6 Forschungsstand und Nachschlagewerke
Eine breite Bibliographie – so verdienstvoll sie insgesamt ist – kann an dieser
Stelle nicht angeführt werden.
Zu vermerken ist aber, a) ob es überhaupt deutschsprachige Darstellungen
zu blg. Familiennamen gibt und welche das sind, b) welche Nachschlagewerke/
Lexika zu blg. Familiennamen in blg. Sprache existieren und empfohlen werden
können.
Es bleiben also wohl nur diesbezüglich die nachstehenden blg. und der einzelne
dt. Titel – nichts folglich zu blg. Familiennamen in dt. Sprache.
Literatur
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http://liternet.bg/publish10/fdaskalova/aktualen.htm (21. 07. 2009).
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Koe e naj-tãpoto ime, koeto ste èuvali?
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b23e6973%20-%2079k%20- (21. 07. 2009).
Nomen est …
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„Schipka“, München. In: Bulgarische Sammlung Band 1 = Südosteuropa-Gesellschaft Studienheft
27, Bulgarische Sprache, Literatur und Geschichte.
http://www.schipka.de/index.php?subMenuID=0&itemID=2 (15. 07. 2007)
JÖRN, V.: Bulgaren in Berlin. Berlin 2003.
http://www.berlin.de/lb/intmig/presse/archiv/20031211.1035.36492.html (21. 07. 2009).
SOMMERBAUER, J.: Schluss mit dem Schrift-Chaos.
http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10753499/492531/ (19. 07. 2007).
289
ULRICH OBST
Familiennamen südslawischer, insbesondere bulgarischer,
serbischer und bosnischer Herkunft im Deutschen
In dem vom Jubilar und Sebastian FITZEK verfassten Buch „Professor Udolphs
Buch der Namen. Woher sie kommen. Was sie bedeuten“ wird auf den Seiten 269–
271 auf die slawische Herkunft von Familiennamen im Deutschen eingegangen.
Eingeleitet wird das entsprechende Kapitel mit den Sätzen: „Für jeden dritten
oder vierten Leser dieses Buches sind die folgenden Bemerkungen von entscheidender
Bedeutung. Denn von den heutigen Familiennamen in Deutschland sind
fast 30 Prozent slawischer Herkunft.“ Hiermit ist die große Rolle, die slawische
Familiennamen für das deutsche Familiennameninventar spielen, deutlich zum
Ausdruck gebracht. Als besonders wichtig werden in diesem Zusammenhang
„Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Sorbisch, Russisch, Slowenisch, Kroatisch,
Serbisch und Bulgarisch“ (ebd.) hervorgehoben. Auffällig ist, dass hiermit alle
heutigen westslawischen Sprachen genannt sind (freilich ohne die Differenzierung
des Sorbischen in Ober- und Niedersorbisch), die ost- und südslawischen
sind demgegenüber nicht vollständig aufgeführt. Von den ostslawischen fehlen
Ukrainisch und Weißrussisch, von den südslawischen sind mit dem Slowenischen,
Kroatischen, Serbischen und Bulgarischen zwar die wichtigsten genannt, auch
hier fehlen jedoch das Makedonische und das Bosnische1. Bei beiden kann man
freilich fragen, ob sie nicht jeweils eine Variante einer der anderen südslawischen
Sprachen sind: Das Makedonische wird insbesondere von bulgarischer Seite oft
als westliche Dialektgruppe des Bulgarischen bezeichnet, das Bosnische wird oft
als eine der Varietäten des Serbokroatischen angesehen, wobei man sich freilich
bewusst sein muss, dass „Serbokroatisch“ heute allenfalls noch in der slavischen
Sprachwissenschaft verwendet wird, während man im Alltagsleben der in den
1990er Jahren entstandenen südslawischen Staaten jeweils nur die eben dort gesprochene
Variante, also nur Kroatisch oder nur Serbisch, als Sprachbezeichnung
verwendet. Unter diesem eher politischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkt,
1 Zum Montenegrinischen als eventueller weiterer neu hinzugekommener südslawischer Sprache
s. Fußnote 2.
