Rechtskunde einführung in das strafrecht der bundesrepublik deutschland anhand von tötungsdelikten



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Kempten/Allgäu: Das Schwurgericht verurteilte im März 1994 S. und Dr. T. zu Geldstrafen von 4800 und 6400 Mark. Die Richter erkennen auf einen minder schweren Fall des versuchten Totschlags. Die Angeklagten hatten den Schwestern eines Pflegeheims aufgetragen, die Ernährung der seit mehr als drei Jahren im Koma liegenden Mutter von S. einzustellen. Der 73jährigen Frau, die weder sprechen noch sehen, hören oder schlucken konnte, sollte weiteres Leid erspart werden.
Rosenheim: Ein Schöffengericht verurteilte im November 1989 zwei Brüder wegen versuchter Tötung auf Verlangen zu Geldstrafen von je 17 000 Mark. Sie hatten ihrem todkranken Vater auf dessen Drängen hin eine Überdosis eines starken Beruhigungsmittels injiziert, das sich der Mann selbst besorgt hatte. Die Todesursache konnte nicht eindeutig festgestellt werden.
Berlin: Das Landgericht sprach im Oktober 1988 einen 73jährigen schuldig, seine an einem unheilbaren Gehirnleiden erkrankte Frau auf deren Verlangen getötet zu haben. Von einer Strafe sahen die Richter ab. Der Vorsitzende Richter: »Wir wollen den Angeklagten juristisch, aber nicht moralisch verurteilen.«
Bonn: Wegen versuchten Totschlags an seiner Tochter wurde im Juli 1988 ein junges Ehepaar zu einjährigen Bewährungsstrafen verurteilt. Die Ärzte hatten dem hirnkranken, im Koma liegenden Baby keine Überlebenschance eingeräumt, weigerten sich aber, die Behandlung abzubrechen. Daraufhin nahmen die Eltern ihr sechs Monate altes Mädchen vom Tropf und schalteten das Beatmungsgerät aus. Das Personal schritt jedoch ein.
Ravensburg: Das Landgericht sprach im Dezember 1986 einen Mann frei, der das Beatmungsgerät seiner Frau abgeschaltet hatte. Sie litt an einer unheilbaren Rückenmarkserkrankung, war gelähmt und sterbend in das Krankenhaus eingeliefert worden. In Gesprächen hatte sie ihre Angehörigen dringend gebeten, eine künstliche Beatmung nicht zuzulassen. Gleichwohl wurde sie beatmet. Auf einer Spezialschreibmaschine, mit der sie sich noch verständlich machen konnte, hatte sie dann im Krankenhaus geschrieben: »Ich möchte sterben, weil mein Zustand nicht mehr erträglich ist.«
Waldshut: Der Bundesgerichtshof hob im November 1986 die Entscheidung des Schwurgerichts Waldshut auf, das einen Mann wegen Totschlags zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt hatte. Der Angeklagte hatte seinen 70jährigen schwerkranken Onkel nach einem angekündigten Selbstmordversuch bewusstlos aufgefunden, neben ihm Ampullen eines schweren Narkotikums.

Der Onkel hatte seinen Neffen zuvor gebeten, ihm eine vorbereitete Spritze zu geben, falls er es nicht selbst schaffe. Der Neffe injizierte zwei weitere Ampullen des Giftes.

Der Bundesgerichtshof sah die Tat als »Tötung auf Verlangen«, nicht als Totschlag; die Strafe müsse also herabgesetzt werden.
Krefeld: Der Bundesgerichtshof bestätigte im Juli 1984 den Freispruch des Landgerichts im Falle eines Arztes, der eine schwerkranke Patientin bewusstlos in ihrem Bett fand und bei ihr blieb, bis sie starb. Die 76jährige hatte mehrmals angekündigt, Selbstmord begehen zu wollen. An jenem Tag - ein Hausbesuch des Arztes war vereinbart - hatte sie dann eine Überdosis Morphium und Schlafmittel zu sich genommen. In der Hand hielt sie einen Zettel: »Kein Krankenhaus. Erlösung.«“

(STERN 24.03.94)


Die Frau wollte sich nicht darauf verlassen, dass sie zufällig dem für ihr Anliegen richtigen Arzt in die Hände gefallen wäre.
Um - falls man das überhaupt für erlaubt hält, damit man weiß, von welcher Häufigkeit man spricht - die zahlenmäßige Dimension des Problems aktive Sterbehilfe näherungsweise abschätzen zu können, sei zunächst daran erinnert, dass in den Niederlanden mit seiner nur ca. ein Sechstel so großen Bevölkerung jährlich ca. 4.000 todgeweihte Menschen von ihren ihnen nicht mehr erträglichen Leiden erlöst werden – wobei laut einem Zeitungsartikel in „Die Woche“ (02.03.01) in den Niederlanden nach jüngsten Untersuchungen an etwa 1.000 Menschen jährlich aktive Sterbehilfe geleistet werde, ohne dass deren ausdrückliches Einverständnis vorliege. Es wird sogar die Behauptung aufgestellt: „Viele ältere Menschen fürchten sich bereits vor einer Klinikeinweisung.“, - was man nicht glauben mag, wenn man den Erklärungen von Dr. Admiraal in diversen Talkshows zugehört hat.

