Allgemeines Wettbewerbsrecht (§§ 1, 3 UWG)
Abseits spezieller Lauterkeitsregeln ist das allgemeine Wettbewerbsrecht, voran
§§ 1, 3 UWG, zu beachten. Im Vordergrund der Diskussion stehen derzeit drei Problemfelder: die kommerzielle Versendung von Emails, das Trennungsgebot und die Verwendung von Hyperlinks und Frames.
Kommerzielle Versendung von Emails
Literatur:
Patrick Ayad, E-Mail-Werbung – Rechtsgrundlagen und Regelungsbedarf, in: CR 2001, 533; Harald Bartl, Unverlangte Werbung über Bildschirmtext, in: NJW 1985, 258; Steffen Böhm, Unerlaubte Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich, in: MMR 1999, 643; Stefan Ernst, Wirtschaft im Internet, in: BB 1997, 1057; Andreas Freitag/Jan Rudolf Busemann, Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von elektronischer Post als Mittel des Direktmarketings, in: AfP 1998, 475; Axel Funk, Wettbewerbsrechtliche Grenzen von Werbung per E-Mail, in: CR 1998, 411; Goerke, Amerika - Strafen für unverlangte Email-Werbung, in: WRP 1999, 248 f.; Günther, Erwünschte Regelung unerwünschter Werbung? Zur Auslegung von Artikel 10 der Fernabsatz-Richtlinie, in: CR 1999, 172; Christian Gummig, Rechtsfragen bei der Werbung im Internet, in: ZUM 1996, 573; Thomas Hoeren, Cybermanners und Wettbewerbsrecht — Einige Überlegungen zum Lauterkeitsrecht im Internet, in: WRP 1997, 993; Janokowski, Kosten beim Empfänger unverlangter E-Mails – nur ein Scheinargument?, in: K&R 2000, 499; Stefan Kelm, Technische Maßnahmen gegen Spam, in: DuD 1999, 23; Gerhard Laga, Das österreichische Spam-Verbot: ein rechtlich bedenkliches Kuriosum, in: Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 2000, 243; Lettl, Rechtsfragen des Direktmarketings per Telefon und E-Mail, in: GRUR 2000, 977; Leupold, Die massenweise Versendung von Werbe-E-Mails: Innovatives Direktmarketing oder unzumutbare Belästigung, in: WRP 1998, 270; ders./Peter Bräutigam/Markus Pfeiffer, Von der Werbung zur kommerziellen Kommunikation, in: WRP 2000, 575; Jörg Reichelsdorfer, ”E-Mails” zu Werbezwecken - ein Wettbewerbsverstoß?, in: GRUR 1997, 191; Jens M. Schmittmann, „E-Mails“ zu Werbezwecken – ein Wettbewerbsverstoß?, in: GRUR 1997, 191; ders., Rechtlicher Schutz vor unerwünschter E-Mail-Werbung, in: Horster/Fox, Datenschutz und Datensicherheit, Wiesbaden 1999, 1; ders., Telefaxübermittlungen im Zivilrecht unter besonderer Berücksichtigung des Wettbewerbsrecht, Münster 1999; Alexandra Schrick, Direktmarketing mittels E-Mail und seine Entwicklung, in: MMR 2000, 399; Joachim Schrey/Kai Westerwelle, ”Junk-E-Mails” im Internet, in: BB 1997, Beil. 18, S. 17; Gerald Spindler/Jens M. Schmittmann, Unerwünschte E-Mail-Werbung. Zivil- und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit in Europa, in: MMR-Beilage 8/2001, 10; Brunhilde Steckler, Die wettwerbsrechtlichen Unlauterkeitsmomente bei Verwendung teletechnischer Kommunikationsmedien im Direktmarketing, in: GRUR 1993, 865; Michael Ultsch, Zugangsprobleme bei elektronischen Willenserklärungen. Dargestellt am Beispiel der Electronic Mail, in: NJW 1997, 3007; Thorsten Vehslage, E-Mail-Werbung, in: DuD 1999, 22; ders.; Auswirkungen der Fernabsatzrichtlinie auf die Telefon- und E-Mail-Werbung, in: GRUR 1999, 656; Martin Wienke, Wettbewerbsrechtliche Probleme der Werbung über Bildschirmtext und Teletex, in: WRP 1986, 455; Claudia Ziem, Spamming. Zulässigkeit nach § 1 UWG, Fernabsatzrichtlinie und E-Commerce-Richtlinienentwurf, in: MMR 2000, 129.
Seit das Internet und insbesondere die Nutzung von Email boomen, hat auch die Werbung diesen Zweig schnell für sich entdeckt. In zunehmendem Maße wird Werbung per Email, sowohl individuell als auch massenhaft, versandt. Leider handelt es sich in den meisten Fällen jedoch um unerwünschte Post.
Zunächst ist zu beachten, dass das deutsche Werberecht auch für ausländischer Spammer gilt (selbst wenn diese ihren Sitz außerhalb der EU –zum Beispiel in den USA – haben). Man sollte aber nicht versuchen, gegen ausländische Anbieter rechtlich vorzugehen – es ist in der Praxis zwecklos. Denn eine deutsche Entscheidung, die man gegen ausländische Spammer durchaus erwirken könnte, wäre im außereuropäischen Ausland kaum vollstreckbar. Im übrigen ist auch die Vollstreckung deutscher Entscheidungen innerhalb der EU oft ein Trauerspiel.