Ulrich Obst
290
bei dem die Sprachbezeichnung also von der Staatsbezeichnung abgeleitet wird,
kann man dann auch vom Bosnischen als einer eigenen Sprache sprechen2.
1 Zur Dokumentation südslawischer Familiennamen
in deutschen Namenbüchern
In den Untersuchungen zu deutschen Familiennamen werden Namen slawischer
Herkunft überwiegend pauschal als eben „slawisch“ bezeichnet, d. h. es wird
in nur wenigen Fällen eine konkrete slawische Sprachgruppe oder gar Einzelsprache
als Quelle genannt. Geschieht dies dennoch einmal, so ist es fast stets
die westslawische Sprachgruppe oder eine westslawische Einzelsprache, kaum
jedoch das Ost- oder Südslawische oder eine Einzelsprache aus diesen beiden
Gruppen. Aus geographischen Gründen ist dies auch verständlich, sind es doch
fast ausschließlich die westslawischen Sprachen, mit denen das Deutsche jahrhundertelang
unmittelbaren Kontakt hatte und auch heute noch hat. Von den südslawischen
Sprachen grenzt lediglich das Slowenische unmittelbar an deutsches
Sprachgebiet3.
Exemplarisch soll auf die Behandlung slawischer Namen im Deutschen in
einigen einschlägigen Veröffentlichungen zu deutschen Namen, insbesondere zu
Personennamen, kurz ein Blick geworfen werden: So behandelt z. B. HEINTZECASCORBI
(1925, S. 99–101) zwar slawische Namen im Deutschen, in erster Linie
FNN, erwähnt werden jedoch auch ONN, aber stets findet sich lediglich die
Angabe „slawisch“.
Eine bloß pauschale Kennzeichnung entsprechender Namen als „slav[isch]“
ist des Weiteren in BACH (1953, § 377, S. 122 f.) anzutreffen. Aufgezählt werden
2 Prinzipiell soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass es nicht Aufgabe dieses Aufsatzes ist,
die Frage zu klären, inwieweit eine politisch motivierte neue Sprachbezeichnung auch schon
ein neues linguistisches System schafft. Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass
diese Unterscheidung auch in Hinblick auf die Amtssprachenbezeichnung der Republik Montenegro
gilt, die im Mai 2006 staatliche Unabhängigkeit erlangt hat und ihre offizielle Amtssprache
nun „crnogorski jezik“, also „montenegrinische Sprache“, nennt. Da das Buch von UDOLPH und
FITZEK schon 2005 erschienen ist, konnte sich diese montenegrinische Entwicklung dort natürlich
noch nicht widerspiegeln.
3 Nicht berücksichtigt wird in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass es auf serbokroatischem
Sprachgebiet selbst – z. T. schon seit langer Zeit – Kontakte zwischen dem Serbokroatischen und
dem Deutschen gegeben hat, die infolge der Zuwanderung von Deutschen zustande kamen.
291
Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland
überwiegend FNN westslawischer Herkunft, auf diesen Umstand wird jedoch
nicht eigens hingewiesen. In einigen wenigen Fällen wird eine konkrete westslawische
Einzelsprache als Ursprung angegeben, so z. B. bei Slaby 4, Zarncke5 und
Nestroy6. In einigen anderen, ebenfalls seltenen Fällen wird für einen FN zudem
wendische Herkunft angegeben oder mitangegeben, so in § 401, S. 150 f. und
§ 411, S. 163, ohne dass freilich gesagt würde, was unter „wendisch“ zu verstehen
sei7. FNN eindeutig südslawischen Ursprungs finden sich unter den Beispielen
in BACH nicht.
Auch GOTTSCHALD (1955) führt S. 93–98 ausschließlich FNN westslawischen
Ursprungs auf.
