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Genotyp: AA Aa (= aA) aa

Phänotyp (Augenfarbe) Br Br Bl


Man nennt gleiche Allelpaare ('AA' und 'aa') auch homozygotische Genotypen, und ungleiche auch heterozygotisch. Bei der Bildung von Geschlechtszellen, also Eizellen im Weibchen bzw. Samenzellen im Männchen, wird dieser Chromosomensatz jedoch halbiert, auf mehr-oder-weniger zufällige Weise geht entweder das mütterliche oder das väterliche Chromosom in den Kern der Geschlechtszelle; man nennt diesen Vorgang Meisose (im Gegensatz zur ungeschlechtlichen Zellteilung oder Mitose), und sagt auch, Geschlechtszellen besitzen den haploiden Chromosomensatz. Ausgehend von homozygoten Eltern von unterschiedlicher phänotypischer Sorte gehorcht somit die Vererbung eines Merkmals wie Augenfarbe folgender Vererbungsstatistik, die von Mendel (wenngleich nicht in diesen einfachen Worten) entdeckt wurde:
Genotyp AA aa Präpariertes Elternpaar

Phänotyp Br Bl

Kreuzung (Gameten)A a
Genotyp 100% Aa 1. Tochtergeneration

Phänotyp Br

Kreuzung A a  A a
Genotyp 25% AA 50% Aa 25% aa 2. Tochtergeneration

Phänotyp 75% Br 25% Bl

Kreuzungen: Br Br erzeugt mit Wahrsch. Bl  Bl erzeugt immer:

2/3  2/3 1/4 = 1/9 Bl (aa). Bl (aa)

Ist zu 1/3 reinrassig.

Gegeben dieses Grundwissen, sollten sich Mendels Experimente nun leicht verstehen lassen. Mendel war Student des Botanikers Fritz Unger; er war Mönch, aber keineswegs sonderlich 'exotisch', sondern weltzugewandt, aber eben wenig bekannt. 1865 trug er die Resultate seiner Experimente vor der Natural History Society vor und publizierte sie 1866 in mehreren internationalen Zeitschriften (Mayr 710ff). Und dennoch wurden Mendels Resultate die folgenden 35 Jahre ignoriert, während die bekanntesten Genetiker dieser Zeit vergebens nach einer Lösung des Vererbungsproblems suchten. 1864 musste Mendel seine Forschungen beenden, weil sein Erbsensamen durch einen Virus infiziert wurde, und 1871 wurde er zum Abt seines Klosters gewählt und konnte seine Forschungen nicht weiterführen (Mayr 725). Offenbar war Mendel zu wenig bekannt, um von den bekanntesten Fachkollegen so ernst genommen zu werden, dass sie seine Aufsätze genau studiert hätten; stattdessen wurde er nur in gelegentlichen Nebensätzen erwähnt. Erst im Jahr 1900 erfolgte der Durchbruch: de Vries schrieb drei Aufsätze über seine Varietätenkreuzungen, in denen er dieselben statistischen Verhältnisse wie Mendel gefunden hatte; während seiner Forschungen stieß er auf Mendel und musste enttäuscht berichten, dass seine Arbeiten schon durch Mendel vorweggenommen wurden (Mayr 728). Dasselbe passierte Car Corens, der berichtet, dass ihm die Mendel-Verhältnisse 1899 wie eine 'Erleuchtung eingefallen wären, und der sich dann ebenfalls als Widerentdecker von Mendel angesehen hatte, ähnlich wie Erich Tschermak im Jahr 1900. Erst ab dieser Zeit begann der Mendelismus; etwas später hatte Bateson die Begriffe des 'Gens', 'Allels', der Heterozygote' und 'Homozygote' (etc.) eingeführt (Mayr 733). Ich erwähne dies, um dem Leser die Frage vorzulegen: wie viele unentdeckte Mendels mag es in der Wissenschaftsgeschichte, im Schatten ihrer Rampenlichtsphäre, wohl gegeben haben?