Opt – out
Einige Gerichte sahen im Spamming keine die Unlauterkeit begründende Belästigung. Das LG Braunschweig war z. B. der Auffassung, dass Emailwerbung erst dann sittenwidrig sei, wenn der Empfänger die Werbung offenkundig ablehne575. Eine Sittenwidrigkeit sei nicht schon deshalb zu bejahen, weil eine unzumutbare Inanspruchnahme der Ressourcen des Empfängers vorliege. Die Kammer stellte für den ihr vorliegenden Fall einer gewerblichen Email auf die Wertung des Art. 10 Abs. 2 der Fernabsatz-Richtlinie (97/7/EG vom 20.05.2997) ab. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen müssen, dass Fernkommunikationstechniken, die eine individuelle Kommunikation erlauben (z. B. Emails) nur dann verwendet werden dürfen, wenn der Verbraucher ihre Verwendung nicht offenkundig abgelehnt hat. Das AG Kiel hatte einen Fall unerwünschter Werbeemail an Private zu entscheiden, deren Versendung es im Ergebnis für zulässig hielt. Nach seiner Auffassung habe weder eine Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, noch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB oder eine Recht auf negative Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG vorgelegen. Auch sei kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB verletzt worden. Art. 10 der Fernabsatz-Richtlinie stelle mangels Umsetzung in nationales Recht kein taugliches Schutzgesetz dar576. Hier ist zu beachten, dass mittlerweile die Umsetzungsfrist abgelaufen und die Richtlinie in das Fernabsatzgesetz umgesetzt worden ist, so dass die Frage nach dem Schutzgesetz u.U. in Zukunft neu zu stellen sein wird. Das AG Kiel würdigte seinen Fall allerdings nicht unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. 577
Opt-In
Das Landgericht Berlin578 und viele andere579 gehen hingegen davon aus, dass die unaufgeforderte Versendung von Emails mit kommerziellem Inhalt gegen § 1 UWG verstößt.580 Nach der Rechtsprechung zum Telefax braucht der Kunde Werbesendungen nicht hinzunehmen, wenn zwischen Absender und Empfänger keine Geschäftsverbindung besteht und auch sonst der Absender nicht annehmen darf, die Zusendung über das Telefax-Gerät erfolge mit mutmaßlichem Einverständnis des Adressaten581. Die Telefax-Rechtsprechung hat ihre Fortsetzung in der Frage gefunden, ob über Btx unerbetene Werbesendungen versandt werden dürfen. Der BGH hat in einer grundlegenden Entscheidung betont, dass solche Werbesendungen wegen Belästigung des Btx-Teilnehmers wettbewerbswidrig seien582. Will man diese Rechtsprechung übertragen, stellt sich die Frage, ob die Versendung von Emails eine unzumutbare Belästigung für den Adressaten mit sich bringt. Anders als früher im Bildschirmtextbereich583, kann im Internet jede Mail als gewerblich gekennzeichnet werden (durch die Kennung „com" oder eine entsprechende Angabe im Subject). Ferner kann der User mittels automatischer Filter (sog. Twit-Filter) alle empfangenen Nachrichten durchsuchen, eine Email anhand frei definierbarer Schlüsselwörter als Werbung identifizieren und ggf. löschen. Diese Überlegungen haben in der Literatur vereinzelt zu der Auffassung geführt, Emailwerbung sei mangels Belästigungseffekts in jedem Fall zulässig.584 Nach anderer Auffassung ist die Emailwerbung weder mit Telefon-585, Telex-586, Telefax-587 und Btx-Werbung588, sondern mit der Briefkastenwerbung589 vergleichbar, die grundsätzlich erlaubt sei590. Hierbei wird jedoch übersehen, dass ein Briefkasten mit einem entsprechendem Aufkleber versehen werden kann, der vor Werbung schützt. Dies ist bei einer Email-Adresse nicht möglich.
Die Zusendung von unerwünschter Email-Werbung an Private verstößt nach einigen Auffassungen gegen § 823 Abs. 1 BGB, sofern der Empfänger nicht damit einverstanden ist oder sein Einverständnis auch nicht im Rahmen einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung vermutet werden kann. Sie stellt nach Ansicht des LG Berlin591 und des AG Brakel592 darüber hinaus einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers dar, gegen den dieser einen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung gem. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB habe, da § 1004 BGB in entsprechender Anwendung nicht nur das Eigentum, sondern auch alle absoluten Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB schütze, sich also auch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht erstrecke. Das LG Augsburg593 hatte speziell über die unaufgeforderte Emailwerbung an Privatleute zu entscheiden und bejahte ebenfalls einen Verstoß gegen § 823 Abs. 1 BGB.
Handelt es sich bei Absender und Empfänger einer unaufgeforderten Werbe-Email jeweils um einen Gewerbetreibenden, bejaht das LG Berlin594 zudem einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und spricht dem Gewerbetreibenden einen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB gegen den Absender zu. Ein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG wird in diesem konkreten Fall trotz Einordnung der Versendung der Werbeemail als Handlung im geschäftlichen Verkehr verneint, weil Absender und Empfänger in völlig verschiedenen Branchen tätig seien, so dass jeglicher Wettbewerb fehle. Eine Eigentumsverletzung aus § 823 Abs. 1 BGB lehnt das LG Berlin in diesem Fall mit der Begründung ab, der Empfang einer unerwünschten Email beeinträchtige keine materiellen Güter, sondern lediglich Zeit, Arbeitsaufwand und Speicherplatz des betroffenen Empfängers bzw. Computers. Diese Aspekte würden als Vermögensbestandteile jedoch, anders als bei der Telefaxwerbung, bei der das Eigentum an Papier und Toner regelmäßig betroffen sei, nicht dem Eigentumsschutz unterfallen595.
