Rechtskunde einführung in das strafrecht der bundesrepublik deutschland anhand von tötungsdelikten



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5.2 Teilnahme

Mittelbare und Mittäterschaft bedeuten volle Zurechnung fremder Tatbestandsverwirkli­chung als eigene Tat und damit echte Täterschaft.


Teilnahme ist eigene Beteiligung an fremder Tatbestandsverwirklichung. Sie ist in der Form der Anstiftung oder der Beihilfe möglich. Dabei unterscheiden sich die Teilnahmeformen u.a. nach der Intensität des Beitrages zur Rechtsgutsverletzung. Aus dem Verhältnis der Strafdrohungen der §§ 26 und 27 untereinander, die einerseits einen Anstifter dem Täter gleichstellen, andererseits für den Gehilfen eine obligatorische Strafmilderung vorsehen, ist die Wertung des Gesetzgebers abzulesen, dass die "Anstiftung" genannte vorsätzliche Bestimmung zu vorsätzlich begangener "Haupttat" gegenüber der "Bei­hilfe" genannten vor­sätzlichen Hilfeleistung zu vorsätzlich begangener Haupttat als schwereres Delikt gewertet wird. Treffen mehrere Beteiligungsformen (Täterschaft und Teilnahme in Form von Anstiftung und/oder Beihilfe oder auch Anstiftung und Beihilfe) einer Person an derselben Tat und demselben Deliktsvorwurf zusammen, so geht die weniger schwere in der schwe­­reren Beteiligungsform auf. Täterschaft geht vor Teilnahme je­der Art: Wer zu einer Tat anstiftet und dann selber als Mittäter an der De­likts­begehung beteiligt ist, wird (nur) als Täter be­straft. Darum wurden die Mitglieder des DDR-Verteidigungsrates wegen der an der Grenze auf ihren Befehl hin vorgenommenen Tötungen von Flüchtlingen (nur) wegen mehrfachen in mittelbarer Täterschaft begangenen Totschlags und nicht zusätzlich wegen Anstiftung zu den Tötungshandlungen der Grenzsoldaten verurteilt. Bei der bloßen Teilnahme an fremder Deliktsbegehung geht Anstif­tung vor Beihilfe: Wer zu einer Tötung anstiftet und dann außerdem dem späteren Täter noch die Munition oder das Gift be­sorgt, wird nur wegen der Anstiftung bestraft, nicht aber als Gehilfe wegen der zusätzlich geleisteten Beihilfe.
Die §§ 26 und 27 sehen als Beginn der Strafbarkeit eines Teilneh­mers eine entweder als Versuch oder Vollendung begangene(!) vor­sätzliche rechtswidrige Haupttat des Täters an. Es muss also zu einer Haupttat unmittelbar angesetzt worden sein, bevor ein Teilnehmer gemäß der §§ 26 und 27 bestraft werden kann. Liegt keine vorsätz­lich wenigstens als Versuch begangene rechtswidrige Haupttat vor, muss zwingend eine Strafbarkeit aus diesen Paragraphen entfallen.
Als Beispiel diene der Fall 15: Der durch viel Medienaufmerksam­keit hinlänglich bekannte, inzwischen selber an Krebs verstorbene Arzt Prof. H. ließ - nach Rück­sprache mit einem als höherer Richter tätigen Strafrechtsprofessor - einer an un­heil­barem Gesichtskrebs er­krank­ten Patientin nach 13 vergeblichen Operationen auf deren mehr­fach geäußerten ausdrück­li­chen Wunsch hin wegen der Hoffnungs­losigkeit des sich immer schnel­ler ver­schlim­mernden Zustandes 4 gr Zyankali zukommen, damit die Patien­tin Selbsttötung begehen könne.

Es ist Unsinn, in einem solchen Fall von „aktiver indirekter Sterbehilfe“92 zu sprechen, denn es lag eindeutig ausschließlich vom Gesetzgeber straflos gelassene Beihilfe zur Selbsttötung vor – auch wenn die zuständige StA das in völliger Rechtsverblendung nicht hatte wahrhaben wollen!

Da keine Tötung auf Verlangen, sondern eindeutig eine Selbsttötung vorlag, Suizid aber straflos ist, somit keine vorsätzlich be­gangene rechtswidrige Haupttat vorlag, musste die verbohrte Staatsanwalt­schaft es hinnehmen, dass zunächst schon das LG Traunstein die Eröffnung des Haupt­­verfahrens abgelehnt und dann das aus unbelehrbarer Haltung heraus angerufene OLG München als übergeordnete Rechtsmittelinstanz diese Entscheidung bestätigt hatte: Das Han­deln des Arztes sei als straflose Beihilfe zur straflosen Selbst­tötung zu werten. Da (nach unserem Recht) keine strafbare Haupttat vorliege, müsse (nach unserem Recht) eine strafbare Beihilfe entfallen. (Die USA und Kanada sehen und manche katholisch geprägten Staaten sahen das anders. Dort ist/war mancherorts Beihilfe zur Selbsttötung strafbar93; die Schweiz differenziert sehr schön: straflose Beihilfe zur Selbsttötung ja, wenn „keine selbstsüchtigen Beweggründe“ vorliegen!)

Das OLG München handelte auch gleich noch die anderen »Einstiege« für eine mögliche Strafbarkeit mit ab: Auch eine durch Unterlassen begange­ne Tötung auf Verlangen entfalle ebenso wie eine unterlassene Hilfeleistung. Diese Blamage hätte sich die das Verfahren inkompetent betrieben habende Staatsanwaltschaft sparen können - und sollen!


Der zuvor schon angesprochene zeitliche Beginn der Strafbarkeit des Teilnehmers ist dem Gesetzgeber aber dann zu spät angesetzt, wenn es sich um eine Verabredung zur Verbrechensbegehung handelt.
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Kriminalbeamte W (48) verabredet mit seinem Kollegen und vermeintlichen Komplizen S, dass der ihm eine Pistole und ein Fleischerbeil besorge, um im Vorweihnachtsgeschäft 2004 gemeinsam einen Geldboten zu überfallen, den W. sofort erschießen und dann der Leiche mit dem Fleischerbeil den Arm abhacken will, um so den an den Arm geketteten Geldkoffer mit den Tageseinnahmen rauben zu können. Während W den Arm abhacken wollte, sollte der S mit der Waffe den zweiten Mann des Geldtransportes in Schach halten. Anschließend sollte mit der Waffe ein Autofahrer durch "Car-Jacking" zur Herausgabe seines Autos gezwungen werden, mit dem die beiden zu einem bereitgestellten eigenen Fluchtfahrzeug fliehen wollten.

Der durch Spielschulden hochverschuldete W erhofft sich durch den Coup ca. 800.000 €, die dann geteilt werden sollen.

Der von W als Komplize angesprochene S, ebenfalls ein ehemaliger Polizist, versuchte mehrmals, dem W sein Vorhaben auszureden. Doch W gab nicht auf: für einen Geldboten gehöre so ein Überfall zum Berufsrisiko.

Daraufhin offenbarte sich S der Polizei, die das weitere Geschehen unter ihrer Kontrolle ablaufen ließ: Die Fahnder observierten die beiden Männer, während weitere Absprachen getroffen wurden und S von W 600 € erhielt, von denen er verabredungsgemäß die preiswertere Luger besorgte. In einer Wohnung händigte S dem W die von ihm ausgewählte Pistole aus; ebenfalls eine Rechnung über ein 800-Gramm-Beil von WMF. Währenddessen saßen Kriminalbeamte im Nebenzimmer und hörten alles mit. Als das besorgte Schlachterbeil aus dem Kofferraum eines Autos geholt werden sollte, klickten die Handschellen.


Wegen der Gefährlichkeit solcher Absprachen wurde im zeitlichen Deliktsablauf die Strafbarkeitsgrenze für gewis­se Vorstufen der Beteiligung an Verbrechen durch die Regelung des § 30 Versuch der Beteiligung in das sonst grundsätzlich straflos gelassene Vorbereitungsstadium vorverlegt. "Wenn Du kein Geld hast, dann mach' doch einen ‘Bruch'!", wäre wegen der Vergehenska­te­gorie des Diebstahls straflos. Aber allein schon die Äußerung: "Wenn sich Deine Frau nicht scheiden lassen will, dann laß' sie doch auf Eurer Gebirgstour ‘verunglücken'!", wäre strafbar, denn bei diesem »absichtsvoll gesteuerten Unglück« würde es sich um ein Verbrechen handeln.

Die in § 30 als strafbar genannten Fälle allein schon verbrecherischer Erklärungen sind für den Ungeübten schwer aus dem Gesetzestext herauszulesen. Darum kurz einige er­klä­rende Beispiele:


§ 30 I 1. Fall: Zur Verbrechensbegehung zu bestimmen versuchen
"Fremdenlegionär o.ä. gesucht, der Sonderauftrag gegen beste Be­zahlung durchführt."
(Chiffre-Anzeige Morgenpost 23.03.85)
Beim daraufhin stattgefundenen Treffen bot der Inserent den beiden ehemaligen Bundeswehrsoldaten DM 15.000,- (€ 7.670,-) für die Tötung seiner Frau.
Fälle der Anstiftung zum Mord durch staatliche Stellen in jüngster Vergangenheit:

a) Der israelische Minister Aaron forderte vor einigen Jahren öf­fent­lich zur Ermor­dung des Palästinenserführers Arafat auf.

b) Der Ayatollah Khomeini forderte am 14.02.1989 die Ermordung des englisch-in­dischen Schriftstellers islamischen Glaubens Salman Rush­die und setzte als Belohnung ein Kopfgeld von 1 Mill. $ aus: Rushdie habe mit seinem Buch "Satanische Verse" den Islam belei­digt, weil er den Propheten Mohammed mit Homosexualität und Pro­sti­tution in (weitläufige) Verbindung gebracht und so verhöhnt ha­be. Der Aufruf des Ayatollah hatte den Wortlaut: "Ich informiere die stolzen Moslems in aller Welt, dass der Autor der ‘Satanischen Verse', einem Buch, das gegen den Islam, den Prophe­ten und den Ko­ran gerichtet ist, zum Tode ver­­urteilt ist, ebenso wie alle, die mit der Veröffentlichung et­was zu tun haben."

