Francke, August Hermann —> Pietismus Illb
Frankfurter Erklärung -> Mission, -» Konferenz bekennender Gemeinschaften
Frauenarbeit
Das Ziel der ev. Frauenarbeit ist aus dem Namen, den sich die verschiedenen Organisationen gaben - Frauendienst, Frauenhilfe - ersichtlich: Von Frau zu Frau sollen Hilfen gegeben werden für den persönlichen Glauben, für die Aufgaben in Familie, Gemeinde, Beruf und im öffentlichen Leben. Verantwortungsgefühl für missionarische und soziale Aufgaben soll geweckt werden. Die einzelnen Frauengruppen sehen ihre Verantwortung zuerst in ihren eigenen Gemeinden und Kirchen. Um aber Pflichten darüber hinaus erfüllen zu können, haben sich die Gruppen in den verschiedenen Denominationen organisiert, die methodisti- schen Gruppen z.B. schon 1886. Zu den vielseitigen Aufgaben im eigenen Land gehören u.a.: Müttererholungen, Mission an Koreanischen Schwestern, Hilfen beim Einleben der Rückwanderer aus Ostblockländern, Ausländermission, Seniorenarbeit, Hilfen für Waisen und Kinder aus zerrütteten Ehen. Neben Tagungen und —» Freizeiten, die innere Hilfen bieten sollen, werden Seminare und Rüstwochen abgehalten, um Leiterinnen und Mitarbeiterinnen zu schulen. Fast alle Organisationen sind eingebettet in eine Europäische und/oder Welt-Organisation, durch die Bereicherung der eigenen Arbeit gegeben wird, aber wodurch auch Verantwortung über die eigenen Grenzen hinweg geweckt wird. Die freikirchlichen Frauendienste haben sich zur besseren Ausnutzung der Geldmittel - z.B. zur Herstellung einer regelmäßig erscheinenden Materialmappe für Leiterinnen - zu einem lockeren Verband zusammengeschlossen. Durch den Weltgebetstag, der seit 1897 am ersten Freitag im März jeweils abgehalten wird, sind Frauenorganisationen aller ev. Denominationen verbunden. Neuerdings beteiligen sich auch kath. Frauen. Die Organisationen, die sich so zusammenfinden, sind: Ev. Frauenarbeit in Deutschland, Ev. Frauenhilfe in Berlin, Frauenwerk der Ev.-Luth. Kirche Hannover, Ev. Frauenhilfe Württemberg, Frauenwerk der -» Altkatholiken, Frauendienst der Methodisten, Bayrischer Mütterdienst, Frauendienst der Ev.-Freikirchlichen Ge-
Lit.: L. Nold, Am Leben lernen, 1959 - F. Mybes (Hg.), Gemeindeveranstaltungen (Frauenveranstaltungen), 1968
Flügge
meinden (-* Baptisten), der —» Brüderge- meine und der —> Heilsarmee.
Freidenker
Der Begriff »freethinker« wurde erstmals 1697 in England als Selbstbezeichnung christlicher Deisten (—» Gott; —> Atheismus) gebraucht. Die Frontstellung gegen den christlichen —> Glauben insgesamt wurde vor allem in Frankreich (durch Voltaire, de Lamettrie, Diderot u.a.) vollzogen. Im 19. Jh. verwarfen die F. die Autorität von —> Kirche und Dogmen, weil eine dem —» Menschen vorgegebene Wahrheit das schöpferische Denken knebele. Zwei Richtungen entwik- kelten sich: eine von der wachsenden Na- turerkenntnis getragene philosophisch-rationalistische (Ludwig Feuerbach, David Friedrich Strauß, Ernst Haeckel) und eine marxistisch-materialistische, aus der die kommunistischen F. und die Gottlosen- Verbände entstanden, die religiöse Vorstellungen als »Opium fürs Volk« bezeichneten. Um 1880 wurde in Brüssel der »Internationale Freidenker-Verband« gegründet. In Deutschland entstand 1905 der »Deutsche Freidenker-Verband«, zunächst »Verein der Freidenker für Feuerbestattung« genannt. Der 1906 gegründete »Deutsche Monistenbund« sammelte Intellektuelle zum Kampf für eine »wissenschaftliche« Gesamtschau der Welt. - In den 30er Jahren hatte das Frei- denkertum seinen Höhepunkt. Der »Deutsche F.-Verband« zählte vor dem 1933 erfolgenden Verbot 660000 Mitglieder. Wenn die Sache in den letzten Jahrzehnten in der westlichen Welt an Bedeutung verliert, dann auch deshalb, weil ein freies, selbständiges Denken nicht mehr mit dem Makel der Aggression auf das Überkommene und Überlieferte verbunden ist. Die »Humanistische Union« will vor allem die Sonderstellung der Kirchen in der Bundesrepublik abbauen und auf allen Ebenen religionsfreie Räume erkämpfen.