In GOTTSCHALD (2006, S. 63) werden in der von R. SCHÜTZEICHEL verfassten
Einleitung im Kapitel „Fremdnamen aus östlicher Nachbarschaft“ Namen slawischen
Ursprungs ebenfalls ohne weitere Differenzierung als slawisch bezeichnet.
Die vorangegangenen Bemerkungen sind in keiner Weise als Kritik an den
genannten Veröffentlichungen zu verstehen, bei denen es sich durchweg um verdienstvolle
Standardwerke handelt. Sie sollen lediglich als ein erstes Indiz für die
weiter unten noch ausführlicher erläuterten Schwierigkeiten verstanden werden,
die mit der Zuordnung eines slawischen Namens zu einer konkreten slawischen
Einzelsprache verbunden sind.
Etwas besser ist es mit der Dokumentation von FNN südslawischer Herkunft
in dem von R. und V. KOHLHEIM herausgegebenen, im Jahre 2000 erschienenen
Familiennamen-Duden bestellt: Hier sind zumindest einige südslawische FNN
erfasst worden, und zwar vor allem dann, wenn sie sowohl im entsprechenden
südslawischen Milieu als auch in Deutschland zu den häufiger vorkommenden
gehören. Eine weitere Differenzierung nach einer bestimmten südslawischen
Einzelsprache erfolgt freilich nicht, fast in allen Fällen wird als mögliche Herkunftssprache
die Trias „serbisch, bosnisch, kroatisch“ angegeben, so z. B. bei
Filipoviæ („serbische, bosnische oder kroatische patronymische Bildung zu .
4 „(= tschech. slaby ‘schlaff’)“.
5 „(‘der Schwarze’, zu tschech. èerny ‘schwarz’)“.
6 „(< tschech. Niestruj ‘Faulpelz’)“
7 Besonders in älteren Arbeiten wird unter „wendisch“ oft „sorbisch“ verstanden. Je nach Zeit
und Autor kann „wendisch“ jedoch auch eine andere westslawische Einzelsprache meinen, des
weiteren „westslawisch“ oder gar „slawisch“ allgemein. Auch auf diese verwickelte Problematik
kann hier nicht eingegangen werden.
Ulrich Obst
292
Philipp“), Mariæ („auf eine serbische, bosnische oder kroatische patronymische
Ableitung von . Markus zurückgehender Familienname“), Stojanoviæ („serbische,
bosnische oder kroatische patronymische Bildung zum Rufnamen Stojan,
einer Kurzform von Rufnamen wie Stojislav (urslaw. *stojati ›stehen‹ + urslaw.
*slava ›Ruhm, Ehre‹).“) und zahlreichen anderen. Lediglich in einem Fall haben
wir des Weiteren einen Hinweis auf slowenische Herkunft gefunden, und zwar
bei Jovanoviæ („aus einer slowenischen, kroatischen, serbischen oder bosnischen
patronymischen Ableitung von Jovan (. Johannes) entstandener Familienname“).
Eine genauere Differenzierung nach „serbisch“, „bosnisch“ oder „kroatisch“
ist angesichts der engen Verwandtschaft der südslawischen Sprachen untereinander
sowie der slawischen Sprachen überhaupt in den meisten Fällen jedoch auch
schwierig8, wobei man durchaus auch das Bulgarische und das Makedonische
noch hinzufügen kann.
2 Das Problem der zeitlichen Schichtung südslawischer FNN
im Deutschen
Südslawische FNN im Deutschen unterscheiden sich insbesondere von den westslawischen
in einer Hinsicht deutlich: Infolge des mehrere hundert Jahre zurückreichenden
Kontaktes zwischen Angehörigen zahlreicher westslawischer Stämme
und Völker einerseits und Deutschen andererseits finden sich im deutschen
Familiennameninventar zahlreiche gut eingedeutschte westslawische Namen.
Bestand und sprachliche Integration westslawischer Namen ins Deutsche werden
seit Jahrzehnten intensiv erforscht, so dass auf Einzelheiten an dieser Stelle nicht
eingegangen zu werden braucht.
