Ich möchte in dem Zusammenhang darauf hinweisen, daß der Wirtschaftsmittelpunkt Gmünd mit Krems keine Verbindung hat; daß die Bundesstraße nach Wien wohl schon wesentlich besser ist, als sie war - daß wesentliche. Teile dieser Bundesstraße ausgebaut sind, daß aber die Fortsetzung dieses Ausbaues unbedingt notwendig ist. Darf ich nur auf das Straßenstück Schrems – Gmünd verweisen und darauf aufmerksam machen, daß die Industrie unseres Bezirkes auch die Verbindung nach Linz hinauf notwendig braucht, daß es aber auf dieser Bundesstraße noch arge Engpässe gibt.
Erlauben Sie nun, daß ich auf einige Straßen im Bezirk Gmünd verweise, die meiner Meinung nach absolut instandsetzungswürdig sind. Ich habe schon im Vorjahr darauf hingewiesen, daß ich bereits im Jahre 1955 bei der Budgetdebatte zum erstenmal den Antrag gestellt habe, daß die Landeshauptstraße Gmünd-Litschau instandgesetzt wird. Es ist dies ein Straßenstück von nur 20 Kilometern. Wjr verhandeln nun bereits über das Budget 1967; es sind also mehr als 10 Jahre vergangen, und noch immer war es nicht möglich, dieses 20 km lange Straßenstück in Ordnung zu bringen. Litschau ist auch einer der kleineren Knotenpunkte des oberen Waldviertels und braucht die Verbindung zur Bezirkshauptstadt. Nicht nur die Arbeiter, die in dem Gebiet um Litschau keine Arbeitsmöglichkeit haben, müssen in Richtung Nagelberg zur Glasfabrik fahren - viele fahren auch nach Gmünd -; jeder, der zu den Kammern muß, braucht diese Straße. Kurz gesagt, es benötigen praktisch alle diese Straße. Ich möchte darauf hinweisen, daß im Programm der Landesbaudirektion die Fertigstellung des Ausbaues dieser Straße mit 1967 festgelegt erscheint. Leider ist es so, daß im heurigen Jahr an dieser Straße nichts geschehen ist. Die Straße wurde wohl im Vorjahr bis Gopprechts fertiggestellt, doch hat man dort haltgemacht; seither ist nichts geschehen. Der letzte Abschnitt bis Litschau ist so schlecht, daß mir jeder, der diese Straße benützen muß, bestätigen wird, daß sie teilweise eher einem schlechten Feldweg als einer Landeshauptstraße ähnelt, ganz zu schweigen von verschiedenen Straßen unseres Gebietes, die die kleineren Dorfgemeinden miteinander verbinden.
Der Herr Kollege Weissenböck wird mir bestätigen, daß es bei uns noch viele Gemeinden gibt, zu denen noch keine einzige staubfreie Straße führt. Ich möchte auf ein ganz schlechtes Straßenstück hinweisen, und zwar bei Heinreichs - Vitis, das sich in einem Zustand befindet, den man sich nicht vorstellen kann, wenn man diese Straße nicht benützt. Dasselbe gilt für die Straße nach Hirschenwies oder für jene, die der Herr Kollege immer benützen muß, wenn er von Ullrichs nach Pürbach fährt. Diese kleinen Gemeinden benötigen aber diese Verbindung. Auch wenn deren Bewohner zur Bezirkshauptstadt wollen, müssen sie diese Straße benützen. In unserem Bezirk ist es leider so, daß die Verbindungen zur Bezirkshauptstadt sehr schlecht sind und daher auch sehr wenige private Autobuslinien geführt werden. Wenn man die Fuhrwerksunternehmer fragt, warum sie da und dort keine Autobuslinien führen, bekommt man zur Antwort, man möge entschuldigen, daß dieses Ansinnen abgelehnt werden müsse, da der Straßenzustand so viele Reparaturen verursacht, daß die Kosten durch das Fahrgeld nicht hereingebracht werden könnten.
