Evangelisches Gemeindelexikon


Geistesgaben (Gnadengaben) -> Cha­risma



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Geistesgaben (Gnadengaben) -> Cha­risma

Geistesleitung



Die Notwendigkeit der G. ergibt sich daraus, daß nicht alle Lebensfragen durch klares göttliches Gebot abgedeckt sind. Im AT fin­det sich neben der Bitte um Führung (Ps 5,9; 25,4h/ 86,ii; 139,24) die Gewißheit, daß Gott den einzelnen und das Volk leitet (Ps 23,3; 32,8; 25,9; 2Sam22,33; Jes48,17). Gott gab seinen Willen durch sein Wort (Ps 119,105), durch Los (Spr 16,33; 18,18; iSam 10, 2off.), Urim und Thummim (Ex 28,30) oder Seher (iSam 9,9) kund. Das Beachten anderer Zeichen war verboten (Dtn

  1. 13). Jesus stand unter besonderer gött­licher Leitung(Joh 5,1 gi.} 8,26.28.38.40). Die Apostel wußten sich vom Heiligen —> Geist geführt (Apg 8,26; 9,10; 13,2; 16,6), was ver­antwortliches Überlegen und Entscheiden nicht ausschloß (Apg 6,11; 8,14; 15,36; 2Kor 1,15ff.). Die Gläubigen sollen sich in der Er­kenntnis des Willens Gottes üben, damit sie in allen Lagen das Gott Wohlgefällige tun können (Röm 12,2; Eph 5,10; Kol 1,10). In der —> Reformation wird der Pflichterfüllung im Beruf so viel Wert beigemessen, daß eine bes. G. aus dem Blick gerät. Mit persönlicher -> Wiedergeburt, persönlichem Gottesver­hältnis, persönlicher Verantwortung vor Gott wird im —» Pietismus die Frage nach der persönlichen Führung akut (Spener, Zinzen- dorf). Gelegentlich kam es zu Mißbräuchen (Loseziehen, blindes Bibelaufschlagen, fromme Lotterie). Die moderne Missions­bewegung ist ohne das Bewußtsein um per­sönliche G. nicht denkbar. Zur persönlichen Jüngerschaft gehört die G.; sie macht menschliche Verantwortung, Informations­pflicht und Entschlußfassung nicht über­flüssig. Trivialfragen des Lebens und Berufs­alltags soll der Christ nach praktischen Er­wägungen im Rahmen des in der Schrift ge- offenbarten Gotteswillen entscheiden. Der Heilige Geist leitet im allgemeinen nicht in­tuitiv oder rein inspirativ durch augenblick­liche Eingebung. G. vollzieht sich in einem Geflecht von Vorgängen, die miteinander erst die rechte göttliche Leitung ergeben. Voraussetzungen sind Wiedergeburt und Be­reitschaft zum Gehorsam. Wesentliche Fak­toren sind die klaren Aussagen der Bibel als Maß aller Führung, Stille und —» Gebet (Bitte um Weisung, Prüfung der Motive und Hören auf Gott), das Einholen erforderlicher Infor­mation, der Rat der Brüder, von biblischen Wertmaßstäben geprägte Weisheit und ge­sunder Menschenverstand. Zu warnen ist vor Zeichen - sie lassen sich leicht fehldeu­ten nach dem Wunsch des eigenen Herzens­und vor Gefühlen. Ein vor Gott als recht er­kannter Weg ist im Gehorsam zu beschrei­ten; es bleibt ein Gehen im —> Glauben.

Lit.: O. Barclay, Wie erkenne ich Gottes Führung?,

  1. - D. L. Carlson, Leben nach Gottes Willen,

  2. - O. Riecker, Leben unter Gottes Führung,

r97S Egelkraut

Geistestaufe

Die klassische Pfingsttheologie lehrt: die G. ist eine zweite christliche Grunderfahrung. Ihr Kennzeichen ist die —» Zungenrede.

I. Geistempfang im NT


  1. Vermutlich bezeichnet »mit heiligem Geist taufen« (Mk 1,8; Apg 1,5) vom Zu­sammenhang her nicht den persönlichen Geistempfang, sondern die grundlegende Geistausgießung. Für den persönlichen Geistempfang gibt es keinen festen Begriff, sondern eine Reihe unterschiedlicher Aus­drücke (Apg 1,8; 2,18; 2,38; 10,44; 15,8). Be­zeichnen sie eine zweite Grunderfahrung?

  2. Die christliche Grunderfahrung bildet eine Einheit aus —» Bekehrung, Taufe und Geistempfang (Apg 2,38). Die als Belege für eine Zweistufigkeit verwandten Berichte (Apg8,4-25; iO; 19,1 -7) geben Sondersitua­tionen wieder und können nicht zum Mo­dell für die Praxis gemacht werden.

  3. Ebenfalls ist eine Koppelung von Geist­empfang und Zungenrede nicht haltbar. Die Apg berichtet ohne Schema mit und ohne Nennung von sichtbaren Zeichen (Apg 2,41; 8,18; 19,6; 10,44-46). Nach Paulus gehört auch die Zungenrede zu den Gaben, die nicht jeder Christ hat. Die Zungenrede als ein u.U. vorübergehendes Erkennungszei­chen für den Geistempfang kennt das NT nicht.

