Lea Ritter-Santini: L’italiano Heinrich Mann, Bologna 1965 Übersetzt von Sabine Russ Einleitung



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Schlußfolgerung
„… un beau voyage est une oeuvre d’art, une création. Un homme voyage pour sentire et pour vivre. À mesure qu’il voit des pays, c’est lui-même qui vaut mieux la peine d’être vu. Il se fait chaque jour plus riche de tout ce qu’il découvre.“ André Suarés hatte seine Entdeckung Sienas, der bien-aimée, oder Vendigs Voyage du Condottiere überschrieben, ganz nach der Mode der Abenteuer und der Renaissance der Zeit, die inzwischen die Impressionisten und koloristischen Erzähler der italienischen Kunstschönheiten abgelöst hatte. Aber der Titel bestätigt nichts anderes, als die Unauflöslichkeit der persönlichen Erfahrung seit seiner gewollten literarischen Umwandlung. Er suggeriert vielleicht eher eine Verschiebung des Urteils, hin zur Kritik: Ein neues Werk, entstanden aus einer Reise oder danach, hat die gleiche Dimension des veränderten Blickwinkels wie seines Autors erreicht: die sentimentalen oder intellektullen Entdeckungen. Seit es einfacher geworden war, die Ziele der Sehnsüchte zu erreichen, behauptete sich jedoch das Problem, wurde diskutiert, obwohl es fast alle Kategorien des Außergewöhnlichen des Reisenden oder Literaten verändert hatte.

Willy Haas, moderner Journalist und Direktor der „Literarische Welt“ Berlins in den 30er Jahren, orientierte sich zunehmend an den Umfragen, die periodisch in seiner Zeitschrift auftauchten und somit die großen Namen der Literatur dem Publikum näher brachte, das genaue Informationen verlangte. Auf seine Frage: „Haben Sie von Ihren Reisen produktive Eindrücke empfangen?“297 antwortete Heinrich Mann in wenigen Zeilen, eingeschoben zwischen Josef Ponten und Gottfried Benn: „Meiner Kenntnis von Italien verdanken ich vor allem den Roman Die kleine Stadt. Meiner Vertrautheit mit dem französischen Geist und seiner Kultur verdanke ich einige Essays, eine Arbeit für das Theater und gewisse Bestandteile all meiner Arbeiten. Im übrigen ist mein Grundsatz die Teilnahme, bewußt oder unbewußt, am Leben in Deutschland. All dies kann man auch Reiseeindrücke nennen. Es ist ja nicht neu, daß das Leben eine Reise ist.“



