1 Familiennamen aus germanischen Sprachen Ulf Timmermann Friesische Familiennamen


Forschungsstand und Nachschlagewerke



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6 Forschungsstand und Nachschlagewerke

Eine breite Bibliographie – so verdienstvoll sie insgesamt ist – kann an dieser

Stelle nicht angeführt werden.

Zu vermerken ist aber, a) ob es überhaupt deutschsprachige Darstellungen

zu blg. Familiennamen gibt und welche das sind, b) welche Nachschlagewerke/

Lexika zu blg. Familiennamen in blg. Sprache existieren und empfohlen werden

können.

Es bleiben also wohl nur diesbezüglich die nachstehenden blg. und der einzelne



dt. Titel – nichts folglich zu blg. Familiennamen in dt. Sprache.

Literatur

ZAIMOV JORDAN 1994/2004: Bãlgarski imennik. Sofija.

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KOVAÈEV, N.P. 1987: Èestotno-tãlkoven reènik na liènite imena u bãlgarite. Sofija.

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http://www.sggee.org/deutsch/translation_helps_ger.html (21. 07. 2007).

Koe e naj-tãpoto ime, koeto ste èuvali?

http://forum.uni-sofia.bg/forum/viewtopic.php?t=7465&sid=be8091459bedd3e764721231

b23e6973%20-%2079k%20- (21. 07. 2009).

Nomen est …

http://www.nd-online.de/funkprint.asp?AID=94963&IDC=4&DB=O2P (18. 07. 2007).

HARALAMPIEFF, K.: Bulgarische Studenten in München. Zur Geschichte des Bulgarischen Vereins

„Schipka“, München. In: Bulgarische Sammlung Band 1 = Südosteuropa-Gesellschaft Studienheft

27, Bulgarische Sprache, Literatur und Geschichte.

http://www.schipka.de/index.php?subMenuID=0&itemID=2 (15. 07. 2007)

JÖRN, V.: Bulgaren in Berlin. Berlin 2003.

http://www.berlin.de/lb/intmig/presse/archiv/20031211.1035.36492.html (21. 07. 2009).

SOMMERBAUER, J.: Schluss mit dem Schrift-Chaos.

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10753499/492531/ (19. 07. 2007).

289

ULRICH OBST



Familiennamen südslawischer, insbesondere bulgarischer,

serbischer und bosnischer Herkunft im Deutschen

In dem vom Jubilar und Sebastian FITZEK verfassten Buch „Professor Udolphs

Buch der Namen. Woher sie kommen. Was sie bedeuten“ wird auf den Seiten 269–

271 auf die slawische Herkunft von Familiennamen im Deutschen eingegangen.

Eingeleitet wird das entsprechende Kapitel mit den Sätzen: „Für jeden dritten

oder vierten Leser dieses Buches sind die folgenden Bemerkungen von entscheidender

Bedeutung. Denn von den heutigen Familiennamen in Deutschland sind

fast 30 Prozent slawischer Herkunft.“ Hiermit ist die große Rolle, die slawische

Familiennamen für das deutsche Familiennameninventar spielen, deutlich zum

Ausdruck gebracht. Als besonders wichtig werden in diesem Zusammenhang

„Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Sorbisch, Russisch, Slowenisch, Kroatisch,

Serbisch und Bulgarisch“ (ebd.) hervorgehoben. Auffällig ist, dass hiermit alle

heutigen westslawischen Sprachen genannt sind (freilich ohne die Differenzierung

des Sorbischen in Ober- und Niedersorbisch), die ost- und südslawischen

sind demgegenüber nicht vollständig aufgeführt. Von den ostslawischen fehlen

Ukrainisch und Weißrussisch, von den südslawischen sind mit dem Slowenischen,

Kroatischen, Serbischen und Bulgarischen zwar die wichtigsten genannt, auch

hier fehlen jedoch das Makedonische und das Bosnische1. Bei beiden kann man

freilich fragen, ob sie nicht jeweils eine Variante einer der anderen südslawischen