  1. Herausforderung an die Gemeinde Die Unerläßlichkeit einer G. ist also bi­blisch nicht haltbar und führte in der Praxis oft zu Verkrampfung und Einseitigkeit. Da­mit ist aber das Thema zweite Erfahrung in einem allgemeineren Sinne nicht erledigt. Es ist älter als die —» Pfingstbewegung, wurde von namhaften Führern der —» Er- weckungs- und —> Heiligungsbewegung ver­treten und bezeichnet die Erfahrung vieler Christen. Das hängt damit zusammen, daß in der »dritten Generation« auch biblisch orientierter Gemeinden das geistliche Ni­veau in der Regel gesunken ist und die Erst­erfahrung nicht die biblisch verheißene Fülle und Kraft des Geistes einschließt. So unrichtig die Forderung einer zweiten Erfah­rung in dogmatischer Hinsicht ist, so hilf­reich kann sie ohne Koppelung an ein Erleb­nisschema als Folgerung aus der geistlichen Situation von Gemeinden und einzelnen sein. Weiter: So wenig es möglich ist, die

Zungenrede als Zeichen der Geisterfahrung zur Bedingung zu machen, so wenig sollte andererseits diese oder eine andere Kenn­zeichnung des Geistempfangs als Kraft aus­geschlossen werden.

Lit.: S. Großmann, Haushalter der Gnade Gottes, Liebschner

Geistliche Lieder -» Liedgut Geistliches Leben

Das Geistliche Leben ruht auf zwei Grund­pfeilern. Der eine ist die Einsamkeit des ein­zelnen vor Gott, der andere die —» Gemein­schaft der Christen untereinander.



1. Die Stille und die Einsamkeit vor Gott Stille ist ein Begriff für —»Meditation und ist in den seltensten Fällen ein Erlebnis oder Widerfahrnis. Sie ist eine Übung mit den Ubungsschranken aller Übungen. Stille setzt sich nicht alleine durch. Sie ist ein Dienst, der in Treue und Gehorsam getan werden will. Von sich aus ist der —» Mensch nicht auf Stille angelegt. Er muß die Stille wollen und üben. Hilfe zu dieser Ein-Übung ist das bewußte Durchschreiten von drei Be­reichen. I

Die Gedanken, die den Menschen zerstreu­en, werden auf die Mitte der Stille, den Text aus der Bibel, gelenkt.



  1. DIE BEGEGNUNG GOTTES IN SEINEM WORT.

a) das erste vernehmen. Eine Hilfe zum kon­zentrierten Lesen eines Bibelabschnitts ist das Lesen mit bewegten Lippen, ohne daß dabei ein Wort laut gesprochen wird, b) das bewusste hören. Hier geht es um die Haltung Samuels, der sein schweigendes Zuhören einleitet mit der Erklärung »Ich bin hörbe­reit« (iSam 3,10). Der Mensch öffnet sich dem Reden Gottes, setzt sich dem Wirken Gottes aus. Gott ist der Handelnde. Der Mensch läßt sich ganz auf Gottes Reden ein. c) der beginn der Antwort. Der Mensch spricht den Text nach. Er formuliert ihn, in­dem er ihn neu niederschreibt. Er durch­schreitet ihn, bis er sich in den einzelnen Aussagen wiederfindet. In den Texten be­gegnet ihm seine Not und das Handeln Got­

tes. Der Text ist an ihn gerichtet. Der han­delnde Gott kommt auf ihn zu.



  1. DAS BLEIBEN IN GOTTES GEGENWART.

a) die Anbetung. Das Lob der Allmacht und Güte Gottes bricht da auf, wo der Mensch zu staunen beginnt. Gott staunt nicht. Staunen kann nur, wer noch nicht das Ganze sieht. Der Mensch erkennt in der Begegnung mit Gott ein Stück des Handelns Gottes, das auch ihn, den heutigen Beter, umfaßt. Er be­ginnt zu staunen, b) das Bekenntnis. Ange­sichts der Heiligkeit Gottes ermißt und fühlt der Mensch seinen ganzen Zustand, in dem er sich befindet. Er erkennt, wo er in —> Sünde, in Eigentumsbestreitung gegen Gott lebt. Er sieht dies, gibt es zu, gibt Gott recht und stimmt damit ein in den Lobpreis Got­tes. Im Hebräischen heißt das Wort »beken­nen« — »jadah« - zugleich preisen, c) das ge­bet der Hingabe. In jeder Gottesbegegnung hat der Mensch die Möglichkeit, Gott aus­zuweichen oder sich neu Gott zu übergeben. Im Gebet der Hingabe adressiert und kon­zentriert der Mensch alles bisher Bedachte, indem er es Gott hinhält. Er übergibt Gott sein Wollen und Denken und ist bereit, von Gott beauftragt und gesandt zu werden.

II. Die Gemeinschaft der Christen unter­einander

Es gibt zwei Formen der Gemeinschaft, eine Gemeinschaft, die von Menschen geprägt und geschlossen wurde, eine Direktliebe von Mensch zu Mensch. Diese Gemein­schaft steht und fällt mit der Fähigkeit des Menschen zu lieben, zu opfern, für den ande­ren dazusein. Christliche —» Gemeinschaft ist nicht von Menschen gemacht oder ge­schlossen. Sie ist eine durch Jesus Christus gesetzte Wirklichkeit. In der christlichen Gemeinschaft dient nicht ein Mensch dem anderen, sondern Jesus Christus gebraucht den Menschen, damit er in folgenden Berei­chen dem anderen den Dienst Jesu vermit­telt.



  1. die beichte. Sünde will mit dem Menschen allein sein. Sie entzieht ihn der Gemein­schaft. Je einsamer ein Mensch wird, desto zerstörender wird auch die Macht der Sünde. In der -» Beichte geschieht nach —» Bonhoef- fers Worten der Durchbruch zur Gemein­schaft.

  2. der Gottesdienst. Im Gottesdienst er­geht Gottes Wort an den Menschen. Gottes Segen wird auf den Menschen gelegt. Gott dient dem Menschen. Die Menschen erleben sich in ihren Antworten an Gott, in ihren Bitten, in ihrem Lobpreis als Gemeinschaft. Sie gehen aufeinander zu, sprechen sich Got­tes Segen zu und werden befähigt, miteinan­der durch die Woche zu gehen.