Lit.: K. Becker, Freigeistige Bibliographie, o.J. (ca. 1973)
Rothenberg
Freie evangelische Gemeinden
1. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG. Die F.e.G. entstanden während der —» Erweckungsbewegung im 19. Jh. Durch den Schotten R.
Haldane (1764-1842), später A. —» Monod bildeten sich von —» Kirche und Staat unabhängige Gemeinschaften aus bewußten Christen in der Schweiz, Norditalien und Frankreich. In Lyon lernte 1841 der deutsche Kaufmann H. H. -» Grafe eine solche Gemeinde kennen. Sie hielt sich von ihrer nichtchristlichen Umwelt getrennt und richtete sich in Ordnung und Auftrag nach den Vorbildern im NT. Daraufhin trat H. H. Grafe mit fünf anderen Kaufleuten aus Gewissensgründen am 30. Nov. 1854 aus der ref. Kirche aus und gründete am selben Tag in Elberfeld/Barmen die erste F.e.G. in Deutschland. 1874 schlossen sich hier 22 »Abendmahlsgemeinschaften« zum »Bund
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e.G.« zusammen.
Die weitere Entwicklung wurde von folgenden Männern beeinflußt: F. Fries
(1856-1926) gründete 1887 in Witten eine Buchhandlung mit Verlag und 1896 in Wetter das Diakonische Werk »Bethanien«. O. —> Schopf ließ durch Prediger der Inlandmission den Ruf zum Glauben in anderen Landesteilen verkündigen und begann ein bundeseigenes Predigerseminar. W. Hermes (1877-1935) schrieb »H. H. Grafe und seine Zeit«, förderte in den Gemeinden Bundesbewußtsein und schützte sie vor Einflüssen des Darbysmus (—■> Versammlung) und der »Deutschen Christen« (—» Kirchenkampf).
K. -* Bussemer formte die geistlich-theologische Grundrichtung des Bundes, indem er »Die Gemeinde Jesu Christi« verfaßte und am Seminar lehrte. 1934 führte F. -> Heit- müller die Holstenwall-Gemeinde Hamburg in den Bund. Nach 1945 gingen die Gemeinden jenseits der Oder-Neiße-Linie verloren, im Harz, in Holstein und Bayern entstanden neue, ebenso diakonische Werke für Alte, Kranke und Kinder. Die Inlandmission setzte Großzelte ein, die Auslandsmission (Allianz-Mission-Barmen) gründete Gemeinden in Japan und Brasilien. 1950 baute der Bundes-Verlag dem Bund in Witten ein eigenes Verwaltungszentrum, das 1977 erweitert wurde.