Rückblickend, in einer Zeit also, in der ihn Italien extrem irritierte, akzeptiert Heinrich Mann die Nützlichkeit der italienischen Jahre nur für ein einziges Werk, das ihm den größten Erfolg beim Publikum gebracht hatte, während er Frankreich - er wußte damals noch nicht, daß er die gleiche Zahl an Jahren dort verbringen sollte wie in Italien - die Stimulanz und die Einflüsse zuerkannte, die in jedem seiner Werke wiederzufinden ist. Die kleine Stadt ist tatsächlich der freiere Roman in seiner italienischen Atmosphäre der mittelbaren Inspiration, derjenigen Inspiration also, die trotz ihres italienischen Charakters oder Arguments, die Anlehnung oder Bestätigung der autorisierten französischen Modelle am nötigsten gebraucht hat. Heinrich Mann unterscheidet also zwischen „Kenntnis Italiens“ und „französischem Geist und Kultur“. Er setzt also, in den Jahren verwies er zunehmend auch im Ausland auf sein Verhalten und seinen Charakter des „übernationalen“ Europäers, ein Land mit seinen alltäglichen Bewohnern dem Produkt des höheren Geistes in der anderen latinischen Nation gegenüber, die ihm in dieser Periode wesentlich näher war. Auf eine andere Umfrage, aktuell wegen des Thema, das sie stellte, und die, wie bezüglich der Reisen oder fremder Länder, einen weiteren klassischen Anknüpfungspunkt für die Erfindungsgabe bot, des Figurenmodells298, antwortet Heinrich Mann, von dem die literarische Welt Münchens zu Beginn des Jahrhunderts oder auch Berlins der 20er Jahre die Gewohnheit kannte, „nach dem Wahren zu zeichnen“, noch knapper, ohne jede Nachsicht für eine wie auch immer geartete Rechtfertigung, ironisch oder nicht, zu seiner Technik der ökonomischen Arbeitsweise: 1. Niemandem schaden. Niemanden irritieren.“ Der gefeierte Schriftsteller, „phosphoriszierend“ nach der Definition Benns, zusammen mit dem Bruder Thomas im Dunkel der literarischen Provinz zwischen den Jahrhunderten, war inzwischen weit entfernt von den Problemen seiner „Lehrjahre“. Er reduzierte sie aufs Minimum: erst während einiger Momente des amerikanischen Exils wären sie wieder aufgetaucht, sobald er die Memoiren seiner Epoche niedergeschrieben hätte, so sehr auch die literarische Dehnbarkeit eingeschränkt war, hätte ihm das Alter die Zartheit der Erinnerungen ermöglicht. Es kommt vor, trotz der Distanzen ihrer Originalität der besonderen geschichtlichen Dimension, daß die Lektüre eines Autors die Interpretation eines anderen erleichtert, seien sie auch grundverschieden. Als Sartre in Les Mots von seiner jugendlichen Entdeckung der Fabrik abenteuerlicher Geschichten und Romane schrieb, „… ein schwarzes Heft mit rotem Schnitt, das ich aufnahm und weglegte als ob ich an einem Wandteppich arbeitete“, erinnert dies an die feinen Punkte, nur unter einem Vergrößerungsglas sichtbar, des mühevollen jugendlichen Gobelins, den Heinrich Mann immer wieder zur Hand nahm, während er das Projekt der Göttinnen voranbrachte. „… Und ich schrieb nicht eine Zeile, die nicht die Garantie meines Modells gehabt hätte. Hielt ich mich für einen Kopisten? Nein. Aber für einen originellen Schriftsteller: ich überholte, arbeitete auf; zum Beispiel, änderte ich sorgfältig die Namen der Figuren.“299 Es ist die selbe Prozedur, die man schon bei Heinrich Mann antraf, kaum korrigiert von einer gewollt kindlichen Bizarrerie bis zur fleißigsten Anpassung des jungen „Kopisten“ Heinrich Mann, der um sein „Bild“ zu realisieren, „aus der Falle der Benennungen“ die verschiedensten Figuren herausnahm, die nur die Möglichkeit zur Dokumentation des Modells gemeinsam haben mußten, real oder fiktiv, wie sie eben nur in der Realität der Literatur möglich sind. „Meine erzählerischen Stränge wurden zunehmend komplizierter“ - fährt Sartre fort, in dem er an die Technik erinnerte, mit der er das „Schreiben“ lernte - „ich fügte die verschiedensten Episoden hinzu, kippte meine gesamte Lektüre, die guten und die schlechten durcheinander, hinein in diesen Allzweck-Sack. Der erzählerische Faden litt darunter; aber es war zu seinem Vorteil, es wurde notwendig, Verbindungsstücke zu erfinden und auf einmal wurde ich weniger plagiatorisch.“300