Ich möchte im besonderen noch auf eine Straße verweisen, die zur Verbindung der beiden wirtschaftlichen Mittelpunkte des Waldviertels notwendig ist. Das ist die Landeshauptstraße Gmünd - Kirchberg - Zwettl-Krems. Der südliche Teil der Straaß wurde bereits ausgebaut, was ich ausdrücklich betonen möchte; aber ich weiß nicht, ob dort der Bedarf so groß ist, weil dieser Raum nicht so dicht besiedelt ist und Industrie und Gewerbe dort nicht so stark vertreten sind wie im Wirtschaftsmittelpunkt Gmünd. Von Gmünd über Kirchberg nach Zwettl fehlt jedoch der notwendige Ausbau der Straße.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch auf den von mir seit Jahren geforderten und noch immer fehlenden Ausbau der Verbindung zwischen Mandelstein und Nebelstein, der sogenannten Mandelstein - Nebelstein-Straße, hinweisen. Unsere schöne Landschaft nützt uns nämlich nicht viel, wenn sich die Straßen nicht in einem Zustand befinden, daß die Fremden fahren können und auch gerne wieder hinkommen. Beim diesjährigen Heimattreffen der Klemensgemeinde am Mandelstein, bei dem auch noch der Herr Landeshauptmann Hartmann anwesend war, wurde auf dieses Problem hingewiesen und dem Herrn Landeshauptmann von der Klemensgemeinde eine Resolution überreicht. Darin wurde ebenfalls die Bitte ausgesprochen, die Mandelstein – Nebelsteinstraße auszubauen. Daraus können wir ersehen, wie wichtig und notwendig für unser Gebiet der Ausbau des Straßennetzes ist. Die Straßen sind nun einmal der Lebensnerv jedes Gebietes; gerade unser Gebiet braucht neue Impulse und gute Lebensnerven, damit es sich erholen kann. Wir haben nicht nur auf dem Gebiete des Straßenbaues, sondern in allen Belangen einen ungeheuren Nachholbedarf.
In diesem Zusammenlang möchte ich daher die Ausführungen des Kollegen Rabl bezüglich des CERN-Projekts unterstreichen und begrüßen. Der Europäische Rat für nukleare Forschung - das vorgenannte Wort ist die Abkürzung für die französische Bezeichnung - beabsichtigt, wie auch der Herr Kollege bereits ausgeführt hat, die Errichtung eines neuen Teilchenbeschleunigers. Dem CERN gehören 13 europäische Staaten an, und zwar Österreich, Belgien, Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, die Schweiz und England. England, Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland sind mit je 20 Prozent, die übrigen Länder mit zusammen 40 Prozent beteiligt, davon entfällt lauf Österreich eine Beteiligung von 2 Prozent. Seit 1959 betreibt der CERN in Genf eine Beschleunigeranlage, die aber für die weitere Forschung schon zu klein geworden ist. Man beabsichtigt daher, in Europa eine neue Anlage zu errichten. Aus diesem Grund haben bereits verschiedene Gespräche stattgefunden. Der CERN hat auch diverse Angebote eingeholt und sich eine Reihe von Fragen beantworten lassen. Österreich hat ein für dieses Projekt geeignetes, in der Nähe von Göpfritz liegendes Gelände angeboten. Die geologischen Eigenschaften dieses Geländes entsprechen den Anforderungen. Der erdbebensichere Granitboden des Waldviertels ist für dieses Projekt geeignet. Für die Durchführung des gesamten Projekts ist eine Fläche von 22 qkm erforderlich. Ungefähr 15.000 Personen, in erster Linie Fachleute und Spezialisten, würden dort beschäftigt werden.
Mir ist eine andere Summe als dem Herrn Kollegen Rabl bekannt, und zwar wurden mir reine Baukosten von ungefähr 30 Milliarden Schilling angegeben. Einen Teil davon müßte dann selbstverständlich jenes Land aufbringen, in dem das Projekt errichtet wird. Dabei spielen die Kosten der elektrischen Energie sicherlich eine große Rolle; aber die wichtigste Bedingung ist wohl die geologische Beschaffenheit des Bodens. Man versucht nun auch, die Vereinigten Staaten und Rußland für dieses Projekt zu interessieren. Würde dies gelingen, wäre es auch für Österreich sehr günstig, da uns in diesem Fall sicherlich unsere Neutralität zugute käme. Für Österreich würden damit die Chancen steigen, daß sich der CERN entschließt, dieses Projekt bei uns zu errichten.