Sprachen sind: Das Makedonische wird insbesondere von bulgarischer Seite oft

als westliche Dialektgruppe des Bulgarischen bezeichnet, das Bosnische wird oft

als eine der Varietäten des Serbokroatischen angesehen, wobei man sich freilich

bewusst sein muss, dass „Serbokroatisch“ heute allenfalls noch in der slavischen

Sprachwissenschaft verwendet wird, während man im Alltagsleben der in den

1990er Jahren entstandenen südslawischen Staaten jeweils nur die eben dort gesprochene

Variante, also nur Kroatisch oder nur Serbisch, als Sprachbezeichnung

verwendet. Unter diesem eher politischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkt,

1 Zum Montenegrinischen als eventueller weiterer neu hinzugekommener südslawischer Sprache

s. Fußnote 2.

Ulrich Obst

290

bei dem die Sprachbezeichnung also von der Staatsbezeichnung abgeleitet wird,



kann man dann auch vom Bosnischen als einer eigenen Sprache sprechen2.

1 Zur Dokumentation südslawischer Familiennamen

in deutschen Namenbüchern

In den Untersuchungen zu deutschen Familiennamen werden Namen slawischer

Herkunft überwiegend pauschal als eben „slawisch“ bezeichnet, d. h. es wird

in nur wenigen Fällen eine konkrete slawische Sprachgruppe oder gar Einzelsprache

als Quelle genannt. Geschieht dies dennoch einmal, so ist es fast stets

die westslawische Sprachgruppe oder eine westslawische Einzelsprache, kaum

jedoch das Ost- oder Südslawische oder eine Einzelsprache aus diesen beiden

Gruppen. Aus geographischen Gründen ist dies auch verständlich, sind es doch

fast ausschließlich die westslawischen Sprachen, mit denen das Deutsche jahrhundertelang

unmittelbaren Kontakt hatte und auch heute noch hat. Von den südslawischen

Sprachen grenzt lediglich das Slowenische unmittelbar an deutsches

Sprachgebiet3.

Exemplarisch soll auf die Behandlung slawischer Namen im Deutschen in

einigen einschlägigen Veröffentlichungen zu deutschen Namen, insbesondere zu

Personennamen, kurz ein Blick geworfen werden: So behandelt z. B. HEINTZECASCORBI

(1925, S. 99–101) zwar slawische Namen im Deutschen, in erster Linie

FNN, erwähnt werden jedoch auch ONN, aber stets findet sich lediglich die

Angabe „slawisch“.

Eine bloß pauschale Kennzeichnung entsprechender Namen als „slav[isch]“

ist des Weiteren in BACH (1953, § 377, S. 122 f.) anzutreffen. Aufgezählt werden

2 Prinzipiell soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass es nicht Aufgabe dieses Aufsatzes ist,

die Frage zu klären, inwieweit eine politisch motivierte neue Sprachbezeichnung auch schon

ein neues linguistisches System schafft. Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass

diese Unterscheidung auch in Hinblick auf die Amtssprachenbezeichnung der Republik Montenegro

gilt, die im Mai 2006 staatliche Unabhängigkeit erlangt hat und ihre offizielle Amtssprache

nun „crnogorski jezik“, also „montenegrinische Sprache“, nennt. Da das Buch von UDOLPH und

FITZEK schon 2005 erschienen ist, konnte sich diese montenegrinische Entwicklung dort natürlich

noch nicht widerspiegeln.

3 Nicht berücksichtigt wird in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass es auf serbokroatischem

Sprachgebiet selbst – z. T. schon seit langer Zeit – Kontakte zwischen dem Serbokroatischen und

dem Deutschen gegeben hat, die infolge der Zuwanderung von Deutschen zustande kamen.

291


Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland

überwiegend FNN westslawischer Herkunft, auf diesen Umstand wird jedoch

nicht eigens hingewiesen. In einigen wenigen Fällen wird eine konkrete westslawische

Einzelsprache als Ursprung angegeben, so z. B. bei Slaby 4, Zarncke5 und



Nestroy6. In einigen anderen, ebenfalls seltenen Fällen wird für einen FN zudem

wendische Herkunft angegeben oder mitangegeben, so in § 401, S. 150 f. und

§ 411, S. 163, ohne dass freilich gesagt würde, was unter „wendisch“ zu verstehen

sei7. FNN eindeutig südslawischen Ursprungs finden sich unter den Beispielen

in BACH nicht.