Haben wir es beim Verhältnis „Westslawisch – Deutsch“ also vor allem mit
jahrhundertealtem Kontakt und ebenso alter Symbiose zu tun, so ist die Situation
hinsichtlich des Südslawischen anders: Südslawische FNN sind in den
deutschen Sprachraum überwiegend infolge von Zuwanderung gelangt. Für den
bulgarischen Bereich hat MAKEDONSKI (1987, S. 2–5) eine kurze Geschichte der
deutsch-bulgarischen Beziehungen zu geben versucht, die bis in die ersten Jahre
nach dem Ersten Weltkrieg vor allem eine Geschichte der Bildungsbeziehungen
8 Siehe dazu die entsprechenden Ausführungen weiter unten Kap. 4.
293
Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland
war, indem bulgarische Wissenschaftler und Studierende an deutsche Universitäten
gingen, um dort Wissen zu erwerben und / oder zu erweitern. Zusammenfassend
stellt MAKEDONSKI (1987, S. 4 f.) fest, dass bis zu den Jahren nach dem
Ersten Weltkrieg „die meisten Bulgaren nach Abschluß ihrer Ausbildung nach
Bulgarien zurückkehrten“. Für die Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs
habe es dann „in Deutschland eine Einwanderungswelle von Bulgaren [gegeben],
die hier arbeiten wollten, um eine bessere wirtschaftliche Position in ihrer
Heimat zu erreichen. Viele davon kehrten nach dem Krieg nicht nach Bulgarien
zurück und gründeten in Deutschland Familien“ (MAKEDONSKI 1987, S. 5). Für
den sich anschließenden Zeitraum heißt es: „Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen
die ersten politischen Flüchtlinge, die dem neuen Regime in Bulgarien entgehen
wollten. Später gab es eine weitere Zuwanderungswelle von politischen und
Wirtschaftsflüchtlingen, die bis heute nicht abgerissen ist“ (MAKEDONSKI 1987,
a. a. O.). Diese Ausführungen MAKEDONSKIS sind noch recht pauschal. Nach unseren
bibliographischen Recherchen gibt es bis dato jedoch noch keine detaillierte
Studie über den Zuzug von Bulgaren nach Deutschland. Das Gleiche mussten wir
auch für Serbien und Bosnien feststellen. Ohne Zweifel sind derartige Studien
– gerade auch für die Erforschung des deutschen Familiennamenschatzes – ein
dringendes Desiderat.
Wie bereits weiter oben erwähnt, gab es – mit Ausnahme der Slowenen – zwischen
Angehörigen südslawischer Völker und deutschsprachiger Bevölkerung
keine direkten unmittelbaren, weit in die Vergangenheit zurückreichenden Berührungen.
Demzufolge können wir im deutschen Familiennamenschatz, wenn überhaupt,
so nur wenige integrierte südslawische Namen hohen Alters haben9. Dies
ist sicher auch der Hauptgrund dafür, dass in den Lexika und Untersuchungen
deutscher FNN, wie weiter oben erwähnt, kaum auf ausgesprochen südslawische
Namen hingewiesen wird und mangels entsprechender Vorarbeiten auch nicht
hingewiesen werden kann.
9 Eine der wenigen Ausnahmen dürfte der wohl in ganz Deutschland bekannte südslawische, genauer:
kroatische Name Millowitsch sein.
Ulrich Obst
294
3 Methodisches zur Ermittlung serbischer, bosnischer und
bulgarischer FNN im Deutschen
Eine Darstellung südslawischer Namen im Deutschen kann also nicht auf ein
althergebrachtes Nameninventar zurückgreifen, wie wir es insbesondere für die
Namen aus westslawischen Sprachen vorfinden. Während wir für letztere einen
größeren Fundus haben, der im Deutschen gut eingebürgert ist, müssen wir uns
bei den südslawischen Namen mit solchen neueren Datums begnügen. In diesem
Zusammenhang muss insbesondere auch das Verhältnis zwischen dem FN einerseits
und dem Namensträger bzw. seiner Nationalität stets thematisiert werden.
