verkündigung mit gesunder biblischer Lehre verbunden.
Lit.: Bibliographie in: Sammlung und Sendung, Festschrift zum 70. Geburtstag, 1958 - Gedächtnisband: Arbeiter in Gottes Ernte - H. Rendtorff (hg. v. P. Toaspern), 1963
Ulrich
Rettungshäuser Wiehern
Revolution, Theologie der
-
Der Begriff der Revolution (R.) meinte ursprünglich den gesetzmäßigen Umlauf der Gestirne um die Sonne. Er hat dann die Bedeutung einer tiefgreifenden Umwälzung bestehender Verhältnisse angenommen, meint also mehr als Putsch oder Staatsstreich, bloße Revolte oder Palastrevolution. So ist es sinnvoll, von einer geistigen (z.B. —> Reformation) oder auch von einer naturwissenschaftlich-technischen »R.« in der Neuzeit zu sprechen. Der politisch-soziale Begriff der R. bezeichnet im Bereich des Rechtes und des Staates, der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung einen geschichtlich bedeutsamen Bruch mit der Tradition und Vergangenheit. Während Jahrtausende lang R.n zwar stattfanden, aber nicht geplant wurden, sind sie, besonders im Einflußgebiet marxistischen Denkens, in den Bereich des langfristig Plan- und Machbaren gerückt.
II. Durch die ökumenische Konferenz für Kirche und Gesellschaft (im Juli 1966 in Genf) ist das Thema einer Theologie der r. stark in den Vordergrund getreten. Ein
Hauptgrund dafür war die intensive theologische Beschäftigung mit dem Marxismus, der durch die Philosophie von Ernst Bloch neue Akzente bekommen hatte. Große Beachtung fand der Beitrag des Amerikaners Richard Shaull, der fahre seines Lebens in Südamerika gelebt hatte und dort Zeuge einer revolutionären Situation geworden ist.
Zum Verständnis des Anliegens von R. Shaull in jenen Jahren ist wichtig a) das Erlebnis der Krisen und Spannungen, des tiefen Elends und des Leidens der land- und großenteils arbeitslosen Massen in den lateinamerikanischen Ländern, b) die Anlehnung an gewisse neomarxistische Ideen, besonders bei Herbert Marcuse, c) ein revolutionäres Gottesbild: »Der Gott, der alte Strukturen niederreißt, um die Bedingungen für eine menschlichere Existenz zu schaffen, ist selbst mitten im Kampf... In diesem Kontext ist der Christ aufgerufen, sich in der Revolution, wie sie sich entwickelt, einzusetzen. Nur in ihrem Zentrum können wir beobachten, was Gott tut...» (Shaull), d) die Empfehlung der Strategie des Guerillakrieges, d.h. der Aktion kleiner festgeschlossener und beweglicher Gruppen, die unerwartet hier und dort Schlüsselpositionen und Schlüsselinstitutionen in der Gesellschaft unter Druck setzen, um sie schrittweise zu Gesellschaftsänderungen zu zwingen, e) der Appell an die Christen, durch ihre Gegenwart und Teilnahme die Humanität des revolutionären Prozesses zu erkämpfen. - Außer R. Shaull haben sich auch andere Theologen, z.T. mit unterschiedlichen Akzentuierungen, zur Theologie der R. bekannt, so neben dem russischen Erzpriester Vitalij Bo- rovoj die Deutschen H. D. Wendland und H. Gollwitzer.
-
Würdigung
i) Eine Theologie der R. ist abzulehnen, soweit sie von einem unbiblischen Verständnis des Wesens und Handelns Gottes ausgeht. Der -» Gott der Bibel handelt plötz- lich-verändernd in —* Heil und —» Gericht, aber auch stetig im Erhalten und Segnen. Das biblische Gottesbild läßt sich nicht auf einen einzigen Nenner bringen. Die Behauptung, daß sich Gott - ständig—im Herzen der Revolution offenbart, ist nicht vereinbar mit dem Bekenntnis zu Gottes abschließender Offenbarung in —* Jesus Christus, sie ist letztlich »natürliche Theologie« (—» Gott).