Zurück zum Thema: Mendel führte seine Kreuzungsexperimente mit Erbsenpflanzen durch, die er sorgfältig auswählte: er benutzte nur Sorten, die sich durch Kreuzung hybridisieren ließen, wobei bei allen seinen ausgewählten Attributen jeweils ein Merkmal dominant war (das ist nicht immer so; Mayr 712). Durch Selbstbefruchtung sorgte er dafür, dass die Elterngeneration homozygot bzw. 'reinrassig' war  er wählte nur solche Pflanzen aus (z.B. Rotblütig vs. Weißblütig), welche bei Selbstbefruchtung immer nur dasselbe Merkmal produzierten (Mayr 714). Er beobachtete dann die oben angeführten statistischen Verteilungen der Phänotypen (man beachte, dass nur die Phänotypen beobachtbar sind): die erste Tochtergeneration war hatte uniform nur das dominante Merkmal; in der 2. Generation tauchte jedoch das rezessive Merkmal mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/4 wieder auf. Wenn man diese Teilgeneration kreuzte, dann blieb das rezessive Merkmal uniform erhalten. Kreuzte man jedoch die Teilgeneration des dominanten Merkmals, so tauchte das rezessive Merkmal mit einer Häufigkeit von 1/9 auf; durch Selbstkreuzung konnte auch gefunden werden, dass diese Generation zu 1/3 aus reinrassigen und 2/3 aus gemischtrassigen Pflanzen bestand. Es ist ein ziemlich raffinierter Schluss auf die beste Erklärung, diese bemerkenswerten Statistiken durch folgende Annahmen zu erklären, die Mendels Verdienst waren: (1.) Die genetischen Anlagen (für einen gegebenen Phänotyp) kommen jeweils doppelt, vater- und mutterseits vor, und nur eines dieser Anlage gelangt per zufälliger Auswahl jeweils in die befruchtete Eizelle  um eine Multiplikation von Erbanlagen zu vermeiden, muss eine haploide Reduktion erfolgen, und (2.) es findet keine 'Vermischung' oder 'Verbindung' des väter- und mütterlichen Erbteiles statt, sondern beide bleiben im Organismus erhalten, wobei  jedenfalls in Mendels Experimenten  immer eines das dominant war und den Phänotyp bestimmte. Diese beiden Annahmen erklären sämtlichen statistischen Kreuzungsresultate, und werden dadurch im Sinne des 'Schlusses auf die beste Erklärung' hervorragend bestätigt. Man beachte, dass beide Annahmen von Mendel postuliert wurden; insbesondere die Haploidisierung des Chromosomensatzes bei der Meiose wurde erst wesentlich später, von Morgan experimentell nachgewiesen (Mayr 761).

Es dauerte eine Weile, bis der "Mendelismus" (Vererbungstheorie) kohärent ausgereift war, denn zwei Zusatzbedingungen von Mendel sind nicht immer erfüllt. Erstens die Dominanzannahme: nicht immer ist eines beider Allele dominant; in anderen Fällen, wie z.B. bei Größenmerkmalen (lange vs. kurze Beine etc.) sind die Merkmale 'semi-dominant' bzw. 'semi-rezessiv'; d.h. der resultierende Phänotyp liegt etwa n der Mitte des Phänotyps der beiden Elterngene. Solche Merkmale schloss Mendel experimentell aus. Zweitens die Unabhängigkeit: Mendel führte seine Experimente mit mehreren Merkmalen durch; er selektierte nur solche, die sich unabhängig vererbten. Er wusste aber bereits, dass dies nicht immer so ist; manche Gene erscheinen in der Vererbung aneinander gekoppelt zu sein (linkage). Genauer gesagt ist dies dann der Fall, wenn die Gene am selben Chromosom sitzen; während sie sich nur unabhängig vererben, wenn sie an verschiedenen Chromosomen sitzen (s. Abb.).