Auch GOTTSCHALD (1955) führt S. 93–98 ausschließlich FNN westslawischen

Ursprungs auf.

In GOTTSCHALD (2006, S. 63) werden in der von R. SCHÜTZEICHEL verfassten

Einleitung im Kapitel „Fremdnamen aus östlicher Nachbarschaft“ Namen slawischen

Ursprungs ebenfalls ohne weitere Differenzierung als slawisch bezeichnet.

Die vorangegangenen Bemerkungen sind in keiner Weise als Kritik an den

genannten Veröffentlichungen zu verstehen, bei denen es sich durchweg um verdienstvolle

Standardwerke handelt. Sie sollen lediglich als ein erstes Indiz für die

weiter unten noch ausführlicher erläuterten Schwierigkeiten verstanden werden,

die mit der Zuordnung eines slawischen Namens zu einer konkreten slawischen

Einzelsprache verbunden sind.

Etwas besser ist es mit der Dokumentation von FNN südslawischer Herkunft

in dem von R. und V. KOHLHEIM herausgegebenen, im Jahre 2000 erschienenen

Familiennamen-Duden bestellt: Hier sind zumindest einige südslawische FNN

erfasst worden, und zwar vor allem dann, wenn sie sowohl im entsprechenden

südslawischen Milieu als auch in Deutschland zu den häufiger vorkommenden

gehören. Eine weitere Differenzierung nach einer bestimmten südslawischen

Einzelsprache erfolgt freilich nicht, fast in allen Fällen wird als mögliche Herkunftssprache

die Trias „serbisch, bosnisch, kroatisch“ angegeben, so z. B. bei



Filipoviæ („serbische, bosnische oder kroatische patronymische Bildung zu .

4 „(= tschech. slaby ‘schlaff’)“.

5 „(‘der Schwarze’, zu tschech. èerny ‘schwarz’)“.

6 „(< tschech. Niestruj ‘Faulpelz’)“

7 Besonders in älteren Arbeiten wird unter „wendisch“ oft „sorbisch“ verstanden. Je nach Zeit

und Autor kann „wendisch“ jedoch auch eine andere westslawische Einzelsprache meinen, des

weiteren „westslawisch“ oder gar „slawisch“ allgemein. Auch auf diese verwickelte Problematik

kann hier nicht eingegangen werden.

Ulrich Obst

292


Philipp“), Mariæ („auf eine serbische, bosnische oder kroatische patronymische

Ableitung von . Markus zurückgehender Familienname“), Stojanoviæ („serbische,

bosnische oder kroatische patronymische Bildung zum Rufnamen Stojan,

einer Kurzform von Rufnamen wie Stojislav (urslaw. *stojati ›stehen‹ + urslaw.

*slava ›Ruhm, Ehre‹).“) und zahlreichen anderen. Lediglich in einem Fall haben

wir des Weiteren einen Hinweis auf slowenische Herkunft gefunden, und zwar

bei Jovanoviæ („aus einer slowenischen, kroatischen, serbischen oder bosnischen

patronymischen Ableitung von Jovan (. Johannes) entstandener Familienname“).

Eine genauere Differenzierung nach „serbisch“, „bosnisch“ oder „kroatisch“

ist angesichts der engen Verwandtschaft der südslawischen Sprachen untereinander

sowie der slawischen Sprachen überhaupt in den meisten Fällen jedoch auch

schwierig8, wobei man durchaus auch das Bulgarische und das Makedonische

noch hinzufügen kann.

2 Das Problem der zeitlichen Schichtung südslawischer FNN

im Deutschen

Südslawische FNN im Deutschen unterscheiden sich insbesondere von den westslawischen

in einer Hinsicht deutlich: Infolge des mehrere hundert Jahre zurückreichenden

Kontaktes zwischen Angehörigen zahlreicher westslawischer Stämme

und Völker einerseits und Deutschen andererseits finden sich im deutschen

Familiennameninventar zahlreiche gut eingedeutschte westslawische Namen.