2. von glauben, lehre und leben. Verbindliche Grundlage ist die —» Bibel, das Wort Got
tes. Es fordert die persönliche Entscheidung des einzelnen. Deshalb kann in einer F.e.G. nur Mitglied werden, wer bekennt, durch Jesus Christus Vergebung seiner Sünden empfangen zu haben und wer sein Leben von Gott bestimmen läßt. Die Gemeinden beja
hen das Apostolische Glaubensbekenntnis. Fragen der Bibelauslegung und -anwendung müssen in dem an Gottes Wort gebundenen Gewissen des einzelnen verantwortet werden. -Im wesentlichen Einheit - im unwesentlichen Freiheit - in allem Liebe!«
Am Gemeindeleben haben alle Mitglieder tätigen Anteil. Zum Dienstamt in der Gemeinde gehören entsprechende Begabung und Beauftragung durch die Gemeinde, meist auf Zeit. Die Gemeindeleitung liegt beim Ältestenkreis. Über wichtige Fragen entscheiden alle Mitglieder in geistlicher Einmütigkeit. Gepredigt wird auch von Nichttheologen. Das gemeinsame Beten und das Kennen- und Verstehen-Lernen der Bibel sind Kernstücke des Gemeindelebens. Die —» Taufe auf das Bekenntnis des persönlichen Glaubens wird durch Untertauchen vollzogen; sie ist nicht Vorbedingung zur Gemeindeaufnahme. Die Kinder werden unterwiesen, wie man Christ wird und als Christ zu leben hat; sie können Mitglied werden, wenn sie die -»Wiedergeburt erfahren haben. Am Herrnmahl (-» Abendmahl) kann teilnehmen, wer in Gemeinschaft mit Jesus und im Frieden mit seinem Nächsten lebt. - Die Ausgaben werden durch freiwillige Spenden finanziert; manche geben weniger als den —»• Zehnten, andere mehr.
Die F.e.G. wachsen da, wo die Mitglieder verbindlich Jesus nachfolgen und ihren Mitmenschen mit dem Bekenntnis zu Christus begegnen. Bei offensichtlich sündhaftem Verhalten wird —» Gemeindezucht geübt.
3. ZAHLENSCHAU DES BUNDES UND SCHRIFTTUM. 1976 umfaßte der Bund 237 Ortsgemeinden, weitere 250 Predigtplätze, 20150 Gemeindemitglieder, 150 hauptamtliche Prediger und 40 Missionare. In der DDR sind 30 Gemeinden mit weiteren 30 Predigtplätzen, 1300 Mitgliedern und 12 Predigern. Im Weltbund sind in 15 Ländern 17 Bünde mit 3000 Gemeinden, 300000 Mitgliedern, 2 700 Predigern und 600 Missionaren in 5 Erdteilen. In diesen Bünden bilden die F.e.G. eine geistliche Lebens- und Dienstgemeinschaft. Durch sie soll in Wort und Tat Jesus Christus bekanntgemacht werden als das Heil und der kommende Herr, der die Christusgemeinde vollenden und die Welt erneuern wird. - Die F.e.G. sind als Gäste der —» Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland angeschlossen.
Lit.: E. W. Erdlenbruch und H.-A. Ritter, F.e.G., 1978 - H. Lenhard, Studien zur Entwicklung der Ekklesiologie in den F.e.G. in Deutschland, 1977 - ••Der Gärtner«, Wochenschrift der F.e.G., seit 1893
Ritter
Freikirchen
Freikirchen sind seit der —» Reformation aus dem Gegensatz gegen Staats- oder Landeskirchen, besonders im angelsächsischen Raum, entstanden. In Deutschland sind sie erst im 19. Jh. hervorgetreten und blieben infolge der kirchlichen Geschlossenheit der Territorien klein. Oft als —» Sekten bezeichnet, sind sie jedoch in eben dem Maße wie die Kirchen von den Sekten zu unterscheiden.