Bei einer Bevölkerung von 80 Millionen könnte sich die Problematik aktiver Sterbehilfe in der Bundesrepublik rund 15.000 mal pro Jahr stellen. Daneben sei eine andere Zahl gestellt:


"Todesfalle Klinik

rtr Frankfurt - Jedes Jahr sterben 25.000 Bundesbürger an den Folgen medizinischer Behandlungsfehler!107 Das sagt Christian Zimmermann, Chef des deutschen Patientenverbandes. Hauptursache: Hygienemängel in den Kliniken." (HH A 15.11.94)


(Diese erschreckend hohe Zahl könnte rechtlich relevant sein, wenn man den Kausalverlauf folgender Fallgestalt untersuchen muss: Das Opfer eines schweren Verkehrsunfalls mit an sich gegebenen Überlebenschancen soll in ein Krankenhaus eingeliefert werden, stirbt aber auf der Überführungsfahrt durch einen vom Rettungswagen verschuldeten Verkehrsunfall, oder: wird in ein Krankenhaus eingeliefert und stirbt dort wie fast 25.000 andere jährlich(!) an einem Hygienemangel, den der Unfallverursacher ja nicht zu vertreten hat.)

Trotz der Traumatisierung der öffentlichen Diskussion in unserem Land durch die Verbrechen der Nazis werden wir bei der absehbaren Zunahme der durch Überalterung hervorgerufenen Alters­krankheiten und -leiden einer umfangreichen, größere Bevölkerungsteile einbeziehenden Diskussion auf Dauer aber nicht ausweichen können. Sterben müssen wir alle, anders ist Leben nicht denkbar. Diese Dichotomie, diese sich gegenseitig bedingende, zweigeteilte Gegensätzlichkeit ist nicht auflösbar. Aber muss man so elendig krepieren, wie man es als mitfühlender Mensch seinem geliebten Haustier immer ersparen würde?


Bisher ist die Diskussion um die aktive Sterbehilfe allerdings mehr ein mit apodiktisch geäußerten Statements geführter ideologischer Schlagabtausch, in dem sich Gegner und Befürworter gegenseitig Menschenverachtung vorwerfen.

Nachfolgend ei­nige Diskussionsbeiträge, die die (teil­weise) un­ter­schiedlichen Po­sitionen in der öffentlichen Dis­kussion Deutschlands verdeut­li­chen können:


a) Hans Maier (CSU) wurde als bayerischer Kultusminister und Präsi­dent des deutschen Katholikentages im Bayernkurier mit den Worten zitiert:
"Aktive Sterbehilfe (bei Todgeweihten) verstößt nicht nur ge­gen ethische Grundnormen, sondern ist zweifellos eine strafbare vor­sätzliche Tötung."
Ist das wirklich ohne jeden Zweifel? Da muss man wohl über eine (be­­neidenswerte?) Glaubensgewissheit verfügen! Maier ist zu wün­schen, dass nicht eine ihm sehr nahestehende Person oder er selbst ein­mal so verendet, wie es von Ärzten vieltausendfach pro Jahr erlebt und miterlitten wird.
b) Wilhelm Rasche, damaliger Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für hu­ma­nes Sterben (DGHS), der sich öffentlich dazu bekannt hat­te, z.B. bei Menschen mit Magenkrebs durch Verabreichung von (ei­ner Überdo­sis?) Morphium mit reinem Gewissen eine Lebensverkürzung "billi­gend in Kauf genommen zu haben", weil diese Pa­tienten verhungern müssen, da sie selbst leichteste Nahrung nicht mehr aufnehmen können:
"Wer so einem armen Menschen nicht hilft, der handelt unbarm­her­zig und nicht im Sinne der Bergpredigt."
Vermutlich hatte sich der Arzt W. Rasche über sei­ne eigene Hand­lungs­weise aus strafjuristischen Gründen nicht klarer ge­äußert. Sich klarer zu äußern, ver­bot wohl der Blick auf die Strafverfolgungsbehörden. Die gegen ihn ermittelnde Würzburger StA wird es aber schwer ha­ben, ihm einen zur Anklage führenden "reinen" Fall aktiver Ster­behilfe nach­zuweisen, denn ein behandelnder Arzt darf nicht nur Schmerzen lindern, er muss es sogar tun, um sich nicht wegen einer Körperver­letzung durch Unterlassen gemäß §§ 223, 13 strafbar zu ma­chen. Wer will Rasche nachweisen, dass die jeweils verabreichte Do­sis Morphium - als "indirekte Sterbehilfe" der Schmerzlinderung mit möglicher Beschleunigung des Todeseintritts kaschiert - über die Schmerzlinderung hinausgehen und eine "rei­n" aktive Sterbehilfe sein sollte? Denn der Arzt darf ja einen möglichen To­­des­erfolg seiner angezeigten Schmerzbehandlung auch in solchen Fällen straflos billigend in Kauf nehmen, in denen der Patient die Schmerzmittelgabe möglicher- oder sogar voraussichtlicherweise nicht überleben wird.
c) Prof. Zeidler als damals amtierender Präsident des BVerfG auf einer Tagung einer evangelischen Akademie:

"Tötung auf Verlangen kann unter Umständen human sein. Das Ver­bot der Tötung auf Verlangen bei unheilbar Kranken ist eine Insel der Inhumanität, die auf den Einfluss der Kirchen zurück­zuführen ist, die einen Einfluss geltend machen, der ihnen nicht zukommt."


d) In dem katholischen "Handwörterbuch religiöser Gegenwartsfra­gen" wird ein Verzicht auf lebensverlängernde und den natürlichen Sterbevorgang behindernde Maßnahmen für erlaubt erklärt. Ein Selbstbestimmungsrecht des Menschen, den Zeitpunkt des eigenen Todes festzulegen, wird hingegen strikt abgelehnt. Noch bis 1983 verbot die katholische Kirche das Begräbnis von Suizidanten auf ihren Friedhöfen, denn die Entscheidung über Leben und Tod nicht Gott zu überlassen, galt als besonders verwerfliche Sünde.
e) Ähnlich der evangelische Badener Landesbischof Engelhardt:
"Nur Gott kann dem Leben ein Ende setzen. Jede Tötung, auch die Selbsttötung, ist Ausdruck einer angemaßten menschlichen Souveränität."
Diesem Bischofswort sei die prämierte Reportage »Ich will nur fröhliche Musik« aus der ZEIT gegenübergestellt, die 2006 den Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage des vorausgegangenen Jahres erhalten hatte und im STERN nachgedruckt wurde, aus urheberrechtlichen Gründen hier aber nicht abgedruckt wird, die jedoch im Internet abrufbar ist. Der Verfasser und Bruder des Suizidanten sagte anlässlich der Preisverleihung: „Es ist entwürdigend, dass der assistierte Freitod in Deutschland kriminalisiert wird und Menschen gezwungen sind, dafür in ein fremdes Land zu fahren.“
f) Den Vorwurf mancher Kirchenväter, durch eine aktive Sterbehilfe pfusche der Arzt Gott ins Handwerk, konterte der südafrikanische Herz­chirurg Christiaan Barnard, der die erste Herztransplantation der Welt gewagt hatte, mit dem Hinweis, dann würden die Ärzte um­ge­kehrt Gott ja auch ins Handwerk pfuschen, wenn sie ein Antibio­ti­kum verabreichen, um den Tod abzuwehren!
g) Prof. Kautzky, Mediziner:
"Was spricht eigentlich dagegen, dass der Mensch, der den Auf­trag hat, sein Leben zu meistern, auch seinen Tod meistern darf und dass der Arzt ihm dabei hilft?"
h) Heinrich Albertz, Pfarrer und ehemaliger Regierender Bürgermei­ster von Berlin:
"Sterbehilfe kann nur heißen: keine künstliche Verlängerung des kranken Lebens. Jeder Kampf gegen unnötige Schmerzen und statt Maschinen Menschen am Sterbebett."




„Auf Krankenschein

SAD New York – Selbstmord auf Krankenschein. Das hat der Gesundheitsausschuss des US-Bundesstaates Oregon beschlossen. Danach soll die staatliche Krankenkasse Medikamente bezahlen, mit denen sich arme, unheilbar Kranke erlösen können.“ (HH Abendblatt 02.03.98)