Belästigungseffekt
Die Zusendung unerwünschter Emails verursacht in jedem Falle beim Empfänger Kosten, zwar nicht – im Gegensatz zum Empfang per Telefaxgerät – direkt beim Empfang, wohl aber, wenn der Empfänger online geht, um seinen Email-Briefkasten auf Post zu überprüfen. In diesem Moment entstehen ihm die Telefongebühren für die Verbindung seines Computers mit seinem Provider, der ihm darüber hinaus noch die Kosten für die Nutzung seines Servers in Rechnung stellt, die also anteilsmäßig für das Lesen der unerwünschten Emails entstehen. Außerdem kann der Empfänger nicht ohne weiteres erkennen, ob eine Email Werbung enthält oder nicht. Das bedeutet, dass er die unerwünschten Emails als solche nur identifizieren kann, wenn er sie einzelnen, unter Aufwand von Zeit und Mühe, aufruft und liest. Dies hat auch das LG Berlin in zwei Beschlüssen so gesehen596.
In Betracht kommt das Vorliegen einer Belästigung durch die unaufgeforderte Mailzusendung597. Es ist zu beachten, welche Folgen eine breitere Nutzung von Email-Diensten zu Werbezwecken für den Nutzer hätte. Ein Versender, der Email in größerem Umfang zu kommerziellen Zwecken nutzt, belastet zunächst einmal das gesamte Rechnersystem, das an der Abwicklung von Email-Diensten beteiligt ist. Beim empfangenden Host läuft zusätzlich die Mail-Spool über. Schließlich wäre der dem Nutzer vom Host zugewiesene Plattenplatz sehr schnell überschritten, eingehende Emails könnten nicht mehr gespeichert werden. Sowohl hinsichtlich der erforderlichen Speicherkapazitäten, als auch im Blick auf die zusätzlichen Telefongebühren droht dem Anwender daher bei unaufgeforderter Versendung von kommerziellen Emails der „net marketing overkill". Daher ist nur „mail on demand" – die sog. „opt-in”-Variante — wettbewerbsrechtlich zulässig; ohne Anforderung des Nutzers darf niemand im Internet Werbemails versenden598.
Voraussetzung für die Unzulässigkeit der Zusendung der unverlangten Werbung per Email ist jedoch immer, dass der Empfänger mit der Zusendung nicht einverstanden ist. Die Tatsache, dass ein Nutzer seine Email-Adresse freiwillig in ein für jedermann zugängliches Email-Verzeichnis hat eintragen lassen, führt aber auf keinen Fall zu der Vermutung, er sei mit der Zusendung von Werbung per Email einverstanden. Ebenso kann sein Einverständnis auch nicht wie z. B. das Einverständnis mit dem Einwurf von Werbung in den Hausbriefkasten vermutet werden, da es derzeit technisch keine sinnvolle Möglichkeit gibt, sich gegen unerwünschte Emails zu schützen. Es ist, wie oben bereits erwähnt, nicht möglich, die eigene Email-Adresse mit einem entsprechenden Vermerk, vergleichbar mit einem Aufkleber auf dem Briefkasten, zu versehen. Die zur Zeit technisch möglichen Schutzmechanismen sind bislang völlig unzureichend. Zwar existieren mittlerweile auch im elektronischen Bereich sog. Robinsonlisten, in die man sich als User eintragen kann. Diesen Listen werden jedoch insbesondere von amerikanischen Direktmarketingunternehmen nicht beachtet. Ähnlich nutzlos sind Offline-Mailreader, die die Subject-Zeile nach typischen Werbetermini durchforsten, oder personenbezogene Indices, die die Mails bestimmter Unternehmen ausfiltern. Hier ist auch zu bedenken, dass beim Einsatz von automatischen Filtern immer die Möglichkeit besteht, dass selbst erwünschte Email zufällig herausgefiltert wird. Allerdings kann der Service-Provider den Vertrag mit dem Kunden, der seinen Account zur massenhaften Versendung von Werbe-E-Mails mißbraucht, kündigen, um auf diese Weise dem „Spammer” Einhalt zu gebieten.
Schwierig wird es, wenn die E-Mail-Werbung mit anderen, unbedenklicheren Diensten verquickt wird. So gibt es bereits Konstellationen, in denen eine Privatperson beim Versenden einer privaten E-Mail Werbung als Attachment oder am Ende der Mail mitverschickt.599 Dies erfolgt, um einen kostenlosen E-Mail-Dienst zu nutzen oder Webmiles zu bekommen. In einem solchen Fall bestehen gegen den Versender wohl kaum Handhabe. Das Werbeunternehmen kann aber weiterhin aus § 1 UWG in Anspruch genommen werden.