Ihr Protest gegen —» Volks- oder Landeskirchen zeigt, daß F.n eine kirchliche Zwangseinheit ablehnen. Sie fordern Freiheit zur Entfaltung für sich und andere. Sie stellen keinen Ausschließlichkeitsanspruch, sondern ziehen die Vielfalt kirchlicher Organisationsformen vor und wissen darum, daß Kinder Gottes in allen Kirchen zu finden sind. Da sie für die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft eintreten, die normalerweise eine bewußte Entscheidung (—» Bekehrung) voraussetzt, wird der Versuch gemacht, die Gemeinde der Heiligen darzustellen. Das bedeutet auch, daß in einzelnen Fällen —» Gemeindezucht, d.h. Ermahnung oder Ausschluß, geübt wird. Aus dem Gedanken des —» Priestertums aller Gläubigen ergibt sich trotz einer heute zu beobachtenden Klerika- lisierung eine Abwertung des —» Amtes und entscheidende Mitarbeit der Laien am kirchlichen Leben. Dieses wird von den Gemeinden durch freiwillige Spenden (Haushalterschaft; —» Gemeindebeitrag) finanziert. Da Christen- und Bürgergemeinde nicht dek- kungsgleich sind, richtet sich der missionarische Eifer ebenso nach innen wie nach außen. Die Bejahung dieser Grundsätze hat die Trennung von -» Kirche und Staat zur Folge; diese ist aber nicht Kennzeichen einer F. Hauptströmungen des Freikirchentums sind neben den —» Friedenskirchen der Kongrega- tionalismus, Presbyterianismus und —> Baptismus. Dazu kamen im 19./20. Jh. die —» Freien ev. Gemeinden, die christliche —» Versammlung, die -» Heilsarmee und, mit Einschränkungen, der -» Adventismus und Teile der Pfingstbewegung. Die —» Brüdergemeine, der -» Methodismus und die luth. F.n nehmen eine Zwischenstellung ein. Während die Brüdergemeine der —>■ Ev. Kirche in Deutschland angeschlossen ist, entwickelte sich der Methodismus erst allmählich und gegen Wesleys ursprüngliche Absicht zu einer F. Die -> Altlutheraner wurden aus konfessionalistischen Gründen zu einer F.: man wehrte sich gegen die obrigkeitliche Einführung nichtlutherischer Elemente in Gottesdienst und Ordnung der Kirche im Zuge der Bildung der Preußischen Union. Die meisten F.n arbeiten in der —» ökumenischen Bewegung, der ev. Allianz, der -» Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen und der —» Vereinigung ev. F.n mit.
Gemeindeordnung, -» Gottesdienst
Lit.: F. H. Littell, Von der Freiheit der Kirche, 1957 - G. Westin, Geschichte des Freikirchentums, 19582 - H.-B. Motel (Hg.), Glieder an einem Leib, 1975
Geldbach
Freiversammlungsmission
Eine mobile Art der —» Volksmission. Die missionarischen Einsätze geschehen auf Straßen und offenen Plätzen aber auch auf Campingplätzen oder in Erholungsgebieten. In Deutschland verfügt die Freiversammlungsmission über 10 Missionswagen, die in Form von »Kanzelwagen« konstruiert sind und überall eingesetzt werden können. Die Mission wurde um die Jahrhundertwende in Australien ins Leben gerufen und arbeitet heute in vielen Ländern der Erde.
Geldbach
Freizeit
Neben der Gemeindearbeit in der Ortsgemeinde, die vom —> Gottesdienst und der Gruppenarbeit her bestimmt ist und vorwiegend in Gemeinderäumen stattfindet, gewinnt die Arbeit in Urlaub und Freizeit immer mehr an Bedeutung als wichtige Möglichkeit sowohl zu evangelistischer Tätigkeit wie zur Einübung christlichen Lebens. Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung ist eine Lebensweise möglich geworden, die nicht nur von —> Arbeit und Leistung bestimmt ist.
Eine »Freizeit« im Bereich der Gemeindearbeit ist darum eine Erholungsmaßnahme, die für eine bestimmte Personengruppe (Jugendliche, Kinder -> Familien, Senioren) an einem bestimmten Ort (Erholungsgebiet, Freizeitheim, Ausland) zu einer festgesetzten Zeit (Urlaub, Wochenende) durchgeführt wird. Sie dient der Förderung der Gemeinschaft, der Besinnung über der Bibel und zur körperlichen Erholung. Sie unterscheidet sich von einer Tagung durch das auf Urlaub und gemeinsames Erlebnis ausgerichtete Freizeitprogramm, von einer Reiseveranstaltung durch die von der Gruppe geprägte Form der Gemeinschaft. Die tägliche —> Bibelarbeit und gemeinsame Gespräche über Lebens- und Glaubensfragen wollen zur Glaubensvertiefung des einzelnen und Förderung der Gemeinschaft einen entscheidenden Beitrag leisten.