Auf diese Art hatte auch Heinrich Mann begonnen. Und dessen war er sich auch voll bewußt gewesen, als er an der Diskussion um das Plagiat301 teilnahm, die das „Berliner Tageblatt“ eröffnet hatte. Dabei rekonstruiert er in seiner entschiedenen Stellungnahme die unvermeidlichen Beschränkungen der Lektüre, der Entdeckungen, der psychologischen Zündungen, ohne die das Finden der Möglichkeiten und die Hartnäckigkeit trotz der Mühen, das eigene erahnte Talent immer wieder weiterzuentwickeln, unmöglich wären. „[…]Deshalb habe ich es auch nie gebilligt, wenn ein Schriftsteller den anderen ruinieren wollte, nur weil dieser vorgeblich abgeschrieben hatte. Denn erstens verändert sich Sinn und Wert der Worte, wenn sie durch einen anderen Kopf gegangen sind und in anderen veränderten Zusammenhängen bestehen: zweitens hat jeder, der schreibt, geistige Einflüsse erfahren und auch literarische, die bis zum Tonfall der Sätze gehen können. Mehr oder weniger unbewußte Erinnerungen bestimmen oft den Schriftsteller. Wir sind alle, wie Maupassant einmal sagte „ein Teig von Worten“, und unsere Selbständigkeit im Schreiben und Denken ist äußerst relativ. Ich kann mich für Plagiate nicht interessieren, weil mir niemand bündig beweisen kann, wo ein Plagiat eigentlich wirklich anfängt.“ Der Satz Maupassants, „pâte faite avec des mots“ war, wie man gesehen hat, eine der ersten Anmerkungen der römischen Monate Heinrich Manns, der über den Roman meditierte und die Gesetze darin suchte. Die Antwort an das Berliner Magazin 35 Jahre später, ist also nichts anderes als eine polemische Paraphrasierung der damaligen Notizen aus Le Roman. Die Gegenüberstellungen und Belege, die im Laufe dieser Untersuchung dargelegt worden sind, wollten gerade auf die Ingredienzen und die Homogenität dieses „Teigs“ aufmerksam machen, der manchmal schillernd, manchmal gezwungen raffiniert ist. Sie wollten gerade den Typus der historischen und literarischen Relativität rekonstruieren, die Bedingtheiten der persönlichen Autonomie, die jeden Autoren einschränkt. Aber es herrschte nie die Absicht, banale „Plünderungen“ oder Plagiate aufzuzeigen. Die selbstsichere Glosse Richarda Huchs verdient es hier veröffentlicht zu werden, in der sie zum Thema des literarischen Diebstahls Heinrich Mann folgend nach A. Zweig Stellung nimmt: „Wenn man auf die Herkunft jeder Idee achten würde, wäre kein kreativer Prozeß mehr möglich. Für die Kunst ist die Form essenziell. Den Ehrgeiz und den Hochmut, als Erster eine Idee gehabt zu haben, oder sie ausgedrückt zu haben, sollte man den Professoren überlassen.“



Aber der Versuch, eine Idee und den Willen zu verstehen, die den Schriftsteller zur Schaffung eines Werks inspiriert haben, bedeutet auch, den „Roman im Roman“ zu rekonstruieren, der die parallele Geschichte zur Komposition darstellt. Der italienische Schlüssel diente zuerst dem Eintritt in die Werkstatt, angefüllt mit Modellen, Belegen, Figuren, Skizzen, Entlehnungen und Reproduktionen, wie es häufig auch bei denen anzutreffen ist, die bereits „angekommen“ sind. Es handelt sich um die Suche nach den endgültigen Belegen und Entlehnungen, die dann die Bedeutung einer Matrix bekommen haben, auch wenn der Autor es vorzog, sie zu zerstören. Die Stilart wird nicht jedesmal neu geschaffen mit einer Variation des Objekts, sondern fast immer als Spur der Mühen konserviert, mit der sie gesucht wurden bis hin zum Finden und Bevorzugen gegenüber vielen anderen. „Le talent - suivant le mot de Chateaubriand - n’est qu’une longue patience. Travaillez“, hatte Flaubert Maupassant empfohlen, der ihm seine ersten Manuskripte gezeigt hatte. Die Ratschläge dieses Meisters waren für die Vorbereitungen und die innere Geschichte des Werkes auch für den deutschen Autor immer bestimmend gewesen. Zu Beginn hatte er in der Tat, unermüdlich und geduldig, die Methode der harten und bewußten Arbeit ausprobiert, in dem er sich daran übte, Figuren bis ins Detail genau einzufügen, die Einzelheiten durch genauester Beobachtung zu filtern. „L’art scientifique“, besaß für ihn optisch-literarische Bedeutung. Es ist ein exemplarisches Vorgehen, wiederholbar und vielleicht auch unvermeidlich: Der Italiener Heinrich Mann ist der Beweis, daß nur Daten und Situationen für Veränderungen empfänglich sind. Wie Maupassant oder Flaubert, sogar J.P. Sartre hatte er zwischen „Addition und erfinderischen Fallen“ die Schreibtechnik gelernt, die nachdem sie einmal vom Kritiker entdeckt worden war, ihm auch die Grenzen ihrer Funktion aufzeigt - einmal von den Anfängen bis zu den Zielen verfolgt.
Anhang
Die Auswahl der Texte, die im Anhang veröffentlicht ist, beschränkt sich auf die unveröffentlichten oder fast unveröffentlichten - nachdem sie nach der ersten und einzigen Publikation in Feuilletons der Berliner Zeitungen zum Ende des Jahrhunderts in keiner nachfolgenden Ausgabe mehr gesammelt worden sind -, die, entstanden während der ersten Jahre des Italien-Aufenthaltes Heinrich Manns, eine frühe Technik der Interpretation ausdrücken und sofort die Entdeckung des Ambientes festhalten, des italienischen Lebens und seiner Kultur. In diesen kurzen Skizzen oder Zeitungsartikeln, ist das Bild noch nicht verwöhnt, es sei denn durch eine seltene literarische Verkleidung, die noch durchschnittlich, aber bereits in den ersten Novellen und Romanen wichtig war. Tatsächlich wollte der Autor seinen ersten lyrischen und literarischen Versuchen, die noch vor Beginn des Jahrhunderts entstanden sind, keine Bedeutung zumessen. Doch ist es gerade die aufmerksame Lektüre der Notizen und einiger seiner ersten „Versuche“, die ein besseres und leichteres Verständnis der Romane und Essays, die in der Reifeperiode entstanden sind, ermöglicht.