Die Betroffenen können sich mit aller Härte des Gesetzes gegen Spammer wehren. Sie können und sollten deutsche und EU-Provider abmahnen. Sofern die Betroffenen Anwälte sind oder Anwälte einschalten, können diese für die Abmahnung richtig Geld kassieren. Ferner besteht nach deutschem Datenschutzrecht ein Auskunftsanspruch des Betroffenen; der Spammer muss offenlegen, woher er die E-Mail-Adresse hat und an wen er sie weiterleitet. Als Mustertext für eine Abmahnung kommt folgender Vorschlag in Betracht:
Reaktionsmöglichkeiten des Access Providers
Der betroffene Access Provider kann technisch und rechtlich reagieren.600
Als technische Maßnahmen zur Abwehr am Mailer kommen z. B. in Betracht:
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Umstellen der netzinternen Mail-Kommunikation (zwischen dem Haupt-Mailserver und den netzinternen Mail-Servern) auf einen anderen Port als den Standardport 25, über den fast alle Spam-Mails versendet werden. Hierzu ist eine formale Abstimmung innerhalb der Institution erforderlich, damit die (ein- und ausgehenden, internen und externen) Mails zwischen einzelnen Mail-Servern und dem Gateway-Server auf dem richtigen Port übermittelt werden können.
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Abweisen ausgehender Mails, die von externen Nutzern (außerhalb des eigenen Netzes) zur Weiterleitung übermittelt werden.
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Führen von Signaturen (Hash-Werte) zur Erkennung von inhaltsgleichen Mails, die in großer Zahl an den Mail-Server übermittelt werden.
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Abwicklung des gesamten ausgehenden Mail-Verkehrs über einen Mail-Server, der Mails von unbekannten Absendern nicht weiterleitet.
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Führen von "Blacklists" von SPAM-offenen Sites, so dass man Mails dieser Hosts gezielt auf Spam-Inhalte überprüfen kann, z. B. durch Prüfen auf verdächtige Keywörter, Inkonsistenzen (insbes. im Mail-Header).
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Umleiten aller Mails, die die Institution von außen erreichen, auf einen einzigen Mail-Server, der mit entsprechendem Aufwand vor Mißbräuchen durch Spammer "gesichert" wird.
Rechtlich kommt zunächst einmal das zivilrechtliche Repertoire zum Tragen. Zivilrechtlich stellt die unberechtigte Verwendung eines Mail-Servers zur Versendung von Spam-Mail eine unerlaubte Handlung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB dar: Durch die unberechtigte Nutzung fremder Ressourcen und Rechnerkapazitäten verletzt der Spammer rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum des Mail-Server-Betreibers, wenn der Mail-Server infolge des erhöhten Mail-Aufkommens nicht mehr bestimmungsgemäß funktioniert. Überdies kann der Missbrauch des Mail-Servers im Einzelfall einen betriebsbezogenen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Server-Betreibers darstellen.
Aus § 823 Abs. 1 BGB ergibt sich ein Anspruch auf Unterlassung (i. V. m. § 1004 BGB: Abmahnung) und auf Schadensersatz. Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen sind § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) sowie die Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB. Als mögliche Schutzgesetze kommen auch die Straftatbestände des StGB in Betracht.601
Bei der strafrechtlichen Bewertung des Missbrauchs eines fremden Mail-Server zur Versendung von Spam-Mails ist jedoch der grundgesetzliche Bestimmtheitsgrundsatz zu berücksichtigen: Ein Verhalten ist nur dann strafbar, wenn es einen hinreichend bestimmten Straftatbestand gibt, unter den man die jeweilige Handlung subsumieren kann. In Betracht kommt hier -je nach konkreter Umsetzung des Missbrauchs eine Strafbarkeit nach § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen), § 303a (Datenveränderung), § 303 b (Computersabotage) oder § 317 StGB (Störung von Telekommunikationsanlagen).
Ein Erschleichen von Leistungen i.S.v. § 265a StGB setzt voraus, dass die "Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes" erschlichen wird. Die Leistung besteht in der Eröffnung der Möglichkeit, durch technische Kommunikationssysteme Nachrichten zu übermitteln bzw. zu empfangen. Dazu gehören auch Mail-Server, und zwar unabhängig davon, ob das System einer gegenseitigen Nachrichtenübermittlung dient oder - wie bei der Versendung von Spam-Mail üblich - nur für eine einseitige Versendung von Nachrichten genutzt wird. Fraglich ist indes, ob der Betrieb eines Mail-Servers durch eine DFN-Mitgliedsinstitution als Teil der Leistung eines "öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes" anzusehen ist. Dies wird man im Hinblick auf das Gesamtnetz "Internet" bejahen können; entscheidend ist im Zusammenhang mit § 265a StGB nämlich nicht die Zweckbestimmung der konkreten Anlage (d. h. des einzelnen Mail-Servers), sondern die des Telekommunikationsnetzes insgesamt.
Als Tathandlung muss die Leistung des Mail-Servers "erschlichen" worden sein. Entscheidend ist hierbei, ob der "Spammer" Sicherungsmaßnahmen umgeht, die vom Betreiber des Mail-Servers gegen eine unbefugte Inanspruchnahme eingerichtet wurden. Hierzu zählt z. B. die Beschränkung der Relay-Funktion auf lokale Absender-Adressen. Fälscht der Spammer die Absenderdaten seiner Massenmails, damit die Mails zugestellt werden können, so umgeht er damit die Sicherungsmechanismen des Mail-Servers. Ist der Mail-Server hingegen auf dem Standard-Port für SMTP auch von außen erreichbar, so liegt i.d.R. keine Sicherungsmaßnahme vor, deren Überwindung ein "Erschleichen" i.S.v. § 265a StGB darstellen würde. Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass § 265a StGB ein Vermögensdelikt darstellt. Eine Strafbarkeit kommt nur in Betracht, wenn der Täter in der Absicht handelt, eine üblicherweise entgeltliche Leistung unentgeltlich zu nutzen. Dies kann der Fall sein, wenn die Inanspruchnahme der Ressourcen des Mail-Servers für externe Nutzer grundsätzlich entgeltpflichtig ist und der Spammer den Mail-Server der betroffenen Einrichtung nicht nur zur Verschleierung seiner Identität, sondern auch zur kostenlosen Inanspruchnahme von Rechen- und Übertragungskapazität missbraucht.