-
Eine Theologie der R. ist abzulehnen, wenn sie das Kommen des —» Reiches Gottes in eins setzt oder verbindet mit dem Verlauf der —> Geschichte bzw. mit unseren Bemühungen zur Vermenschlichung gesellschaftlicher Zustände. Die Unterscheidung zwischen Kirchen und Welt, Reich Gottes und sozialem Engagement der Christen ist un- aufgebbar (vgl. Luthers —> Zwei-Reiche-Leh- re).
-
Das Problem von Gewaltanwendung und Gewaltlosigkeit ist keineswegs ein »Scheinproblem« (J. Moltmann). Die Anwendung revolutionärer Gewalt läßt sich christlich nicht durch die humanen Ziele der R. legitimieren. Christen können weder zum Einsatz revolutionärer Gewalt aufru- fen, noch mit Gruppen Zusammenarbeiten, die solche Gewalt praktizieren. Dies gilt nicht nur deshalb, weil die Folgen gewaltsamen Vorgehens immer wieder unabsehbar sind und der Weg der Gewalt eine Kettenreaktion von Gegengewalt zu provozieren pflegt (M. L. —» King). Es würde auch gelten, wenn dies so nicht der Fall wäre. Auch muß darauf hingewiesen werden (was hier nicht im einzelnen begründet werden kann), daß weder innerstaatlicher Einsatz von Gewalt zur Wahrung des Rechtes noch das eingeschränkte Ja zum —» Kriegsdienst der Christen, nicht einmal eine Erfahrung wie die der Mitarbeit D. Bonhoeffers an der Vorbereitung des Attentats auf A. Hitler (20.7.44) in Richtung auf die Anwendung revolutionärer Gewalt verallgemeinert werden können. Ein politisch-soziales Handeln aus dem Glauben an Jesus Christus geht von anderen Voraussetzungen aus, benutzt weithin andere Methoden und verfolgt auch nur teilweise dieselben Ziele wie Gruppen, die nicht mit Gott rechnen (vgl. auch Punkt 4 und Lit. Bockmühl).
-
Noch immer nicht befriedigend beantwortet ist die Herausforderung, die der Marxismus für die Christenheit darstellt und auf welche die Theologie der R. nur eine mögliche Antwort geben kann. Es geht um das Problem: welchen Beitrag leisten die Christen aus ihrem geistlichen Potential heraus zur notwendigen Humanisierung der Gesellschaft? Denn von Gott zugelassene gesellschaftliche Zustände sind nicht gleichzusetzen mit gottgewollten! Hier ist nach der Lebensqualität der christlichen —* Ge
meinde gefragt. U.a. muß, neben der üblichen Forderung nach Proklamationen und Aktionen der Kirchen und Christen folgendes bedacht werden: a) An welchen Stellen der Gemeinde tauchen die großen gesellschaftlichen Probleme, möglicherweise unter anderen Etiketten, wieder auf? Wie gehen Christen mit ihnen um? Finden sich im eigenen Bereich Lösungen, die lebensmäßig erprobt sind? b) Welche Opfer verlangt das Mitleiden am Leid der Gesellschaft von den Gläubigen? c) An welchen Stellen ist eine Zusammenarbeit mit Nichtchristen zur Lösung gesellschaftlicher Nöte möglich? Wo ist sie uns untersagt, weil eine Übereinstimmung hinsichtlich der Ziele und Methoden (!) der Veränderungen sich nicht erreichen läßt? d) Wie groß ist unser Vertrauen auf Gottes helfendes Eingreifen, wenn wir für Menschen und Gruppen beten? Welche Bedeutung hat eine an Mk 11,22-24 orientierte Fürbitte als politische Diakonie?
Die Alternative zur Theologie der R. kann nur in einer schriftgemäßen Theologie christlich-gesellschaftlichen Engagements einerseits, einer gesellschaftsbezogenen geistlichen Lebenspraxis andererseits bestehen.