Daß die Verwirklichung dieses Projekts eine einmalige Chance für das gesamte Waldviertel wäre, nicht nur für einzelne Orte, sondern für die gesamte Industrie und Wirtschaft, nicht nur der engeren Umgebung, sondern für ganz Niederösterreich, brauche ich nicht besonders zu erwähnen. Das zeigt schon die genannte Summe der Gesamtkosten. Darin sind nicht nur die reinen Baukosten enthalten, sondern auch die Kosten für Wohnungen, die dem europäischen Standard entsprechend errichtet werden müssen, für internationale Schulen, Flugplätze usw. Diese Kosten belaufen sich auf ca. 200 Milliarden Schilling. Wenn wir uns vorstellen, was das bedeuten würde, wenn diese Summe in unserem Lande umgesetzt wird, so darf wirklich nichts unversucht gelassen werden, um dieses Projekt ins Waldviertel zu bringen. Dazu bedarf es aber ungeheurer Anstrengungen, denn es gibt eine große Konkurrenz anderer Länder, in erster Linie sind i das Frankreich und Belgien, die bereits einen 1 Probetunnel errichtet haben; Belgien hat einen sogenannten Schrägschacht gebaut. Die 1 Entscheidung drängt, denn eine Reihe anderer Staaten bewirbt sich ebenfalls um dieses Projekt. Ich mochte in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen, daß die Bundesrepublik Deutschland in Bayern in der Umgebung von Rosenheim ein Gebiet angeboten hat, das nicht den Granit aufzuweisen hat wie die Gegend um Göpfritz, aber die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sich, durch 40 m tiefe Betonsäulen den Granit zu ersetzen. Sie wollen durch Geld den Granit, den wir im Waldviertel aufzuweisen haben, ersetzen.
Es ist selbstverständlich, daß zur Verwirklichung dieses Projektes Österreich auch finanziell beitragen müßte; aber ich glaube, in Ansehung der ungeheuren Aufträge, die zu erwarten sind, und der enormen Belebung der Wirtschaft soll man die Kosten, die Österreich dann zu tragen hätte, nicht scheuen. Die Entscheidung wird - so sagt auch der CERN - im kommenden Jahr getroffen werden. In Anbetracht der Bedeutung dieses Projekts, nicht nur für das Waldviertel, sondern für ganz Niederösterreich und darüber hinaus für die gesamte österreichische Wirtschaft, darf daher keine Gelegenheit versäumt werden, um die Errichtung des Teilchenbeschleunigers im Gebiet von Göpfritz zu erreichen.
Ich erlaube mir daher, dem Hohen Hause folgenden Resolutionsantrag vorzulegen (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert:
1. bei der Bundesregierung und insbesondere beim Bundesministerium für Unterricht sowie beim Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten vorstellig zu werden und dahin zu wirken, daß diese beim Europäischen Rat für die nukleare Forschung (CERN) geeignete Schritte unternehmen, und
2. im eigenen Bereich alle Maßnahmen treffen, damit das CERN-Projekt im Raume Göpfritz zur Ausführung gelangt."
Ich bitte das Hohe Haus, auch meinem Antrag die Zustimmung zu geben, der sich ja im wesentlichen mit dem Antrag des Kollegen Rabl deckt. Dazu möchte ich nur erwähnen, daß ich in meinem Antrag auch das Außenministerium erwähnt habe, und zwar deshalb, weil ja der Unterrichtsminister mit den ausländischen Botschaften nicht verhandeln kann; das ist Sache des Außenministens, daher habe ich auch das Außenministerium angeführt. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter R i g l.