Der Tatbestand der Datenveränderung gemäß § 303a StGB ist erfüllt, wenn der Spammer vorsätzlich rechtswidrig Daten löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert. Von einer rechtswidrigen Datenveränderung ist auszugehen, wenn der Spammer die Konfiguration des betroffenen Relay-Mail-Servers verändert, damit dieser die Massen-Mails akzeptiert und weiterleitet. Kommt es durch die Modifikationen des Mail-Servers zu einer Betriebsstörung bei der betroffenen Einrichtung, kann überdies eine strafbare Computersabotage i.S.v. § 303b Abs. 1 Nr. 1 StGB vorliegen: Hiernach macht sich strafbar, wer eine Datenverarbeitung, die für einen fremden Betrieb bzw. ein fremdes Unternehmen von wesentlicher Bedeutung sind, durch eine Datenveränderung i.S.v. 303a Abs.1 StGB stört. Wird der Mail-Server einer Forschungseinrichtung (die nach h.M. ebenfalls dem Schutzbereich des § 303b StGB unterfallen) dadurch "blockiert", dass eine Spammer den Mail-Server als Relay für die Versendung von Massenmails versendet, liegt hierin regelmäßig eine Störung einer Datenverarbeitungsanlage. Die Funktionalität des Mail-Servers ist angesichts der zunehmenden Bedeutung der elektronischen Kommunikation per Mail gerade im Wissenschaftsbereich i.d.R. auch von "wesentlicher Bedeutung" i.S.v. § 303b StGB, so dass sich der Spammer, der den Mail-Server als Relay mißbraucht, bei (bedingt) vorsätzlichem Handeln wegen Computersabotage strafbar macht.
Auch technisch gibt es Möglichkeien, Spamming zu vermeiden. So sollte man Registrier-/Bestellformulare mit zweifelhaftem Nutzen stets mit gefakten Daten ausfüllen. Bei der Gestaltung der Homepage sollten "mailto:xxx@yyy.zz"-Tags vermieden werden, da die Adresssuchmaschinen der Spammer die Adressen in diesen Tags sammeln. Stattdessen sollte man besser Kontaktformulare verwenden. In Foren oder Newsgroups sollte man nur extra für diesen Zweck angelegte GMX, WEB.DE, Hotmail oder Yahoo-Adressen verwenden. – Zum State of the Art gehört es, regelmässig den Rechner auf Trojaner, Viren und vor allem SpyWare (z.B. mit AdAware) checken lassen. Parasiten wie z.B. CyDoor sind eine Einladung für Spamer.
Trennungsgebot
Von Bedeutung ist im Electronic Business auch das sog. Trennungsgebot. Im Bereich von Fernsehen und Presse ist durch Landesgesetze oder Staatsverträge der Länder verankert, dass Werbung und redaktioneller Teil klar durch entsprechende Hinweise voneinander getrennt sind. Fraglich war lange Zeit, ob dieses sog. Trennungsgebot auch für Onlinedienste zur Anwendung kommt.602 In der Zwischenzeit ist diese Frage zumindest für den Bereich der Mediendienste im Mediendienste-Staatsvertrag der Länder geregelt. Soweit ein Online-Dienst als Mediendienst im Sinne dieses Vertrages anzusehen ist (s. o.), muss bei seiner inhaltlichen Konzeption Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein (§ 9 Abs. 2 S. 1). Unklar bleibt aber, ob das Trennungsgebot über den Bereich der Mediendienste hinaus auch auf andere Dienste übertragbar ist.603 Wahrscheinlich wird man das Prinzip behutsam und mit Bedacht einsetzen müssen. Angesichts seiner Herkunft aus dem Presse- und Rundfunkrecht scheint eine Anwendung bei Mediendiensten, die ja schon ihrer Natur presse- oder rundfunkähnlich gestaltet sind, essentiell: Wer bislang im Rahmen der geltenden Presse- und Rundfunkgesetze an das Trennungsgebot gebunden war, soll diese Bindung nicht dadurch unterlaufen können, dass er Internet-Radio betreibt oder seine Zeitung über das WWW anbietet. Abseits dieses Bereichs scheint mir eine Bindung kaum noch adäquat: Wie soll zum Beispiel die Deutsche Bank AG bei ihrer Homepage zwischen Inhalt und Werbung unterscheiden? Ist beispielsweise der Jahresbericht der Bank eher Inhalt oder Werbung? Meines Erachtens wird man die gesamte Homepage als Werbung auffassen müssen, denn auch dem flüchtigsten Verbraucher ist klar, dass er auf den Seiten der Deutschen Bank keine marketingunabhängigen Informationen erwarten kann.