Lit.: T. Rendtorff/H. Eduard Tödt, Theologie der R., Analysen und Materialien, 1968 - E. Feil/R. Weth (Hg.), Diskussion zur -Theologie der R.<-, 1969 - K. Bockmühl, Herausforderungen des Marxismus, 1977
Kopfermann
Richter, Ludwig, *28.9.1803 Dresden, 119.6.1884 Dresden; romantischer Maler und Zeichner aus katholischer Familie, doch ohne konfessionelle Bindung. Mit 17 Jahren begleitet er einen russischen Fürsten als Zeichner auf einer Reise durch Frankreich und Italien. Ein Mäzen schenkt ihm einen 3jährigen Studienaufenthalt in Rom. In der Silvesternacht 1824/25 erfährt R. hier seine Bekehrung durch Vermittlung seines baltischen Freundes, des Malers von Maydell. »Ich habe Gott, ich habe meinen Heiland gefunden,- nun ist alles gut, nun ist mir ewig wohl«. R. wurde bekannt durch seine stimmungsvollen Holzschnitte, war ein treuer Bibelleser und verkehrte im Alter in Bad Boll bei —» Blumhardt.
Lit.: Autobiographie: Lebenserinnerungen eines deutschen Malers, 1885 (oft neu verlegt)
Brandenburg
Fritz Rienecker
Rienecker, Fritz, *27.5.1897 Streckau (Sachsen), 115-8.1964 Neumünster. Studium der Theologie und Pädagogik an den Universitäten Berlin, Kiel, Hamburg. 1924-41 theologischer Mitarbeiter des Verlages Ihloff, Neumünster. Bis 1946 Pfarramt in Geesthacht, 1947-49 Dozent an der Evangelischen Akademie in Braunschweig. 1949 Berufung ins Lehramt am Predigerseminar St. -> Chrischona, Basel, für NT und systematische Theologie. 1958-62 Leiter des —» Altpietistischen Gemeinschaftsverbandes in Württemberg. Das theologische Schaffen R.s war durchdrungen von der Ehrfurcht vor Gottes Wort und dem Staunen über Gottes Größe und Liebe. Als Schriftsteller wurde er in weiten Kreisen bekannt durch seine Bibelkommentare, den »Sprachlichen Schlüssel« zum griechischen NT und das Lexikon zur Bibel.
Aeschlimann
Riethmüller, Otto, *26. 2. 1889 Bad Can- statt, f 19.11.193 8 Berlin,- ev. Pfarrer, Jugendführer, Dichter. R. studierte in Tübingen bei A. —> Schiatter Theologie. Nach kürzeren Diensten in schwäbischen Gemeinden baute er von 1918 bis 1928 in der Industriestadt Eßlingen eine Vorstadtgemeinde auf. Danach leitete er als Vorsteher des Burck- hardthauses in Berlin den Ev. Reichsverband weiblicher Jugend. Schon durch das häusliche Erbe, - sein Vater gehörte zur —» Hahn- schen Gemeinschaft — stand R. in der Tradi- tion der »schwäbischen Väter», unter denen er besonders Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) schätzte. Reich begabt, schenkte R. der ev. —»Jugendarbeit viele Impulse zur Ordnung des geistlichen Lebens (-» Bibellese, Jahreslosung, Jahresrüste, Monatsspruch und -lied, Sprechchor-Feiern). Mit der Herausgabe der Jugendgesangbücher »Ein neues Lied«« »Der helle Ton« 1932 hat er wesentlichen Anteil an der Wiedergewinnung alter Lieder, teilweise durch dichterische Neugestaltung (z.B. »Der Morgenstern ist aufgedrungen««, »Sonne der Gerechtigkeit««). Von den eigenen Liedern haben sich »Herr, wir stehen Hand in Hand« und »Nun gib uns Pilgern aus der Quelle« schon in der Zeit des —» Kirchenkampfes bewährt. Als Vertreter der ev. Jugendverbände in der Reichsjugendkammer half er die Krise enttäuschter Hoffnungen anläßlich der Eingliederung in die Hitlerjugend 1933 zu bewältigen. Innere Zucht und Kraft der Konzentration gaben die Basis bei der Neuorientierung der zuvor vereinsmäßig gestalteten Jugendarbeit zur Sammlung der Jugend unter Gottes Wort. Von ihm stammt der Grundsatz: »Die wichtigste Veranstaltung im Leben der ev. Jugendschar ist der Hauptgottesdienst der Gemeinde.«
Lit.: E. Lauxmann, O.R. Sein Leben und sein Wir- ken- «95 9 Balders
Dostları ilə paylaş: |