j) Prof. Beleites als Vorsitzender des Ausschusses für medizinisch-juristische Grundsatzfragen der Bundesärztekammer:
„Aktive Sterbehilfe ist und bleibt ein Tabu für die deutsche Ärzteschaft. In der Diskussion um die Neufassung der Richtlinie zur ärztlichen Sterbebegleitung steht diese ethische Selbstverständlichkeit auch und gerade angesichts der Kostendiskussion im Gesundheitswesen nicht zur Disposition.“
k) Der wegen seiner durch Fernsehsender einem Millionenpublikum vor Augen geführten passiven - und auch schon aktiven - Sterbehilfe an mindestens 130 Patienten in den USA als „Dr. Death“ bekannte Pathologe Dr. J. Kevorkian, der wegen seiner Suizidbeihilfe mittels einer von ihm entwickelten Selbsttötungsmaschine (3 Infusionsflaschen mit je einer Lösung Kochsalz, dem Schlafmittel Thiopental und Kaliumchlorid, und dieses Gemisch intravenös eingegeben) schon dreimal vor einer Jury stand und jedes Mal freigesprochen wurde:
„Weshalb nimmt eine Gesellschaft es hin, dass jemand sich mit einem Gewehr das Hirn wegschießt? Aber wenn ein Doktor einem Menschen hilft, der leidet, wollen sie ihm an den Kragen. Weil eine Gruppe religiöser Fanatiker und das medizinische Establishment, das an der maximalen Behandlung Todkranker Millionen verdient, kein Interesse an der freien Entscheidung des einzelnen hat. Irgendwann werden sie mich kriegen und in das Gefängnis stecken für das, was ich tue. Unter solchen Umständen könnte dies der einzige Ort für einen Mann von Ehre sein.“
(Dr. Death war 1999 wegen Totschlags zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Er hatte einem unheilbar Kranken eine tödliche Injektion gespritzt. Dessen Tod war auf Video aufgezeichnet und im Fernsehen gezeigt worden. Wegen seiner eigenen schweren Krankheit mit einer Restlebenserwartung von höchstens noch einem Jahr ist er im Juni 07 begnadigt worden, nachdem er versprochen hatte, keine Sterbehilfe mehr zu leisten.)
Aus einem Erfahrungsbericht zur Euthanasie in den Niederlanden108
„Ca. 60 % der Ärzte melden ihre Euthanasiefälle nicht oder benennen sie anders: ‚Behandlungsbegren­zung‘ (auf Wunsch des Patienten), ‚Abbruch von Behandlung‘ (die medizinisch sinnlos zu sein scheint) sowie ‚Schmerzbehandlung mit erhöhten Dosen von Morphium‘ (die das Leben der Patienten verkürzen) gelten inzwischen nicht mehr als Euthanasie, sondern als normale medizinische Praxis.“
Es wird der Anthropologe Robert Pool zitiert, der erlebte, wie die Tochter einer Sterbenden den Arzt drängte, den Tod der Mutter zu beschleunigen, weil sie eine Ferienreise ohne Rücktrittsversicherung gebucht hatte und das Begräbnis vorher regeln wollte.

„Frappierend, wie schnell der einfache Tod die einfachste Lösung wird.“ (Pool)


Und anlässlich einer in den Niederlanden geplanten Gesetzesänderung, die es todkranken Kindern ab zwölf Jahren ermöglichen soll, künftig - z.B. nach jahrelanger erfolgloser Leukämiebehandlung - ihre Ärzte auch dann um Sterbehilfe bitten zu können, wenn ihre Eltern nicht einverstanden sind, formulierte ein Redakteur der Zeitung „De Volkskrant“: Die Leichtigkeit, mit der die Befürworter der Sterbehilfe diese für immer mehr Patientengruppen anpreisen, nähre ein „gewisses Unbehagen“. Für einen nur oberflächlich mit der Situation vertrauten Ausländer ist dieses Urteil etwas sibyllinisch. Der gesellschaftliche Hintergrund hierzu wird durch einen Kommentar etwas ins Licht gehoben, in dem Den Haag ein uferloser Legalisierungseifer unterstellt wird, wobei aber die Praxis die Gesetzestheorie schon überholt habe: Die Grenzen im Graubereich zwischen Leben und Tod seien immer wieder verlagert worden. So sei auch das Leben von psychisch Kranken, Koma-Patienten, Säuglingen und Altersverwirrten vorzeitig beendet worden, die behandelnden Ärzte dabei im Nachhinein fast immer straffrei geblieben. Das sollen rund 1.000 Tote jährlich sein, an denen aktive Sterbehilfe vorgenommen wurde, ohne dass ihr ausdrückliches Einverständnis vorlag.

Die Grenze des selbstbestimmten Todes ist aber in den Niederlanden schon überschritten worden, als Richter 1995 die „Euthanasie“ eines todkranken Säuglings und 1999 die Sterbehilfe für einen Alzheimer-Patienten sanktionierten!

Zu denken gibt in diesem Zusammenhang eine in dem STERN-Artikel: „Absturz in die Pleite. Der deutsche Wohlfahrtsstaat ist am Ende“ (07.01.99) eher nebenbei mitgeteilte Information aus einem Gespräch des Magazins mit dem Direktor des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik in Bielefeld, Prof. Herwig Birg:
„Müssen wir uns wirklich überlegen, ob wir – in den blutleeren Worten des deutschen Ober-Arztes Karsten Vilmar – das »sozialverträgliche Frühableben fördern müssen«?

Herwig Birg nimmt sich viel Zeit, bevor er antwortet. »Das ist leider eine reale Befürchtung, gegen die alle erdenklichen Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit die Dämme gegen Barbarei und Unmenschlichkeit nicht brechen.« Was Vilmar da als Drohung an die Wand gemalt habe, sei in Holland schon Praxis. »Dort haben Wissenschaftler empirisch untersucht, wie die Sterbehilfe praktiziert wird. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass heute schon – so unglaublich es klingt – schwer und unheilbar Kranke gegen deren erklärten Willen getötet werden.« Denn das spart Kosten in einem System, das kaum noch zu finanzieren ist.“


Sowohl Gegner als auch Befürworter der aktiven Sterbehilfe berufen sich in diesem ethischen Konflikt ausdrücklich auf christ­liche Grund­­normen.
Davon abgesehen ist für die Ärzte die juristische Gratwanderung - zuviel Morphium: § 212 oder § 216; zuwenig Morphium: §§ 223, 13 - unzumutbar! Darum forderte die DGHS den Gesetzgeber auf, das "Chaos" im Bereich der Sterbehilfe zu ordnen: "Die Unterscheidung zwischen aktiver und pas­siver Sterbehilfe ist in der Praxis nicht durchführbar und hat zu einem heillosen Durcheinander geführt. Ei­ne Verurteilung der Me­diziner, die Sterbehilfe leisten, würde die Krankenhäuser in der Bundesrepublik zu Folterkammern für Sterbende machen."