  3. DIE KLEINEN GRUPPEN UND ZELLEN. Schon in der Praxis der Pharisäer gab es Zellen, Grup­pen, Konventikel. Alles, was nicht in der großen Gemeinschaft gefeiert werden konn­te, wurde in einzelne Häuser verlegt. So ver­sammelten sich die Christen von ihren An­fängen an in kleinen Konventikeln zum Bi­bellesen, zum Beten, zur Seelsorge und zu gemeinsam geplanten, gezielten Einsätzen.

Geistliches Leben und Frömmigkeit stehen auf den beiden Pfeilern Einsamkeit vor Gott und Gemeinschaft. Beide haben gleichgro­ßes Gewicht und bedingen einander. D. Bonhoeffer drückt das so aus: »Wer nicht allein sein kann, der hüte sich vor der Ge­meinschaft. Wer nicht in Gemeinschaft steht, der hüte sich vor dem Alleinsein«.

Lit.: D. Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, 197314 - R. Guardini, Vorschule des Betens, 19647 - H. Bräumer, Stille, 19761



Bräumer

Gemeinde



  1. ist ein viel gebrauchter Begriff, dem eine gewisse Unschärfe anhaftet. Als G. bezeich­nen wir sowohl einen kommunalen Verband wie eine christliche Gemeinschaft. Ebenso schwierig ist es, innerhalb der christlichen Sprachregelung die Begriffe G. und Kirche sauber zu trennen. In der Neuzeit hat sich die Unterscheidung durchgesetzt, daß man mit G. eine kleinere, überschaubare Form der Gemeinschaft, auch die G. am Ort be­zeichnet, während Kirche die größere Ge­meinschaft, die Zusammenfassung vieler

  1. n ist.

I. Neues Testament und Alte Kirche

  1. Im AT bezeichnet das hebräische »kahal« (griech. ekklesia) das Aufgebot der Männer zum Gottesdienst, zum Kriegszug oder zur Sitzung des Gerichts, zu Handlungen, die in Israel als heilig galten. Der hebr. Begriff »eda« (griech. Synagoge) markiert die abge­grenzte Kult- und Rechtsgemeinde. Das NT verwendet für G: meist das Wort »ekklesia«, das ursprünglich die politische Versamm­lung bedeutet, die durch eine übergeordnete Instanz einberufen wird. Die ekklesia ist im NT die durch Gottes Wort berufene und ihm Gehorsam leistende Schar von Menschen. Sie ist Gottes Aufgebot in dieser Welt und daher weder Interessenvertretung noch Zweckverband, keine menschliche Grün­dung, sondern Schöpfung Gottes, die durch seinen Ruf entsteht und von seinem —»Geist lebt. Deshalb erschließt sich das, was G. im Sinne des NT ist, in seinem Wesen letztlich nicht soziologischer Betrachtung oder stati­stischer Erfassung.

  2. Der Grund, auf dem die G. steht, ist Got­tes Versöhnungstat in —> Jesus Christus. Die

  1. Jesu Christi trägt so lange ihren Namen zu recht, als sie auf diesem Grunde bleibt. Weil Gottes Tat am Karfreitag und an Ostern aber nicht in den Begrenzungen dieser Welt aufgeht, reicht auch die G. des Gekreuzigten und Auferstandenen ihrem Wesen nach über diese Welt hinaus. Da sie nicht das Werk von Menschen ist, kann sie nicht wie Men­schenwerk vergehen (Mt 16,18). Die ent­scheidende Funktion in der G. kommt ihrem Herrn zu, dem Haupt des Leibes (iKor 12; Eph 1,22), dem Hirten seiner Herde (Joh 10,11.16), dem Meister der Jünger (Mt 23,8), dem Eckstein des Hauses (iPetr 2,4L). Ohne Jesus Christus, ihren Herrn, verfehlt die G. ihre Bestimmung. Er ist ihr Zusammenhalt (Kol 2,19), auf ihn hin geschieht das Wachs­tum der G. (Eph 4,15).

  1. Zur G. gehört, wei sich von Jesus Christus hat rufen und retten lassen, wer durch ihn neu geboren wurde (—» Wiedergeburt) und durch —» Glauben und —» Taufe Glied des Leibes, Rebe am Weinstock, lebendiger Stein im Hause Gottes wurde. Diese Glieder der G. dienen einander mit den Gaben, die jedes bekommen hat (iPetr 4,10). Sie dienen mit ihren -> Charismen (Gnadengaben) gleichzeitig der Welt. Denn die G. ist »Licht der Welt« und »Salz der Erde«, eine »Stadt auf dem Berg«, die nicht zu übersehen ist (Mt 5,13 -16). In der Sammlung unter dem Wort und der Sendung mit dem Wort vollzieht sich der Lebensrhythmus der G.

  2. Aus den Gaben, die der G. gegeben sind, wachsen Dienste und —» Ämter. Neben die Apostel traten schon in den späten Schriften des NT Älteste, Bischöfe und —> Diakone. Je länger die G. bestand, desto profilierter tra­ten die Ämter und ihre Träger hervor. Aus der Betonung des Amtes folgte die immer deutlichere Unterscheidung von Klerus und Laien, bis hin zur Ausbildung des allein herrschenden Episkopats. Die G. wurde dann in der mittelalterlichen Kirche aus der Gemeinschaft der Gabenträger zum Objekt priesterlicher Amtstätigkeit.