Abg. RIGL: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben uns bereits mit einem Problem beschäftigt, das für die verschiedensten Schichten oft finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat. Es handelt sich hier um die Baukostenzuschüsse bei den EVU's, also der NEWAG. Schwierigkeiten hatten sich deshalb ergeben, weil der Anschlußwerber erst im letzten Moment davon informiert wurde, daß er Baukostenzuschüsse zu tragen hat. Diese sind - wie die EVU's behaupten - ein Bestandteil des Strompreises, weil diese Iden anderen Kosten nicht nachgezogen wurden. Der Baukostenzuschuß soll auch dafür verwendet werden, die bestehlenden Leitungen erhalten zu können. Nun ist es aber nicht gleich, ob einer ein Haus in Wiener Neustadt, St. Pölten oder Krems anschließen läßt, denn die Baukostenzuschüsse werden von einem Sachbearbeiter nach freiem Ermessen festgelegt. Wir sind davon überzeugt, daß der Baukostenzuschuß aufgebracht werden muß, nur soll er einheitlich geregelt werden.
Darf ich Ihnen hiezu folgendes sagen: Es sind 462.000 Anlagen angeschlossen, die mit 8351 km Hochspannungs- und 15.358 km Niederspannungsleitungen über 42 Großumspannwerke und 4398 Transformatoren versorgt werden. Selbstverständlich erfordert die Erhaltung dieser Leitungen und Anlagen ungeheure finanzielle Mittel. Zur besseren Übersicht will ich Ihnen nur einige Zahlen nennen. So sind für die genannten Leitungen rund 68.000 Maste notwendig. Würde ich diese aneinanderlegen, könnte ich eine Strecke von Wien bis Lissabon, eine weitere bis Athen und wieder eine bis London auslegen. Würde ich die Drähte, die auf diesen Masten geführt wenden, zusammenknüpfen, erhielte ich eine Länge von 86.000 km, womit man mehr als zweimal die Erde umspannen könnte. Wenn man eine durchschnittliche Lebensdauer eines Mastes mit 7 Jahren annimmt, so sind jährlich ca. 100.000 Maste auszutauschen, die allein einen Holzpreis von rund 50 Millionen Schilling ergeben. Selbstverständlich erfordert das Auswechseln dieser Maste eine ganz bedeutende Summe an Arbeitsstunden. Die NEWAG hat mit 31. Dezember 1186 Gehaltsempfänger, 1749 Lohnempfänger und 99 Lehrlinge, zusammen also 3034 Beschäftigte aufzuweisen; sie alle kosten mit all Iden anderen Erfordernissen ungeheuer viel. Ich glaube aber, daß es dringend notwendig wäre, die Baukostenzuschüsse, ähnlich den Kanalanschlußgebühren oder sonstigen Aufschließungskosten, von vornherein festzulegen, so daß jeder weiß, wenn ich mir hier ein Haus baue, habe ich soundso viel an Anschlußgebühren zu bezahlen. Auch ein Gewerbetreibender, der eine Maschine anschließt, soll von vornherein wissen, wie hoch der Baukostenzuschuß ist.
Um die Sache einer Ordnung und Regelung zuzuführen, erlaube ich mir folgenden Resolutionsantrag einzubringen (liest):
,,Die bis nun unternommenen Versuche der Landesregierung, die Baukostenzuschüsse für den Anschluß an das öffentliche Stromversorgungsnetz einer für die Anschlusswerber tragbaren Regelung zu unterwerfen, hatten keinen Erfolg gebracht. Die Landesregierung wird daher aufgefordert, unverzüglich zu prüfen, ob die Baukostenzuschüsse innerhalb einer Neuordnung der Rechtsvorschriften, die Anrainerverpflichtungen zum Gegenstand haben, insbesondere jener der Nö. Bauordnung, unter Berücksichtigung der Tatsache der dem Landesgesetzgelber zukommenden Kompetenz nach § 14 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1967 (Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern) sowie des Grundsatzes, daß alle zu den Kosten der Aufschließung von Grundstücken beizutragen haben, die dadurch einen Nutzen haben, geregelt werden können."
Ich bitte das Hohe Haus um Annahme dieses Resolutionsantrages. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. K a i s e r.