Doch noch hängt die Möglichkeit, in Deutschland durch aktive Sterbehilfe eines Arztes erlöst werden zu können, von dessen Risikobereitschaft und mitunter dessen Konfession ab.


Bei diesen Aussichten, die ein gesunder Normalbürger gar nicht so mitbekommt, weil er außerhalb des Medizinbetriebes steht und kaum Einblick in die Interna hat, müssten die Bitten des "Vater-unser" um die Bitte erweitert werden: "Und gib uns einen mitfühlenden Arzt, der im Falle »unmenschlichen« Leidens bei Todgeweihtheit zu aktiver Sterbehilfe bereit ist."
Ich habe mich der Schwelle meines Todes schon über 60 Jahre genähert (davon seit über 20 Jahren - wegen fehlender Publikationsmöglichkeit - immer wieder an diesem Buch geschrieben und es immer weiter hoffentlich verbessert) und möchte nicht so krepieren müssen, wie es der nachfolgende Leserbrief (HH A 23.11.02) beängstigend deutlich macht.
„Warum musste mein Sohn so unwürdig sterben?

Ein eindeutiges Patiententestament lag vor. Trotzdem wurde der 66-Jährige nach seinem dritten Herzinfarkt reanimiert. Er lag dann fast zwei Jahre im Koma. ’Sein Sterben war unmenschlich, eine Folter’, beklagt Gabi D.

Was ich in den letzten Monaten durchgemacht habe, wünsche ich niemandem. Ich habe mit ansehen müssen, wie unwürdig mein Stiefsohn dahin siechen musste. Ich bin sicher, dass das viele Menschen ergreifen und vielleicht zu heftigen Diskussionen führen wird. Ich hoffe es – für uns alle, die das Sterben noch vor sich haben.

Mein Stiefsohn (66 Jahre) hatte in den letzten Jahren zwei Herzinfarkte und bekam vier Bypässe. Bei seinem dritten Herzinfarkt lag er eine halbe Stunde ohne Sauerstoffzufuhr. Trotz eines eindeutigen Patiententestaments wurde er reanimiert. Danach lag er fast zwei Jahre im Koma, sein Stammhirn war zerstört. Vor sieben Wochen erwirkte seine Frau eine richterliche Verfügung, wonach die Ernährung abzustellen sei. Diese Anordnung wurde befolgt. Als mein Sohn nach vier Wochen immer noch lebte, wurde auch die Flüssigkeitszufuhr abgestellt. Es dauerte zwei Wochen, bis er sterben konnte. Sein Aussehen glich dem einer ägyptischen Mumie.

Ich habe nicht gewusst, was Menschen Menschen antun können – mit richterlichem Beschluss. Jeder Verbrecher, der zum Tode verurteilt wird, hat das Recht auf einen humanen Tod! Jedes Tier, das todkrank ist, bekommt eine Gnadenspritze! Wenn ich ein Tier sechs Wochen lang verhungern und verdursten lasse, muss ich ins Gefängnis.

Aber mit einem Menschen, der ohne Schuld ist, darf man das ungestraft tun! Was ist das für ein Gesetz, das so etwas zulässt? Es ist das Unmenschlichste, von dem ich je gehört habe, eine grausame Folter. Wozu ist eigentlich ein Patiententestament gut? Gabi D. (71)”

Aus solchen Gründen wurde 2005 in der Bundesrepublik Deutschland ein weiterer Anlauf unternommen, eine tragbare und akzeptierte Regelung für dieses äußerst sensible Gebiet zu finden und zu beschließen. Als ein erster Schritt sollte Patientenverfügungen ein größeres rechtlich bindendes Gewicht zugemessen werden. Aber manche Bundestagsabgeordneten sind bereit, noch weiter zu gehen: Nach einem Pressebericht schlägt der Bundestagsabgeordnete Rolf Stöckel (SPD) vor, Schwerkranken nach Schweizer Vorbild einen ärztlich assistierten Suizid zu erlauben. "Ich nehme einfach zur Kenntnis, dass sehr viele schwer erkrankte Patienten aus Deutschland diese Regelung nutzen", sagte Stöckel. In der Schweiz wird ein tödliches Mittel109 in Gegenwart eines Arztes eingenommen.

Der FDP-Obmann der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Michael Kauch, plädierte dafür, dem Schwerkranken das von einem Arzt verschriebene tödliche Medikament mit nach Hause zu geben, wie es im US-Bundesstaat Oregon praktiziert werde.