Hyperlinks
Literatur:
Torsten Bettinger/Stefan Freytag, Privatrechtliche Verantwortlichkeit für Links, in: CR 1998, 545; Stefan Ernst/Andreas Wiebe, Immaterialgüterrechtliche Haftung für das Setzen von Links und vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten, in: MMR-Beilage 8/2001, 20; Norbert P. Flechsig/Detlev Gabel, Strafrechtliche Verantwortlichkeit im Netz durch Einrichten und Vorhalten von Hyperlinks, in: CR 1998, 351; Roger Mann, Zur äußerungsrechtlichen Verantwortlichkeit für Hyperlinks in Online-Angeboten, in: AfP 1998, 129; Alexander Koch, Strafrechtliche Verantwortlichkeit beim Setzen von Hyperlinks auf mißbilligte Inhalte, in: MMR 1999, 704; Irini E. Vassilaki, Strafrechtliche Verantwortlichkeit durch Einrichten und Aufrechterhalten von elektronischen Verweisen (Hyperlinks), in: CR 1999, 85; Jens von Lackum, Verantwortlichkeit der Betreiber von Suchmaschinen, in: MMR 1999, 697; Arthur Waldenberger, Der juristische Dauerbrenner. Haftung für Hyperlinks im Internet – ein Fall des LG Hamburg, in: AfP 1998, 373.
Weitere wettbewerbsrechtliche Probleme ergeben sich bei der Verwendung von Hyperlinks. Darf zum Beispiel ein Unternehmen in seiner Homepage auf die Pages anderer Unternehmen verweisen? Ein solches Cross-Referencing ist als Benutzung einer fremden Marke oder geschäftlichen Bezeichnung nach §§ 14, 15 MarkenG zu beurteilen (s. u.). Auch kann in der Verwendung eines Links eine urheberrechtliche Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG gesehen werden, wenn bei Aktivierung des Links ein Fenster mit der fremden Website erscheint.604
Diese Benutzung ist in jedem Fall zulässig, wenn der Markeninhaber der Vorgehensweise zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung ist konkludent für die Benutzung fremder Internet-Adressen zu bejahen.605 Hyperlinks stellen das Kennzeichen des World Wide Web dar. Wer sich und sein Unternehmen im Internet präsentiert, weiß, dass andere Internetteilnehmer durch Hyperlinks auf diese Präsentation verweisen. Er kann sich grundsätzlich nicht dagegen zur Wehr setzen, dass andere auf seine Homepage verweisen.
Auch dieses Prinzip hat jedoch Ausnahmen, die im allgemeinen Wettbewerbsrecht begründet sind.
Vorspannwerbung und Virtual Malls
Probleme ergeben sich zum Beispiel, wenn über den bloße Hyperlink hinaus ein Wettbewerber die fremde Homepage in besonderer Weise präsentiert. Beispiele solcher Präsentationen finden sich etwa in den sog. Virtual Malls, digitalen Kaufhäusern, in denen der Kunde aus einem reichhaltigen Angebot kommerzieller Homepages frei wählen und von der zentralen Anlaufstelle zu einzelnen Unternehmen „klicken" kann. In diesen Malls wird der Schriftzug der fremden Unternehmenskennzeichnung, sei es nun eine Marke oder eine geschäftliche Bezeichnung, verwendet und zum Teil in einen größeren Marketingzusammenhang gestellt. Eine solche Vorgehensweise könnte zum einen wegen der rufmäßigen Ausbeutung einer branchenfremden Marke gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG unzulässig sein. Hiernach darf eine fremde Marke nicht benutzt werden, wenn dadurch die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.
Zum anderen könnte ein solches Verhalten unter dem Gesichtspunkt der offenen Anlehnung wettbewerbswidrig sein. § 1 UWG verbietet, dass ein Wettbewerber die Qualität seiner Waren oder Leistungen mit Konkurrenzprodukten in Beziehung setzt, um deren guten Ruf als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunutzen606. Eine besondere Präsentation ist folglich sowohl nach § 14 MarkenG als auch nach § 1 UWG nur ausnahmsweise zulässig, wenn sie auf einen besonderen sachlichen Grund, insbesondere ein überwiegendes, schutzwürdiges Aufklärungsinteresse, zurückgeführt werden kann607. Bei den bekannten Fällen von „Virtual Malls" kann von einem solchen Aufklärungsinteresse aber nicht die Rede sein. Die Gestaltung eines „Verkaufsraums" für andere Unternehmen dient regelmäßig nur Marketinginteressen. Im Prinzip soll der Verbraucher davon ausgehen, dass er in einer solchen Mall die Verbindung zu Top-Unternehmen bekommt. Es entsteht der Eindruck, dass der „Mall"-Betreiber intensive geschäftliche Kontakte zu dem erwähnten Unternehmen hat. Daher liegt hier eher das Element des unlauteren Vorspanns vor, das nur durch eine Zustimmungserklärung des betroffenen Unternehmens aus der Welt geschafft werden kann.