  3. Die G. besteht aus Menschen einer be­stimmten Zeit. Sie ist vielfältigen kulturel­len und soziologischen Einflüssen ausge­setzt. Darum haben sich schon in der Zeit des NT verschiedene Gestaltungsformen von G. herausgebildet, etwa die Jerusalemer

  1. , die von —» Judenchristen bestimmt war, oder die ganz anders strukturierten paulini- schen G.n in der hellenistischen Welt des Mittelmeerraumes. Jede dieser G.n hat ihre besondere Prägung. So verschieden sie auch im einzelnen sind, so sind die Grundzüge doch überall dieselben: Die G. versteht sich als Zeugnis- und Dienstgemeinschaft, die durch ihr Wort und ihr Leben Kunde gibt von der neuen Gottesherrschaft (—» Reich Got­tes), die in Jesus Christus angebrochen ist. Sie bewährt ihr Wort durch Taten der Liebe und im Leiden um Christi willen. I

  1. : Neben dem gereinigten Meßgottesdienst und dem deutschen Gottesdienst, die für je­den offen stehen und die »eine öffentliche Reizung zum Glauben« sein, also missiona­rischen Charakter tragen sollen, wollte er eine »dritte Form« einführen: »Diejenigen, so mit Ernst Christen wollen sein und das Evangelium mit Hand und Munde beken­nen, müßten mit Namen sich einzeichnen und etwa in einem Hause allein sich ver­sammeln zum Gebet, zu lesen, zu taufen, das Sakrament zu empfangen und andere christliche Werke zu üben«. Luther deutet hier die Anfänge eines G.aufbaus an, wie er dem NT entspricht. Aber dieser Anstoß ist ins Leere gegangen. Luther hatte nicht die Leute dazu. Es blieb beim landesherrlichen Kirchenregiment. Immerhin hat Luther der

  1. (im Gegensatz zur römischen Kirche sei­ner Zeit) das Recht zur Beurteilung der Lehre übertragen (1523) und in der von ihm gutge­heißenen Leisniger Kastenordnung (1523) erste Ansätze zur Verfassung einer diakoni- schen G. sichtbar werden lassen. Me- lanchthon hat im Gefolge Luthers in der Confessio Augustana Art. VII (1530) die reine Verkündigung des Wortes Gottes und die stiftungsgemäße Verwaltung der -» Sa­kramente als Kennzeichen der christlichen Kirche herausgestellt.

  1. Mit Beginn der pietistischen Bewegung sind die Gedanken Luthers neu lebendig ge­worden. In seinen »Pia desideria« (1675) hat Philipp Jacob Spener Vorschläge zur Ver­wirklichung lebendiger G. unterbreitet, die im NT ihren Grund haben und bei Luther vorgeformt sind. Er schlägt neben der got­tesdienstlichen Versammlung der G. zu ih­rer Verlebendigung kleine Kreise in den Häusern vor, in denen (nach dem Vorbild von iKor 14) die —> Charismen der einzelnen

  1. glieder sich entfalten können und das Priestertum aller Gläubigen sich verwirk­licht. Die brüderliche Unterredung über das Wort Gottes, der Austausch von Glaubens­und Lebensfragen und die seelsorgerliche Hilfe und Beratung sollen in diesen »collegia pietatis« ihren Platz haben. Damit nimmt Spener den Doppelschritt der G.bildung und -Sammlung auf, der sich schon im NT findet: Neben den größeren Zusammenkünften im Tempel (Apg 3,1) versammelt sich die G. in kleinen Gruppen in einzelnen Häusern (Apg 2,46; 5,42; 20,20) und breitet sich so »haus­weise« aus. So hat der Pietismus in Speners

Bahnen versucht, die Kirche vom neutesta- mentlichen G.begriff her zu erneuern und zu prägen. Ein besonders markantes Beispiel dafür ist die —> Brüdergemeine des Grafen Zinzendorf, in der sich der Gedanke des all­gemeinen Priestertums, die aktive Beteili­gung der Laien am G.leben und der selbst­lose Dienst aller für alle überzeugend ver­wirklichte. Die »collegia pietatis« haben mit der Ausbreitung des Pietismus, später der —» Erweckungs- und —» Gemeinschafts- bewegung und nicht zuletzt durch ver­wandte Strömungen (Jünglingsvereine, —» CVJM) weite Verbreitung gefunden und starken Einfluß auf das G.leben in der Volkskirche gewonnen.

  1. Gemeindeaufbau in der Volkskirche

  1. Der im 19. Jh. aufgekommene Begriff der —» Volkskirche (1822/23) durch Fr. —»Schlei­ermacher geprägt, von J. H. —» Wiehern auf­genommen und weiterentwickelt, kenn­zeichnet die Kirchenform der Gegenwart, das zumindest in Westeuropa verbreitete Landeskirchentum. Man gehört dieser Kir­che durch die (im Regelfall als Säugling emp­fangene) Taufe als -» Mitglied an. Diese Praxis bedingt, daß die Mitglieder der Kirche ein vielfältig gefächertes corpus mixtum (gemischte Körperschaft) bilden, das organi­satorisch im allgemeinen parochial geglie­dert ist. Die Landeskirchen sind in Verfas­sung, Lehre und Ritus bekenntnisbestimmt, sie fordern aber von ihren Mitgliedern nicht ausdrücklich ein persönliches Bekenntnis ihres Glaubens. Die —» Mitgliedschaft in der Volkskirche erschöpft sich darum weithin in der Inanspruchnahme der kirchlichen Amtshandlungen an den Schwellensitua­tionen des Lebens (Geburt, Mannbarkeit, Eheschließung, Tod). Zahllose Mitglieder gehören zwar formal zu ihrer Kirche und las­sen sich finanziell durch die Kirchensteuer von ihr in Pflicht nehmen, haben aber kaum eine innere Beziehung zu ihr. Das Leben der

  1. ist oft einseitig auf den Pfarrer (—» Pastor) ausgerichtet und von ihm abhängig. Er ist mit seinen Mitarbeitern für alles »zustän­dig«. Zunehmend sind aber Versuche im Gange, die Verantwortung für die G. auf breitere Basis zu stellen und die Glieder der

  1. für mancherlei Dienste zu aktivieren. So ist die Volkskirche ein Missionsgebiet be­sonderer Art, eine Chance für Verkündigung und G.aufbau.