Während westslawische Namen infolge ihres oft sehr hohen Alters heutzutage
ohne weiteres von Personen geführt werden, deren Vorfahren schon seit vielen
Generationen Deutsche sind, dürfte es bei den südslawischen Namen vielfach so
sein, dass ihre Trägerinnen und Träger erst vor einigen Jahren oder Jahrzehnten
nach Deutschland eingewandert oder zugezogen sind und oft sicher auch noch
die Staatsbürgerschaft ihres Heimatlandes haben. Von daher könnte man zunächst
einmal vermuten, dass in Deutschland anzutreffende südslawische Namen – man
möchte sagen: naturgemäß – auch einen sehr geringen Grad sprachlicher Integration
haben. Dies wird der weiter unten folgende Dokumentationsteil, der sich
insbesondere auf bulgarische und serbische FNN konzentriert, in dieser undifferenzierten
Form jedoch nicht bestätigen.
4 Zu den Schwierigkeiten der genauen sprachlichen Zuordnung
eines südslawischen FN
Bereits MAKEDONSKI (1987, S. 238) hat zu Recht auf den Tatbestand aufmerksam
gemacht, dass viele der von ihm ermittelten FNN „auch als russische, polnische,
makedonische, tschechoslovakische oder serbische Namen gelten (können)“.
Darauf ist bereits vor MAKEDONSKI hingewiesen worden, die entsprechenden
Sätze, die von MAKEDONSKI hier zitiert werden, sollen an dieser Stelle, da sie
alle wichtigen Aspekte des Problems nennen, in vollem Umfang wiedergegeben
werden:
Oftmals ist es nicht möglich, einen evident slavischen Familiennamen einzelsprachlich einzuordnen.
Die Einordnung scheitert an einer völligen lexematischen, lautlichen und wortbildungsmäßigen
Gleichheit des in mehreren slavischen Sprachen auftretenden Namens. Es kann
295
Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland
auch der Fall eintreten, daß Namen, die im Slavischen lautlich voneinander divergieren, in der
deutschen Substitution zusammenfallen. (Zitiert in MAKEDONSKI 1987, a. a. O.)
Bedauerlicherweise ist die Quelle dieses Zitats, wohl infolge eines Versehens,
nicht angegeben. Wir haben die Originalstelle jedoch ermitteln können. Das Zitat
findet sich in JACHNOW (1970), es ist von MAKEDONSKI freilich leicht verändert
worden10.
Da im vorliegenden Aufsatz insbesondere bulgarische, serbische und bosnische
FNN im Deutschen behandelt werden sollen, stellt sich für uns also konkret
die Frage, mit welchen Hilfsmitteln und mit welchem Grad an Sicherheit
wir überhaupt FNN bulgarischer, serbischer und bosnischer Herkunft ermitteln
können. Gleich vorab soll hier gesagt sein, dass dies oft nicht möglich ist. Einige
Kriterien gibt es dennoch: So ist z. B. das FN-Suffix -ev / -ov eher bulgarisch, das
FN-Suffix -eviæ / -oviæ eher serbisch bzw. serbisch und kroatisch. Bei -eviæ / -oviæ
stellt sich dann aber sogleich ein anderes Abgrenzungsproblem, nämlich das der
Abgrenzung zwischen Kroatisch und Serbisch.
Auch wenn die eindeutige Zuordnung eines südslawischen FN zu einer bestimmten
Einzelsprache oft schwierig ist, können Namenbücher für die betreffenden
Sprachen oft eine gewisse Hilfe sein, sie sind deshalb unverzichtbar, so
dass die wichtigsten hier zumindest kurz erwähnt werden sollen: Für das Bulgarische
besitzen wir ILÈEV (1969) sowie ZAIMOV (1988), speziell auf Deutschland,
und zwar die alten Bundesländer und Berlin (West) bezogen, ferner die
bereits erwähnte Untersuchung MAKEDONSKI (1987). Sicher war auch für MAKEDONSKI
der weiter oben erwähnte Umstand, dass wir im Deutschen keine althergebrachte
Schicht südslawischer Personennamen haben, der Grund dafür, dass
er sich bei seiner Materialgewinnung auf Telefon- und Adressbücher gestützt hat.