Solange die Killerkommandos Rushdie nicht gefunden und auftragsgemäß ermordet haben, liegt bezüglich Rushdie »nur« ver­suchte Anstiftung vor. Aber eine An­stifterhandlung wirkt weiter, wenn ihr Beitrag nicht zurückge­nom­men wird. Bildhaft hat der Ayatollah Chamenei das Fortwirken der Anstifterhandlung ausgedrückt, als er Khomeinis Aufruf mit den Worten kommentierte: "Der schwarze Pfeil des Todes ist abgeschos­sen und auf seinem Weg ins Ziel."

Aufgrund des zitierten Aufrufs ist 1991 der ja­panische Übersetzer des Buches ermordet worden, und sein italie­nischer Kol­lege hat den auf ihn verübten Anschlag nur knapp über­lebt. Bezüglich dieser bei­­­den liegt vollendete Anstiftung vor, da die Haupttat wenigstens versucht und einmal sogar vollendet worden ist. In der wenigstens ver­suchten Haupttat hat sich die Anstifterhandlung, das Halali zum Angriff auf das Rechts­gut Leben der beteiligten Übersetzer und Ver­leger, vollendet. Für die Ahndung dieser Verbrechen ist § 30 I 1. Fall nicht erforder­lich. Dafür genügt schon die Regelung des § 26.

Kurz nach Erlass des Aufrufes hatte ein Killerkommando den obersten geistlichen Führer der Moslems in den Benelux-Staaten erschossen, vermutlich weil er zu äußern gewagt hatte, man könne Rushdie nicht in einem westlichen Land ermorden. (Aber in einem östlichen?) Die­ser Mord wäre Khomeini nicht anzulasten, denn der liegt außerhalb des An­stiftungsbereiches und stellt somit einen Täter-Exzess dar.



c) Die DDR setzte auf die Ermordung des ersten in den Westen übergelaufenen ehemaligen hauptamtlichen Stasi-Offiziers Stiller eine Belohnung von 1 Mill. DM (€ 511.300,-) aus, die sie sich durch u.a. ihre Wegelagerereinnahmen auf der Transitstrecke nach Berlin oder den Menschenhandel durch Verkauf von zu diesem Zwecke bewusst produzierten politischen Gefangenen von der Bundesrepublik verschaffte.
§ 30 I 2. Fall: Zur Anstiftung zur Verbrechensbegehung zu bestim­men versuchen (so genannte versuchte "Kettenanstiftung")
"Rede mal mit Deinem Freund Hein, ob der sich nicht 10.000,- € verdienen will, indem er meine Frau umbringt."
§ 30 II 1. Fall: Sichbereiterklären zur Verbrechensbegehung
Hein spricht später den - vielleicht längst wieder versöhnten - Ehe­mann an: "Ich hörte, Du hast da ein Problem, das ich Dir für 10.000,- € lösen soll? Gilt das noch? Ich bin wegen einer größeren Autoreparatur nicht ganz ‘momentan‘ und würde mir deshalb gerne etwas hinzuverdienen."
§ 30 II 2. Fall: Das Erbieten eines anderen annehmen
Der Ehemann des ersten Beispiels zur versuchten Anstiftung aus der zitierten Chiffre-Anzeige unter­breitet den beiden Soldaten den Vorschlag zur Tötung seiner Frau, womit er für sich § 30 I 1. Fall erfüllt hat, und nun würden die Soldaten nicht nur zum Schein darauf ein- und zur Polizei gegangen sein, sondern ernstlich zugestimmt haben: "In Ordnung, die erste Hälf­te des Geldes jetzt und die andere Hälfte nach Auftragserledi­gung."
§ 30 II 3. Fall: Verabredung zur Verbrechensbegehung
Macbeth und seine Lady verabreden, König Duncan umzubringen. Das bleibt der letzte Stand der Dinge, denn nach Abfassung dieser Passage stirbt Shakespeare vor Vollendung des Dramas.
(Hätte Shakespeare an dieser Stelle abgebrochen, dann hätte sich das Ehepaar Macbeth schon zu diesem Zeitpunkt nach der vorstehen­den Norm strafbar gemacht. Wegen der späteren Vollendung fällt aber die hier angesprochene Versuchsstrafbarkeit weg, und es liegt am Ende des Königsdramas ein in Mittäterschaft begangener Mord der Eheleute Macbeth vor.)
§ 30 II 4. Fall: Verabredung zur Anstiftung zu einer Verbrechens­be­gehung
Ehefrau und Geliebter verabreden, in Sachen Beseitigung des ihre Lustentwicklung störenden Ehemannes einen Killer ausfin­dig zu ma­chen, der einen hilfreichen "Unfall" arrangieren soll.
Selbst die letztere Form einer geplanten Verbrechensbege­hung soll nach dem Willen des Gesetzge­bers schon in einem zeitlich so frühen Stadium der geplanten Ver­brechensbegehung strafbar sein!
Nicht unter § 30 fällt aber z.B., wenn ein zur Tat Entschlossener einen Freund unter Mitteilung des Mordplanes um dessen Pistole bit­­tet, der Mord dann aber nicht einmal versucht wird. Würde der Mord(versuch) nicht begangen und gelangte er somit nicht über das Vorbereitungsstadium hinaus, bliebe der Freund straffrei. Im Falle der Umsetzung des Planes wäre der Freund hinsichtlich der geplanten Mordtat Gehilfe, nicht aber Mit­tä­ter, und natürlich erst recht nicht Anstifter.


5.2.1 Anstiftung



5.2.1.1 Darstellung

Wenn der Kassierer K am Stammtisch seiner Skatbrüder im Freizeitabendstress stöhnt: "Heute kann ich nicht so lange mitspielen, denn morgen habe ich sehr viel zu tun, weil die Lohngelder gebracht wer­­den“, und T am Neben­tisch hört das mit „langen“ Ohren und am nächsten Tag, das Geld zu rauben, so liegt auf je­den Fall eine vor­sätzlich begangene rechtswidrige Tat des T vor. Liegt aber auch ei­ne Anstiftung des K im Sinne des § 26 vor? Der K war, das sei un­terstellt, nur unvorsichtig in seinen Äußerungen ge­wesen und hatte nicht darauf geachtet, wer mithören konnte. Er hatte aber nicht in T vorsätzlich den Tatentschluss zu dessen Straf­tat wecken wollen - und fahrlässig einen anderen zu einer rechtswidri­gen Tat angeregt zu haben (z.B. Auslösung eines Nach­ahmungseffek­tes bei "Trittbrettfahrern" durch spektakuläre Ver­brechensbegehun­gen) ist nicht als Anstiftung gemäß § 26 strafbar! Nach der dort ge­troffenen Regelung macht sich nur strafbar, wer einen anderen im Wege des geistigen Kontaktes vorsätzlich dazu veranlasst hat, eine rechtswidrige Tat - sei es der Versuch oder die Vollendung eines Deliktes - vorsätzlich begangen zu haben. Bestraft werden soll nur, wer selber wollte, dass das später an­gegriffene Rechtsgut ver­letzt werde und darum den Tatentschluss hierzu in dem späteren Tä­ter weckte.

Man braucht nur ganz wenig an der Sachverhaltsschraube zu drehen, um den Eingangsfall so umzubilden, dass sich K strafbar macht. Ver­suchen Sie es bitte erst einmal selbst, bevor Sie weiterlesen.
Denkbar wäre folgender Geschehensablauf:

Im Zuge von Personaleinsparungsmaßnahmen ist K gekündigt worden. Um sich an seinem Chef zu rächen, von dem er weiß, dass der anzu­liefernde Lohngelder aus Kostengründen nicht extra versichert hat, geht er ein paar Tage vor dem Eintreffen der nächsten größeren Geld­lieferung in eine übel beleumdete Kneipe und plaudert beim Bier scheinbar arglos sein Wissen aus. In Wirklichkeit will er er­reichen, dass das preisgegebene Wissen zu einem Überfall oder Ein­bruch verwendet werden solle. So geschieht es auch.

Die bei dem Einbruchsversuch festgenommenen Täter geben in der po­lizeilichen Vernehmung die Quelle ihres Wissens an. Der daraufhin zunächst zeugenschaftlich vernommene K, mit dieser Aussage und der Frage konfrontiert, wie er denn in die Verbrecherkneipe geraten sei und dort über Betriebsinterna geplaudert habe, bricht zusammen und gesteht.
Ein Beispiel für Anstiftung unter Einsatz des neuen Mediums Internet:
Eine 29-jährige Frau aus Normalville, Pennsylvania, flirtete in Yahoo-Chat-Räumen mit Männern und bot ihnen schließlich Sex an.

Wenn sie sich wehren würde, hatte sie den Männern, die Besuchsabsichten andeuteten oder in Aussicht stellten, mitgeteilt, sollten sie es trotzdem versuchen. Dann gab sie den Männern eine Telefonnummer und eine Adresse. Nummer und Adresse gehörten jedoch nicht ihr, sondern einer Bekannten, an der sich die 29-Jährige rächen wollte, angeblich, weil diese nicht mehr mit ihr sprach.

Rund 50 Männer belästigten das Opfer telefonisch, mindestens zwei tauchten nachts vor ihrem Haus auf. Die 58 Jahre alte Frau erstattete Anzeige, die Polizei ermittelte und identifizierte die junge Nachbarin als Täterin, die sich nun nicht nur wegen "Identitätsdiebstahls", sondern auch wegen mehrfacher Anstiftung zur Vergewaltigung vor Gericht verantworten muss.

(Nach SPIEGEL ONLINE 12.11.04)

Wendet sich der Anstifter mit seinem Verhaltensvorschlag an jeman­den, der schon vorher von sich aus zu der angesonnenen Tat »fest« entschlossen gewesen war, so geht die Anstiftung nach bislang h.M. fehl: Ein "omni modo facturus"94 (ein auf jede Art und Weise zu der Tat fest Entschlosse­ner) könne nicht mehr angestiftet werden - höchstens zu einer Qua­lifikation, wenn er nur das Grunddelikt begehen wollte und nun z.B. statt eines einfachen Raubes "zur Sicherheit" eine Pistole einsteckt und damit einen Raub unter Waffeneinsatz begeht. Es liegt bei einer fehlgehenden Anstiftung eines omni-modo-facturus von Seiten des Anstifters dann keine vollendete, sondern nur eine versuchte Anstiftung vor. Versuchte Anstiftung ist grundsätz­lich straffrei, aber über § 30 ausnahmsweise doch wieder strafbar, wenn zu einem Verbrechen angestiftet werden sollte.