  1. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben in der Gegenwart, durch Verkündigung und -» Seelsorge im Raum der Volksküche geistli­chen G.aufbau zu verwirklichen. Das kann geschehen durch neue Hinwendung zu den Grundlinien, die das NT zeigt. Die gottes­dienstliche -> Predigt muß einen missiona­rischen Akzent gewinnen. Darüber hinaus sind alle sich bietenden Gelegenheiten für besondere, evangelistisch ausgerichtete Verkündigung zu nutzen. In der —» Seelsorge gilt es, dem einzelnen Menschen nachzuge­hen, ihn in seiner Lebenssituation ernstzu­nehmen und mit dem Evangelium in Ver­bindung zu bringen. Das kann aber nicht al­lein durch die Amtsträger der Kirche ge­schehen. Hier geht es um die Mitverantwor­tung der G., um den missionarischen und seelsorgerlichen Dienst von Laien an Laien, um die Verwirklichung des Priestertums al­ler Gläubigen. Hier ist auch der Raum, wo die Charismen der G.glieder sich hilfreich entfalten können. Die große und unüber­sichtliche volkskirchliche G. sollte in kleine Gruppen (—» Hauskreis) gegliedert werden, in denen der einzelne Vertrauen fassen kann und sich angenommen weiß. In solchen Hausgemeinden kann die Anonymität der Volkskirche durchbrochen werden. Von ih­nen können missionarische und diakoni- sche Impulse und Einflüsse auf die ganze G. ausgehen. Sie haben zusammen mit den tra­ditionell bestehenden Kreisen, Gruppen und Gemeinschaften ihren Bezugspunkt im -> Gottesdienst, wo der ganzen G. Gottes Wort in Zuspruch und Anspruch verkündigt wird. So geschieht der Aufbau lebendiger G. im Rahmen der Volkskirche in zwei Schwer­punkten: durch bruderschaftliche Samm­lung und seelsorgerliche Zurüstung derer, die mit Ernst Christen sind, und mit diesen zusammen in missionarischer Breitenarbeit innerhalb des corpus mixtum der volks­kirchlichen G.

-> Frauenarbeit, -* Jugendarbeit, Kinder­arbeit, Randsiedler, -> Studentenarbeit

Lit.: A. Kuen, Gemeinde nach Gottes Bauplan, 197 s - E Schnepel, Charismatische Gemeinde, 1977 - R. Riesner, Formen gemeinsamen Lebens im Neuen Testament und heute, 1977 - ders., Apostolischer Gemeindebau, 1978 - E. Schweizer, Gemeinde und Gemeindeordnung im Neuen Te­stament, 1962* - Theo Sorg, Wie wird die Kirche



neu?' 1977 Sorg

  1. Gemindeaufbau in der Freikirche Der Kirchentypus der -» Freikirche sucht der christlichen Grunderfahrung, daß der

Glaube nicht jedermanns Ding ist, dadurch Rechnung zu tragen, daß er das Gegenüber von Gemeinde und —»■ Welt ins Auge faßt und die Diasporasituation der Christen und der christlichen Gemeinde in der heutigen pluralistischen Gesellschaft thematisiert. Christ-Sein gibt es nicht ohne wissentliche und willentliche Zustimmung zum Glau­ben an Jesus Christus (—> Bekehrung, —» Wiedergeburt) und Einstimmung in den Sendungsauftrag der Gemeinde in die Welt. Das ist der Wahrheitskern im Begriff der Freiwilligkeitskirche.

Freikirche meint aber auch Freiheit der Kir­che von Staat und Gesellschaft. Deshalb ha­ben sich die Freikirchen von allem Anfang an für die Trennung von —> Kirche und Staat und für die —» Religionsfreiheit eingesetzt. Weder eine Staatsreligion noch gesellschaft­lich fixierte volkskirchliche Religiosität sind evangeliumsgemäße Weisen christli­chen Glaubens und christlicher Frömmig­keit. Trennung von Kirche und Staat ist aber keineswegs mit einer Privatisierung des christlichen Glaubens und einer Isolierung der christlichen Gemeinde von der Welt und von der pluralistischen Gesellschaft von heute gleichzusetzen. Der Missionsbefehl des auferstandenen Christus sendet die Christen ja gerade in diese unsere Welt und Gesellschaft zu den Menschen, unter denen sie selbst in der Zerstreuung leben.

Diesem Sendungsauftrag der christlichen Gemeinde in die Welt wollen alle freikirch­lichen Gemeindestrukturen dienen. Die Aufnahmepraxis macht den persönlichen Glauben eines Menschen an Christus zum Kriterium seiner Gemeindezugehörigkeit und ordnet ihm oft die —> Taufe zu. Dem ent­spricht die Praxis von —» Seelsorge und —> Gemeindezucht, die - wie auch alle Ge­meindeordnung - der Unterstellung der Gemeindeglieder und der ganzen Gemeinde unter die gnädige Herrschaft Christi dient. —> Nachfolge Christi und Gemeinschaft werden in den Freikirchen nach Apg 2,42 deutlich akzentuiert. Ihr dienen Gemeinde­versammlungen und —» Hauskreise, Gebets­stunden und Bibelabende. Unabdingbar für den freikirchlichen Gemeindeaufbau ist die —> Evangelisation und —» Mission, deren Dimensionen vom allsonntäglichen Ge­meindegottesdienst über das persönliche Christuszeugnis von Mensch zu Mensch und offene Gruppenarbeiten bis zum mis­sionarischen Einsatz der Gesamtgemeinde reichen. Schließlich bejahen die Freikirchen den Gesamtkatechumenat der christlichen Gemeinde: Christen sind auf allen Stufen ihres Lebens von Christus und voneinander Lernende, eben Jüngerinnen und Jünger. Deshalb sind in jeder freikirchlichen Ge­meinde —» Sonntagsschule, Jungschar, Kin­derarbeit und Jugendgruppe ebenso zu fin­den wie Gemeindeseminare aller Art.