Eine zentrale Frage ist in dieser Diskussion die nach lebenserhaltenden Maßnahmen bei Todkranken. Dazu iegte der Ethikrat neue Empfehlungen zum Umgang mit Todkranken vor, weil die moderne Hochleistungsmedizin immer mehr Menschen am Leben hält, die eigentlich nicht mehr leben wollen. Das Expertengremium schlägt zunächst einmal vor, die eingeführte, "aber missverständliche und teilweise irreführende Terminologie von aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe aufzugeben". Stattdessen sollte ganz allgemein von Therapien am Lebensende gesprochen werden.

Ein Teil des Ethikrats will es Ärzten ermöglichen, Patienten mit einem unerträglichen und unheilbaren Leiden beim Suizid behilflich zu sein - sofern der Wunsch des Patienten zu sterben "nach Beratung und ausreichender Bedenkzeit als endgültig anzusehen ist".

Die Mehrheit des Expertengremiums lehnt "die Etablierung einer organisierten Vermittlung der Beihilfe zum Suizid" noch ab. Einstimmig sprach sich der Ethikrat dafür aus, eine gewinnorientierte Beihilfe zum Suizid zu verbieten und die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen beizubehalten.

Der Nationale Ethikrat ist ein interdisziplinäres Expertengremium, das von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder eingesetzt wurde. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will zum 1. Juli 2007 einen Deutschen Ethikrat berufen, dessen Mitglieder je zur Hälfte vom Parlament und von der Regierung benannt werden.


Gesund sterben! Das hätte was! Wer selber einmal einen unheilbar dahin siechenden Krebs­kran­ken in häuslicher Pflege bis zu dessen Tod ge­pflegt hat, weiß, wovon ich hier aus - mehrfacher - eigener Erfahrung schreibe!

Heinrich Heine, der die letzten acht Jahre seines Lebens wegen eines Rückenmarksleidens ans Bett gefes­selt gewesen war, bis er 1856 nach acht langen Jahren qualvollen Leidens starb, hatte aufgrund seiner persönlichen Er­fah­rung festgestellt: "Das Sterben an sich ist nicht schlimm - aber schlimm ist, bis es dazu kommt!"


Zurück zu dem Ausgangsfall. Seine Besonderheit liegt im Gegensatz zu dem bisher zur Sterbehilfe Ausgeführten darin, dass Prof. H., der sich zuvor von einem renommierten Straf­rechts­pro­fes­sor und Richter am BGH in Strafsachen hatte beraten lassen, kei­ne direkte aktive oder passive Sterbehilfe gelei­stet hat­te. Er hatte zwar durch das bereitgestellte Mittel (Zyan­kali; was er bei einem nächsten Mal wegen dessen nicht schmerzfreier Wirkung nicht wie­der ver­wen­den wollte) der unheilbar kranken Patientin die Mög­lich­keit zu vorzeitiger Lebensbeendigung eröffnet, es ihr aber nicht selber z.B. durch eine Injektion verabreicht. Er hatte es der Nichte der Selbsttötungswilligen gegeben, die es ihrer Tante dann auf dem Krankenhausbeistelltisch bereitgestellt hatte, damit die Tante es selber in Wasser auflösen und einnehmen könne. Prof. H. ist darauf­hin nach der von ihm selbst inszenierten Veröffentlichung von einem Kollegen wegen angeblicher "Beihilfe zur Tötung" bei der StA angezeigt worden, die dann auch ermittelte. Der Kollege war Arzt - und nicht Strafjurist. Sonst hätte er gewusst, dass § 212 gele­sen werden muss: "Wer einen anderen Menschen tötet, ... ." Schutz­objekt des § 212 ist nicht der Mensch schlechthin, sondern jeder andere Mensch. Das macht strafjuristisch gesehen einen gewaltigen Unterschied!

Hier liegt im Ausgangsfall eindeutig eine Selbsttö­tung vor, und die ist schon mangels Tatbestandsmäßigkeit straflos (RG und BGH). Da keine tatbestandsmäßige Haupttat vorliegt, weil das Vorgehen der "Täterin" gar nicht strafbar war, kann mangels einer von § 27 vorausge­setzten rechtswidrigen (Haupt-)Tat auch keine hierzu er­folg­te Unterstützungshandlung strafbar sein. §§ 212, 27 (-), und damit auch §§ 216, 27 (-).

Für den ideologischen Gegner Prof. Hs aus dem eigenen Ärztelager - und es handelt sich hier um pure Ideologie - gilt das abgewandelte Sprichwort: Doktor, bleib' bei Deiner Spritze!

Aber auch die gegen Prof. H ermittelnde StA hat sich bis auf die Knochen blamiert, als sie nicht nur nicht das Verfahren wegen Tat­bestandslosigkeit einstellte, sondern die sicher gut begründete Ablehnung des LG - die im Kern ähnlich gelautet haben wird wie die hier vor­ge­tragene Meinung -, das Hauptverfahren gegen Prof. H zu er­öffnen, nicht hin­nahm, und das OLG anrief, um doch noch eine Verurteilung zu erzwingen. Aber auch von dort musste die StA gleichlautenden Nachhil­feunterricht zu diesem Problemkreis einstecken.