Die Auswahl folgt einem chronologischen Kriterium, soweit dies möglich gewesen ist. Leider sind viele Notiz- und Tagebücher, besonders zwischen den Jahren 1895 bis 1905, verloren gegangen. Die Übersetzung folgt trotz der Schwierigkeiten der Lesbarkeit dieser kleinen gotischen Schrift und der Süttelinhandschrift - typisch für die frühe Periode - der Diktion der Manuskripte, die im Nachlaß des Schriftstellers erhalten sind und nicht dem verkürzten Text der eventuellen Publikationen in den Feuilletons.

Ich danke dem Heinrich Mann-Archiv der Akademie der Künste von Ost-Berlin für die Zurverfügungstellung des Materials aus dem Nachlaß und dem Aufbau-Verlag, der den Abdruck der bislang unveröffentlichten Texte, Zeichnungen und Reproduktionen aus den kostbaren Notizbüchern des Schriftstellers erlaubte.

Ulrich Dietzel und Sigrid Anger, die in Berlin mit aufmerksamen Interesse diese Untersuchung verfolgten, meinen Dank.


I.

Archivnr. 466, TNI, Notizen, geschrieben in Riva del Garda, am 29. Oktober 1893, unveröffentlicht.

Das Sanatorium des wiener Arztes von Hartungen, in Riva, ist einer der Orte gewesen, zun dem Heinrich Mann immer wieder zurückgekehrt ist auf der Suche nach Ruhe und Gesundheit.

Das Festhalten aller Einzelheiten eines Tagesablaufs und der Begegnungen, das Bestehen auf optische, visible und koloristische Elemente - „für mich sind nur die Lichteffekte wichtig“ - begleitet von der gesuchten exakten und wiederholbaren Detailsorgfalt, war eines der Ziele, an dem der Autor festhielt, der zunächst Maler werden wollte und dabei war, den ersten Roman zu schreiben, wobei er die „wahren“ Typen suchte, oder zumindest die „wahrhaftigen“ Gegenprobe. Die Landschaft des Gardasees, Rivas und Desenzanos sind mit zahlreichen ähnlichen Beobachtungen, die an diese frühen Notizen erinnern können, im zweiten Teil der Jagd nach Liebe wiederzufinden, in dem auch einige Villen des Sees beschrieben werden und im letzten Teil der Göttinnen, wo die Orte nicht nur Namen und Topographie behalten haben sondern auch die Atmosphäre und die Suggestionskraft dieser ersten Notizen, kaum entzaubert von einer tieferen und genaueren Kenntnis. Hier ist Heinrich Mann noch merkwürdigerweise Nationalist, stolz über seine „Kultur und Tradition“, obwohl ganz in die französische Art, in die Gallizismen, französische Worte verwickelt, die er nicht deutlich werden lassen will: Italien ist ihm noch fremd, Rom hat er noch nicht entdeckt und kennt noch nicht Catull. Dies sind die ersten Notizen seines italienischen Aufenthalts, die im Nachlaß erhalten sind.

[Riva, 29. Oktober 1893]
II.

Archivnummer 342 TNI (Feuilleton), als „Erster Ausflug“ im Tagebuch 1893-95 (N. 466, S. 14-17) mit dem Datum 17.2.1894 bezeichnet.