Trotz des Fehlschlagens einer Versuch gebliebenen Anstiftung ge­gen­­über einem omni-modo-facturus liegt aber in diesem Versuch eine Bestärkung des späteren Täters. Wie das strafrechtlich (als psy­chi­sche Beihilfe) zu bewerten ist, wenn die Haupttat auch wirklich wenigstens versucht worden ist, war schon im Fall der von sich so geglaubten wohlanständigen, Beifall johlenden Rostocker Bürger an­gesprochen worden und wird noch einmal in dem Kapitel über die Bei­­hilfe untersucht werden.



5.2.1.2 Anwendungsfall und Besprechung

"Lebenslang für Mord an Ehemann



Berlin - Zu lebenslänglichen Haftstrafen wegen gemeinschaft­li­chen Mordes verurteilte eine Berliner Schwurgerichtskammer im Prozess um den Tod eines 38jährigen Motorradhändlers dessen Ehe­frau und ihren 24jährigen Geliebten. Nach Überzeugung des Gerichts hatte das Paar einen Mann gedungen, der den Motorrad­händler im Dezember vorigen Jahres in seinem Geschäft durch fünf Schüsse tötete, damit die bei­den ihr Liebesverhältnis un­ge­stört fortsetzen konnten. Den mit­angeklagten Todesschützen verurteilte die Kammer zu einer Frei­heitsstrafe von 12 Jahren. Der 23jährige Kraftfahrer war von dem Paar für 50.000 Mark und ‘das schönste Harley-Davidson-Motorrad von ganz Berlin' mit dem Mord beauftragt worden."
Nach allem, was wir bisher gelernt haben, wissen wir, dass die Zei­tungsmeldung entweder den Lebenssachverhalt, das Geschehen, oder dessen rechtliche Wertung nicht vollständig oder richtig wiederge­geben haben kann: Wenn der Todesschütze zu der Tat beauftragt wor­den ist, das Liebespaar sich aber nicht an der Tatausführung be­tei­­ligt hat, dann kann von Seiten der Auftraggeber nur gemein­schaft­liche Anstiftung zum Mord vorliegen und nicht eigene Täter­schaft in der Form "gemeinschaft­li­chen Mordes". Aber ein Anstifter wird gemäß § 26 gleich einem Täter be­straft. Von daher kann das mitgeteilte Strafmaß für Ehefrau und Geliebten zutreffend wiedergegeben worden sein. Warum aber der Todes­schütze als Alleintäter, der aus übertriebener Gewinnsucht (= Habgier) handelte, nicht zu der vom Gesetz her an sich für Mord zwingend vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, wird leider auch nicht mitgeteilt. Es können nur uns in der Meldung vorenthaltene Schuldminderungsgründe, wie z.B. Beschaffungskriminalität zur Finanzierung der eigenen Drogensucht, eingegriffen haben. Erahnbar sind sie aber nicht. Alkoholeinfluss bei Begehung der so lange im voraus geplanten und verabredeten Tat kann es nicht gewe­sen sein, denn man darf sich nicht bewusst in einen Zustand der ver­minderten Schuldfähigkeit oder der Schuldunfähigkeit saufen, um dann wegen des bis zum Erbrechen erarbeiteten Zustandes der alkoholbedingten Schuldunfähigkeit weniger oder gar nicht bestraft zu werden. In einem solchen Falle setzt die rechtliche Wer­tung nach der Rechtsfigur der "actio libera in causa" (a.l.i.c.), der im Ur­sprung freien Handlung, vorher an, als der spätere Täter noch nüch­tern und in seiner Entscheidung, die Straftat zu begehen oder doch besser zu lassen, noch frei war. Ein mit klarem Verstand begonnenes, bis eventuell zur Schuldunfähigkeit führendes Mutantrinken, um die Tat dann begehen zu können, wirkt sich nicht strafmildernd aus. Da könnte sich ja jeder Mord­wil­lige zunächst in den Zustand der ver­minderten oder völligen Schuldunfähigkeit saufen, wenn er bei sei­ner geplanten Verbre­chens­ausführung nicht allzu risikofreudig ist, und als "Muffen-Klausel" vorsichtshalber für mindestens eine ver­min­derte Schuld­fä­higkeit zum Zeitpunkt der Tat sorgen, um so der Dro­hung einer lebens­langen Freiheitsstrafe zu begegnen. In einem solchen Fall stel­len die Strafjuristen dann auf den früheren Zeit­punkt der (grundsätzlich völligen) Schuldfähigkeit ab. Über die eben schon angesprochene Rechtsfigur der "actio libera in causa" erreichen sie eine Anknüpfung an den Zustand der zu­vor vorhanden gewesenen Wil­lensfreiheit in Bezug auf die geplante Rechts­gutsverletzung, die es ermöglicht, den Täter ohne Hinderung durch Schuldminderungsgründe die volle Schärfe des Gesetzes spüren zu lassen. "Fiat justitia!" ("Es gesche­he Gerechtigkeit!")

Anders ist es, wenn sich ein (späterer) Täter ohne die Absicht einer Deliktsbegehung in den Zustand der Schuld­un­fähig­keit säuft und dann deliktisch handelt. Da kann er nicht nach der Rechtsfigur der actio libera in causa verurteilt werden. Für diese Fälle wurde der § 323 a Vollrausch geschaffen, der eine Bestrafung sowohl für vorsätzlich herbeigeführten Vollrausch, in dem dann eine rechtswidrige Tat begangen wird, wie auch für fahrlässig herbeigeführten Vollrausch anordnet. In der Mehrzahl der Fälle werden Täter einen fahrlässig herbeigeführten Vollrausch für sich in Anspruch nehmen wollen; bei der dann zu erwartenden geringeren Strafe verständlich. Aber damit lässt das Gericht einen Täter höchstens das erste Mal durchkommen. Wenn er schon einmal eine Vollrauschtat begangen hat, dann wird das Gericht wohl eher zur Annahme eines vorsätzlichen Vollrausches neigen. Der Täter hätte nach einer vorangegangenen Vollrauschtat seine Alkoholneigung kennen können und sich dementsprechend verhalten müssen.


"Im Vollrausch getötet

dpa Lübeck - Das Landgericht Lübeck hat drei Männer (30 bis 36) zu vier Jahren beziehungsweise drei Jahren Haft wegen vorsätzlichen Vollrausches verurteilt. Sie hatten im Februar 1992 den wohnungslosen Ulrich Möws (47) erschlagen. Die drei müssen eine Entziehungskur machen."


Doch von der Zeitungsmeldung über die Strafbarkeit des Vollrausches, wenn jemand "... in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist", zurück zum Ausgangsfall dieses Kapitels.
Wegen der für uns nicht auflösbaren Schwierigkeiten durch die man­gelhafte oder unzutreffende Fallschilderung der Zeitungsmeldung sei der Ausgangsfall der Anstiftung zum Mord an dem Berliner Motorradhändler für unsere Zwecke sachdienlich ein bisschen umgebildet oder ergänzt:
Fall 63

Ehefrau F und Liebhaber L fühlen sich durch den Ehemann M im Genus ihrer Beziehung gehindert, möchten aber andererseits auf die finanziellen Annehmlichkeiten nicht verzichten, die ihnen die Zu­griffsmöglichkeit der F auf das Vermögen des M bisher er­mög­lichte. Darum dingen sie gemeinsam einen Mörder, der für 50.000 Mark und "das schönste Harley-Davidson-Motorrad von ganz Berlin" den Auftrag übernimmt, den Finanzzier der Bezie­hung aus dem Weg zu räumen. Mit 5 Schüssen tötet Todesschütze T den M in dessen Geschäft. Durch Gutachter wird später fest­ge­stellt, dass sich T zum Zeitpunkt der Tat durch Drogenabhängigkeit im Zustand einer nicht vorwerfbaren verminderten Schuldfähigkeit befunden hat­te.


Lösungshinweise:

Wenn dieser etwas ergänzte und dadurch umgebildete Fall klausurmä­ßig gelöst werden soll, so ist - wie in allen Fällen der Teilnahme - zunächst das Handeln des oder der Tatnächsten zu prüfen. Ergebnis: T unproblematisch § 212 (+) und dann Qualifizierung § 211 auch (+), beide im Zustand verminderter Schuldfähigkeit, was bei der Prüfung der Schuldfähigkeit mit mindestens einem Satz festgestellt werden muss. Bestrafung erfolgt wegen eines im Zustand der verminderten Schuld­fä­higkeit begangenen Mordes gemäß §§ 211, 21.

An die strafrechtliche Begutachtung des Täterhandelns schließt sich dann die Begutachtung des Handelns der Anstif­ter an. Dabei ist im Unrechtstatbestand die auf die Rechtsgutsver­let­zung abzielende Anstifterhandlung zu untersuchen, sowie deren objektiv zurechenbarer Doppelerfolg: Er besteht erstens in der Wec­kung des Tatentschlusses beim Haupttäter und zweitens in der we­nigstens versuchten vorsätzlichen, rechtswidrigen Deliktsver­wirk­­lichung. (Dabei reicht der Hinweis auf die zuvor erfolgte Prü­fung der von T realisierten Handlung aus.) Für die Prüfung der nicht eingreifenden Rechtfertigungsgründe gilt das Grundschema weiter. Im Schuldtatbestand ist Vorsätzlichkeit zu prüfen, mit der der An­stifter beim Haupttäter den Tatentschluss hervorgerufen und dessen Deliktsverwirklichung in Gang gesetzt hat.

