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Kapitel 3 Ableitung des Informations­bedarfs aus den Aufgaben einer Stromhandelseinheit



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Kapitel 3 Ableitung des Informations­bedarfs aus den Aufgaben einer Stromhandelseinheit


Wie zuvor dargestellt, ist es eine wesentliche Voraussetzung für die Identifikation von Informations- und Transaktionskostenvorteilen in der Informationsbereitstellung, die Klärung der Frage, welche Informationen eine Stromhandelseinheit zur Bewältigung ihrer Aufgaben benötigt. Ziel dieses Kapitels ist es daher, den Informationsbedarf einer Stromhandelseinheit auf Basis der zuvor erarbeiteten Rahmenbedingungen zu katalogisieren. Die Kernprozesse des Stromhandels (GP 2.1.1), die Struktur einer Handelseinheit (GP 2.1.2), die organisatorischen Lösung zur Einbindung des Handels in das VU (GP 2.1.3) sowie das Musterportfolio (GP 2.2.3) sollen bei der Ermittlung des Informationsbedarf als Grundlage dienen. Noch offen ist die Frage, mit welcher Methode der Informationsbedarf sinnvollerweise ermittelt werden kann und anhand welcher Merkmale eine Katalogisierung erfolgen sollte. Die Klärung dieser Frage soll zunächst in GP 3.1 erfolgen, um in den Folgekapiteln unmittelbar in die konkrete Ableitung des Informationsbedarfs für die einzelnen Kernprozesse einzusteigen.

3.1Grundlagen der Informationsbedarfsermittlung

3.1.1Merkmale des Informationsbedarfs


In GP 1.2.2.4 wurde der Begriff des Informationsbedarfs mit der Definition von Berthel belegt, der ihn als Summe derjenigen Informationen beschreibt, die zur Erfüllung eines informationellen Interesses (z.B. aus Sicht eines Händlers zur Durchführung von Handelstransaktionen) erforderlich sind. Mit dieser Definition des Informationsbedarfs wird auf die inhaltliche Festlegung der Informationen abgehoben, denen das Prädikat „erforderlich“ oder „relevant“ zukommt. Damit wird eine möglichst vollständige Beschreibung des benötigten Informationsmaterials für die zu erfüllenden Aufgaben angestrebt. Allerdings konstatiert Berthel, dass damit der Informationsbedarf noch nicht vollständig beschrieben ist und weitere Konkretisierungen vorzunehmen sind.255 Nach Szyperski ist der Informationsbedarf durch „die Art, Menge und Qualität der Informationsgüter, die ein Informationssubjekt zur Erfüllung einer Aufgabe (…) in einer bestimmten Zeit und innerhalb eines bestimmten Raumgebiets benötigt“ charakterisiert.256 Diese Charakterisierung weist auf die Dimensionen Aufgabe, Informationssubjekt, im Folgenden als Aufgabenträger bezeichnet, Inhalte sowie auf Zeit und Raum und vor allem auf Qualitätseigenschaften hin. Die zeitliche Ausprägung des Informationsbedarfs beschreibt, wann und insbesondere wie häufig ein Informationsbedarf auftritt (Häufigkeit). Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch, wie schnell ein Informationsbedarf zu decken ist (Aktualität).257 Das Merkmal Raum bezeichnet die Entstehungsorte des Informationsbedarfs und den Ort der Aufgabenerfüllung. Eine umfassende Diskussion von Informationseigenschaften liefert Keller.258 Ergebnis ist eine Katalogisierung möglicher Informationseigenschaften:

Tabelle 16: Katalog möglicher Informationseigenschaften

Informations­eigenschaft

Beschreibung

Wahrscheinlichkeit

Gibt den Grad der Sicherheit an, sich als wahr zu erweisen. Naturgemäß ist die Angabe einer Wahrscheinlichkeit nur für Informationen, die sich auf künftige Tatbestände beziehen, sinnvoll.

Prüfbarkeit

Eine Information ist prüfbar, wenn ihr sachlicher Gehalt nachträglich verifiziert werden kann.

Detaillierung

Beschreibt die Genauigkeit oder die Präzision, mit der das Informationsobjekt abgebildet ist.

Vollständigkeit

Eine Information ist vollständig, wenn sie alle Aspekte enthält, die ein Aufgabenträger im Zusammenhang mit dieser Information benötigt.

Anpassung an das Subjekt

Beschreibt, inwieweit eine Information auf den Empfänger zugeschnitten ist.