Auf Seite 4 der Handschrift, hatte Heinrich Mann mit einem dicken blauen Stift, mit dem er die vollendeten Arbeiten bezeichnete, „National Zeitung, Berlin, 4. März 1894“ geschrieben. Das Datum der Entstehung dieser Seiten hingegen, mit zahlreichen Korrekturen und nur schlecht lesbar aufgrund von Streichungen und der Verwendung einer äußerst feinen Feder in seiner typisch gotischen Schrift, lautet: 19/20. Februar 1894 (der Ort der Entstehung: Florenz); der Feuilletonartikel wurde also zwei bis drei Tage später verfaßt, aus dem Vorrat der Notizen des Tagebuchs. Es wurde hier also auch die erste Fassung bevorzugt, bislang unveröffentlicht, auch wenn einige Passagen unverändert übernommen worden sind, gerade weil aus einem Textvergleich die Technik und die Stilmittel der literarischen Komposition besser ablesbar sind. Von den zur Veröffentlichung vorgesehenen Seiten wurden die Anmerkungen gestrichen (auch nicht auf eine einzige wurde beibehalten), die einen humanistisch-soziologischen Charakter aufweisen, oder die einen zu veristischen Pinselstrich des Lokalkolorits verraten könnten, obwohl sich gerade diese später derart verdichten werden, bis sie schließlich die einzigen, essentiellen für den reifen Heinrich Mann geworden sind. So wurde der Baedeker eliminiert, der Sagrestan, der Kutscher „bonhomme“, die in violettem Ornat gekleideten Kanoniker, der Katafalk mit der Standarte, die zu auffälligen Bezüge. Für die öffentliche Lektüre blieb die Besorgnis des figurativen Chronisten französischer Schule, das tableaux zu beschreiben, das dem weniger aufmerksamen und sensiblen Betrachter entgehen könnte (und aus den Notizen geht hervor, daß es noch nicht einmal gut gefiel). Auch die Pflicht des Kunstführers und der psychologischen Intuition des beschriebenen Kunstwerks blieben erhalten. Von besonderem Interesse für den Leser der frühen Romane Heinrich Manns ist das Verharren auf der impressionistischen Beobachtungsweise des Meisterwerks (anonym, tatsächlich nennt der Baedeker den Namen des Autors nicht): die von Engeln wimmelnde Decke, von der Sonne belebt, in der Chiesa S. Domenico nach Fiesole erinnert, in der Magie des Mondlichts beleuchtet, an die Engel-Genien der Kirche, in die sich Violante von Assy in den Göttinnen flüchtet: es sind nur die Lichteffekte, die den jungen Mann interessieren: „[…] sie schlugen Akanthusblätter zurück und entstiegen Blütenkelchen. Sie heilten einander umschlungen, sie klatschten in die Grübchenhände, […]. Die Liebkosung des Mondscheins lockte ein Lächeln auf die kalkgepuderte Miene des einen, es löste einem anderen die kurzen üppigen Glieder […]“ (S. 95, oder 107 Fischer-Tabu-Ausgabe, Anmerk. d. Übers.]. Es ist das gleiche Klima der Beobachtung, auf den Gemütszustand des Moments übertragen, der die Literatur der Zeit dominierte, nach dem Beispiel der französischen Vorbilder.

„Es gibt Bücher, die ohne die Verwendung einer Kutsche nicht geschrieben werden können“, hatten französischen Moralisten entdeckt und angemahnt. Und in der ersten Zeit seines Italienaufenthaltes erfüllt Heinrich Mann seine Pflicht, indem er genau dort aus der Kutsche aussteigt, wo es notwendig ist und indem er einem oder mehreren realen Reiseführern gehorcht. (Meyers Reisebücher des nördlichen und zentralen Italiens sind noch teilweise im Archiv erhalten, mit vor Ort oder zumindest sentimental präsent: die überarbeiteten und dann an die Berliner Zeitungen geschickten Notizen wurden aufbewahrt und teilweise in Passagen, Ideen oder Erinnerungen, in ihrer rasch zu identifizierenden leichten Verkleidung und ihren Bezügen, in suggestiven Landschafts- oder Figurenbeschreibungen wiederverwendet.


III.