Lit.: Ev. Jugendwerk (Hg.), Freizeithandbuch für die Jugendarbeit, 1974 - Kirchl. Werk Freizeit und Erholung (Hg.), Freizeithandbuch 2 für die Gemeindearbeit, 1975
Zeiger
Friedenskirchen
Historische F. nennt man die aus der —» Reformation hervorgegangenen —» Mennoni- ten, die aus dem radikalen deutschen —» Pietismus stammende Kirche der Brüder (Church of the Brethren) und die auf dem Boden des Puritanismus erwachsenen —» Quäker. Allen gemein ist die strikte Anwendung des neutestamentlichen Friedensgedankens auf das individuelle und gesellschaftliche Leben, insbesondere die Ablehnung des —» Kriegsdienstes. Die F. haben eigene, eng zusammenarbeitende Wehr-Ersatzorganisationen geschaffen und sind bestrebt, durch christlichen Friedensdienst, d.h. durch vielfältige soziale, wirtschaftliche und humanitäre Hilfsmaßnahmen, den Frieden zu bauen. Nach dem 2. Weltkrieg haben die F. über die UNO und den ÖRK auch politisch Einfluß zu nehmen versucht. Der Kampf gegen den Vietnam-Krieg war in den USA vielfach von den F. getragen. F. -h> Siegmund- Schultze war bei Gründung des Internationalen Versöhnungsbundes stark von den Quäkern beeinflußt.
Lit.: Donald F. Durnbough, Every Need Supplied 1974 - Ders., Die Kirche der Brüder, 1971
Geldbach
Friedrich Wilhelm IV. *15.10.1795 Berlin, f 2.1.1861 Schloß Sanssouci. Künstlerisch und wissenschaftlich hoch begabt, von tiefer Gläubigkeit erfüllt, wollte er Staat und Kirche aus christlichem Geist erneuern. Nach seinem Regierungsantritt (1840) beendete er den Kölner Kirchenstreit, die Demagogenverfolgungen und rehabilitierte früher Gemaßregelte, jedoch fehlten ihm zum Re
gieren Beständigkeit und Sinn für das Reale und Machbare. Er zog die Elite des Geistes und Führer der Erweckungsbewegung an sich. Sein Kirchenbegriff war von ökumenischer Weite, die anglikanische Kirche sein Vorbild. Gedanken von —* Schleiermacher, Nicolovius und —» Bunsen aufgreifend, wollte er die Reformation »vollenden«, die Kirche aus staatlicher Verwaltung entlassen, das Bischofsamt mit apostolischer Sukzession erneuern. Aber seine Ratgeber wie Gebrüder —> Gerlach, Stahl, —> Bodel- schwingh und Thile dachten national-kirchlich. So entstanden lediglich der Ev. Oberkirchenrat als kirchliche Oberbehörde Preußens sowie in Kooperation mit der anglikanischen Kirche das Ev. Bistum Jerusalem. Die Erneuerung der -> Diakonie war ihm »Grundvoraussetzung der Verlebendigung der ev. Kirche«. Großzügig förderte er die —»Innere Mission. —>■ Fliedner und -» Wiehern waren seine beständigen Beauftragten für diakonische und soziale Fragen.
Lit.: E. Schaper, Die geistigen Voraussetzungen für die Kirchenpolitik F.W. IV., 1938 - H. J. Schoeps, Das andere Preußen, 1963 - K. Schmidt-Clausen, Vorweggenommene Einheit, 1964
Schering
Fritzsche, Gerhard, *23.4.1911 Dittmannsdorf bei Flöha/Sachsen, Ende 1944 in Südrußland verschollen. Dichter der Jungen Gemeinde. Der Sohn eines Strumpfwirkers
Gerhard Fritzsche
sollte den Betrieb des Vaters übernehmen. Doch sein wacher Geist eroberte sich die Welt der Bücher. Im —> Jugendbund für EC wurde ihm Gott wirklich. Die Begegnung mit der ev. Singbewegung löste in F. den Wunsch aus, neue Lieder zu schaffen. Einige Texte waren von frühen Leiderfahrungen geprägt, so das Lied »Daß wir deine Herrlichkeit können recht erfassen, wirfst du über uns das Leid, führst uns dunkle Straßen.« Die Sammlung »Das Aufgebot« (Berlin 1938) enthielt bereits 10 Lieder von F., der inzwischen ev. Jugendwart in Ka- menz/Sachsen geworden war. Sprechchöre und Laienspiele folgten. 1941 entstanden im Lazarett die knappen »Sprüche von Leben und Tod«, von denen der Vierzeiler »Alles ist eitel« bald als Kanon durch die Lande lief. »Das Junge Chorlied« (Berlin 1961) enthält 17 Lieder des Dichters.