Abg. KAISER: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren das Hohen Landtages! Niederösterreich ist ein Land, das besonders unter den unterschiedlichen Strukturverhältnissen zu leiden hat. Ein Erfordernis des Landes ist es daher, sich vordringlich mit diesem Fragenkomplex etwas eingehender zu beschäftigen. Es ist daher erfreulich, daß die Nö. Landesregierung schon vor Jahren den Auftrag erteilt hat, es möge sich ein Expertenkomitee mit Fragen der Raumordnung und Raumplanung in Niederösterreich eingehend beschäftigen. Es sollte der Grundsatz befolgt werden, daß unser Land leidenschaftslos röntgenisiert wird, damit nach diesem Röntgenbild die richtige Diagnose erstellt werden kann. Wenn man auch die Diagnose weiß, ist sie doch wertlos, wenn nicht auch gleichzeitig die heilende Therapie Anwendung findet.
Wir leben heute in einer sehr hektischen Zeit; das bringt natürlich verschiedene Veränderungen in der Wirtschaft und auch in den Lebensgewohnheiten der Menschen mit sich. Diese Veränderungen bringen neue Aufgaben, die wieder einer neuen Lösung zugeführt werden müssen. Es ist uns, wie ich glaube, allen klar, daß wir gemeinsam zu Werke gehen müssen, um das Sozialprodukt zu vergrößern, um damit auch eine Besserstellung unserer Menschen im Lande zu erreichen. Es wird auch sehr oft - ich möchte fast sagen leichtfertig - von Wohlstand gesprochen. Besitzen wir diesen Wohlstand aber wirklich echt, oder ist er nicht in erster Linie darauf zurückzuführen, daß heute ganze Familien einer Arbeit nachgehen und daraus ein Einkommen erreichen. Denken wir an das Problem der jungen Ehepaare, die oft sehr mühevoll - Mann und Frau – unter Seite 401
Bedingungen, die oft tatsächlich nicht menschenwürdig sind, zusammenwirken müssen, nur damit sie ihr Ziel erreichen und sich aus eigener Initiative ein Haus bauen oder die Wohnung der Zeit entsprechend einrichten können. Wir wollen nicht klagen darüber; ich glaube aber, es soll der relative Wohlstand nicht zu falschen Schlüssen führen, es würde damit unserer Wirtschaft und unserer gesamten Gesellschaft kein guter Dienst erwiesen. Noch besteht die Möglichkeit des Familieneinkommens; es wirft sich aber schon die Frage auf, wie lange noch? Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sich bereits die ersten Anzeichen einer Konjunkturverflachung in ganz Österreich und insbesondere auch in Niederösterreich abzeichnen. In Österreich sind gegenwärtig von 100 Frauen 36 berufstätig; auch in Niederösterreich spielt heute die berufstätige Frau eine sehr beachtliche Rolle.
Durch den Einsatz der Technik in allen Industriezweigen - letzten Endes spielt auch der Kostenfaktor eine mitentscheidende Rolle - gewinnt die Frau immer mehr Bedeutung in Iden Industriebetrieben, aber auch im Gewerbe. Hier ergibt sich bei einer rückläufigen Beschäftigungstendenz die Frage, wer wird das Rennen machen? Der Mann oder die Frau? Ich glaube, daß die Gewerkschaften den richtigen Standpunkt einnehmen, indem sie den Grundsatz verfolgen, daß bei gleicher Arbeit auch der gleiche Lohn zu gebühren habe und daß nicht unter den arbeitssuchenden Menschen eine Konkurrenz eintritt.