Bestand und sprachliche Integration westslawischer Namen ins Deutsche werden

seit Jahrzehnten intensiv erforscht, so dass auf Einzelheiten an dieser Stelle nicht

eingegangen zu werden braucht.

Haben wir es beim Verhältnis „Westslawisch – Deutsch“ also vor allem mit

jahrhundertealtem Kontakt und ebenso alter Symbiose zu tun, so ist die Situation

hinsichtlich des Südslawischen anders: Südslawische FNN sind in den

deutschen Sprachraum überwiegend infolge von Zuwanderung gelangt. Für den

bulgarischen Bereich hat MAKEDONSKI (1987, S. 2–5) eine kurze Geschichte der

deutsch-bulgarischen Beziehungen zu geben versucht, die bis in die ersten Jahre

nach dem Ersten Weltkrieg vor allem eine Geschichte der Bildungsbeziehungen

8 Siehe dazu die entsprechenden Ausführungen weiter unten Kap. 4.

293


Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland

war, indem bulgarische Wissenschaftler und Studierende an deutsche Universitäten

gingen, um dort Wissen zu erwerben und / oder zu erweitern. Zusammenfassend

stellt MAKEDONSKI (1987, S. 4 f.) fest, dass bis zu den Jahren nach dem

Ersten Weltkrieg „die meisten Bulgaren nach Abschluß ihrer Ausbildung nach

Bulgarien zurückkehrten“. Für die Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs

habe es dann „in Deutschland eine Einwanderungswelle von Bulgaren [gegeben],

die hier arbeiten wollten, um eine bessere wirtschaftliche Position in ihrer

Heimat zu erreichen. Viele davon kehrten nach dem Krieg nicht nach Bulgarien

zurück und gründeten in Deutschland Familien“ (MAKEDONSKI 1987, S. 5). Für

den sich anschließenden Zeitraum heißt es: „Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen

die ersten politischen Flüchtlinge, die dem neuen Regime in Bulgarien entgehen

wollten. Später gab es eine weitere Zuwanderungswelle von politischen und

Wirtschaftsflüchtlingen, die bis heute nicht abgerissen ist“ (MAKEDONSKI 1987,

a. a. O.). Diese Ausführungen MAKEDONSKIS sind noch recht pauschal. Nach unseren

bibliographischen Recherchen gibt es bis dato jedoch noch keine detaillierte

Studie über den Zuzug von Bulgaren nach Deutschland. Das Gleiche mussten wir

auch für Serbien und Bosnien feststellen. Ohne Zweifel sind derartige Studien

– gerade auch für die Erforschung des deutschen Familiennamenschatzes – ein

dringendes Desiderat.

Wie bereits weiter oben erwähnt, gab es – mit Ausnahme der Slowenen – zwischen

Angehörigen südslawischer Völker und deutschsprachiger Bevölkerung

keine direkten unmittelbaren, weit in die Vergangenheit zurückreichenden Berührungen.

Demzufolge können wir im deutschen Familiennamenschatz, wenn überhaupt,

so nur wenige integrierte südslawische Namen hohen Alters haben9. Dies

ist sicher auch der Hauptgrund dafür, dass in den Lexika und Untersuchungen

deutscher FNN, wie weiter oben erwähnt, kaum auf ausgesprochen südslawische

Namen hingewiesen wird und mangels entsprechender Vorarbeiten auch nicht

hingewiesen werden kann.

9 Eine der wenigen Ausnahmen dürfte der wohl in ganz Deutschland bekannte südslawische, genauer:

kroatische Name Millowitsch sein.