Rothenberg
Frömmigkeit -> Geistliches Leben
Frommei, Emil, *5.1.1828 Karlsruhe, +9.11.1896 Plön, einer der im besten Sinne volkstümlichen und mit Recht beliebten Prediger des 19. Jh. Nach Jahren des Ringens und der Kritik wurde er in Erlangen (-» Erlanger Theologie) unter dem Einfluß von Hofmanns und eines baltischen Kommilitonen ein bibelgläubiger, weitherziger lutherischer Christ. 1850-1864 steht er im badischen Kirchendienst (im Anfang eine Zeit lang bei -> Henhöfer). Nach sechs weiteren Jahren in Wuppertal wurde er 1870-1896 erst Garnison-, ab 1872 einer der Hofprediger in Berlin, dessen Einfluß und Ansehen sich »von der kaiserlichen Familie bis in die Dachstuben der Nähmädchen, in die Künstlerateliers und zu den Kellnern und Droschkenkutschern« (E. Beyreuther in: Neue Dt. Biographie, Bd. 5) erstreckte.
Lit.: Gesammelte Schriften, 11 Bde. 1873 -97 - O. Frommei, E. F., Bürger zweier Welten, 1938
Mülhaupt
Fry, Elizabeth, *21.5.1780 Norwich, fi7.10.1845 London, Predigerin der -»■Quäker und Reformerin des Gefängniswesens. Getreu ihrem Prinzip, daß der Dienst an der Seele die Seele allen Dienstes ist, kämpfte sie für religiöse und allgemeine Unterweisung in den Gefängnissen, Einteilung der Häftlinge nach Alter und Geschlecht, weibliche Aufsicht für inhaftierte Frauen, Son-
Elizabeth Fry
Otto Funcke
derbetreuung mitinhaftierter Kinder und sinnvolle Beschäftigung aller Gefangenen. Eine Verbesserung der Gesetzgebung war Frucht ihres unermüdlichen Einsatzes, der auch der Fürsorge von Kranken, Geistesgestörten, Obdachlosen und Seeleuten galt, so daß sie eine Fürsprecherin des weiblichen Diakonats ist. Durch —» Bunsens Vermittlung bereiste sie Deutschland und beeinflußte —> Fliedner, —» Wiehern und —» Friedrich Wilhelm IV.
Lit.: Memoirs 2 Bde., dt. 1858 - H. Ziegler, E.F., 1956
Geldbach
Führung —> Geistesleitung
Füllkrug, Gerhard, *6.7.1870 Krotoschin, fi 1.11.1948 Quedlinburg, Theolog. Studium in Tübingen, Berlin, Erlangen und Halle (M. —» Kahler). 1900 Pfr. in Bentschen. 1915 nach Kassel berufen, wurde F. 1916 Direktor des Centralausschusses für —» Innere Mission. In der volksmissionarischen Auswirkung sah er die entscheidende Begründung des diakonischen Wirkens. Den internationalen Zusammenschluß der I.M. hat er entscheidend gefördert. Er ist in Nein- stedt/Harz beerdigt.
Lit.: Hg.: Handbuch der —*■ Volksmission 19194 - Zeitfragen der Inneren Mission r92o ff.
Rothenberg
Funcke, Otto, *9. 3. 1836 Wülfrath, |26.
-
1910 Bremen; ev. Pfarrer, Schriftsteller. Vom heimischen niederrheinischen -> Pietismus, dann als Theologiestudent (Halle, Tübingen, Bonn) vor allem durch }.T. Beck geprägt, diente er nach kurzer Hilfspredigerzeit in Wülfrath und Wuppertal von 1862-68 als Pfarrer in Holpe (im Oberber- gischen), danach bis zu seiner Emeritierung 1903 als Inspektor der —» Inneren Mission und Pfarrer einer von ihm gegründeten Vorstadtgemeinde in Bremen. Als Seelsorger und fruchtbarer Schriftsteller achtete er besonders auf »die Fußspuren des lebendigen Gottes in (meinem) Leben« (Autobiographie), die er in volkstümlich origineller Weise praktisch und lebensnah darzustellen verstand. An dogmatischen Fragen wenig interessiert, wollte er durch »Jesus allein« eigene und fremde »Zweifel zu bezweifeln« (Beck) suchen und lehren, »wie man glücklich wird und glücklich macht«.