Liegen Grunddelikt und - wie hier - mögliche Qualifizierung vor, so wird zuerst das Grunddelikt durchgeprüft. Entfällt es aus ir­gendeinem Grunde, so kann das qualifizierte Delikt, das ja die Merkmale des Grunddelikts umfasst und noch mindestens in einem Merk­mal spezieller ausgestaltet ist, auch nicht eingreifen und ist deshalb gar nicht mehr zu prüfen.

Konnte das Grunddelikt bejaht werden, so ist bei der Prüfung des Vorliegens einer Qualifikation auf das zum Grunddelikt zuvor Aus­ge­führte so weit wie möglich zu verweisen, um unnötige Wiederho­lungen zu vermeiden. Es ist dann bei der Prüfung des qualifizier­ten Deliktes auf der Stufe einzusetzen, auf der das weitere Quali­fikationsmerkmal zum Tragen kommen könnte. Bei einer Vergewaltigung mit Todesfolge gemäß § 177 III z.B., wie sie 2004 in einem Fall in der Presse mitgeteilt worden war, in dem ein 26-Jähriger eine 93-jährige Altersheimbewohnerin vergewaltigt95 und ihr dabei das Rückgrat gebrochen hatte, woran sie verstorben war, ist es einfach. Da wird die Verursachung des Todes im objektiven Tatbestand geprüft und als Qualifikationsmerkmal festgestellt.

Bei den unter­schiedlich strukturierten Mordmerkmalen ist es etwas kompliziert, weil das Merkmal "mit gemeingefährlichen Mitteln" nach teleologischer Systematik nur im Unrechtstatbestand auf seine objektive Zurechen­barkeit hin zu prüfen ist. (Bestand neben der Gefahr für das Opfer objektiv eine Gefahr für eine unbestimmte Vielzahl anderer Perso­nen?) Das Gesin­nungsmerkmal "grausam" wird - wie auch das Merkmal "heim­tückisch" - sowohl objektiv im Un­rechtstatbestand (War das Vor­gehen objektiv grau­sam, bereitete es beson­ders viele Schmer­zen?) als auch sub­jektiv im Schuld­tatbe­stand (Wollte der Täter dem Opfer be­sonders gro­ße Schmer­zen bereiten?) geprüft. Die übrigen Merkmale sind nur im Schuld­tatbestand zu prüfen.

Ein Blick in Schmid­häuser BT S. 17 ff be­hebt manchen Zweifel: Im Unrechtstatbe­stand wird geprüft, was als objektiv vorliegend fest­gestellt werden kann. Am Beispiel des Merkmals "mit gemeingefähr­li­chen Mitteln" noch einmal hervorgeho­ben und verdeutlicht: Man braucht sich um keinen Blick in das Seelenleben des Täters zu be­mü­hen, um festzustellen, ob dieses Merkmal objektiv vorliegt. Das Seelenleben des Täters ist hierbei völlig bedeu­tungs­los. Es genügt zur Bejahung der objektiv feststellbare Sach­verhalt der Gemeinge­fährlichkeit. Und objektiv feststellbare Punk­te werden im UTB ge­prüft.
Beispiel für ein Tötungsdelikt mit dem Qualifikationsmerkmal "mit gemeingefährlichen Mitteln": Eine Ehefrau schickte ihrem bei der Bundeswehr die­nenden Ehemann einen vergifteten Ge­burts­tagskuchen, weil sie inzwischen größeren Gefallen an ei­nem bei ihr zivilen Er­satz­dienst besonderer Art leisten­den jun­gen Mann gefunden hatte, der nicht strammstehen musste, aber immer ... . Beim Absenden des Kuchens bedachte sie nicht, dass unter den auf einer Stube wohnenden Soldaten zu solchen Ge­le­genhei­ten selbstverständ­licherweise essbarer Inhalt von Pake­ten aus der Etappe oder der Heimat kameradschaftlich geteilt wird. Einige Grup­penmitglie­der starben nach den ersten Bissen, nicht aber der Ehemann, weil er als Gastgeber zunächst seinen Kameraden den Ku­chen an­geboten und sich um die Getränke gekümmert hatte und sich einige Kameraden sofort in Krämpfen gewunden hatten.
Für eine Deliktsbegutachtung unter dem Merkmal "mit gemeingefähr­lichen Mitteln" käme auch der folgende Fall in Betracht, der aber mangels ausreichender Angaben nicht abschließend beurteilt werden kann:
"Explodiert

dpa Stuttgart - Das Landgericht Stuttgart hat einen Fernseh­mel­­dehandwerker (28) zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er hatte ein mit TNT gefülltes Blitzlichtgerät vor der Tür eines Ex-Freundes abgelegt. Der Sprengstoff explodierte und riß dem Opfer beide Hände weg. Der Mann erblindete."


Auf jeden Fall wären nach deutschem Recht auch die von Mitgliedern einer bestimmten japanischen Sekte wiederholt in U-Bahnen verschiedener japanischer Städte verübten Giftgasanschläge mit zahlreichen Toten, zuletzt in Tokio, wegen der Gemeingefährlichkeit des eingesetzten Kampfgases als Mord und als Mordversuch an Fahrgästen, die ihre Vergiftungen überlebt haben, zu werten.
Wie eben schon fallbedingt angedeutet, sind die Gesinnungsmerkmale "heimtückisch" und "grausam" sowohl im Unrechts- als auch im Schuldtatbestand zu prüfen. Dabei wird im Unrechtstatbestand geprüft, ob die Tötung objektiv heimtückisch oder grausam erfolgte: Hätte ein beobachtender Dritter die konkre­te Vorgehensweise objektiv als besonders hinterlistig oder gefühl­los-grau­sam empfunden? Im Schuldtatbestand wird dann anschließend geprüft, ob der Täter diese zuvor als objektiv gegeben festge­stellte Begehungsweise auch so gewollt hat. Umfasste sein vorsätzlich wenigstens ansatzweise ausgeführter Tatplan genau diese heimtückische oder grausame Begehungsweise?

Alle anderen Mordqualifikationsmerkmale gehören ausschließlich in den Schuldtatbestand. Nur die von den Richtern bei dem jeweiligen Täter konkret als vorliegend angenommene oder von dem Täter eingestandene seelische Motivationslage qualifiziert solche Tötungen dann zum Mord. So un­terscheidet sich eine "normale" Tötung durch z.B. Erschießen im objektiven Geschehen, das von einem Dritten beobachtet werden kann, nicht von einer mit dem gleichen Mitteleinsatz aber z.B. mit dem Willensziel der Habgier vorgenommenen Tötung: Ein Schuss, eine Leiche. Sie sieht nicht hässlicher aus oder hat vorher nicht mehr leiden müssen, nur weil der Täter nicht z.B. aus augenblicklicher Wut heraus, sondern aus Habgier geschossen hat. Darum kann in einem solchen Fall bei der Prüfung der Qualifikation im Unrechtstatbe­stand kein Unterschied auftreten. Das zur "normalen" Tötung hinzutretende Mord­qua­lifikationsmerkmal Habgier kann erst auf der Stufe der subjektiven Zurechnung rele­vant werden und muss darum (erst) an dieser Stelle geprüft werden.

Es können auch mehrere Mordmerkmale bei einem Täter vorliegen:
„Vater vor Gericht

Baby mit Aids infiziert

SAD New York – Die Ärzte standen vor einem Rätsel. Ein siebenjähriger Junge aus St. Charles (Missouri/USA) hatte Aids, aber keiner wusste woher. Jetzt kam die schreckliche Wahrheit ans Licht. Sein Vater Brain Steward (31) hatte seinem Sohn HIV-verseuchtes Blut gespritzt, um den Unterhaltszahlungen zu entgehen. Der Krankenhausangestellte hatte sich vor sechs Jahren von seiner Frau getrennt, weigerte sich schon damals, das Kind als sein eigenes anzuerkennen. Als ein Gentest ihn überführte, wollte er sich den finanziellen Verpflichtungen durch diesen teuflischen Plan entziehen. Jetzt wird ihm der Prozess gemacht. Die Anklage wirft ihm Habgier und schwere Körperverletzung vor. Sollte der Junge sterben, bei ihm ist inzwischen die Krankheit voll ausgebrochen, droht dem Vater lebenslängliche Haft.“
Nach deutschem Recht dürfte es keine Mühe machen, außer der Habgier auch noch Heimtücke bei der Beibringung des verseuchten Blutes mit der Spritze anzunehmen. Aber vielleicht ist das ja kein Mordmerkmal nach us-amerikanischem Recht.
„Frau angezündet: War es der Ehemann?

Ankläger fordert lebenslange Haft

Sie stand in Flammen. Einer lebenden Fackel gleich lief Rita B. durch die Wohnung und versuchte verzweifelt, sich zu löschen. ’Sie hat sich längere Zeit quälen müssen im sicheren Bewusstsein, den Tod vor Augen zu haben und bei vollem Bewusstsein verbrannt zu werden, nachdem sie mit Benzin übergossen und angezündet worden war’, fasste der Ankläger die letzten entsetzlichen Minuten des Opfers zusammen und beantragte, die besondere Schwere der Schuld festzustellen, ’damit wir sicherstellen, dass lebenslänglich auch lebenslänglich bedeutet.’“
Für jeden in deliktischer Weise Handelnden sind seine Qualifika­tions­merk­male immer gesondert zu prüfen. Jeder hat seine Schuld für sich!
Dieses alles vorausgeschickt, soll nun - endlich! - eine (abge­kürzte) Lösung für den sinnvoll abgewandelten oder er­­gänzten („Harley-Davidson-Anstiftungsmord“-)Fall 63 skizziert werden, wobei die von der Rechtsprechung ent­wickelten und in den Kommentaren nachschlagbaren, teilweise formelhaft wir­kenden Definitionen verwandt werden.
Lösungsskizze:

(A) Strafbarkeit des T

(I) T erschießt M

(1) Zu prüfen ist ein Verbrechen gemäß § 212.

(a) UTB (+) (Der ist in einer Falllösung darzulegen und zu begründen und nicht nur, wie hier, mit einem (+) zu versehen!)

(b) RF (-) (Der Satz: „Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich“, genügt.)