Ulrich Obst

294

3 Methodisches zur Ermittlung serbischer, bosnischer und

bulgarischer FNN im Deutschen

Eine Darstellung südslawischer Namen im Deutschen kann also nicht auf ein

althergebrachtes Nameninventar zurückgreifen, wie wir es insbesondere für die

Namen aus westslawischen Sprachen vorfinden. Während wir für letztere einen

größeren Fundus haben, der im Deutschen gut eingebürgert ist, müssen wir uns

bei den südslawischen Namen mit solchen neueren Datums begnügen. In diesem

Zusammenhang muss insbesondere auch das Verhältnis zwischen dem FN einerseits

und dem Namensträger bzw. seiner Nationalität stets thematisiert werden.

Während westslawische Namen infolge ihres oft sehr hohen Alters heutzutage

ohne weiteres von Personen geführt werden, deren Vorfahren schon seit vielen

Generationen Deutsche sind, dürfte es bei den südslawischen Namen vielfach so

sein, dass ihre Trägerinnen und Träger erst vor einigen Jahren oder Jahrzehnten

nach Deutschland eingewandert oder zugezogen sind und oft sicher auch noch

die Staatsbürgerschaft ihres Heimatlandes haben. Von daher könnte man zunächst

einmal vermuten, dass in Deutschland anzutreffende südslawische Namen – man

möchte sagen: naturgemäß – auch einen sehr geringen Grad sprachlicher Integration

haben. Dies wird der weiter unten folgende Dokumentationsteil, der sich

insbesondere auf bulgarische und serbische FNN konzentriert, in dieser undifferenzierten

Form jedoch nicht bestätigen.

4 Zu den Schwierigkeiten der genauen sprachlichen Zuordnung

eines südslawischen FN

Bereits MAKEDONSKI (1987, S. 238) hat zu Recht auf den Tatbestand aufmerksam

gemacht, dass viele der von ihm ermittelten FNN „auch als russische, polnische,

makedonische, tschechoslovakische oder serbische Namen gelten (können)“.

Darauf ist bereits vor MAKEDONSKI hingewiesen worden, die entsprechenden

Sätze, die von MAKEDONSKI hier zitiert werden, sollen an dieser Stelle, da sie

alle wichtigen Aspekte des Problems nennen, in vollem Umfang wiedergegeben

werden:


Oftmals ist es nicht möglich, einen evident slavischen Familiennamen einzelsprachlich einzuordnen.

Die Einordnung scheitert an einer völligen lexematischen, lautlichen und wortbildungsmäßigen

Gleichheit des in mehreren slavischen Sprachen auftretenden Namens. Es kann

295


Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland

auch der Fall eintreten, daß Namen, die im Slavischen lautlich voneinander divergieren, in der

deutschen Substitution zusammenfallen. (Zitiert in MAKEDONSKI 1987, a. a. O.)

Bedauerlicherweise ist die Quelle dieses Zitats, wohl infolge eines Versehens,

nicht angegeben. Wir haben die Originalstelle jedoch ermitteln können. Das Zitat

findet sich in JACHNOW (1970), es ist von MAKEDONSKI freilich leicht verändert

worden10.

Da im vorliegenden Aufsatz insbesondere bulgarische, serbische und bosnische

FNN im Deutschen behandelt werden sollen, stellt sich für uns also konkret

die Frage, mit welchen Hilfsmitteln und mit welchem Grad an Sicherheit

wir überhaupt FNN bulgarischer, serbischer und bosnischer Herkunft ermitteln

können. Gleich vorab soll hier gesagt sein, dass dies oft nicht möglich ist. Einige

Kriterien gibt es dennoch: So ist z. B. das FN-Suffix -ev / -ov eher bulgarisch, das

FN-Suffix -eviæ / -oviæ eher serbisch bzw. serbisch und kroatisch. Bei -eviæ / -oviæ

stellt sich dann aber sogleich ein anderes Abgrenzungsproblem, nämlich das der

Abgrenzung zwischen Kroatisch und Serbisch.