Lit.: G. Westin, Der Weg der freien christlichen Gemeinden durch die Jahrhunderte, 1956 - F. H. Littell, Von der Freiheit der Kirche, 1957 - H. B. Motel (Hg.), Glieder an einem Leib. Die Freikir­chen in Selbstdarstellungen, 1975

Schütz

Gemeinde der Christen »Ecclesia«



Die Gemeinde der Christen »Ecclesia« wuchs aus der evangelistischen Tätigkeit des aus Schwaben stammenden, in Solingen ansässigen Rasierklingenfabrikanten Her­mann Zaiss (3.9.1889 - 14.11.1958) hervor. Zaiss, der ursprünglich keine eigenen Ge­meinden gründen wollte, sprach durch seine einfache Verkündigung und oft derb-zupak- kende Art viele an. Im Mittelpunkt stand das »ganze, totale Evangelium« unter Betonung der -» Charismen, besonders der Glaubens­heilung; denn Christus hat den ganzen Men­schen nach Geist, Seele und Leib erlöst. Nach dem plötzlichen Tod von Zaiss wurde das Werk als e.V. von einem Brüderrat wei­tergeführt. Die evangelistisch ausgerichtete Anfangsentwicklung mündete jetzt in eine Phase des Gemeindeaufbaus. Die —» Taufe wird an Gläubigen vollzogen, am —» Abend­mahl kann teilnehmen, wer die biblische Grundlage der Ecclesia bejaht. - Die örtlich selbständigen Gemeinden werden von Älte­sten geleitet. Die Gemeinden sind in Bezirke mit Bezirksältesten als Vorsteher zusam­mengeschlossen. Diese bilden den Gesamt­vorstand, der aus seiner Mitte den »arbei­tenden Vorstand« ak Exekutive wählt. - Die ca. 150 Gemeinden in Deutschland sind um nüchterne biblische Ausrichtung bemüht und suchen gegenwärtig verstärkte Kon­takte zu anderen Gläubigen.

Lit.: Fröhliche Nachrichten (Zeitschr.)

Geldbach

Gemeindebeitrag



  1. ist die bei den meisten —> Freikirchen üb­liche Bezeichnung für den regelmäßigen (meist monatlichen) Mitgliedsbeitrag zur

Gemeindekasse. Er wird freiwillig gezahlt. Auf Kirchensteuer und jede Art von Veran­lagungen wird grundsätzlich verzichtet. Eine feste Norm besteht nicht, jedoch ist vielfach das Geben des —> Zehnten üblich. Der Gemeindebeitrag wird vor allem für die finanziellen Bedürfnisse der Ortsgemeinde und die übergemeindlichen Missionsaufga­ben und Werke der jeweiligen Freikirche verwendet. Einige Freikirchen besolden ihre Pastoren aus der Gemeindekasse, andere aus einer von Gemeindeeinnahmen beschickten Zentralkasse. Außer dem Gemeindebeitrag gibt es besondere zweckbestimmte Geld­sammlungen.

Lit.: W. Grün, Christ und Geld, 1963

Grün

Gemeindebibelschule (GBS)



Seit April 1977 haben der Bund ev.-freik. Gemeinden (-* Baptisten) und der Bund -* Freier ev. Gemeinden die GBS an vielen Or­ten eingeführt. Im Rahmen einer Ortsge­meinde treffen sich kleine Gruppen, zu­meist altersmäßig gegliedert, vor dem Got­tesdienst oder an einem Wochenabend zum Gespräch über vorgegebene Bibeltexte. Ziele sind vertiefte Bibelkenntnis, Erfahrung christlicher —► Gemeinschaft, Prägung des Lebensstils durch die Bibel und Stärkung des Zeugnisses. Die GBS will bewußt der Säku­larisierung entgegentreten. Grundlage bil­den die »Arbeitshefte für die GBS« mit je 13 Lektionen, Fragen und Aufgaben für ein Vierteljahr. Sie legen zwar den Sonntag- schul-Lehrplan der theologisch konservati­ven und missionarisch starken Baptisten der Südstaaten der USA zugrunde, erarbeiten die Lektionen aber weitgehend neu. Das Mate­rial ist betont christozentrisch und kann in typischen GBS-Gruppen und auch in —» Hauskreisen verwendet werden.

Lit.: G. Wieske, Betrifft: GBS, 1977 - Vierteljah­reshefte



  1. Wieske

Gemeindeordnung

Welche Ordnung für die christliche —» Ge­meinde dem neutestamentlichen Verständ­nis entspricht, wird in der ev. Christenheit und besonders in pietistischen und —> evan- gelikalen Kreisen verschieden beantwortet. Einig sind alle in der Überzeugung, daß die institutioneilen Kirchen nicht das verkör­pern, was im NT —> Gemeinde ist, Schöp­fung des Heiligen —» Geistes als —» Gemein­schaft mit Gott und untereinander. Da Lu­ther aus dieser Erkenntnis in seine Bibel­übersetzung nicht das Wort »Kirche« aufge­nommen hat, sondern »Gemeinde«, wird dieser Begriff bewußt bevorzugt. Einigkeit besteht auch darüber, daß zur Gemeinde nur Personen gehören, die persönlich an Jesus Christus gläubig sind.