Die zuvor als bisher unerschüttert bezeichneten juristischen Bastionen wurden auch durch den Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg nicht erschüttert, als eine todkranke Britin um das Recht auf Sterbehilfe klagte. Diane Pretty war vom Hals bis zu den Füßen gelähmt. Die heimtückische Erkrankung des zentralen Nervensystems, an der die 43-Jährige seit mehr als zwei Jahren leidet, war im Endstadium. Ihr drohte möglicherweise ein qualvoller Erstickungstod. Da wollte sie lieber von ihrem Ehemann mittels einer Giftspritze von ihrem Leiden erlöst werden.

In diesem Fall sollte der Europäische Menschengerichtshof erstmals über die Frage entscheiden, ob das Recht auf ein würdiges Sterben zu den Grundrechten der Menschen gehört und ob Schwerkranken, die sich nicht selbst das Leben nehmen können, ein Recht auf aktive Sterbehilfe haben.

Der Britin, die wegen der Muskellähmungskrankheit ALS vom Kopf an abwärts gelähmt war, sich nur per Sprachcomputer verständigen konnte und auf Grund ihrer Erkrankung in nicht zu ferner Zeit wahrscheinlich ersticken würde, war vom House of Lords die Zusage verweigert worden, dass ihr Mann straffrei bleiben werde, wenn er der vollständig Gelähmten „beim Sterben“ helfen werde. Obwohl es sich angesichts der Ganzkörperlähmung um eine Tötung auf Verlagen handeln muss, weil die Kranke nicht mehr zu einer Selbsttötung in der Lage gewesen war – das Trinken einer Flüssigkeit per Strohhalm scheint ihr nicht mehr möglich gewesen zu sein, denn dann hätte sie ja in der Schweiz Selbsttötung begehen können und ihr Mann wäre juristisch »aus dem Schneider« gewesen.

Die Richter lehnten die Klage der Britin einstimmig ab: Es sei abwegig, von dem gesetzlich normierten Recht auf Leben einen Anspruch auf Tötung (in diesem Fall durch den Ehemann) abzuleiten. Zwei Wochen später war die Frau erstickt.

(Sind ALS-Patienten medizinisch gut versorgt, gleiten sie langsam in ein Koma und sterben üblicherweise friedlich.)

Wenn – wie in den Niederlanden und nunmehr auch in Belgien - aktive Strebehilfe gesetzlich zugelassen wird, erhebt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen aktiver Sterbehilfe und einer Tötung auf Verlangen. Ob es eine trennscharfe Abgrenzung geben kann, ist fraglich. Eine mögliche objektive Abgrenzung könnte sein: Aktive Sterbehilfe solle dann vorliegen können, wenn der Sterbeprozess im Körper des tödlich Kranken unabwendbar eingesetzt hat und der Sterbewillige die Selbsttötungshandlung physisch noch selbst vornehmen könnte, wenn ihm geeignete Mittel zur Verfügung stünden; ist er physisch nicht mehr in der Lage, auch bei zur Verfügungstellung geeigneter Mittel die Selbsttötung einzuleiten, so kann unter der Annahme der erforderlichen weiteren Voraussetzung des „ausdrücklichen und ernstlichen Verlangens des [später] Getöteten“ nur eine Tötung auf Verlagen vorliegen.

Doch eine solche Unterscheidung wäre für mich vom Ergebnis her unbefriedigend: Dann würden die Helfer der Todkranken, die sich noch rühren können, wegen geleisteter »nur« aktiver Sterbehilfe straffrei bleiben, die Helfer der Todkranken aber, denen es noch schlechter, nämlich so schlecht geht, dass sie sich nicht mehr rühren, vielleicht sogar schon nicht mehr verständlich machen können, würden wegen Tötung auf Verlangen bestraft, obwohl diese Todkranken der mitleidigen Hilfe möglicherweise in noch größerem Maße bedürfen!

Und wenn man als weiteres Abgrenzungskriterium das Erfordernis hinzunimmt, dass ein Arzt die zum Tode führende Spritze gesetzt haben muss, dann sehe ich im Ergebnis immer noch einen Wertungswiderspruch zwischen einem straffrei belassenen mitleidigen Vorgehen eines Arztes, und z.B. der Bestrafung des Jugendlichen, der seinen Vater fand, nachdem der sich mit seiner Jagdflinte zu töten versucht, dabei aber »nur« seinen halben Kopf weggeschossen hatte, deswegen unrettbar verloren war, aber stundenlang nicht sterben konnte. Sein Sohn hatte so viel Mitleid mit den Qualen seines stundenlang zwischen Leben und Tod hängenden Vaters, dass er ihn erlöste, indem er ihn mit der zweiten in der doppelläufigen Flinte steckenden Patrone erschoss. Warum sollte ein solcherart mitleidendes Handeln – sogar als reine Tötung nach § 212, allerdings mit der Möglichkeit der Strafmilderung nach § 213 als minder schwerer Fall, ohne die in § 216 vorgesehene Privilegierung „auf Verlangen“(!), da der Vater nicht mehr sprechen konnte - bestraft werden, wenn aktive Sterbehilfe durch einen Arzt erlaubt wird? Wo ist der qualitative Unterschied in der mitleidenden Beendigung eines unumkehrbar verlöschenden Lebens, in dem der Sterbeprozess schon unwiderruflich eingesetzt hat? Nur die Arztqualifikation kann es nicht sein, wenn man den aufgezeigten Wertungswiderspruch verhindern will. Wie will man aber dann abgrenzen?