Frames, Inline-Linking
Noch weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob das sog. Inline-Linking wettbewerbswidrig ist. Hierunter versteht man Verfahren, bei denen der Link nicht mit einem Wechsel der Internet-Adresse verbunden ist, sondern der Benutzer den Eindruck hat, er finde das Angebot noch auf dem ursprünglichen Server. Dies wird durch den Einsatz von Frames erreicht, die beim Aufruf der fremden URL erhalten bleiben (sog. IMG Links). In solchen Fällen wird suggeriert, dass die „gelinkte” Homepage von einem anderen als dem tatsächlichen Anbieter stammt. Bedenklich erscheint ein solches Vorhaben bereits urheberrechtlich im Hinblick auf das Namensnennungsrecht des Urhebers (§ 12 UrhG).608 Ferner kommt auch eine Verletzung von bestehenden Kennzeichenrechten in Betracht.609 Aber auch wettbewerbsrechtlich dürfte das Verhalten unlauter im Sinne von § 1 UWG sein, wenn in der Darstellung der fremden Website im eigenen Frame die Übernahme fremder, unter Mühen und Aufwendungen zusammengestellter, Daten liegt.610 Dies entspricht auch der Rechtslage in anderen Staaten, die solche Inline-Linking-Verfahren als irreführend verbieten.611
In diesen Fällen lohnt sich ein Link-Agreement. Der Inhalt könnte z. B. sein: „Sie können Links auf unsere Homepage legen. Wir bestehen jedoch darauf, dass unsere Webseiten alleiniger Bestandteil des Browser-Fenster sind. Die Informationen dürfen im übrigen nicht verändert oder verfälscht werden. Die Vervielfältigung von Texten, Textteilen und Bildmaterial bedarf unserer vorherigen Zustimmung.“
Deep Linking
Streitig ist, ob das Setzen eines Links nicht generell gegen § 1 UWG verstößt. Das OLG Celle sah im Setzen zahlreicher Links auf im Internet verstreute Immobilienanzeigen ein unlauteres Schmarotzen.612 Das OLG Düsseldorf hingegen sah in der mit dem Link verbundenen Auswahl einzelner Seiten eines fremden Internetangebots keine Lauterkeitsprobleme.613 Für unzulässig hielt das LG Hamburg einen Link an, der zahlreiche Funktionen einer eigenen Datenbank in ein separates Fenster aufnimmt, jedes Bookmarking auf das fremde Angebot ausschließt. 614 Das LG Hamburg will im übrigen generell jedweden Link im Business-to-Business als unlauter Im Sinne von § 1 UWG ansehen.615
Großzügig hat allerdings das OLG Köln einen Internetsuchdienst zugelassen, der dem Nutzer eine Auflistung aller Presseinformationen nach den Wünschen und Vorgaben des Nutzers ermöglichte. In dem direkten Zugriff des Nutzers auf die angebotenen Informationen via Deep-Link sah der Senat keine Verletzung von § 1 UWG.616
Hyperlinks in elektronischen Presseerzeugnissen
Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Verwendung von Hyperlinks in elektronischen Presseerzeugnissen. So kann eine im WWW vertretene Zeitschrift durchaus bei einzelnen redaktionellen Beiträgen Hyperlinks auf die Homepages der im Text erwähnten Unternehmen zulassen. Nimmt man die presserechtliche Judikatur, so ist ein solcher Hyperlink nur im Rahmen der publizistischen Informationsaufgabe zulässig. Das Trennungsgebot sei nicht verletzt, wenn die sachliche Unterrichtung der Leser im Vordergrund stehe und die unvermeidlich damit verbundene Werbewirkung nur als eine in Kauf zu nehmende Nebenfolge erscheine617.
Für die allgemeine Zulässigkeit könnte sprechen, dass die Hyperlinks dem Leser die oft mühevolle Aufgabe abnehmen, sich selbst unter Angabe der Unternehmensadresse mit dem fremden Server verbinden lassen zu müssen. Aus diesem Grund gelten solche Links vielfach als Serviceleistung am Kunden und sind daher häufig im Internet zu finden.618 Die besseren Argumente sprechen jedoch dafür, dass die Hyperlinks von der wettbewerbsrechtlich vorausgesetzten Informationsaufgabe nicht mehr gedeckt sind. Der Leser wird regelmäßig durch den Beitrag selbst sachgerecht informiert, ohne dass es des Verweises bedarf. Zur Sachaufklärung reicht es aus, wenn der Leser im Artikel die WWW-Adresse des Unternehmens findet. Kann er sich darüber hinaus sofort mit dem Server des Unternehmens verbinden lassen, verschwimmen die Grenzen von inhaltlicher Information und Werbung. Der Anbieter der Sachinformation stellt dann den Kontakt zum Werbetreibenden her - eine Marketingaufgabe, die sonst dem werbenden Unternehmen obliegt. Gleichzeitig werden damit bestimmte Unternehmen optisch hervorgehoben und andere Firmen, die über keine Homepage verfügen, herabgesetzt. Von daher spricht mehr dafür, dass Hyperlinks in elektronischen Presseerzeugnissen wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot unzulässig sind.619
Meta-Tags
Literatur:
Stefan Day, Kennzeichenrechtsverletzungen durch Metatags, in: AJP 1998, 1463; Thomas Höhne, Von Hyperlinks und Metatags, MR 2001, 109; Kochinke/Tröndle, Links, Frames und Meta-Tags – Urheber- und markenrechtliche Implikationen im Internet, in: CR 1999, 190; Kotthoff, Fremde Kennzeichen in Metatags: Marken- und Wettbewerbsrecht, in: K&R 1999, 157; Annette Kur, Metatag - Pauschale Verurteilung oder differenzierende Betrachtung?, in: CR 2000, 448; Dan McCuaig, Halve the Baby: An Obvious Solution to the Troubling Use of Trademarks as Metatags, in: John Marshall Journal of Computer & Information Law 18 (2000), 643; Menke, Die Verwendung fremder Kennzeichen in Meta-Tags, in: WRP 1999, 982; Schmidt-Bogatzky, Zeichenrechtliche Fragen im Internet, in: GRUR 11-12/2000, 959; Clemens Thiele, Meta-Tags und das österreichische Wettbewerbsrecht, in: ÖJZ 2001, 168; Robert Tucker, The Tortious Misuse of Links, Frames, Metatags and Domain Names, in: Vanderbilt Journal of Law & Technology 4 (1999), 8; Varadinek, Trefferlisten von Suchmaschinen im Internet als Werbeplatz für Wettbewerber, in: GRUR 2000, 279; Viefhues, Internet und Kennzeichenrecht: Meta-Tags, in: MMR 1999, 336.