Lit.: O. F., Fußspuren Gottes in meinem Leben. Gek. und überarb. Ausg., 1967 - A. Pagel, O. F. Ein echter Mensch - ein ganzer Christ, I9623
Balders
Fundamentalismus
Der F. ist eine amerikanische Abwehrbewegung gegen den theologischen -» Liberalismus, der lebenswichtige Bestandteile des Glaubens aufgegeben und die Gemeinden in
ihrer Existenz bedroht hatte. Die Wurzeln des F. reichen bis in die Bibelkonferenzen der 70er Jahre des 19. Jh.s zurück. In den 90er Jahren kam es zu verschiedenen Häresieprozessen. Die Sorge um den Glauben verband die konservativen Kräfte über die Grenzen der Denominationen hinweg. 1909 begann man mit der Herausgabe der Schriftenreihe »The Fundamentals«, in der man die »un- aufgebbaren und unwandelbaren« Fundamentallehren des Glaubens verteidigte. Diese Schriften zeichneten sich durch wissenschaftliche Gründlichkeit, Weite des theologischen Standpunktes und Bindung an die Schrift aus. Man reduzierte die »fun- damentals« in der Folgezeit auf fünf Programmpunkte : Irrtumslosigkeit der Bibel, Gottheit -> Jesu Christi und —> Jungfrauengeburt, stellvertretendes Sühnopfer, leibliche —> Auferstehung und persönliche —» Wiederkunft Christi. Die baptistische Zeitschrift »Watchman Examiner« prägte 1920 den Namen »Fundamentalist«: ein Mann, der für die »fundamentals« des Glaubens kämpft. Der Begriff wurde alsbald auf beiden Seiten des Atlantik zu einem Schlagwort. Der eigentliche Kampf wurde in den Kirchen um die Verteilung der Haushaltsmittel, die Stellenbesetzung und die theologische Ausrichtung der Zeitschriften ausgetragen; es kam darüber zu Kirchenspaltungen.
In der Folgezeit fehlen dem F. qualifizierte Kräfte. Im Evolutionsstreit sucht man auf Schulbuchgestaltung und staatliche Gesetzgebung einzuwirken (Scopes-Trial), aber den Vertretern des F. fehlt die notwendige naturwissenschaftliche Bildung. Bald tritt an Stelle des sachlichen Gesprächs persönliche Polemik. Mißtrauen gegen jegliche Wissenschaft, fehlende theologische Bildung, Verachtung der -» Geschichte, Kulturfeindlichkeit und sozialethische Gleichgültigkeit kennzeichnen zunehmend den F. In den eigenen Reihen machen sich schroffer und lieblos reaktionärer Geist, Argwohn, kleinliche Zänkereien über unbedeutende Lehrpunkte breit. Trotz der Gründung der »World's Christian Fundamentais Association« (1919) und des »International Council of Christian Churches« konnte der
-
gegenüber dem Liberalismus das Feld nicht behaupten. Dem abnehmenden Einfluß in den Kirchen stand lediglich ein führender Platz auf dem Gebiet der —» Mission und —>• Evangelisation und damit verbunden der ärztlichen Mission, des Schulwesens und der —>■ Literaturarbeit gegenüber. Zu einer Trendwende kam es erst, als nach 1945 junge gläubige Theologen die einseitige Negation überwanden, die grundlegenden Aussagen des Glaubens mit akademischer Sorgfalt und in strenger Bindung an die Schrift neu formulierten und so dem Liberalismus positiv begegneten (-» evangelikale Erneuerung).
In Deutschland fehlt der eigentliche Fundamentalismusstreit. Das Wort wurde eingedeutscht, ist inhaltlich äußerst Undefiniert (man verbindet damit u.a. den Gedanken übertriebener Buchstabengläubigkeit) wirkt emotional und hat schimpfwortähnlichen, herabsetzenden Sinn,- es sollte möglichst gemieden werden.