Juristisch ebenfalls nicht geklärt sind dann immer noch nicht die Fälle, in denen ohne ärztliche Hilfe in relativ sicher vorhersehbarer(?) Zeit dem Tod Geweihte nicht mehr in der Lage sind, den Todeswunsch zu äußern, geschweige denn ihn umzusetzen, z.B. Komapatienten nach einem Verkehrsunfall, die teilweise jahrelang ohne jede Überlebenschance aus eigener Kraft künstlich am Leben gehalten wurden - von denen eine Frau nach (sicherlich wiederholter) Vergewaltigung durch einen ihrer Pfleger als nur noch durch medizinische Apparate funktionsfähig gehaltene „Gebärmaschine“ sogar noch ein Kind zur Welt gebracht hat. (Der Pfleger ist nach der Geburt auch seines Kindes durch eine DNA-Analyse ermittelt worden.)

In den Niederlanden wird diese juristische Klippe mit dem gemutmaßten Sterbewillen des Todgeweihten umschifft.

Fall 16

§§ 216, 23 Tötung auf Verlangen durch Unterlassen?



Die StA bejahte diesen Vorwurf und beantragte die Zulassung der Anklage und die Anberaumung eines Termins für eine Hauptverhand­lung. Das Gericht kam in dem (dem Hauptverfahren vorgeschalteten) Zwischenverfahren zu dem Ergebnis, die Anklage zur Hauptverhand­lung zuzulassen und beschloss gemäß § 175 StPO die Erhebung der öf­­fentlichen Klage, die dann von der StA durchgeführt wird. Trotzdem endete das Verfahren vor diesem Gericht mit einem Freispruch. Der Vorsitzende Richter begründete das Ur­teil mit einem "Wandel der ethischen Normen, vor dem die Recht­spre­chung die Augen nicht verschließen kann".

Die StA, die eine Geldstrafe von DM 9.000,- (€ 5.775,-) beantragt hatte, legte gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision ein und behauptete damit eine rechtsfehlerhafte Anwendung der Gesetze durch das er­ken­nende Gericht der ersten Instanz. Sie wollte durch ein höchst­rich­ter­liches BGH-Urteil das Problem der (passiven) Sterbehilfe neu entschieden wissen. Im vorherigen Fall ist unter der Ortsangabe Krefeld das Urteil mitgeteilt worden, das sich wohl auf diesen Fall bezieht: Freispruch.

Fall 17

§§ 212, 12, 22, 23, 25 II in Mittäterschaft begangener versuchter Totschlag (+).



Die Zeitungsnotiz gibt – außer der Säuglingseigenschaft - nicht unbedingt einen zwingenden Anhalts­punkt dafür her, das Vorlie­gen einer besonderen sozialethischen Verwerflichkeit anzunehmen, die den Totschlags- zum Mordversuch qualifizieren würde. Es müsse aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung immer noch etwas hin­zukom­men, was die an sich schon bestehende Ver­werflichkeit eines Tot­­schlags erhöhe und das Handeln des Täters oder der Täter auf nie­drigster Stufe stehend und darum in einem besonderen Maße ver­werf­lich erscheinen lasse, um das Vorliegen eines Mordes/Mordver­su­ches bejahen zu können. Darum §§ 211, 12, 22, 23, 25 II in Mittäterschaft begangener versuchter Mord (-)(?).
Um den qualifizierenden Unterschied zwischen § 212 Totschlag und § 211 Mord an einem extremen Gegenbeispiel zu diesem Fallbeispiel deutlich zu machen, hier der Fall einer auf niedrigster Stufe stehenden Tötung eines Menschen, der zu seiner Zeit ganz Deutschland erregte und zu dem Gassenhauer führte: „Warte, warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen macht er Leberwurst aus dir. ...“
"Am 22. Juni 1924 wird in Hannover der 45jährige Fritz Haarmann unter dem Verdacht festgenommen, in den letzten sechs Jahren fast dreißig junge Männer in wollüstiger Raserei ermordet und dann zerstückelt zu haben. Nach siebentägigem Verhör gesteht er: ‘Ich habe mich mit ganzem Leib auf die jungen Leute geworfen. Ich habe ihren Adamsapfel durchgebissen, zugleich wohl auch mit den Händen gewürgt ...' Das mochte so lange niemand glauben, bis Gerichtsanatome bestätigten, dass Haarmann ‘die Halsschlagader ansog und das warme Blut trank, wodurch sich auch das Fehlen von Blutflecken erklärt ...'"

Fall 18



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