(c) STB

Z. Zt. der Tat lag laut Gutachten eine verminderte Schuld­­fähigkeit gemäß § 21 vor.



Aktuelles Tat- u. Unrechtsbewusstsein (+); damit VS (+)

(d) E (-)

Ergebnis: §§ 212, 21 (+)
(2) T erschoss M, um sich eine ausgesetzte Belohnung zu verdienen. Zu untersuchen ist daher eine Strafbarkeit gemäß § 211 wegen des im STB zu prüfenden Qualifikationsmerkmales "Habgier".

Kurzer Verweis: UTB, RF, sowie STB bezüglich VS siehe vorstehend zu § 212.

(c) STB bezüglich Qualifikationsmerkmal "Habgier"

Übertriebenes Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen (+): "Wer einen Menschen um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen tötet, der ... ."

(d) E (-)
Ergebnis und Endergebnis für die Strafbarkeit des T: §§ 211, 21 (+)
(B) Strafbarkeit der F

(I) F bot T Geld, damit der den M erschieße, was T auch tat.

(1) Bezüglich F ist Anstiftung zum Totschlag gemäß §§ 212, 26 zu prüfen.

(a) UTB: F unterbreitete T den Verhaltensvorschlag bezüglich der Tötung des M. Damit weckte F bei T den Tatentschluss zu der dann von ihm ausgeführten vorsätzlichen, rechtswidrigen Tat, deren Vorliegen bei der Prüfung der Strafbarkeit des T schon festgestellt worden war.

Dieser Doppelerfolg, Wecken des Tatentschlusses und Ausführung der Haupttat, ist der Handlung der F objektiv zurechenbar. Der UTB der Anstifterhandlung bezüglich der Tötung des M ist erfüllt.

(b) RF (-)

(c) STB

Von der Schuldfähigkeit der F ist auszugehen.



F hatte aktuelles Tat- und Unrechtsbewusstsein bezüglich des im UTB festgestellten Doppelerfolges. VS (+)

(d) E (-)


Ergebnis: §§ 212, 26 (+)
(2) F handelte in der angegebenen Weise, um mit ihrem Liebhaber un­gestört geschlechtlich verkehren zu können. In Betracht kommt daher § 211 wegen der im STB zu prüfenden Qualifikationsmerkmale "zur Befriedigung des Geschlechtstriebes" und “oder sonst aus niedrigen Beweggründen".

UTB, RF, sowie STB bezüglich VS siehe vorstehend zu § 212.

(c) STB bezüglich der angegebenen Mordqualifikationsmerkmale

Das Merkmal "zur Befriedigung des Geschlechtstriebes" wird dann an­genommen, wenn sich der Täter durch den Tötungsakt als solchen sexuelle Befriedigung verschaffen will, wie es bei den sog. Lust­morden geschieht. (Vielleicht lag bei dem bei der Besprechung des Falles 17 erwähnten Massenmörder Haarman eine durch den Tötungsakt hervorgerufene sexuelle Befriedigung vor. Manche Menschen töten auch, weil erst der anschließend vollzogene nekrophile Geschlechtsverkehr mit der Leiche ihnen den gewollten Kick verschafft. Das gilt angeblich nicht nur für Männer: Auch Frauen sollen schon die sich bei Männerleichen anfangs für einen gar nicht so kurzen Zeitraum einstellende Erektion für die Befriedigung tiefergehender Bedürfnisse ausgenutzt haben. Eile scheint nicht Not zu tun. Ein Kino- und ein Fernsehfilm handelten schon von diesem Problemkreis. Pathologen müssten Genaueres wissen.)

Eine sexuelle Befriedigungshandlung durch den Tötungsakt kann hier aber nicht angenommen werden. Auch wird hier nicht der Tod des Opfers als Folge der sexuellen Handlung z.B. in Form einer Vergewaltigung zumindest billigend in Kauf genommen. Das Merkmal liegt somit nicht vor.

F kann aber aus sonstigen "niedrigen Beweggründen" gehandelt ha­ben. Dann muss sich die Triebfeder der Tat nicht nur als verwerf­lich darstellen, denn das ist schon jeder "Normalfall" einer Tö­tung gemäß § 212, sondern das Handeln des Täters muss "auf tiefster Stufe" stehend und selbst gegenüber einer Tötung als "besonders ver­achtenswert" erscheinen. Nach den Gesamtumständen muss ein gro­bes Missverhältnis zwischen Tatentschluss und Mitteleinsatz oder Zweck bestehen. Das ist bei der Beseitigung eines einem ehebre­che­ri­schen Verhältnis entgegenstehenden Ehepartners der Fall (BGHSt 3/133). F veranlasste T aus niedrigen Beweggründen zu der von ihm dann vorgenommenen Tötung.

(d) E (-)
Ergebnis und Endergebnis für die Strafbarkeit der F: §§ 211, 26 (+)
(C) Strafbarkeit des L

(I) L bestimmte als Liebhaber der F den T ebenfalls zu dessen vor­sätzlich begangener rechtswidrigen Tat. Darum kann auf das zuvor be­züglich F Dargestellte verwiesen werden.


Endergebnis für die Strafbarkeit des L: §§ 211, 26 (+)
T ist wegen eines im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit begangenen Mordes gemäß §§ 211, 21 zu bestrafen, F und L wegen der Anstiftung zu diesem Mord gemäß §§ 211, 26.
Zum Schluss dieses Kapitels über die Anstiftung noch eine kleine strafjuristische Lockerungsübung mit dem "Alsterhaus-Raub", bei dem die Täter sieben nicht wieder aufgetauchte Millionen erbeuteten (u.a. wegen solcher Delikte mit so horrenden Summen an geraubten, erpressten oder ergaunerten, bislang nicht wieder aufgetauchten Beträgen war die Umstellung unserer Geldscheine vorangetrieben worden, damit diesen Leuten der späte Erfolg ihrer Lebenskalkulation aus der Hand geschlagen wird: 10 Jahre Haft, dafür dann aber vielfacher Millionär. Das schafft kein Durchschnittsverdiener! Und die nächste Umstellung kommt durch den Euro. Da war aller Einsatz vergeblich. Solch eine Entwicklung muss selbst einen Ganoven vom Glauben abfallen lassen!):
Der gedankliche Vater des späteren Alsterhaus-Raubes, A, war vor der Tatausführung abgesprungen. Seinen Rückzug in die Wohlanstän­dig­­keit hatte er seinen Kumpanen T1, T2, T3 und T4 gegenüber mit den Worten begründet: "Die Sache muss schief gehen, da zuviel gequatscht worden ist." T1-4 wollten nicht auf einen so erfahrenen Mann hö­ren, führten den Raub nach dem von A entwickelten und ihnen schon bekannt gemachten Plan nun allein in eigener Unternehmerschaft aus - und wurden irgendwann alle geschnappt; ohne dass die Millionen bisher aufgetaucht wären. Es kam zum Prozess gegen alle irgendwie an der Sache beteiligt Ge­we­senen. T1-4 wurden als Täter bestraft.

Doch was war mit A?


A war Anstifter gewesen und wollte Mittäter sein, bis er dann ab­sprang. Hier stellt sich die Rücktrittsproblematik bei zusammen­treffender Deliktsbeteiligung. Eine Freiwilligkeit des Rücktritts kann wohl bejaht werden. Damit ist A strafbefreiend von der Täter­schaft zurückgetreten. Er wollte mit der ganzen Angelegenheit nichts mehr zu tun haben. Für ihn war die Angelegenheit damit erle­digt. War sie das aber auch für Staatsanwalt und Richter?

Der Raub war so gut ausgetüftelt, dass die von ihm als solche angeworbe­nen Mit­täter nicht aufgeben wollten und "das Ding" ohne ihn durchzo­gen. Dafür wurden sie verurteilt.

A war von der geplanten Täterschaft strafbefreiend zurückgetreten. Sein Mittäterbeitrag stand darum nicht mehr zur Diskussion. Aber sein Anstifterbeitrag wirkte in der Tat der anderen fort! Ohne seine Anstiftung hätten sie nicht diesen (sondern vielleicht einen leichter zu begehenden, aber nicht so lukrativen anderen) Raub verübt. Wegen die­ses Fortwirkens seines Anstifterbeitrages ist A als Anstifter ver­urteilt worden. Er hatte eben nicht gelesen, welchen Ausspruch der SPIEGEL von dem Ayatollah Chamenei im Zusammenhang mit dem als Anstiftung zu wertenden Mordauftrag gegen Salman Rushdie zitiert hatte: "Der schwarze Pfeil des Todes ist abgeschos­sen und auf seinem Weg ins Ziel." Aber man kann eben nicht von allen Anstiftern erwarten, dass sie SPIEGEL-Leser sind. Weil »der Pfeil« seiner Anstifterhandlung nicht aufgehalten worden ist, war A »dran« und ist nun »drin«.

Natürlich war A in einer Zwickmühle gewesen: Einerseits konnte er seine Kumpane nicht von der Deliktsbegehung abbringen, anderer­seits moch­­te er sie auch nicht bei der Polizei oder dem Alsterhaus ver­pfeifen. Das war für ihn wohl eine Frage der Ganovenehre. Vielleicht wusste er auch nicht, dass er als (weiterhin fortwirkender) Anstifter wie die Täter bestraft werden würde, da nach seiner Expertenansicht die Sache ja schief gehen musste und damit eine Strafe zu erwarten war. Er hatte zwischen Baum und Borke gesessen und ist folgerichtig da­für bestraft worden, dass er seinen Anstifterbeitrag nicht rück­gän­­gig gemacht hatte.