Abhängige Vererbung Unabhängige Vererbung

A a  Aa Aa  Aa

B b Bb Bb Bb
AA Aa aa AA Aa aa

BB Bb bb BB Bb bb BB Bb bb BB Bb bb

1/4 1/2 1/4 1/16 1/8 1/16 1/8 1/4 1/8 1/16 1/8 1/16
Die Sache erwies sich aber noch verwickelter. Anfang des 20. Jahrhunderts studierten de Vries, Bateson, Saunders und Punnett u.a. Farb- und Formmerkmale von Blumen und fanden dort weder unabhängige Vererbung noch komplette Abhängigkeit (Mayr 764). Weissman und auch Boveri erklärten dies als erste durch Rekombination mithilfe von Crossing Over, d.h., es kommt zu einem Austausch des väterlichen und mütterlichen Gens am genetischen Locus des jeweiligen Chromosoms, und zwar in etwa 1-10% der Fälle, sodass sich eine entsprechende Abweichung von der Statistik rein abhängiger Vererbung zugunsten unabhängiger Vererbung ergab. In Abb. xx links bedeutet dies: A a  A a

B b b B.
Dies ist aus späterer Sicht deshalb möglich, weil in der Zygote (der befruchteten Eizelle, die durch Zell- und Zellkernverschmelzung entsteht, die jeweils zugeordneten Chromosomen dicht beieinander liegen und sich teilweise verschlingen (Ridleay 31). Morgan bestätigte all diese bei Pflanzen erzielten Befunde in seinen 1910 begonnenen berühmten Untersuchungen der Fruchtfliege Drosophila, die wegen ihren nur vier gut mikroskopisch erkennbaren Chromosomenpaaren ein bevorzugtes Studienobjekt wurde. Er bestätigte die Mendel-Statistiken anhand der dominant-roten und rezessiv-weißen Augenfarbe von Drosophila; er bestätigte die Halbierung des Chromosomensatzes in der Meiose; er studierte abhängige Vererbung am Beispiel der von ihm identifizierten X- und Y-Geschlechts­chromosome und bestätigte die Existenz von Crossing Over (Mayr 744-761). Gewisse Crossing Overs traten bei Drosophila sogar in 18% der Zygotenbildung auf (Lindner 15). Später studierte Morgan auch das Auftreten von sponanten Mutationen bei Drosophila; und 1944 gelang es Muller die Mutationsrate bei Drosophila durch Röntgenbestrahlung von 0,1% auf 10% anzuheben (Mayr 801).

Allerdings bereitete es Schwierigkeiten, zu verstehen, wie der Mendelismus zu kontinuierlicher gerichteter Evolution führen würde; ja wie Fischer betonte, gab der Mendelismus zunächst dem Saltationismus gewissen Auftrieb, weil die Gene der Eltern nicht verschmelzen sondern (im Regelfall) sich eines durchsetzt, und somit Vererbung diskontinuierlich erscheint (Mayr 547f). Immerhin hatte Weissmann, einer der wichtigsten Genetiker, um die Jahrhundertwende noch einen gewisse tendenziell Lamarckistische 'gerichtete Variation' postuliert; es war ihm unerklärlich, wie es durch zufällige Mutation und Selektion z.B. zur erstaunlichen Farb-Nachahmung (Mimikry) bei Schmetterlingen kommen konnte  Schmetterlinge ahmen das Farbmuster der Flügel von giftigen Schmetterlingen gezielt nach, um dadurch von den Räubern (Vögeln) genauso gemieden zu werden wir der wirklich giftige Schmetterling (Mayr 539f). Trotz seines tendenziellen Lamarckismus hatte Weissmann dabei auch eine für die weitere Evolutionstheorie sehr fruchtbare Idee, indem er nämlich annahm, dass nicht nur die Variationen selbst, sondern auch die Variationsrate von gewissen Merkmalen bzw. entsprechenden Chromosomabschnitten selektiert wird, sodass etwa das Federkleid von Vögeln, Zähne von Raubtieren oder Farben von Schmetterlingen solche Merkmalskombinationen sind, für welche die Selektion eine besonderes hohe Variabilität begünstigt hat, damit sie sich schnell wechselnden Umwelterfordernissen anpassen können. ich nenne diesen  nicht-Lamarckistischen  Effekt von nun an Weissmann-Effekt.