Eine Vorschau über !die Arbeitskräftesituation in den nächsten 5 Jahren zeigt uns wohl, daß es weiterhin bei einer angespannten Arbeitskräftesituation bleiben wind und daß nur ein gewisses Kontingent von Fremdarbeitern diese Lage ein wenig mildern wird. Ich glaube aber, daß man bei dieser Prognose den Faktor Rationalisierung und Automatisierung doch zuwenig berücksichtigt hat. Es wird laufend rationalisiert und automatisiert; dazu ist auch anzunehmen, daß die nun zu verabschiedenden Wirtschaftswachstumsgesetze auch Antrieb sein werden - so wunde es uns zumindestens offeriert -, daß dadurch wieder Arbeitskräfte freigesetzt werden. Aus diesem Reservoir wird sicherlich eine Möglichkeit gegeben sein, die Menschen in andere Beschäftigungszweige umzuschichten, so daß man in der Zukunft von Arbeitskräftemangel nicht sprechen wird können. Die Vollbeschäftigung wird sicher davon abhängen, ob es auch in der Zukunft möglich sein wird, eine gesunde Relation zwischen Produktion und Kaufkraft beizubehalten. Das anzustrebende Ziel von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird sein - gemeinsam muß es sein -, das Wirtschaftswachstum laufend zu steigern. Das gesteigerte Wirtschaftswachstum bildet letzten Endes die Grundlage dafür, daß unser Lebensstandard doch noch eine gewisse Verbesserung erfahren kann, vorausgesetzt, daß der Ertrag der Arbeit auch gerecht verteilt wird. Um dieses Siel zu erreichen, müssen alle Kräfte des Landes mobilisiert werden. Vor allem müßten optimale Voraussetzungen dazu geschaffen werden, daß alle Räder der Wirtschaft in Gang bleiben.
Gerade Niederösterreich hat allen Grund dazu, aufzuholen, was andere Bundesländer bereits besitzen. Wir haben schon mehrmals die Ursachen unseres Zurückbleibens aufgezeigt. Wir dürfen nicht vergessen, daß uns die Zeit der Besetzung gewisse Härten auferlegt hat; wir wissen auch, daß wir in der Kreditgewahrung stiefmütterlich behandelt wunden. Erst seit dem Zeitpunkt, zu dem wir von der Besetzung befreit wunden – es sind inzwischen 11 Jahre vergangen -, können wir uneingeschränkt die Geschicke unseres Landes seIbst bestimmen. Es ist uns aber leider während dieser Zeit nicht gelungen, die anderen Bundesländer einzuholen, obwohl unsere Unternehmer gewisse wirtschaftliche und steuerliche Begünstigungen bekommen haben. Das Institut für Wirtschafsforschung bringt eine ausführliche Darstellung über die Unterschiede in der wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung der einzelnen Bundesländer. Hier zeigen sich sehr beträchtliche Unterschiede im Vollmeinkommen. Ich möchte die Vergleiche mit den einzelnen Bundesländern anführen.
Wenn man das Volkseinkommen eines Österreichers mit 100 festlegt, so ergibt sich .folgendes Bild: Wien steht mit 127,9 Punkten an erster Stelle, an zweiter Stelle Vorarlberg mit 105,7 Punkten, an dritter Stelle Salzburg mit 102 Punkten, an vierter Stelle Oberösterreich mit 95 Punkten, an fünfter Stelle Kärnten mit 94,7 Punkten, an sechster Stelle Tirol mit 93,2 Punkten, an siebenter Stelle Steiermark mit 87,7 Punkten und erst an achter Stelle, vor dem Burgenland, kommt Niederösterreich mit 83 Punkten, an neunter Stelle kommt das Burgenland mit 63,8 Punkten. Dieser Vergleich ist wahrhaftig kein Ruhmesblatt für die Verantwortlichen, (die die Geschicke unseres Landes führen, wenn man auch zugeben muß, daß Fakten hier hineinspielen, die nicht allein auf Landesebene zu suchen sind. Noch drastischer werden diese Unterschiede, wenn wir im eigenen Land unter den einzelnen Bezirken Vergleiche über das Volkseinkommen anstellen.