Mit diesem nunmehrigen Wissen hätte er ja vielleicht mehr Druck auf die - basierend auf der Kenntnis seines ausgetüftelten Planes nun - „omni modo facturi“ (zur Tat fest Entschlossenen) ausgeübt, z.B. im Beisein eines der sich noch im Vorbereitungsstadium befindenden Täter von einer Telefonzelle aus die Polizei angerufen und den Plan ohne Nennung der sich dafür fertig machenden Täter mitgeteilt. Wenn er seine eigene drohende Verurteilung geahnt hätte, hätte er ja vielleicht zu diesem Befreiungsschlag angesetzt. Wenn man vom Rathaus kommt, ist man klüger. Das gleiche gilt, wenn man endlich vom letztinstanzlichen Gericht kommt und sein - manchmal sehr unbefriedigendes(!) - Urteil hat. (Manchmal ist aber auch selbst ein letztinstanzliches und damit wenigstens noch einmal überprüftes Urteil so wenig nachvollziehbar, dass man hinterher nicht klüger, sondern nur noch verzweifelt ist! Ich weiß aus eigenem Leid, wovon ich rede, wenn ich gerichtlichen Unverstand beklage.96)

5.2.2 Beihilfe



5.2.2.1 Darstellung

T will den ihm kräftemäßig weit überlegenen O töten. Darum bittet er seinen Freund G unter Mitteilung des Tatplanes, dass der ihm als Freundschaftsdienst sei­­ne Pistole zur Tötung leihe. G händigt T die Pistole aus, mit der T dann auch den O wie geplant erschießt.


Und etwas anders:
T will mit seiner eigenen Pistole den O erschießen. Auf dem Weg zum O trifft er seinen Freund G, dem er berichtet, was er vorhabe. Daraufhin erwidert G: "Recht geschieht ihm, dem Mist­kerl!" T setzt seinen Weg fort, trifft O an und erschießt ihn.
Dass T als Täter bestraft werden wird, ist klar. Damit wollen wir uns gar nicht weiter aufhalten.

Nach der Lektüre des ersten Beispiels ist auch jedem gefühlsmäßig klar, dass das Verhalten des G noch ein strafrechtliches Nachspiel haben muss. Hätte er nicht T seine Pistole ausgehändigt, so hätte das Leben des O kein vorzeitiges Ende durch die Hand des T unter der Verwendung der Waffe des G gefunden. Aber wie ist G zu packen?



Die in Betracht kommenden §§ 211 und 212 wollen vom Wortlaut her denjenigen bestraft wissen, der einen Menschen tötet. Das tat G aber nicht. Doch G würde hier nicht G genannt werden, wenn er nicht als Gehilfe der durch T begangenen Tötung in Betracht kommen würde. Die Bestrafung wegen der von ihm laut Gesetzeswortlaut vorsätzlich geleisteten Bei­­hilfe zu fremder vorsätzlich(!) begangener Hauptstraftat (nach diesem unsachgemäßen Wortlaut kann weder Anstiftung noch Beihilfe zu einer unvorsätzlichen, sprich fahrlässigen, oder gar zu schuldloser Hauptstraftat als Teilnehmerdelikt bestraft werden!) wird - ähnlich wie bei der Anstiftung - durch das Zusammenspiel des/der jeweiligen Para­graphen des BT mit § 27 gewährleistet. Dabei kommt als Beihilfe­hand­lung jedes Handeln in Betracht, das unter den konkreten Um­stän­den geeignet ist, die Haupttat des anderen – mit „rat unde helfe“, wie es schon im Sachsenspiegel heißt - zu fördern, den Täter in seinem Vorhaben zu bestärken und die mit eben diesem Willensziel erbracht wird. Auf den Zeitpunkt der Beihilfehandlung kommt es dabei nicht an. Es braucht auch noch nicht einmal - im Gegensatz zur Anstiftung - ein geistiger Kontakt zwischen Helfer und Täter zu bestehen! Es genügt schon, dass der Gehilfe, wenn er den Plan irgendwie, z.B. durch Lauschen, erfährt, ohne das Wissen des Täters mögliche Erschwerungen, die die Begehung des Deliktes even­tuell vereiteln würden, aus dem Wege räumt, um z.B. seine Rachege­fühle gegenüber dem zu Schädigenden zu befriedigen. Der Gehilfe braucht keinen materiellen Vorteil aus der Tat zu ziehen. Wenn er aber in der Form der physischen Beihilfe durch seine Handlung Hil­fe leistet und auch noch einen materiellen Vorteil aus einem die Tatausführung objektiv erleichternden Tatbeitrag zieht, dann ist es manchmal streitig, ob er nicht vielleicht qualitativ schon Mittäter ist und damit die in § 27 II 2 verpflichtend angeordnete „obligatorische“ Strafmilde­rung für die Strafbarkeit des Gehilfen zuungunsten einer täter­schaft­lichen Bestrafungsmöglichkeit entfällt. Letztlich gibt es kein Kriterium, das in jedem Falle eine zweifelsfreie Trennung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe ermöglichen würde. Die Über­gänge sind fließend, die Entscheidungen darum nicht zwingend. Aber als "Daumenregel" kann man sagen: Mittäterschaft ist Koordination, Bei­hilfe ist Subordination (unter den Täterwillen, die Tatherrschaft des Haupttäters, ... oder welchen Gesichtspunkt man auch immer zur Grenzziehung verwenden will).
Wie ist das aber nun in dem zweiten Eingangsfall? Da hat G keine irgendwie geartete physische Beihilfe geleistet. T befand sich schon im Besitz der Pistole und auf dem Weg zum O, um ihn zu tö­ten. Die spätere Tötung wäre genauso abgelaufen, wenn er seinen Freund G nicht un­terwegs getroffen, kurz angehalten und sein Vorha­ben mitgeteilt hätte. G muss wegen fehlender physischer Beihilfe bezüglich der Tötung straffrei blei­ben. Aber die Strafjuristen haben neben der physischen auch die Möglichkeit einer Bestrafung wegen psychischer Beihilfe ersonnen. Sie sehen eine psychi­sche Beihilfe dann als gegeben an, wenn dem Täter durch die Billi­gung des Gehilfen die Begehung der Tat psychisch erleichtert wird; und sei es auch nur dadurch, dass der Gehilfe verständnisinnig nickt und damit vielleicht bei dem Täter eventuell verbliebene Reste einer morali­schen Hemmschwelle überwinden hilft. Jede Bestärkung des Täters, den Tatplan in der vorgesehenen Weise auszuführen, wird als psy­chi­sche Beihilfe des hierzu Zustimmenden gewertet.

Hätte G doch bloß geschwiegen! Dann wäre er wohl trotzdem kein Philosoph geblieben, aber er wäre auch nicht zum Gehilfen eines Verbrechens geworden. Dadurch, dass er sagte: "Recht geschieht ihm, dem Mistkerl!", hat er sich gemäß § 49 I Nr. 3 1. Fall mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe eingehan­delt. So schnell kann das gehen! (Seltsamerweise aber nicht, wenn Rostocker Bürger Unterstützung grölend zukucken, wie hilflose Menschen in einem angezündeten Haus ausgeräuchert werden und Todesängste ausstehen! Und wer Steine heranschaffte, damit ihren Kindern und den Skins nicht die Munition ausgehe, der hat nicht nur in psychischer, sondern auch in physischer Form Beihilfe geleistet.) Allgemein gilt bezüglich der psychischen Beihilfe: Reden kann Ge­fängnis sein, Schweigen (möglicherweise nur Geldstrafe oder mit ein wenig Glück sogar) Freiheit!


Eine täterschaftliche Begehung einer Straftat gemäß § 138 Nichtan­zei­ge geplanter Straftaten scheidet für einen psychischen Gehilfen aus, weil niemand hinsichtlich einer eigenen Deliktsbeteiligung, hier Beihilfe zur Tötung, anzeigepflichtig ist.
Hätte G sich aber nicht geäußert, und hätte er somit keine psychi­sche Beihilfe zur Tötung geleistet, wäre er bei dieser Fallgestalt trotzdem als (später noch näher dargestellter Unterlassungs-)Täter wegen Ver­sto­ßes gegen § 138 zur Verantwortung zu ziehen! So kann man sich auch eine Gefängnisstrafe einhandeln.

5.2.2.2 Anwendungsfälle und Besprechung

Fall 64


Ein schon mehrfach bestrafter Zuhälter nötigte auf St. Pauli die "Bordsteinschwalbe" B, tatschte sie nach längerer, frauenentwöhnender Strafhaft gegen ihren Willen sehr zudringlich ab und gab ihr ein paar Ohrfeigen, als sie dem schon recht Ange­trunkenen A und dessen ebenfalls angetrunkenem Freund F kein Bier spendieren wollte. Die zu dem dorti­gen Milieu gehörende und als resolut bekannte B sagte daraufhin dem A, dass sie ihm die erhaltenen Schläge heimzahlen werde. Sie werde ihm bei der Polizei "eine Lampe bauen" (ihn anzeigen). Das werde dann den Widerruf der Straf­aussetzung zur Bewährung nach sich ziehen, weil A während des Laufes seiner Bewährungsfrist die­se neue Straftat begangen hat­te. A traute der B zu, dass sie ihre Ankündigung wahrmachen werde. Ihn schreckte nun die gerade erst zur Bewährung ausgesetzte, jetzt aber unweigerlich aus der letzten Verurteilung fällig werdende Reststrafe von 10 Monaten Gefängnis. Dorthin wollte er auf keinen Fall zurück, koste es (zunächst andere), was es wolle. Darum ließ er sich von dem ihm kumpelhaft bekannten Gaststätten- und Hotelbesitzer G, in dessen Haus die B wohnte, die Zimmernummer der B nennen und bat ihn, ihm und dem F einen nur für die Müllabfuhr benötigten, aber sonst üblicherweise verschlossenen Sei­tenein­gang zu öffnen und dann die Music-Box aufzudrehen, damit A und F unge­sehen von anderen Gästen durch den Nebeneingang ins Haus schlei­chen und der B auf deren Zimmer "ans Leder gehen" könnten, deren Schreie durch die überlaut gestellte Musicbox aber unten möglichst nicht zu hören seien. Während dieser Unterhaltung spielte A - bedeutungsvoll - mit seinem Messer herum.