Auch wenn die eindeutige Zuordnung eines südslawischen FN zu einer bestimmten

Einzelsprache oft schwierig ist, können Namenbücher für die betreffenden

Sprachen oft eine gewisse Hilfe sein, sie sind deshalb unverzichtbar, so

dass die wichtigsten hier zumindest kurz erwähnt werden sollen: Für das Bulgarische

besitzen wir ILÈEV (1969) sowie ZAIMOV (1988), speziell auf Deutschland,

und zwar die alten Bundesländer und Berlin (West) bezogen, ferner die

bereits erwähnte Untersuchung MAKEDONSKI (1987). Sicher war auch für MAKEDONSKI

der weiter oben erwähnte Umstand, dass wir im Deutschen keine althergebrachte

Schicht südslawischer Personennamen haben, der Grund dafür, dass

er sich bei seiner Materialgewinnung auf Telefon- und Adressbücher gestützt hat.

Hierbei hat er 20 Städte ausgewählt, „die fast gleichmäßig über das Territorium

der Bundesrepublik verteilt sind. Dazu kommen einige kleinere Städte, die in die

Telefonbücher der nächstgrößeren Stadt aufgenommen sind und von denen mir

10 Vgl. JACHNOW (1970, S. 65). MAKEDONSKI hat einen Nebensatz ausgelassen: Nach „Oftmals

ist es nicht möglich, einen evident slavischen Familiennamen einzelsprachlich einzuordnen, (in

JACHNOW 1970 hier ein Komma)“, heißt es weiter: „so daß auch nicht mit Hilfe der Namengeschichte

der Zeitpunkt der Übereinstimmung von Name und Volkszugehörigkeit ermittelt

werden kann.“ Dann weiter wie oben: „Die Ermittlung scheitert …“ Der letzte Satz der von

MAKEDONSKI zitierten Stelle: „Es kann auch der Fall eintreten, daß Namen, die im Slavischen

lautlich voneinander divergieren, in der deutschen Substitution zusammenfallen“ findet sich in

JACHNOW (1970, S. 65) zudem nicht im Haupttext, sondern in Fußnote 65.

Ulrich Obst

296

bekannt war, daß dort Bulgaren oder Träger bulgarischer Familiennamen leben“



(MAKEDONSKI 1987, S. 1).11 Eine weitere Quelle waren für ihn die Archive bulgarischer

Vereine (MAKEDONSKI 1987, a. a. O.). Zusammengekommen sind auf

diese Weise „ca. 1 200 verschiedene Namen“ (ebd.). Diese Zahl darf nicht mit

der Anzahl der Namensträger ineinsgesetzt werden, denn ein Name hat ja oft

mehrere Träger. So auch im Fall der von MAKEDONSKI ermittelten bulgarischen

FNN in den alten Bundesländern: „Insgesamt 4 000 bulgarische Namen, von

denen einige mehrfach vorkommen, wurden untersucht“ (MAKEDONSKI 1987,

S. 1). Obwohl sein Interesse nur den in Deutschland vorkommenden bulgarischen

Familiennamen gilt, hat er auch bulgarische Rufnamen mit einbezogen, und zwar

deshalb, „da … viele Familiennamen aus Vornamen entstanden sind“ (MAKEDONSKI

1987, S. 20).

Für die serbischen FNN besitzen wir einige größere Namenbücher und Spezialuntersuchungen12:

JANJATOVIÆ (1993), LAZAREVIÆ (2001), MIHAJLOVIÆ (1992,

2002), NIŠKANOVIÆ (2004) sowie SPLITTER-DILBEROVIÆ (1966).

Neben diesen schon vom Titel her auf Serbien bezogenen Publikationen ist

auch noch zu berücksichtigen, dass serbische FNN nicht nur in Serbien selbst

vorkommen, sondern auch in anderen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien bzw.

in anderen ehemaligen jugoslawischen Republiken. So weist JANJATOVIÆ (1993,

S. 3) darauf hin, dass in FINKA / BUDAK (1976) nicht nur kroatische FNN erfasst

sind, sondern auch jene serbischen, die von Serben geführt wurden, die in den

serbischen Gebieten der damaligen Sozialistischen Republik Kroatien lebten.

In keinem der auf Serbien bezogenen Werke ist der serbische FNN-Schatz

aber auch nur annähernd vollständig erfasst, und dies ist auch nicht angestrebt.