Objektivität im Sinne von Unpersönlichkeit

Je weniger eine Information von persönlichen Vorstellungen des Informations­senders geprägt ist, desto objektiver ist sie.

Objektivität, im Sinne von Nachprüfbarkeit

Eine Information gilt als objektiv, wenn ihre Erzeugung nachvollzogen werden kann.

Aktualität

Erfasst die Zeitspanne, die zwischen dem Auftreten des Sachverhalts, den die Information beschreibt, und der Aufnahme bei dem Empfänger liegt.

Wahrheitsgehalt

Charakterisiert die sachliche Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Information.

Darstellungsformat

Beschreibt, inwieweit ihre Darstellungsweise durch Regeln festgelegt ist, in diesem Zusammenhang sind Formulare und Standardvordrucke zu erwähnen.

Allgemeinverständlichkeit

Hängt davon ab, inwieweit die Terminologie auf Fachbegriffe verzichtet.

Dokumentation

Eine dokumentierte Information wird nach bestimmten Kriterien gespeichert. Hierzu zählt auch die Art des Informationsträgers.

Quelle: Auswahl auf Basis von Keller (1994) S. 123-143.

Aus der Charakterisierung des Informationsbedarfs von Szyperski und dem Katalog der Informationseigenschaften nach Keller ergibt sich eine umfangreiche Liste mit Merkmalen des Informationsbedarfs. Um diese Liste für die weitere Untersuchung handhabbar zu machen, ist sie einzuschränken und zusammenzufassen. 259 So können die Eigenschaften Darstellungsformat, Dokumentation und Anpassung an das Subjekt zum Faktor Formatierung zusammengefasst werden. Das Merkmal Raum wird bereits durch den Aufgabenträger bestimmt, da dieser einem Arbeitsplatz und damit Ort zuzuordnen ist. Die Eigenschaften Wahrscheinlichkeit und Wahrheitsgehalt sollen nicht gesondert untersucht werden, da generell eine möglichst hohe Ausprägung anzustreben ist. Auf den Faktor Vollständigkeit kann verzichtet werden, wenn der geforderte Informationsinhalt ausreichend beschrieben ist. Die Faktoren Allgemeinverständlichkeit, Prüfbarkeit und Objektivität werden als nachrangig eingestuft. Hohe Allgemeinverständlichkeit, Prüfbarkeit und Objektivität sind zwar anzustreben, ist dies jedoch nicht möglich, muss dies nicht notwendigerweise ein Nachteil sein. Gerade im Stromhandel sind Fachausdrücke üblich und nicht nachprüfbare, aber preisrelevante sowie exklusive Hinweise von Marktteilnehmern über Besonderheiten des Handelsmarktes von hoher Bedeutung.260 Somit ergibt sich eine überschaubare Anzahl an Merkmalen, mit Hilfe derer eine hinreichende Beschreibung des Informationsbedarfs möglich ist:



Tabelle 17: Merkmale zur Beschreibung des Informationsbedarfs

  • Benötigte Detaillierung

  • Benötigte Aktualität

  • Benötigte Formatierung

Quelle: Eigene Darstellung

In Anhang I findet sich eine Darstellung der Ausprägungen dieser Merkmale, wie sie in dieser Arbeit betrachtet werden sollen.


3.1.2Ansätze der Informationsbedarfsermittlung

3.1.2.1Objektive und subjektive Verfahren


Nachdem geklärt wurde, welche Merkmale zur Beschreibung des Informationsbedarfs herangezogen werden sollen, stellt sich nun die Frage der Ableitung der Informationen, die Aufgabenträger des Stromhandels zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Ziel muss es sein, die benötigten Informationen möglichst vollständig zu erfassen und anhand der zuvor definierten Merkmale zu katalogisieren.

In GP 1.2.2.4 wurde auf den Unterschieden zwischen objektivem und subjektivem Informationsbedarf hingewiesen. Sie stimmen im Idealfall überein, weichen tatsächlich jedoch oft voneinander ab.261 Dieser Sachverhalt wird üblicherweise anhand der in Abbildung 21 verwendeten Kreisdarstellung illustriert. Die kognitive Persönlichkeitsstruktur der Aufgabenträger führt zu unterschiedlichen Problemdefinitionen und Relevanzbestimmungen, weshalb der von Aufgabenträgern als erforderlich erachtete Informationsbedarf nicht mit dem objektiven Informationsbedarf übereinstimmen muss.262 Dies hat zur Folge, dass ein Teil des Informationsbedarfs von Aufgabenträgern im Voraus nicht vollständig erkannt und folglich nicht nachgefragt wird (Schnittmenge 2) und zum anderen bestehende Informationsverarbeitungs­kapazitäten durch irrelevante Informationen „vergeudet“ werden (Schnittmenge 3). Ferner existiert Informationsnachfrage, die zu einer besseren Aufgabenerfüllung herangezogen werden sollte, aber nicht verfügbar ist. Werden verfügbare Informationen nachgefragt, die zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind, definieren diese den Informationsstand (Schnittmenge 1).263 Nur eine Erweiterung dieser Schnittmenge führt zu einer besseren Qualität der Aufgabenerfüllung.