Gesagt, getan. In dieser Beziehung sind die "Herren" von St. Pauli Männer kurzer Entschlüsse. G tat sofort, wie erbeten; Freundschaft ist halt ein hehrer Wert. Da­raufhin schlichen A und der ganz unter seinem Einfluss stehende F, der der B nichts getan und darum von ihr auch nichts zu be­fürchten hatte, durch den Seiteneingang der Gaststätte in den Hotelbereich des obe­ren Flures vor die Zimmertür der B. A hol­te sein Messer heraus, mit dem er die B, wie er sich in der Ver­handlung einließ, nur habe erschrecken und so von dem von ihr angekündigten Vorhaben habe ab­bringen wollen, und trat die Tür ein. Die überrumpelte B lief, zu recht Schlim­mes befürch­tend, laut schreiend zum Fenster, um Pas­san­ten auf der Straße zu alarmieren. A sprang sie von hinten an, wobei ihm sein Mes­ser entfiel. Mit einem Arm umklammerte er ihren Oberkörper, mit der anderen Hand hielt er ihr den Mund zu. Er dreh­te die so wehrlos gemachte Frau zu Freund F in das Zimmer zurück, riss ihre Kinn­partie hoch, sodass ihre Kehle frei und der Hals überdehnt wurde, und blickte - ohne etwas zu sagen - auffordernd den F an und dann auf das auf dem Boden liegende Messer. Doch in einer intensiven Män­ner­freundschaft versteht man sich auch wortlos: F hob das Mes­ser auf und schnitt der B mit zwei schnellen Schnitten den Hals bis auf die Halswir­bel durch. Die verblutende Frau warfen sie auf das Bett, reinigten sich in dem Zimmer, verließen das Haus ungese­hen und gingen erst einmal ein Bier trinken. „Die Pulle danach“ - wie es in der Proll-Werbung der benachbarten Astra-Brauerei in etwas anderem Zusammenhang heißt. Bei dem sich da­ran anschließenden Zug durch die Gemeinde wurden sie dann in einer Gaststätte verhaf­tet, weil die Leiche schnell entdeckt worden war, sich jemand an die Auseinandersetzung um das Frei­bier erinnert und der Polizei gegenüber geplaudert hatte.


Lösungshinweise:
Bei der Beurteilung der Strafbarkeit des B versagt die zuvor ange­sprochene "Daumenregel" zur Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme. (Darum wurde der Fall ja auch ausge­wählt.) Wenn Koordination zwischen A und B fest­ge­stellt werden sollte, wäre B Mittäter, und es wäre mit der Prüfung seines Tat­bei­trages zu beginnen, weil er der Tatnächste war. Dagegen spricht aber, dass B ganz unter dem bestimmenden Einfluss des A gestanden und kein eigenes Interesse an der Tötung gehabt hatte. Zwischen A und B könnte also ein Verhältnis der Subordination bestanden ha­ben. Wer wollte das für alle zwingend einsehbar verneinen? Dann wäre B nur Gehilfe gewesen, und es müsste mit der Prüfung des de­lik­tischen Verhaltens des A begonnen werden, um erst einmal eine Haupttat feststellen zu können.

Vor der Neufassung des § 25, der jetzt denjenigen als Täter defi­niert, der eine Tat selbst begeht, hätte man trefflich darüber streiten können, ob B als Täter oder nur als Gehilfe des A gehan­delt habe. So hatte das RG (Reichsgericht; Vorläufer des BGH) im so genannten "Badewannen-Fall"97 und später der BGH in dem Fall eines KGB-Agenten, der in der Bundesrepublik einen Men­schen getötet und dafür nur als Gehilfe des KGB bestraft worden war, entschieden, dass die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Beihilfe nach der inneren Willensrichtung der Beteiligten vorge­nom­men werden müsste: Täter sei, wer die Tat als eigene, Teilneh­mer, wer sie als fremde wolle. Danach wäre B als Gehilfe des A an­zusehen gewesen und folglich hätte mit der Prüfung der Strafbar­keit des A begonnen werden müssen.

Eine Gruppe von Strafrechtlern stellt dagegen als Unterscheidungs­kriterium das Merkmal der Tatherrschaft heraus: Täter sei, wer die Tat beherrsche, sie nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen könne, Teilnehmer dagegen, wem diese Tatherrschaft fehle. Auch da­nach wäre der in seinem Willen ganz von A beherrschte B nur als Gehilfe zu be- und verurteilen.

Eine andere Gruppe von Wissenschaftlern vermag kein zwingendes Ab­grenzungskriterium zu erkennen, gesteht diese Schwierigkeit ein und fordert darum, dass die jeweilige Tatsituation unter Zugrunde­le­gung des Gesetzestextes ganzheitlich betrachtet werden müsse. Dem wird hier gefolgt und Täterschaft des B angenommen. Trotz Sub­ordination liegt hier (Mit-)Täterschaft vor.


Die eben angesprochenen und für B mit dem Hinweis auf den nunmehr eindeu­ti­gen Wortlaut des Gesetzestextes wieder beiseitegeschobenen Über­legungen bezüglich einer etwaigen bloßen Gehilfenstellung tauchen aber erneut auf, wenn das Handeln des G auf seinen deliktischen Ge­halt hin untersucht werden muss. Ist er Täter - woran? - oder nur Gehilfe?
Kommt eine Beihilfehandlung in Betracht, ist zunächst die Haupttat zu prüfen. Bei der sich daran anschließenden Begutachtung des Handelns eines Gehilfen ist im Unrechts­tatbestand die auf die Förderung der Haupttat abzielende Gehilfen­handlung zu untersuchen. Bezüglich der Haupttat genügt dabei ein Hinweis auf deren vorangegangene Prüfung. Als Beihilfe kommt dann jedes Handeln in Betracht, das unter den gegebenen Umständen ge­eig­net gewesen war, die - vielleicht nur Versuch gebliebene - vor­sätzlich begangene, rechtswidrige Haupttat eines anderen zu för­dern. Als objektiv zurechenbarer Doppelerfolg ist erstens die Ef­fektivität der Hilfeleistung - sonst nur straflose versuchte Bei­hilfe - und zweitens die unter Verwendung dieser Hilfe wenigstens versuchte Haupttat festzustellen. Hat sich eine gewollte physische Hilfeleistung nicht in der Haupttat ausgewirkt, so wird oft eine psy­chische Beihilfe zu bejahen sein! Denn in dem Bestärken des Täters, sein Vorhaben auszuführen, liegt eine effektive, enthem­men­de seelische Hilfeleistung vor, die von dem durch die geistige Hilfe­lei­stung weiter enthemmten Täter bei der Begehung der Haupttat ver­wer­tet wird.

Für Rechtfertigung, Schuldtatbestand (Vorsätzlichkeit!), Entschuldigungsgründe usw. gilt das Grundschema wei­ter.


Lösungsskizze:
(A) Strafbarkeit des F (zunächst geprüft, weil er der Tatnächste ist)
(I) Der angetrunkene F tötete die von dem angetrunkenen A festge­hal­tene B, indem er ihr den Kopf abschnitt.
(1) Zu prüfen ist ein in Mittäterschaft begangenes Verbrechen des Totschlags gemäß §§ 212, 25 II.

(a) UTB:


Zunächst das Abgrenzungsproblem Täterschaft zur Teilnahme erörtern. Dann eigene Stellungnahme: Durch Blickkontakt und konkludentes (schlüs­si­ges) Handeln »verabredeten« und begingen F und A gemeinsam die Tö­tung, indem A die B festhielt und F der Wehrlosen den Kopf ab­schnitt. UTB (+).

(b) RF: (-) (Näher ausführen: Einen Freund vor rechtmäßigen Folgen begangener Straftaten – Widerruf der Bewährung – »schützen« zu wollen, ist kein Rechtfertigungsgrund.)

(c) STB bezüglich des angegebenen Mordqualifikationsmerkmales:

Z. Zt. der Tat lag eine verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 wegen erheblichen Alkoholkonsums vor.

VS (+)

(d) E (-)



Ergebnis: §§ 212, 25 II, 21 (+)
(2) F tötete zusammen mit A die B, um zu verhindern, dass sie den A wegen einer Straftat anzeige. Zu untersuchen ist daher eine Straf­tat des Mordes gemäß § 211 wegen des im STB zu prüfenden Qualifika­tionsmerkmals "zur Verdeckung einer Straftat".

(a) - (c) UTB, RF, sowie STB bezüglich VS siehe vorstehend zu § 212.

(c) STB:

Zur Verdeckung einer Straftat die Zeugin getötet (+)


Ergebnis und Endergebnis: §§ 211, 25 II, 21 (+)
(B) Strafbarkeit des A
(I) Der angetrunkene A hielt die B fest, drehte sie zu F hin, riss ihr den Kopf nach hinten und das Kinn hoch, legte dadurch ihren Hals frei und schaute auffordernd auf F und das Messer, woraufhin F das am Boden liegende Messer ergriff und der B den Kopf ab­schnitt.
(1) Zu prüfen ist eine in Mittäterschaft begangene Tötung gemäß §§ 212, 25 II.

(a) UTB: (+); s. Prüfung der Strafbarkeit des F

(b) RF: (-) Selbstbegünstigung (Vermeidung des Widerrufs einer Strafaussetzung zur Bewährung) rechtfertigt nicht!

(c) STB:

Z. Zt. der Tat lag eine verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 wegen erheblichen Alkoholkonsums vor.

VS (+)


(d) E (-)

Ergebnis: §§ 212, 25 II, 21 (+)


(2) A tötete zusammen mit F die B, um zu verhindern, dass sie ihn wegen einer Straftat anzeige. Zu untersuchen ist daher eine Straf­tat des Mordes gemäß § 211 wegen des im STB zu prüfenden Qualifika­tionsmerkmals "zur Verdeckung einer Straftat".

(a) - (c) UTB, RF, sowie STB bezüglich VS siehe vorstehend zu § 212.

(c) STB bezüglich des angegebenen Mordqualifikationsmerkmales:

Zur Verdeckung einer Straftat die Zeugin getötet (+)


Ergebnis und Endergebnis: §§ 211, 25 II, 21 (+)
(C) Strafbarkeit des G
G öffnete auf Bitten des A eine Seitentür, damit A und F ungesehen in das Haus schlüpfen und der B "ans Leder gehen" konnten. Er stellte die Music-Box lauter, damit Schreie, mit denen alle drei rechneten, im Lokal möglichst nicht gehört würden.
(1) Zu prüfen ist eine in Mittäterschaft begangene Tötung gemäß §§ 212, 25 II.