Die Handschrift Viareggio (Skizze) ist im Nachlaß des Autors in der Akademie von Berlin unter Nr. 411, TNI erhalten. Sie trägt das Datum: München, 26./28.4.1894. Sie ist geschrieben mit der gewöhnlich äußerst feinen Feder der „Sütterlin-Schrift“, wie sie in der frühen literarischen Übungsperiode für Heinrich Mann typisch ist, so daß die Lektüre äußerst schwierig ist. Auf Seite 4 der Handschrift befinden sich Hinweise und Anmerkungen zum Tagebuch des Aufenthaltes in Viareggio vom 27.März bis zum 2. April, aus dem „Notizbuch“ der Jahre 1893-1895 (N. 466). Die Übersetzung behält alle Hinweise und Einfügungen bei, und ist somit das Resultat zweier verschiedener Versionen, die sich im Schlußteil verzahnen: unveröffentlicht sind sowohl die Handschrift als auch die Notizen, die vor allem die genauen Farbtöne des Sonnenuntergangs über dem Meer betreffen, ähnlich denen, die sich noch prächtiger in den Bildern des sich im Silber des Gardasees verlierenden Bootes wiederfinden, das in den Notizen über Riva festgehalten ist.

Der Tonfall der Landschaftsbeschreibung zwischen Pinienwald und Meer, wird ohne jegliche geographische Angabe, aber mit zahlreichen stilistischen Attributen, in der Novelle Contessina (1897, veröffentlicht in der Sammlung Das Wunderbare, Verlag Albert Langen, München) wiederverwendet. Die Landschaftstopographie der Novelle (wiederveröffentlicht in Ausgewählte Werke, Band VIII, S. 63) ist von den gleichen Kanälen begrenzt, vom gleichen, von Lichtern bewegten Pinienwald; die marginalen Details, in der Skizze sicherlich mit der Absicht, sich an den üblichen Feuilleton-Stil anzupassen, erzählt, folglich reich an den wichtigsten folkloristischen Besonderheiten, wie sie die Mode der Zeit verlangte, haben nur eine reifliche syntaktische Veränderung erlebt, wie sie typisch für den bereits geübten Autor wird. Die Fischer, „die mit dem Einziehen der Netze beschäftigt sind, meist alte Leute mit vertrockneten Geischtern, gesträubten, grauen Bärten, in zerlumpter, bunter Kleidung. Die Weiber sitzen weiter oben am Strand im Kreise, die Knie aneinandergeschoben und die Hände darum hergelegt. Von weitem sind ihre lauten harten Stimmen vernehmlich: Leute anderen Standes als die Contessina, die ihre französische bonne fragt: „Sind das denn auch Menschen?“; diese Leute dienen Heinrich Mann zur Konfrontation, fast noch in der Manier Gregorovius’, mit der Sensibilität seiner Figur, die in die Reihe der willenskranken Figuren gehört, dazu verurteilt, den Gegensatz des maladiven Klimas der Dekadenz und der realen Wirklichkeit, der sie umgebenden Realität, nicht überwinden können.

Fast jede bedeutende Passage von Viareggio wurde im Text der Novelle wieder verwendet: das der Zeichnung von Doré sehr ähnliche Schloß, verschlafen in seinem großen Park liegend, ist das Szenarium, in dem der Künstler-Bildhauer präsentiert wird. Auch er entspricht der Mannschen Typologie der Jahrhundertwende, nur positiver und funktionaler geht er den zahllosen Malern und Bildhauern der späteren Romane voraus. Die originelleren Bilder, wie die klingelnden Distelblüten, die Lichtzungen, die Finger der Fischer sogar, die sich in die geschwollenen Körpern der Quallen krallen, wiederholen sich im Gewebe der Novelle und verraten nicht nur die Ökonomie der Arbeitsmethode, sondern - in der dreijährigen Distanz - auch darüberhinaus das Bündnis und die Treue gegenüber koloristischen Tönen, befreit von der Behinderung einer reinen süßlichen Beschreibung allein durch neuere syntaktische Entscheidungen.


IV.

Archivnummer 284, TNI (Feuilleton). Heinrich Mann hat auf der ersten Seite der Handschrift „National Zeitung, Berlin Sonntagsbeilage vom 3.3.1895“ verzeichnet. Einige rasche Notizen, aber dennoch außerordentlich wichtig und fast unerwartet für denjenigen, der nur die die literarischen fertigen Seiten kennt, befinden sich auch im Notizbuch 1893-95 (N. 466, S. 30, Datum 31.12.1894).