Abbildung 21: Zusammenhang zwischen Informationsangebot, objektivem und subjektivem Informationsbedarf



Quelle: modifizierte Darstellung nach Krcmar (1996) S. 52.

Entsprechend der Unterscheidung in objektive und subjektive Informationsbedarfe können die Verfahren der Bedarfsermittlung nach objektiven, subjektiven und gemischten Verfahren unterschieden werden. Einen Überblick gibt Tabelle 18.



Tabelle 18: Verfahren zur Ermittlung des Informationsbedarfs

Objektive Verfahren

Subjektive Verfahren

Gemischte Verfahren

Ableitung aus der intersubjektiv validierten Interpretation der Aufgabe

Ableitung aus einer subjektiven Interpretation der Aufgabe

Vorgabe theoretischer Raster, die subjektiv interpretiert werden

Aufgabenanalytische Techniken:

  • Normative Analyse

  • Strategieanalyse

  • Organisations- und Prozessanalyse

  • Entscheidungsanalyse

  • Plan- und Dokumentenanalyse

  • Befragung

  • Beobachtung

  • Wunschkataloge




  • Methode der kritischen Erfolgsfaktoren

  • Entwicklung aus Bestehendem

  • (Ist-Situations- bzw. Tätigkeitsanalysen)

Quelle: modifiziert nach Schneider (1990) S. 237 und Maneke (1985) S. 58-71.

Objektive Verfahren zielen, wie ihr Name bereits impliziert, auf die Ermittlung des objektiven Informationsbedarfs. Dieser ist definitionsgemäß ausschließlich von der zu erfüllenden Aufgabe determiniert. Prinzip aufgabenanalytischer Verfahren ist es, eine Gesamtaufgabe gedanklich in abgrenzbare Teilaufgaben zu zerlegen.264 Wenn es gelingt, den Aufgabeninhalt, d.h., die Objekte und Verrichtungen aller Teilaufgaben und die Beziehungen zwischen diesen Teilaufgaben zu benennen, kann der objektive Informationsbedarf unmittelbar abgeleitet werden.265 Eine Beteiligung der Aufgabenträger wird zur Sicherstellung einer intersubjektiven Vergleichbarkeit vermieden.266 Subjektive Verfahren zielen, unter Beteiligung der Aufgabenträger, auf die Ermittlung des subjektiven Informationsbedarfs. Gemischte Verfahren vereinen Elemente beider Kategorien. Für die Detaillierung dieser Methoden sei auf die angegebene Literatur verwiesen.267

3.1.2.2Möglichkeiten und Grenzen der objektiven Informationsbedarfsermittlung


Wie in GP 1.2.2.4 dargestellt, kann nur der objektive Informationsbedarf zu einer Verbesserung des Informationstandes und damit der Aufgabenerfüllung beitragen. Dennoch gibt es Einwände gegen die objektive Informationsbedarfsermittlung. Zum einen wird dem subjektiven Informationsbedarf eine so große Rolle eingeräumt, dass eine Berücksichtigung der Aufgabenträger als erforderlich angesehen wird. Zum anderen wird der objektiven Informationsbedarfsermittlung die Eignung abgesprochen, den gesamten Informationsbedarf zu ermitteln.