Lit.: F. Laubach, Aufbruch der Evangelikalen, 1972 - J. I. Packer, Fundamentalism and the Word of God, 1964 — L. Gasper, The Fundamentalist Movement, 1963
Egel kraut
G
Gallneukirchen
Das Ev. Diakoniewerk Gallneukirchen (Verein) ist die größte diakonische Einrichtung innerhalb der —» Ev. Kirche in Österreich. Sie besteht seit 1872 und wurde von Pfarrer Dr. theol. Ludwig Schwarz zusammen mit Jakob Bollinger (Kinder- und Waisenrettungsarbeit in Weikersdorf) gegründet. Die Arbeit ist aus dem Boden einer Erweckung innerhalb der kath. Gemeinde um 1800 durch das Wirken ihres Pfarrers M. —» Boos erwachsen.
Folgende Arbeitsgebiete gehören dazu: Drei Krankenhäuser, vier Häuser für Schwer- und Schwerstbehinderte, zwei für Rehabilitanden, sechs Ausbildungsmöglichkeiten, fünf Erholungsstätten bzw. Tagungsheime, fünf Altenheime und mehrere Einrichtungen des Wirtschaftsbereiches. Den Schwerpunkt bildet der Behindertenbereich. Innerhalb des Diakoniewerkes werden 1300 Menschen von etwa 1 000 Mitarbeitern betreut. In G. befindet sich auch das einzige österreichische Diakonissen-Mutterhaus.
Karzel
Gastarbeitermission
Gastarbeiter werden jene Ausländer genannt, die aus verschiedenen Süd- und Ostländern nach Deutschland und der Schweiz gekommen sind, um hier Arbeit zu finden. Seit 1955 hat eine von niemandem in diesem Ausmaß vorausgesehene »Völkerwanderung« eingesetzt. In der BRD arbeiteten im Jahre 1973 3 1/2 bis 4 Millionen, in der Schweiz etwas über eine Million. Fast jeder
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Einwohner der Schweiz ist z.Zt. ein Ausländer. Ursachen dieses Ansturms von Gastarbeitern sind Existenzsorgen einerseits und Hochkonjunktur der westlichen Länder andererseits. Die G. ist die Antwort der gläubigen Gemeinde auf den Missionsbefehl Jesu (Apg 1,8) und auf die innere Not der Gastarbeiter, denn »der Mensch lebt nicht vom Brot allein«. Auf Anregung der Ev. —> Allianz gründete die Süd-Ost-Euro- pa-Mission (SOEM) einen neuen Arbeitszweig, den sog. »Südländerdienst«. Hinzu kamen in der BRD der »Ev. Ausländerdienst Solingen« (EAS), jetzt in Dortmund, die Aus
länderarbeiten der »Offenen Brüderversammlungen« und der »Alten —> Versammlung«, das Missionswerk —> »Licht im Osten« Korntal und der »Orientdienst Wiesbaden«, sowie die »Bibelmission« Wuppertal. In der Schweiz nimmt sich neben landes- und freikirchlichen Kreisen vornehmlich die »MEOS-Svizzera« (Evangelische Mission unter Ausländern in der Schweiz) mit Sitz in Zürich der inneren Not der Ausländer an. Was in Art. 1 ihrer Statuten steht, gilt in ähnlichem Sinn auch für die vorgenannten Missionswerke: »Die MEOS-Svizzera ist ein Verein, welcher im Einverständnis mit der Ev. Allianz und unter Zugrundelegung ihres Bekenntnisses zu Jesus Christus als Herrn, Erlöser und Gottes Sohn der Ausbreitung des Evangeliums dient, insbesondere unter den in der Schweiz tätigen ausländischen Arbeitern. Dabei wird die Zusammenarbeit mit gleichartigen Bestrebungen gesucht. Hingegen wird die Gründung einer eigenen Kirche oder Gemeinschaft nicht beabsichtigt«. Vom
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-15. Okt. 197 5 fand auf St. Chrischona
bei Basel die erste europäische Konferenz für
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statt mit dem klaren Ziel, die Gemeinde Jesu für diese Missionsarbeit zu aktivieren.
Bösch
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