Viele glauben daher, daß die wahre Ge­meinde aus Gliedern gebildet wird, die sich verstreut in allen Kirchen finden und mit­einander den Leib Christi bilden. Gemeinde sei keine sichtbare Körperschaft. Deshalb habe die Ordnung der Kirche keine wesent­liche Bedeutung. Sie kann unterschiedlich gestaltet werden, muß nur gewährleisten, daß das Wort Gottes rein verkündigt wird. So spielt auch für die Gemeinschaft in der Ev. Allianz die Frage der Gemeindeord­nung keine Rolle.

Andere dagegen sind der Überzeugung, daß die in der —> Reformation gesuchte Rück­kehr zur neutestamentlichen Gemeinde nicht nur den Glauben des einzelnen be­trifft, sondern auch die Ordnung der Ge­meinde. So sah es Calvin, vor ihm aber schon die Täufer in der Auseinandersetzung mit Zwingli und später die reformatorischen Gruppen, die in England die Staatskirche auch nach deren Loslösung vom Papst ab­lehnten. Zunächst in England und Nord­amerika entstanden aus dieser Bewegung -» Freikirchen, die Gemeinden nur aus Men­schen bilden, die persönlich zu Jesus Chri­stus bekehrt sind. In der Mitte des 19. Jh.s brach diese Erkenntnis im Zusammenhang mit der —» Erweckungsbewegung auch in Deutschland neu auf, so daß sich neben der —» Gemeinschaftsbewegung innerhalb der Landeskirchen Freikirchen bildeten.

In dem Anliegen, die Gemeinde des NT dar­zustellen, wurden aber sehr verschiedenar­tige Strukturen entwickelt. Schon das stellt in Frage, ob es die Gemeindeordnung des NT tatsächlich gibt. Heute setzt sich im Bibel­studium die Erkenntnis durch, daß unter­schiedliche Verhältnisse in den verschiede­nen Gemeinden die Apostel offenbar dazu geführt haben, auch verschiedenartige Ord­nungen zu entwickeln. Letztlich entspricht auch keine unserer Ordnungen ganz einer der im NT vorfindlichen.

Dennoch gibt das NT auch für die Gemein­deordnung verbindliche Weisung; denn We­sen und Auftrag der Gemeinde Jesu müssen auch ihre Strukturen bestimmen. Da die Gemeinde ais das messianische Gottesvolk im Auftrag Jesu das Kommen des —> Reiches Gottes ankündigt und Menschen unter seine Herrschaft ruft, bleibt für sie der neutesta- mentliche Weg gültig, daß die Gemeinde aus Menschen gebildet wird, die mit ihrem Le­ben Jesus Christus bekennen. Das Ziel der auf dieser Basis sehr verschiedenartig aufge­bauten Ordnungen ist, die Gemeinschaft so zu gestalten, daß jedes Glied die ihm vom Heiligen Geist verliehenen Gaben einbrin- gen kami und daß die Gaben und Dienste zu einem organischen Zusammenwirken ge­führt werden. Um das zu erreichen, wurden schon im 17. Jh. demokratische Strukturen entwickelt, die insbesondere in einzelnen Freikirchen (so bei den —> Baptisten) zur Ent­faltung gekommen sind. Das Anliegen jeder Ordnung ist jedoch vor allem, daß die Ge­meinschaft selbst zur Verkündigung des Evangeliums wird und zu einem Zeichen, daß das Reich Gottes angebrochen ist.

—> Amt

Lit.: E. Schweizer, Gemeinde und Gemeindeord­nung im Neuen Testament, 19622



Thaut

Gemeindetag unter dem Wort

Am 11.9.1972 entschlossen sich leitende Mitglieder der —» Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium«, dazu der Präses des —> Gnadauer Verbandes und der Bun- deswart des -» CVJM-Westbundes auf Vor­schlag von Pfarrer Paul Deitenbeck am Himmelfahrtstag 1973 einen »Gemeindetag unter dem Wort« zu halten. In ihrem von weiteren Mitgliedern der Bekenntnisbewe­gung, des Gnadauer Verbandes, der Kirchli­chen Sammlung um Bibel und Bekenntnis sowie der Ludwig -» Hofacker-Vereinigung mitunterzeichneten Aufruf heißt es: »Das Verlangen der Gemeinde Jesu Christi nach erwecklichen Glaubenstreffen ist groß im Lande angesichts der wachsenden geistli­chen Verwirrung in unserer Zeit. . . Solche Tage der Gemeinschaft gab es in der Kampf­zeit der Bekennenden Kirche. Sie waren als geistliche Kraftquelle auch noch spürbar bei einer Reihe von —> Kirchentagen nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn Gott es schenkt, soll dieser Gemeindetag unter dem Wort diese Segenslinie weiterführen.« Beim er­sten G. am 31.5.1973 versammelten sich rund 2 5 000 Besucher unter der Losung »Welch ein Herr! Welch ein Auftrag!« zu Gottesdienst und Kundgebung in der West­falenhalle Dortmund. - Der zweite G. am 29. 5- :975 unter der Losung »Wer Jesus hat, hat das Leben« wurde mit rund 36000 Men­schen im Neckarstadion Stuttgart zu einer evangelischen Großveranstaltung. — Die Ausweitung des 3. G.es in Dortmund mit der Losung »Jesus der wiederkommende Herr« auf mehrere Tage vom 17. bis 19. 5. 1977 er­möglichte weitere Entfaltung: vorherge­hende Schriftenevangelisation im Raum Dortmund (in 330000 Wohnungen), Stra­ßenmissionen, Abendevangelisationen, —> Bibelarbeiten und Arbeitsgruppen an den beiden Wochentagen sowie Gottesdienst, Kindertag und Kundgebung am Himmel­fahrtstag im Westfalenstadion (am Schluß­tag etwa 25 000 Besucher). Der dritte G. war mit der ersten »Evangelikalen Bücher-Bör- se« in Deutschland verbunden (über 40 Ver­lage). Der G. wird von einem Trägerkreis verantwortet und nur aus Spenden seiner Freunde finanziert.