(a) Mittäterschaft setzt gemeinsame Entschlussfassung und gemein­schaft­liche Tatausführung hinsichtlich des zu prüfenden Deliktes voraus. G war aber hinsichtlich der Tötung weder an der Entschluss­fassung beteiligt, noch leistete er einen irgendwie gearteten Tat­beitrag hinsichtlich dieser Tötung. Er behauptete unwiderlegbar, er habe geglaubt, A und F hätten die B nur verprügeln wollen. Da­rum ist eine Mittäterschaft hinsichtlich der Tötung zu verneinen.


(2) Wegen der als Täterschaft verneinten aber gleichwohl gewährten Unterstützungshandlung ist Beihilfe zum Totschlag gemäß §§ 212, 27 zu prüfen.

(a) UTB:


G müsste seine Gehilfenhandlung erbracht haben, um die Haupttat zu fördern. Als Haupttat wurde eine Tötung vorgenommen. Nach der in der Verhandlung vorgebrachten Einlassung des G habe er aber nur an Prügel und damit nur an eine bloße (gemeinschaftlich zu begehende) Körperverletzung gedacht, als ihm A und F gesagt hatten, dass sie der B "ans Leder" wollten. Diese Einlassung blieb unwider­legt. In dubio pro reo.

Damit kann keine Gehilfenhandlung zur För­derung einer Tötung festgestellt werden.

Der UTB einer Beihilfe zu einer Tötung ist nicht erfüllt.
(3) G unterstützte A und F in der von ihm als unmittelbar be­vor­stehend angenommenen Körperver­let­zung, angeblich ohne an die Möglichkeit des Todes­eintritts zu denken. Zu prüfen ist daher eine Bei­hilfe zur Körperverletzung mit To­desfolge gemäß §§ 226, 27.

(a) UTB:


Der UTB des § 226 setzt als Handlung eine Körperverletzung (KV) voraus, durch die dann jemand stirbt. Hierzu müsste G zielgerichtet Bei­hilfe geleistet haben. Eine KV als Durchgangsdelikt zur erfolgten Tö­tung liegt vor. Dazu hatte G effektive Hilfe geleistet, indem er die üblicherweise verschlossen gehaltene Seitentür öffnete, damit A und F ungesehen ins Haus gelangen konnten. Darüber hinaus drehte er die Music-Box auf, damit A und F bei ihrer Handlung möglichst nicht durch von den erwarteten Schreien der B möglicherweise angelockte Passanten gestört würden. UTB (+).

(b) RF: (-)

(c) STB:

Im STB ist für das Eingreifen des § 226 VS bezüglich der KV und gemäß § 18 FL bezüg­lich der Todesfolge zu prüfen, denn der Struktur nach handelt es sich bei diesem Delikt laut Schmidhäuser, der vom höchstrangig verletzten Rechtsgut her urteilt, um eine durch eine vorsätz­liche Körperver­letzung qualifizierte fahrlässige Tötung. Wenn man von der Täterintention und der Wortwahl „erfolgsqualifizierte Delikte" her urteilt, kann man den § 226 auch als eine so gewollte vorsätzlich begangene KV ansehen, die für das Opfer und den Täter eine ungewollte Folge zeitigt. Dann ist der fahrlässig herbeigeführte Todes»erfolg« des Opfers die fahrlässig herbeigeführte Qualifizierung der vorsätzlich begangenen KV. (Darum wer­den solche Delikte auch als "erfolgsqualifizierte Delikte" be­zeich­net. Im STB des § 226 ist bezüglich der Tötung FL deshalb zu prüfen, weil die Be­jahung von VS bezüglich der Tötung zur Annahme von § 212 geführt hätte; das aber war zuvor verneint worden.)

Bezüglich seiner zur KV geleisteten Hilfe hatte G aktuelles Tat- und Unrechtsbewusstsein. Er wusste und wollte, dass seine Handlung die von A und F als angeblich so verstanden angekündigte KV in ihrer Durchführung erleichtern werde. Er rechnete mit der Vollendung des Deliktes. VS bezüglich der KV (+).

Bezüglich des Todeserfolges hatte G nach eigener Einlassung kein Tatbewusstsein. Das war ihm nicht zu widerlegen gewesen.

Das Tatbewusstsein hinsichtlich der von A und F vorgenommenen Tö­tung wäre aber für ihn erlangbar gewesen, als A und F ihm sagten, dass sie der B "ans Leder wollten" und A dabei mit seinem Messer spielte. Es war bei dem ihm bekannten Hang des A zu Gewalttätigkeiten, der auch schon zu einschlägigen Verurteilungen geführt hatte, vorstellbar, dass die beiden durch Alkohol enthemmten Angetrunkenen der Widerspenstigen zur Zähmung mehr als mit dem Messer nur drohen würden und der Messer­einsatz mit einer Tötung enden könnte. Da das Tatbewusstsein für G erlangbar gewesen war, hät­te er auch zu einem Unrechtsbewusstsein kommen können. "Poten­tia­­li­tät", die Möglichkeit der Erlangung von Tat- und Unrechtsbewusst­sein hinsichtlich der Tötung, lag vor.

Die für ein Eingreifen des § 226 erforderliche FL hinsichtlich der Tötung ist damit zu bejahen. Die zu fordernden Schuldmerkmale sind erfüllt: G leistete vorsätzlich Hilfe zu der von A und F vorsätz­lich als Durchgangsdelikt begangenen rechtswidrigen Haupttat der KV, deren qualifi­zie­ren­den Erfolg er nicht bedacht haben will, aber hätte vorhersehen können.

(d) E: (-)
Ergebnis und Endergebnis: G ist wegen seiner erbrachten Beihilfe zu einer KV mit Todesfolge gemäß §§ 226, 27 zu bestrafen.
Anmerkung (die meist nicht aufgrund von verkürzenden Zeitungs­mel­dungen, sondern erst durch die eigene Fallkenntnis und Fallbearbei­tung möglich ist):

A wurde wegen des im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit be­gan­genen Mordes gemäß §§ 211, 25 II, 21 in Anbetracht seiner bishe­rigen Straftaten und der Tatsache, dass er bei der Begehung dieses Deliktes die treibende Kraft gewesen war, zu lebenslanger Frei­heits­strafe verurteilt, obwohl er die B »nur festgehalten« hatte. Von der fakultativen Strafmilderung des § 21 wurde bei der Fest­setzung seiner Strafe kein Gebrauch gemacht.

F erhielt wegen des im gleichen Zustand der Trunkenheit begangenen gleichen Deliktes eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Es wurde bei der Festsetzung seiner Strafe von der fakultativen Strafmilde­rungs­­mög­lichkeit des § 21 Gebrauch gemacht, obwohl er es gewesen war, der der O den Kopf mit zwei Schnitten so abgeschnitten hatte, dass er nur noch an den bloßen Halswirbeln baumelte. (Strafrecht ist nicht unbedingt appetitlich; auf jeden Fall oft nicht für die vor Ort ermittelnden Poli­zei­be­amten und auch nicht für die Vertre­ter der Staatsanwalt­schaft, die Richter und die Rechtsanwälte, die sich mit den Spu­renmappen befassen müssen.)

G wurde wegen physischer Beihilfe zu einer Körperverletzung mit To­desfolge gemäß §§ 226, 27 zu vier Jahren Freiheitsstrafe verur­teilt.



5.3 Einheitstäterschaft

In ganz wenigen Fällen schildert der Gesetzgeber in den Strafbe­stim­mun­gen des BT nicht den Alleintäter, der das jeweilige Delikt vollendet hat, sondern er sagt z.B. in § 222 fahrlässige Tötung: "Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, ... ."

Eine gleichlautende Formulierung findet sich in § 230 fahrlässige Körperverletzung und § 309 fahrlässige Brandstiftung. Mit dieser Formulierung verzichtet der Gesetzgeber auf die Unterscheidung zwi­schen Täterschaft und Teilnahme. Wer durch irgendeinen irgend­wie gearteten Tatbeitrag an der Rechtsgutsverletzung kausal betei­ligt gewesen war, dem wird der Erfolg seiner Handlung ohne jede weitere Differenzierung als eigene Täterschaft objektiv zugerech­net. Dem liegt die Rechtsfigur der Einheitstäterschaft zugrunde. (Siehe z.B. die Fälle 5 „Whiskey-Wette“ und 10 „Schneckentempo auf der BAB“)
"Flucht in den Tod

dpa Bergkamen - Auf der Flucht vor seinem Vergewaltiger ist ein Junge (11) aus dem neunten Stock eines Bergkamener Mietshauses in den Tod gestürzt. Wie die Dortmunder Kripo mitteilte, war das Kind zuvor in Begleitung eines 33jährigen vorbestraften Mannes gesehen worden."



„Stoppschild gestohlen

30 Jahre Haft für einen Streich

SAD Tampa – Das Urteil: 30 Jahre Haft, davon 15 auf Bewährung, für jeden der drei jungen Angeklagten. Ihr Verbrechen: ein dummer Streich. Der so genannte „Stoppschild-Fall“ bewegt zurzeit den Sonnenstaat Florida. Die Angeklagten weinten, als der Richter das Urteil verkündete. Die Härte der Strafe war für sie völlig überraschend. Nissa Bailie (21), Thomas Miller (20) und Christopher Cole (20) müssen vermutlich 15 Jahre hinter Gitter, weil sie in einer Bierlaune in Tampa ein Stoppschild gestohlen hatten. Einige Tage später fuhren drei 18jährige in ihrem Sportwagen über die Kreuzung. Sie hätten anhalten müssen, wussten es aber nicht. Deswegen zermalmte ein Lkw ihren Camaro und löschte das Leben der jungen Männer aus. Richter Bob Mitchum erkannte deshalb jetzt auf Totschlag.“
Das wäre nach deutschem Recht nicht möglich, aber eine fahrlässige Tötung durch die drei wahnsinnig witzigen Jugendlichen - nicht jedoch durch den LKW-Fahrer, der nach dem im Straßenverkehr geltenden Vertrauensgrundsatz auf seine in seiner Fahrtrichtung weiterhin angezeigte Vorfahrt vertrauen durfte - ist auch nach unserem Recht durch die Figur der Einheits­täter­schaft gegeben.



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