Es gibt nur sechs Bezinke, die über dem österreichischen Durchschnitt liegen, alle übrigen liegen darunter. So liegt Wien-Umgebung um 23,4 Prozent über dem österreichischen Durchschnitt. Wir sehen hier sehr genau, wie kraß die Schere auseinandergeht. Darüber liegen also wie bereits gesagt Wien-Umgebung mit 23,4 Prozent, Mödling mit 20,4 Prozent, Krems-Stadt mit 18,4 Prozent, Gänserndorf mit 12,4 Prozent, St. Pölten-Stadt mit 2,6 Prozent und Lilienfeld mit 0,4 Prozent. Darunter liegen - und zwar sehr beachtlich - Bruck/Leitha mit 2,9 Prozent, Wiener Neustadt-Stadt mit 3,2 Prozent, Baden mit 3,3 Prozent, Neunkirchen mit 7,2 Prozent, Korneuburg mit 7,9 Prozent, St. Pölten-Land mit 23,7 Prozent, Wiener Neustadt-Land mit 24,5 Prozent, Tulln mit 26 Prozent, Melk mit 28,4 Prozent, Waidhofen/Ybbs-Stadt mit 28,9 Prozent, Gmünd mit 29 Prozent, Amstetten mit 31,4 Prozent, Horn mit 32,8 Prozent, Scheibbs mit 33,9 Prozent, Waidhofen/Thaya mit 36,8 Prozent, Mistelbach mit 39,8 Prozent, Hollabrunn mit 41,4 Prozent, Krems-Land mit 48,7 Prozent und Zwettl mit 55,8 Prozent.
Diese Schere läßt sehr deutlich erkennen, wie unterschiedlich unser Land wirtschaftlich durchblutet ist. Es muß deshalb Aufgabe einer konsequenten Regionalpolitik sein, den zurückgebliebenen Gebieten günstigere Bedingungen zu schaffen. Für eine gezielte Industrieentwicklung ist der Standort ldie Voraussetzung der unterschiedlichen Bedingungen. Die Unternehmer, die bereit sind, sich in unserem Lande seßhaft zu machen, gehen bei der Auswahl ihrer Standorte vorwiegend - ich möchte fast sagen ausschließlich - von betriebswirtschaftlichen Überlegungen aus. Das hat sich in der Vergangenheit gezeigt. Wir wollen das nicht als Vorwurf äußern, denn sicherlich ist das die erste Aufgabe der Unternehmer. Wir wollen aber letzten Endes auch das Gefühl bekommen, daß wir im Bemühen Erfolge sehen, auch den wirtschaftlich schwachen Gebieten helfen zu können. Es müßte deshalb aktiver vom Bund und Land Hilfe in der Form kommen, daß im Bereich der Infrastruktur der Ausbau der Straßen, die Stromversorgung und der Bau von Wahrungen vorangetrieben wird, damit man auch die Gebiete, die bis heute stiefmütterlich davongekommen sind, den Unternehmern etwas schmackhafter macht.
Niederösterreich hat zwei wirtschaftsintensive Gebiete: das Wiener Becken und das Alpenvorland. Ich glaube, die Ziele wären zu hoch gesteckt, wenn wir meinten, es müsste unser Land gleichmäßig industrialisiert werden. Das können wir nicht; das wissen wir. Wir glauben aber, daß wir die realisierbaren Möglichkeiten mehr in den Blickpunkt unserer Betrachtungen stellen sollen. Das Institut für Raumplanung hat dazu Wege markiert, wie ein ausgeglicheneres Strukturbild in unserem Land erreicht wenden kann. Ich glaubte, es wäre nicht sehr zweckmäßig, diese Unterlagen, die vorliegen, ungenützt zu lassen; vielmehr sollen sie Ansporn dazu sein, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir unserem Land im Sinne dieser Anregungen dienen können. Diese Unterlagen bringen zum Ausdruck, daß es möglich wäre, in unserem Land Industrieschwerpunkte zu bilden. Diese Industrieschwerpunkte in ihrer Überlegung und in ihrer Modelldarstellung liegen durchaus im Bereiche des Erfüllbaren. Es müssen nur wieder die entsprechenden Voraussetzungen dafür geschaffen wenden. Es würde damit sicherlich auch dem Pendlerproblem die harte Note genommen werden, denn die Einzugsgebiete könnten beachtliche Verringerungen erfahren. Es wind ein wirkungsvoller Einsatz öffentlicher Mittel auch dadurch erreicht, daß sie sich auf diese Gebiete konzentrieren, so daß die Unternehmer leichter bereit wären, sich in diesen Gebieten anzusiedeln.
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