Die Fortschritte der theoretisch Genetik, speziell ihres mathematischen Kernstücks, der Populationsgenetik, halfen bis zum Jahre 1940 diese Probleme zu lösen (Mayr 551); schon ab den 1930ern, schreibt Mayr (793), wurden die letzten Lamarckisten in der Biologie still. Durch die Vereinigung von Darwin mit der Vererbungstheorie und der experimentellen Genetik und insbesondere die mathematische Genetik bzw. Evolutionstheorie entstand zwischen 1936 und 1947 dasjenige, was seit dem Buch von J. Huxley (1942): "Evolution: The Modern Synthesis" die modern synthesis (moderne Synthese) in der Evolutionstheorie genannt wird. Für Ridley (17ff; 83; s. auch Sober 92) sind die 'Helden' dieser modernen Synthese die Pioniere der mathematischen Evolutionstheorie, nämlich Ronald A. Fisher (1890-1962), J.B.S. Haldane (1892-1964) und Sewall Wright (1889-1988). Ich schließe mich diesem Standpunkt durchweg an, denn durch damit gewann die Evolutionstheorie einen präzisen mathematisch-theoretischen Kern. Die Evolutionstheorie entwickelt sich damit endgültig von der ebene der empirischen Verallgemeinerung & Metaphorik zur Ebene der wissenschaftlichen Theoriebildung. Dies ermöglicht (a) die Ableitung von empirisch überprüfbaren Voraussagen aus einem allgemeinen theoretischen Modell, und schafft insbesondere (b) die Grundlage für die wissenschaftliche Verallgemeinerung der Evolutionstheorie, die im nächsten Großkapitel besprochen wird. Mayr (566) betont die empirische Seite der 'modernen Synthese' und betont die Rolle von Dobzhansky, Simpson, Mayr, Rensch, Huxley, und Stebbins in der modernen Synthese.



Wir werden die wichtigsten mathematischen Typen von Evolutionsverläufen erst im Kap. 2 ausführlich behandeln, denn unsere Pointe wird es dort sein, dass dise Evolutionsszenarien, obwohl sie fast immer nur in biologischem Kontext dargestellt werden, sich ebenso gut auf andere Evolutionsarten, und insbesondere auf kulturelle Evolution, übertragen lassen. Daher sei hier nur das Grundlegendste angemerkt. Nachdem Hary und Weinberg bewiesen, dass in Abwesenheit von selektiven Kräften sich unabhängig von der Gentypenhäufigkeit bereits nach einer Generation sich wieder das p2 – 1pq – q2 – Verhältnis einpendelt (das Hardy-Weiberg-Gleichgewicht, Hardy 1908); zeigte Norton (1915) zur Überraschung aller, dass bereits ein kleiner selektiver Vorteil eines Allels gegenüber einem anderen genügt, um nach relativ wenigen Generationen (10-100) drastische Veränderungen der Genfrequenzen zu bewirken (Mayr 554). Diese Ergebnisse wurden von Chetverikov und insbesondere Haldane (1924) ausgebaut, zusammen mit Fisher, der beginnend 1918 ebenfalls die grundlegende Gesetze der Dominanz bzw. des Monomorphismus (ein Allel setzt sich durch) sowie die Gesetze des balancierten Polymorphismus (mehrere Allele halten sich unter gewissen Bedingungen die Waage) entwickelte. Insbesondere Fisher erklärte das Zustandekommen kontinuierlicher Variation auf mendelscher Basis. Einzelne Gene haben nur einen kleinen phänotypischen Effekt, und so wie sich die Frequenzen einzelner Allele in der Zeit kontinuierlich gerichtet ändern, so erzeugt die kumulative Änderung von Allelfrequenzen kontinuierlich gerichtete Merkmalsveränderung. Solche Befunde veranlassten etliche Neo-Lamarckisten, wie z.B. Rensch und Mayr, ihren Glauben an soft inheritance aufzugeben (Mayr 554). Fisher und speziell Wright entdecken weiters die Rolle von Zufallsdrift in der Evolution; durch Zufall kann z.B. ein Allel in einer kleinen Population aussterben; oder eine auswandernde Teilpopulation besitzt eine zufällige abweichende Verteilung von Allelen, usw. (Mayr 555). Es gibt auch funktionell konsequenzenlose, so genannte neutrale Mutationen. Chetverikov argumentierte, dass neue Mutanten-Allele zunächst nur heterozygot auftreten; und wenn sie rezessiv sind, können sie lange phänotypisch verborgen bleiben  von 239 Drosophila melangoaster Weibchen fand er 32 Loci mit rezessiven Mutanten; doch Chetverikov betonte auch, dass egal ob ein vorteilhafter Mutant dominant oder rezessiv ist, und wie hoch sein anfänglicher Prozentsatz ist, so wird er sich, falls Zufallsdrift nicht sein verfrühtes Aussterben bewirkt, auf lange Sicht bei Abwesenheit weiterer 'Kräfte' zu 100% durchsetzen (Mayr 557). Andererseits waren Szenarien bekannt, in denen ein Gleichgewicht von konkurrierenden Allelen sich stabil erhält  phänotypisch äußert sich dies in Polymorphismen, d.h., gewisse vererbbare Merkmale sind in den Vertretern einer Spezies nachhaltig unterschiedlich. Alle diese Ergebnisse wurden  Kennzeichen einer guten wissenschaftlichen Theorie  sowohl theoretisch-mathematisch wie empirisch untersucht; nicht nur theoretisch-mathematisch entwickelt; Dobzhansky versuchte z.B., numerische Werte für Selektionsdruck, Genfluss, und andere evolutionäre Parameter für Drosophila empirisch zu ermitteln (Mayr 573). Als Beispiele für die mathematische Evolutionstheorie, die in Kap. 2 eingehend besprochen wird, seien hier nur zwei genannt:

1.) Haldanes Untersuchung von homomorpher Selektion mit Rückmutation: angenommen zu einem Allel A bildet sich ein neues a, dass dominant oder rezessiv sein mag, aber einen geringen Selektionsvorteil besitzt. Z.B. steht a für etwas längere Beine bei einer Antilopenspezies, welche höhere Fluchtgeschwindigkeit vor Räubern verleiht. Zudem gäbe es eine gewisse geringe Rückmutationswahrscheinlichkeit aA; d.h. das 'vorteilhaftere' Merkmal degeneriert mit geringer Wahrscheinlichkeit, welche aber wesentlich größer ist als die Mutationswahrscheinlichkeit Aa. Jede Generation steigt der a-Prozentsatz etwas, und sinkt der A-Prozentsatz, an der Gesamthäufigkeit der Gene (die absolute Bevölkerungszahl wird als einigermaßen konstant angenommen; es werden nur relative Populationshäufigkeiten berechnet). Dann wird nach hinreichender Anzahl von Generationen das vorteilhafte Allel a fat-universal werden, d.h. gegen eine Häufigkeit nahe bei 100% streben, während das nachteilige Allel fast verschwindet und nur die degenerative Rückmutation nachgebildet wird. Mathematische Gleichungen und Computersimulationen dazu finden sich in Kap. 2xx.

2.) Fishers Begründung, warum das Geschlechterverhältnis sich immer wieder auf 1:1 einpendelt (Ridley 295; Sober 17). Ein entscheidendes Argument dabei ist, dass sich Männer in einer Gesellschaft, in der es überwiegend Frauen gibt, häufiger sexuell reproduzieren werden als die Frauen. (Z.B. werden viele Frauen ohne Nachkommen bleiben, oder aber, ein Mann wird sich mit mehreren Frauen paaren). Das allein erklärt aber noch nichts. Überhaupt wird in den meisten Lehrbüchern Fishers Argument nicht befriedigend dargestellt, denn zunächst einmal ist zu fragen, was es hierbei überhaupt zu erklären gibt: wenn nämlich die Aufteilung der Chromosomen bei der Meiose zufällig erfolgt, dann wird jedes Fortpflanzungspaar mit einer 1:1 Wahrscheinlichkeit Sohn oder Tochter zeugen, egal wie viel Männer und Frauen es in der Elterngeneration gibt, und somit wird, auch wenn in der alten Generation 70% der Männer durch einen Krieg hinweggerafft wurden, in der Nachkommengeneration das Mann-zu-Frau-Verhältnis wieder 1:1 betragen. Wenn wir eine erhöhte Nachkommensrate annehmen, sodass die Populationszahl erhalten bleibt, dann wäre eigentlich alles in Ordnung, und der Erklärungsgrund für die 1:1-ratio wäre nichts anderes als die Zufälligkeit der Chromosomenaufteilung in der Meisose (es gibt eine 1/2-Wahrscheinlichkeit für das Y-Chromosom es Mannes, in die Zygote zu gelangen, und ebenso 1/2 für das X-Chromosom des Mannes). Fishers Argument dagegen wird erst relevant, wenn man Bedingungen annimmt, unter denen jene Generation ein Anteil eines Geschlechts, sagen wir 70% der Männer, durch Kriege hinweggerafft werden. Unter diesen Bedingungen wäre bei bloß zufälliger Aufteilung ein anhaltender Frauenüberschuss von 3:1 die Folge. Fishers Argument zeigt nun, dass eine solche Gesellschaft dazu tendiert, den Frauenüberschuss dadurch zu kompensieren, dass mehr Söhne als Töchter gezeugt werden.