Befürworter der subjektiven Informationsbedarfsermittlung begründen den ersten Einwand damit, dass die Ergebnisse einer objektiven Informationsbedarfsanalyse den Aufgabenträgern nicht dienlich sind, wenn sie nicht dessen individuellen Kontext, insbesondere dessen kognitive Fähigkeiten, berücksichtigen.268 Die Tatsache, dass ein Informationsangebot nur dann zur Erfüllung der Aufgabe dient, wenn es auch nachgefragt wird, macht die Einbeziehung der Aufgabenträger plausibel. Dennoch verstößt ein solches Vorgehen gegen den Grundsatz, dass organisatorische Maßnahmen unabhängig von den Aufgabenträgern durchgeführt werden sollten, damit eine Aufgabenerfüllung auch bei einem Wechsel des Stelleninhabers gewährleistet ist.269 Zudem besteht die Gefahr, dass Aufgabenträger irrelevante Informationen erheben. Gründe liegen in der mangelnden Sachkenntnis und nur schrittweisen Durchdringung der gestellten Aufgabe sowie der Informationsnachfrage aus Prestige- und Sicherheits­gründen.270 Des Weiteren ist davon auszugehen, dass Lernprozesse zu einer Reduzierung subjektiver und probleminadäquater Informationsnachfrage führen und damit eine Annäherung des subjektiven Informationsbedarfs an den objektiven Informationsbedarf erfolgt. Durch die Informationsbedarfsanalyse besteht die Möglichkeit, dass die Aufgabenträger ihr Wissen um die erlangten Erkenntnisse bei der Ermittlung des objektiven Informationsbedarfs erweitern.271



Der zweite Einwand gegen die objektive Informationsbedarfsermittlung besteht darin, dass es gar nicht möglich ist, den objektiven Informationsbedarf zu bestimmen. Die Ableitbarkeit des Informationsbedarfs ist abhängig von Strukturiertheit und Veränderlichkeit der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Informationen benötigt werden.272 Hoch veränderliche und unstrukturierte Aufgaben sind oftmals durch nicht formalisierbare Informationsbeziehungen gekennzeichnet. Der Informationsbedarf ist daher kaum oder gar nicht bekannt. In diesen Fällen lässt sich ein objektiver Informationsbedarf a-priori nicht ermitteln. Picot/Reichwald sehen diesen Aufgabentyp vor allem in Zusammenhang mit Funktionen der Unternehmensführung.273 In den operativen und administrativen Ebenen gewinnen Aufgaben zunehmend an Strukturiertheit und Stabilität, weshalb hier die objektiven Verfahren an Bedeutung gewinnen. Diese Aufgaben sind durch stabile Problemstellungen gekennzeichnet und ermöglichen gleichbleibende Informations- und Kommunikationsprozesse. Der Informationsbedarf lässt sich in diesen Fällen objektiv aus den Aufgaben ableiten.274

3.1.2.3Fazit


Als Fazit der obigen Ausführungen kann gelten, dass sich die Informationsbedarfs­er­mittlung, soweit es die Aufgabe zulässt, an den objektiven Verfahren orientieren sollte. Dies kann mit folgenden Thesen begründet werden.

  • Nur eine objektive Informationsbedarfsermittlung verbessert den Informationsstand und unterstützt damit eine verbesserte Aufgabenerfüllung.

  • Die Ermittlung des objektiven Informationsbedarfs kann nur durch eine Aufgabenanalyse erfolgen.

  • Die Feststellung des Informationsbedarfs auf Basis subjektiver Verfahren birgt die Gefahr, dass relevante Informationen verkannt und irrelevante Informationen als notwendig angegeben werden.

  • Durch Lernprozesse kann der subjektive Informationsbedarf dem objektiven Informationsbedarf angenähert werden.275 Eine Beteiligung der Aufgabenträger an der Bedarfsermittlung ist nicht zwingend erforderlich.

  • Einer Ermittlung des objektiven Informationsbedarfs sind durch die Art der Aufgabe Grenzen gesetzt. Eine vollständige Erfassung erscheint nur bei einfachen operativen und administrativen Aufgaben möglich. Bei strategischen Aufgaben kann eine objektive Informationsbedarfsermittlung unmöglich sein.

Diesen Erkenntnissen folgend soll in dieser Arbeit die Ableitung des Informationsbedarfs nach den Prinzipien der Aufgabenanalyse erfolgen. Konkret bedeutet dies, dass im Folgenden die verschiedenen Kernprozesse des Stromhandels soweit in ihre Teilaufgaben detailliert werden, bis der Informationsbedarf zu erkennen ist. Damit wird auch bewusst in Kauf genommen, dass für komplexe und veränderliche Teilaufgaben eine vollständige Katalogisierung des Informationsbedarfs nicht möglich sein könnte. Durch die in dieser Arbeit gemachte Beschränkung auf operative und administrative Kernprozesse, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung einer Handelstransaktion stehen, ist zu erwarten, dass einzelne Teilaufgaben einen hohen Wiederholungsgrad und Routinecharakter aufweisen und daher einer Aufgaben­analyse weitgehend zugänglich sein sollten.276.

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