Meist wird auf die Unvollständigkeit des Nameninventars auch eigens hingewiesen,

wie z. B. in LAZAREVIÆ (2001, S. 317), wo es heißt, dass dort die „ausgesonnensten,

schönsten, seltensten und ungewöhnlichsten FNN“ aufgenommen

wurden, wozu u. a. die Beispiele Zlatokosiæ ‘Nachkomme von jm. mit Goldhaar’,

Svileniæ ‘Nachkomme von jm., der mit Seide zu tun hatte (handelte?) (oft in Seide

gekleidet war?)’, Lepojeviæ ‘Nachkomme von jm., der sich durch Schönheit

11 Die persönliche Kenntnis, dass Angehörige eines bestimmten Volkes in einem bestimmten Ort

leben, hängt natürlich stark vom Zufall ab und kann deshalb letzten Endes kein methodologischer

Grundsatz für eine wissenschaftliche Untersuchung sein.

12 Herzlich danke ich an dieser Stelle Herrn Željko MARKOVIÆ von der Abteilung für serbische

Sprache und Linguistik an der Universität Novi Sad, der mich auf die meisten der hier genannten

Untersuchungen freundlicherweise hinwies.

297

Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland



auszeichnete’, Razumeniæ ‘Nachkomme von jm., der mit Verstand ausgestattet

war’ gegeben werden. Ferner werden in LAZAREVIÆ (a. a. O.) in diesem Zusammenhang

FNN genannt, die auf Berufsnamen zurückgehen wie Vodenièareviæ

‘Nachkomme von jm., der eine Wassermühle betrieb oder an einer Wassermühle

wohnte’, Laðareviæ ‘Nachkomme von jm., der Schiffer war’ und andere.

Eine genaue Erfassung und Untersuchung südslawischer FNN im Deutschen

wäre nur dann möglich, wenn auf Seiten der einzelnen südslawischen Sprachen

die FNN bereits vollständig erfasst wären. Hiervon sind wir jedoch, wie kurz zuvor

schon angedeutet, noch weit entfernt. Bezeichnend ist auch heute noch, was

JANJATOVIÆ (1993, S. 3) zum Stand der Personennamenforschung in den Gebieten,

in denen heute eine der Nachfolgesprachen des Serbokroatischen gesprochen

wird, schreibt: FINKA / BUDAK (1976) war bis dato und ist auch heute noch „die

umfangreichste Arbeit aus dem Gebiet onomastischer Forschungen“.

Den bosnischen FNN ist als solchen offensichtlich bisher kaum Aufmerksamkeit

gewidmet worden, obwohl gerade sie, nicht zuletzt infolge der im bosnischen

FNN-Inventar deutlich stärkeren türkischen Einflüsse, gründlichere Studien verdient

hätten.13 Für Bosnien ist uns nur die Monographie JANJATOVIÆ (1993) bekannt

geworden, die aber – wie schon aus dem Titel hervorgeht – auch wieder nur

serbische FNN enthält, die in Bosnien gebräuchlich sind.

In LAZAREVIÆ heißt es:

Aus dem Telefonbuch für das Gebiet Bosnien und Herzegowina und Kroatien wurden nur diejenigen

Familiennamen in den Dörfern berücksichtigt, in denen es lt. Nationalitäteneinwohnerregister

des Jahres 1981 90–100 % Serben gibt; dies sind Familiennamen, die auch in anderen

Quellen als serbisch beschrieben sind, und auf diese Weise sind Fehlermöglichkeiten auf ein

Minimum reduziert. (LAZAREVIÆ 2001, S. 317)

Also auch hier werden die eigentlich bosnischen FNN nicht weiter berücksichtigt.

13 Bedauerlicherweise fehlt das Bosnische auch in dem kürzlich erschienenen umfangreichen und

verdienstvollen Handbuch zu den europäischen Personennamensystemen (BRENDLER / BRENDLER

2007). Dieses Fehlen ist aber sicher nicht der Herausgeberin und dem Herausgeber anzulasten.

Ulrich Obst

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