Hierbei hat er 20 Städte ausgewählt, „die fast gleichmäßig über das Territorium
der Bundesrepublik verteilt sind. Dazu kommen einige kleinere Städte, die in die
Telefonbücher der nächstgrößeren Stadt aufgenommen sind und von denen mir
10 Vgl. JACHNOW (1970, S. 65). MAKEDONSKI hat einen Nebensatz ausgelassen: Nach „Oftmals
ist es nicht möglich, einen evident slavischen Familiennamen einzelsprachlich einzuordnen, (in
JACHNOW 1970 hier ein Komma)“, heißt es weiter: „so daß auch nicht mit Hilfe der Namengeschichte
der Zeitpunkt der Übereinstimmung von Name und Volkszugehörigkeit ermittelt
werden kann.“ Dann weiter wie oben: „Die Ermittlung scheitert …“ Der letzte Satz der von
MAKEDONSKI zitierten Stelle: „Es kann auch der Fall eintreten, daß Namen, die im Slavischen
lautlich voneinander divergieren, in der deutschen Substitution zusammenfallen“ findet sich in
JACHNOW (1970, S. 65) zudem nicht im Haupttext, sondern in Fußnote 65.
Ulrich Obst
296
bekannt war, daß dort Bulgaren oder Träger bulgarischer Familiennamen leben“
(MAKEDONSKI 1987, S. 1).11 Eine weitere Quelle waren für ihn die Archive bulgarischer
Vereine (MAKEDONSKI 1987, a. a. O.). Zusammengekommen sind auf
diese Weise „ca. 1 200 verschiedene Namen“ (ebd.). Diese Zahl darf nicht mit
der Anzahl der Namensträger ineinsgesetzt werden, denn ein Name hat ja oft
mehrere Träger. So auch im Fall der von MAKEDONSKI ermittelten bulgarischen
FNN in den alten Bundesländern: „Insgesamt 4 000 bulgarische Namen, von
denen einige mehrfach vorkommen, wurden untersucht“ (MAKEDONSKI 1987,
S. 1). Obwohl sein Interesse nur den in Deutschland vorkommenden bulgarischen
Familiennamen gilt, hat er auch bulgarische Rufnamen mit einbezogen, und zwar
deshalb, „da … viele Familiennamen aus Vornamen entstanden sind“ (MAKEDONSKI
1987, S. 20).
Für die serbischen FNN besitzen wir einige größere Namenbücher und Spezialuntersuchungen12:
JANJATOVIÆ (1993), LAZAREVIÆ (2001), MIHAJLOVIÆ (1992,
2002), NIŠKANOVIÆ (2004) sowie SPLITTER-DILBEROVIÆ (1966).
Neben diesen schon vom Titel her auf Serbien bezogenen Publikationen ist
auch noch zu berücksichtigen, dass serbische FNN nicht nur in Serbien selbst
vorkommen, sondern auch in anderen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien bzw.
in anderen ehemaligen jugoslawischen Republiken. So weist JANJATOVIÆ (1993,
S. 3) darauf hin, dass in FINKA / BUDAK (1976) nicht nur kroatische FNN erfasst
sind, sondern auch jene serbischen, die von Serben geführt wurden, die in den
serbischen Gebieten der damaligen Sozialistischen Republik Kroatien lebten.
In keinem der auf Serbien bezogenen Werke ist der serbische FNN-Schatz
aber auch nur annähernd vollständig erfasst, und dies ist auch nicht angestrebt.