Sein Argument geht wie folgt. Angenommen wird, dass es gewisse genetische Anlagen gibt, deren Besitzer eher dazu tendieren, männliche bzw. weibliche Nachkommen zu produzieren (nehmen wir an, diese Anlagen sitzen am X-Chromosom oder einen nichtgeschlechtlichen, damit sie sich über Söhne und Töchter weitervererben; denn bekanntlich besitzen Frauen zwei X-Chromosomen; Männer ein X- und ein Y-Chromosom). Wir nennen diese Allele M und F. Dann wird es so sein, dass in einem Zustand des Gleichgewichtes unter den Männern das Allel M und unter Frauen das Allel F einen gewissen Häufigkeitsvorsprung (über 50% hinaus) besitzt. Kommt es nun zu einer Abweichung vom phänotypischen Gleichgewicht (etwa durch einen Krieg, in dem viele Männer sterben), dann haben die Männer bessere Fortpflanzungschancen als Frauen, denn einem Mann stehen, sagen wir, zwei Frauen in der Population gegenüber. Daher werden im Schnitt Männer mehr Nachkommen zeugen als Frauen, und als Folge wird sich das M-Allel stärker ausbreiten als das F-Allel und deutlich über 50% hinausschießen; in der Folge werden mehr Söhne als Töchter geboren; solange, bis das Gleichgewicht der Geschlechter wieder hergestellt ist. Kurz gesagt, bei jeder Abweichung vom 1:1-Gleichgewicht treiben evolutionäre Selektionskräfte die Verteilung wieder auf 1:1 zurück.

Der Triumph der modern Synthesis wurde durch die Aufklärung der chemischen Struktur des Erbmaterials vollendet. Anfang des 20. Jahrhunderts war bekannt, dass Chromatin hauptsächlich aus DNS bestand, aber die meisten Biologen, die Desoxyrobonukleinsäure sei viel zu simpel aufgebaut, um etwas so komplexes wie die Vererbung der gesamten genetischen Information  des genetischen Codes  zu leisten (Mayr 813-7). In den 1930ern entstand aber die Theorie der chemischen Polymere; und so wie Proteine aus vielen Aminosäuren zusammengesetzt sind, die ketten, Ringe, oder komplexe dreidimensionale Strukturen bilden, könnte auch das Erbmaterial aus DNS-Polymeren gebildet sein. Den entscheidenden Hinweis brachte Chargaffs Befunden, dass das Verhältnis der Nukleatide Adenin-Thymin bzw. Purin-Pyrimidin im Chromatin fast bei 1 liegt (Mayr 820). Mehrere Forschergruppen versuchten, die Makrostruktur der DNS herauszufinden, und 1950 gewannen schließlich Watson und Crick das Rennen in ihrem berühmten Doopelhelix-Modell (s. Kap. 2).