Bäumer


Gemeindezucht

  1. wird von Jesus angeordnet (Mt 16,19; 18,12ff; Joh 20,23) und von den Aposteln in den Gemeinden eingeführt (Röm 16,17; iKor 5; 2Kor 6,14-17; 2Thess 3,6.i4ff.; iTim 1,20; 5,20; Tit 3,10; 2joh 10). Ein­wände wie: die G. vollziehe sich allein unter der Verkündigung, verstoße gegen das Ver­bot des Richtens und Jesu Vorbild der Ge­meinschaft mit den Sündern, unterscheide unbiblisch zwischen großen und kleinen Sünden und stehe gegen Mt 13,30, treffen den Kern der Sache nicht. Grundlegend für die G. ist die Heiligkeit Gottes (iPetr 1,15) und seiner —> Gemeinde (2Kor 6,16f.), des Leibes Christi (1 Kor 6,19; Eph 1,24). In der G. geht es um die Ehre Gottes durch die Erhal­tung der Heiligkeit der Gemeinde (Eph 5,27), die Abwehr unguten Einflusses durch offen­bare Sünde (iKor 5,6) und die Rückgewin­nung des abirrenden Bruders (Mt 18,12 —15; 2Kor 5,5; 2Thess 3,16). Sie ist unaufgebbarer Dienst brüderlicher Liebe; es ist Lieblosig­keit, wenn man Gcmeindeglieder ohne Warnung sündigen und ihres Heils verlustig gehen läßt. Deshalb gehört zum Auftrag des Gemeindeleiters sowohl die Verkündigung als auch die Zurechtweisung (2Tim 2,24; 4,2; Tit 1,9). Die G. muß getragen sein von


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der —» Liebe (Mt 18,12-15), vom —» Gebet (Mt 18,19b), vom Glauben (Lk 17,1-6) und vom Gehorsam gegen Christi Gebot. Sie er­wächst aus dem Wort (2Tim 3,16; Tit 1,9) und setzt eine lebendige Gemeinde voraus. Abendmahlsausschluß (im NT schwer nachzuweisen-vielleicht iKor 5,1 ib) sowie Ausschluß aus der Gemeinde und Abbruch der Verbindung (Mt 18,17b; iKor 5,2.11a; 2The^s 3,6.14) sind letzte Stufen, der die all­gemeine oder persönliche Ermahnung (Röm 12,8; Apg ii,23; 20,31; iThess 2,11f; 4,1;

  1. 12; iTim 4,13) und Zurechtweisung (Mt 18,15; Eph 5,11.13; iTim 5,20; 2Tim 4,2; Tit 1,13; 2., 15) vorausgeht. Öffentliches Ärgernis wird öffentlich gerügt (1 Tim 5,20 - Calvin), privates Fehlverhalten ist erst per­sönlich, dann im Bruderkreis zu korrigieren (Mt 18,15-17). Unter G. im engeren Sinn fallen öffentliches Ärgernis (iKor 5; 2Thess 3,6ff.), Irrlehre (Röm 16,17h; 2Tim 1,20; Tit 3,10; 2joh 10) und Unversöhnlichkeit (Mt 18,23ff); im weiteren Sinn geht es um alles, was den Glauben des einzelnen und die Ehre Gottes in der Gemeinde gefährdet. Bei aller Festigkeit ist G. mit Milde und Demut zu handhaben (Gal 16,1; Mt 7,1 ff.), damit der Abirrende nicht verzweifelt (zKor 2,5ff.) und der Helfende nicht dem Hochmut verfällt.

  1. oder Exkommunikation ist kein Aus­schluß vom Heil, sondern will davor war­nen, daß es ohne Umkehr dazu kommt.

Im —» Mittelalter wurde aus der G. ein Kir­chenstrafsystem mit komplizierter Bußpra­xis. Bei Calvin zählt sie zu den konstitutiven Elementen der Gemeinde und ist dem Pres­byterium übergeben. Luther anerkennt ihre Notwendigkeit (Sermon vom Bann), ordnet sie aber nicht, wegen des Widerstandes des Adels und des Fehlens einer gläubigen Ge­meinde (Deutsche Messe). Im luth. und ref. Bereich wurde G. weitgehend auf Abend­mahlszucht reduziert. Im 19. Jh. kommt es zu neuen Anläufen (-> Schleiermacher, —» Löhe - Versagen von —» Taufe, —> Konfirma­tion, Trauung oder Bestattung), die sich in der Praxis nicht durchsetzen. Gleiches gilt für die Bemühungen der —> VELKD. Dagegen gehört in jungen Missionsfeldgemeinden die

  1. zum festen Bestand. In der heutigen Lage ist zu beachten, daß die G. ein weithin uner­forschtes Gebiet ist. In der unüberschauba­ren volkskirchlichen Situation, ohne ver­bindliche Mitgliedschaft, persönliche -» Seelsorge und Gemeinschaft, der Auflö­

  2. sung des —> Bekenntnisses und der Lehiauto- rität (-» Lehrzucht) ist G. kaum durchführ­bar. Das trägt mit zur Gleichgültigkeit und Unverbindlichkeit in Glaubensdingen bei. In den —> Freikirchen wird G. geübt, doch muß man sich auch da an der jeweiligen geistlichen Situation der Gemeinde orien­tieren. G. kann mehr erfassen, was die Ge­meinde als Willen des Herrn erkannt und sich im Gewissen angeeignet hat; andern­falls endet sie in geistlosem Legalismus oder in der Frustration.

Lit.: R. Bohren, Das Problem der Kirchenzucht im Neuen Testament, 1952 - D. M. Kelly, Warum wachsen konservative Gemeinden-, 1978

Egelkraut



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