Meist wird auf die Unvollständigkeit des Nameninventars auch eigens hingewiesen,
wie z. B. in LAZAREVIÆ (2001, S. 317), wo es heißt, dass dort die „ausgesonnensten,
schönsten, seltensten und ungewöhnlichsten FNN“ aufgenommen
wurden, wozu u. a. die Beispiele Zlatokosiæ ‘Nachkomme von jm. mit Goldhaar’,
Svileniæ ‘Nachkomme von jm., der mit Seide zu tun hatte (handelte?) (oft in Seide
gekleidet war?)’, Lepojeviæ ‘Nachkomme von jm., der sich durch Schönheit
11 Die persönliche Kenntnis, dass Angehörige eines bestimmten Volkes in einem bestimmten Ort
leben, hängt natürlich stark vom Zufall ab und kann deshalb letzten Endes kein methodologischer
Grundsatz für eine wissenschaftliche Untersuchung sein.
12 Herzlich danke ich an dieser Stelle Herrn Željko MARKOVIÆ von der Abteilung für serbische
Sprache und Linguistik an der Universität Novi Sad, der mich auf die meisten der hier genannten
Untersuchungen freundlicherweise hinwies.
297
Familiennamen südslawischer Herkunft in Deutschland
auszeichnete’, Razumeniæ ‘Nachkomme von jm., der mit Verstand ausgestattet
war’ gegeben werden. Ferner werden in LAZAREVIÆ (a. a. O.) in diesem Zusammenhang
FNN genannt, die auf Berufsnamen zurückgehen wie Vodenièareviæ
‘Nachkomme von jm., der eine Wassermühle betrieb oder an einer Wassermühle
wohnte’, Laðareviæ ‘Nachkomme von jm., der Schiffer war’ und andere.
Eine genaue Erfassung und Untersuchung südslawischer FNN im Deutschen
wäre nur dann möglich, wenn auf Seiten der einzelnen südslawischen Sprachen
die FNN bereits vollständig erfasst wären. Hiervon sind wir jedoch, wie kurz zuvor
schon angedeutet, noch weit entfernt. Bezeichnend ist auch heute noch, was
JANJATOVIÆ (1993, S. 3) zum Stand der Personennamenforschung in den Gebieten,
in denen heute eine der Nachfolgesprachen des Serbokroatischen gesprochen
wird, schreibt: FINKA / BUDAK (1976) war bis dato und ist auch heute noch „die
umfangreichste Arbeit aus dem Gebiet onomastischer Forschungen“.
Den bosnischen FNN ist als solchen offensichtlich bisher kaum Aufmerksamkeit
gewidmet worden, obwohl gerade sie, nicht zuletzt infolge der im bosnischen
FNN-Inventar deutlich stärkeren türkischen Einflüsse, gründlichere Studien verdient
hätten.13 Für Bosnien ist uns nur die Monographie JANJATOVIÆ (1993) bekannt
geworden, die aber – wie schon aus dem Titel hervorgeht – auch wieder nur
serbische FNN enthält, die in Bosnien gebräuchlich sind.
In LAZAREVIÆ heißt es:
Aus dem Telefonbuch für das Gebiet Bosnien und Herzegowina und Kroatien wurden nur diejenigen
Familiennamen in den Dörfern berücksichtigt, in denen es lt. Nationalitäteneinwohnerregister
des Jahres 1981 90–100 % Serben gibt; dies sind Familiennamen, die auch in anderen
Quellen als serbisch beschrieben sind, und auf diese Weise sind Fehlermöglichkeiten auf ein
Minimum reduziert. (LAZAREVIÆ 2001, S. 317)
Also auch hier werden die eigentlich bosnischen FNN nicht weiter berücksichtigt.
13 Bedauerlicherweise fehlt das Bosnische auch in dem kürzlich erschienenen umfangreichen und
verdienstvollen Handbuch zu den europäischen Personennamensystemen (BRENDLER / BRENDLER
2007). Dieses Fehlen ist aber sicher nicht der Herausgeberin und dem Herausgeber anzulasten.
Ulrich Obst
298
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