In dieselbe Zeitspanne, das soll abschließend erwähnt werden, fiel schließlich auch die Erkenntnis der Kontinentalverschiebung, welche für evolutionäre Erklärung der die biogeographischen Befunde fundamental war. Denn Wegeners Kontinentaldrift-Theorie von 1915 wurde lange abgelehnt, weil es keine plausiblen Modellen von geologischen Kräften gab, welche solches bewirken konnten. Es dominierten Modelle von Landbrücken durch Eiszeiten oder Meeresspiegelveränderungen (Mayr 449). Erst 1960 wurde die Theorie der Plattentektonik akzeptiert, deren Bewegung durch Erdmagarotationen angetrieben wird (Kap. xx) Mary 450).

Wir können die Einsichten von Genetik und mathematischer Evolutionstheorie so zusammenfassen: 1.) das genetische Material ist invariant und besteht aus DNS; 2.) Variationen bestehen aus spontanen Mutationen, zusammen mit diploider Rekombination, d.h. mit chromosomaler Durchmischung und Cross-Over; 3.) Rekombination ist die wichtigste am schnellsten wirkende Variationssource; 4.) viele Mutationen sind neutral, viele destruktiv, einige vorteilhaft; 5.) kontinuierliche phenotypische Variation ist das Resultat der Variation von multiplen genetischen Faktoren, und 6.) sowohl die mathematischen Evolutionsmodelle wie experimentelle und empirische Resultate bestätigen die Effektivität der natürlichen Selektion.
1.6 Der moderne Stand der biologischen Evolutionstheorie
1.6.1 Molekulare Grundlagen
Abb. 1 zeigt die schematische Struktur der DNS. Die Kette besteht aus einem Phosphorsäurerest, einem Zuckermolekül (Desoxyribose bzw. Ribose bei der RNS), und einem (basischen) Nukleoitid (einer 'Base'), von denen es in der DNS vier Sorten gibt: Adenin (A), das sich mit Thymin (T) bindet, und Cytosin (C), das sich mit Guanin (G) bindet; in der RNS nimmt Uracil (U) die Stelle von Thymin ein Ridley 25; Lehrbuch Biochemie 103ff; Lindner 30f.). Ein Chromosom besteht aus zwei komplementär zueinander gebundenen DNS-Strängen, die beim Menschen aus ca. 3 Milliarden Basenpaaren bestehen und kompliziert geschraubt sind.

Desoxy-Ribose Nukleotid

Phosphorsäurerest

Desoxy-Ribose Nukleotid


Ein Nukleotid ist ein Ring oder Doppelring bestehend aus den Elementen Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H), Sauerstoff (O) und Stickstoff (N) (die Ribose ist ein 5er-Ring bestehend aus C, H und O). Die Bindungen zwischen den Nukleotiden sind verantwortlich für die Möglichkeit der Reduplikation: wenn ein DNS- oder RNS-Strang sich an einen anderen anlagert, dann entsteht eine komplementäre Kopie des ersteren. Die genetische Information, die in einem DNS-Strang enthalten wird, wird dadurch wirksam, dass jede Aminosäure genau durch ein so genanntes Triplett von Basen, also drei aufeinanderfolgenden Basen, gebunden wird. Auf diese Weise enthalten unterschiedliche Basensequenzen die Anleitung zur Synthese verschiedenster Proteine  und Proteine machen die gesamte Maschinerie des Lebens aus. Die Bindungen zwischen komplementären Basen, aber auch die zwischen einem Basen-Triplett (einem Codon) und einer Aminosäure, sind Wasserstoffbindungen; die im Vergleich zu gewöhnlichen Bindungen und leicht lösbar bzw. wieder herstellbar sind (Lindner Abb. 30.1); Der einzelne DNS-Faden besitzt fraktale Schraubenstruktur; d.h. eine Schraube von Schrauben von Schrauben. Zunächst besitzt er die Form einer Doppelhelix (Lindner Abb. 31.1 ; 31=Seitenzahl). Die Doppelhelix ist selbst um Proteine, so genannte Nukleosomen gewunden; welche ihrerseits wieder mehrfach gewundenen Stränge größerer Dimension bilden (Lindner Abb. 30.2). Aufgeschraubt hätte ein menschlicher Chromosomen-Strang eine Länge von 10 cm; Eine Base besitzt eine Länge von ca. ein Drittel Nanometer (109m: Ridley 25). Im Zellkern ist er auf Bruchteile von Mikrometer zusammengeschraubt.


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