Sehr häufig finden sich Unternehmen mit ihrem WWW-Angebot bei den Suchmaschinen schlecht plaziert. Wer auf nicht auf den ersten Seiten von Alta-Vista oder Yahoo erscheint, wird oft gar nicht gefunden. Diese fatale Situation hat Unredliche dazu bewogen, durch missbräuchliche Verwendung der Meta-Tags ihre Position bei den Suchmaschinen zu verbessern. Der Meta-Tag ist eine Angabe im HTML-Quellcode. Diese Angabe ist in das der Seite zugrundeliegende HTML-Programm zum einen als „title“ und zum anderen als „description“ integriert. Dieser Eintrag ist für den Benutzer auf dem Bildschirm regelmäßig nicht sichtbar. Die Suchmaschinen, meist automatisiert tätige Such-„Roboter“, tasten die im Netz befindliche Homepage ab und lesen die in den „Metatags“ angegebenen Begriffe ein. Dies führt dazu, dass bei der Eingabe dieser Bezeichnung in Suchmaschinen u. a. auch die Internetadresse des Tag-Setzers verwiesen wird. So könnte z.B: ein Ford-Techniker auf die Ford-Homepage im HTML-Code den Meta-Tag-Begriff „Opel“ eingeben. Dies würde dazu führen, dass der Nutzer einer Suchmaschine bei Eingabe des Begriffs „Opel“ auch auf die Ford-Seite verwiesen wird.
Das OLG München hat ein solches Verhalten als Markenverletzung angesehen.620 Eine verbotene Markenbenutzung liege auch vor, wenn jemand im nicht sichtbaren Teil einer Homepage die rechtsverletzende Bezeichnung als Metatag verwende. Schwieriger wird die Lage, wenn jemand ein Recht hat, eine Bezeichnung zu verwenden. Man denke z. B. an einen Miele-Händler, der die Bezeichnung „Miele“ in seine Metatags integriert. Der EuGH hat hierzu festgestellt, dass es Händlern markenrechtlich nicht verwehrt werden könne, die Bezeichnungen von Markenprodukte (einschließlich der Logos) für den Verkauf ihrer Produkte zu verwenden.621 Fraglich ist aber, ob dies zum Beispiel auch den tausendfachen Gebrauch des Wortes „Miele“ in den Metatags abdecken würde. Hier wäre wohl an § 1 UWG zu denken, wenn der Händler sich durch solche Massenverwendungen eines geschützten Begriffs eine ihm (gerade im Verhältnis zum Hersteller) nicht zukommende Position in der Suchmaschine sichert.622 Die Grenze zwischen Erlaubt und Unerlaubt ist hier aber fließend.
Kartenfuchs und Sonstiges
Ein Internetdienst, der Personen zusammenführt, um gemeinsam verbilligte Gruppentarife der Deutschen Bahn zu nutzen, verstößt nicht gegen § 1 UWG. Insbesondere liegt insofern weder ein unlauterer Behinderungswettbewerb noch die Übernahme fremder Leistungen vor. 623
Bannerwerbung in Form des „Keyword Advertising“ verstößt unter dem Aspekt der Rufausbeutung und der Kundenumleitung624 gegen § 1 UWG.625 Unter diese Kategorie fallen allerdings nur Konstellationen, in denen jemand eine Verbindung des Suchworts mit einer für den Konkurrenten geschützten Marke kauft.
Wenn bei einer Suchmaschine bei der Abfrage nur ein Gattungsbegriff mit einem Banner verknüpft wird (Heizkesselunternehmen bei Eingabe von „Heizung“ und „Solar“), ist das kein Abwerben potentieller Kunden im Sinne von § 1 UWG.626
Das Angebot, eine kostenlose Registrierung einer „de“-Adresse durchzuführen, verstößt auch unter dem Gesichtspunkt der Wertreklame nicht gegen § 1 UWG.627
Prozessuale Fragen
Ein Wettbewerbsprozess, der sich mit der Zulässigkeit einer Werbeaussage im Internet beschäftigt, hat eine Reihe besonderer verfahrensrechtlicher Schwierigkeiten. Zum einen ist zu beachten, dass eine genaue Bezeichnung der inkriminierten Homepage notwendig ist. Im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist es wichtig, die URL der Seite genau zu kennzeichnen; der bloße Verweis auf die zentrale Einstiegsseite dürfte problematisch sein. Auch der Inhalt der zu ahndenden Seite ist im Antrag wiederzugeben. Dies ist besonders deshalb wichtig, weil Homepages jederzeit leicht und unauffällig veränderbar sind, so dass eine genaue Bestimmung im Nachhinein unmöglich wird.
Zum anderen ist zu beachten, dass bei Unterlassungsansprüchen eine Untersagung von Werbung im Ausland traditionell nicht möglich ist. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte hört insoweit an den Staatsgrenzen auf. Diese Beschränkung des Unterlassungsanspruchs macht im Internet insofern Schwierigkeiten, als bei der Untersagung eines bestimmten Online-Angebots der weltweite Zugriff unmöglich gemacht wird. Es ist technisch nicht möglich, die Abrufmöglichkeiten für eine Website so zu konzipieren, dass nur aus einem bestimmten Land nicht mehr abgerufen werden kann. Dies spricht dafür, dem Verletzten im internationalen Kontext einen Anspruch auf Untersagung der inkriminierten Homepage zu gewähren.
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