Die knappe Seite, die die Reise Manns nach Assisi festhält hat nicht nur biographischen Wert des unmittelbaren Dokuments, sondern dient auch einer Entmystifizierung des Eindrucks eines in Italien Verliebten; er hat die Einsamkeit und die Isolierung des Schriftstellers fast mit den gleichen Worten festgehalten, die später der Bruder Thomas in seiner Erzählung vom Aufenthalt in Palästrina gebrauchen wird, um die Athmosphäre wiederzubeleben, die Adrian Leverkühn den Teufel erscheinen läßt.

Das Entstehungsdatum der Handschrift und die Verschickung an die Zeitung sind wie gewöhnlich am Ende des letzten Blattes verzeichnet. Das Datum liegt ein paar Tage später als das der Notizen, die zwischen Weihnachten und Neujahr 1894-95 festgehalten wurden. Heinrich Mann war bereits nach Rom zurückgekehrt und schreibt: Januar 1895.

Im Gegensatz zu anderen unveröffentlichten Dokumenten - oder mit besonderer Wertstellung innerhalb der hier gesammelten unveröffentlichten Dokumenten insgesamt - wird Assisi nicht weiterverarbeitet, wenn nicht als kleinste koloristische Andeutung in den unmittelbar folgenden Romanen und Novellen. Der Artikel gehört zweifelsohne dem Vergleichsmoment, der Entdeckung und dem inneren Zögern an, ist aber auch Teil der visiblen, dokumentierten Sammlung italienischer Kunstwerke. Giotto in Assisi, wie auch die Galerien und die römischen Kirchen, Tizian in Neapel, wie Giorgione in Dresden vergrößern das optisch-assoziative Vergnügen des Betrachters. In der Beschreibung italienischer Gemälde, die sich noch immer inmitten verschiedenartigster Notizen befindet, ist der klare psychologische Stil ausgespart, der die Seiten von Assisi dominiert und in dem jeglicher Hinweis auf die „wahren Ereignisse“ fehlt, die bei den französischen Betrachtern so weit verbreitet waren. Taine und Bourget, bereits kritisch gegenüber Stendhal, überlagern den goethischen Baedeker, der respektiert werden sollte, aber stattdessen nur als Hinweis auf eine präzise Loslösung dient; an anderer Stelle ist Heinrich Mann weniger entschieden. Versteckter und seltener - fast unauffindbar in dem Autor, der das Material für Die Göttinnen zu sammeln beginnt - ist der Tonfall des sentimentalen, religiösen und mystischen Schwankens, der vielleicht einzigartig nur auf den Seiten des Jugendwerkes und des ersten Reifewerks erhalten bleiben wird. Heinrich Mann bewegt sich, ohne das übliche Beharren auf ästhetischen Respekt oder Bewunderung, innerhalb der Suggestionskraft der Kunstwerke, die von der Tiefe des wahren Glaubens inspririert sind.
V.

Archivnummer 466, TNI, unveröffentlichte Notizen, geschrieben während des ersten römischen Aufenthalts Ende Januar 1895. Sie verzeichnen die Entdeckung Roms in der gleichen Weise, wie sie zehn Jahre später Heinrich Mann für die biographische Erzählung der italienischen Erfahrungen Arnold Actons in Zwischen den Rassen wählen wird. Das sind die Tage, die dem „überraschenden Aufkommen des Talents“ voraussgehen: ein Brunnen, eine Ruine, ein Monument sind die Überraschungen, die den Atem stocken lassen: für Arnold in Rom, im gleichen Zustand des ekstatischen Erstaunens, ist ein Monument „ein Abenteuer“. Die von der Stadt suggerierten Eindrücke wie die sensualistischsten Bemerkungen auf den Seiten Manns, andererseits äußerst selten in personaler Form, werden fast buchstäblich in den Protagonisten des Romans projiziert, der das gleiche Staunen und die gleiche künstlerische Verzauberung wieder erlebt.

Die Notizen beschränken sich auf die Beschreibung der verschiedenen Kunstwerke in der Galleria Colonna und dienen, wieder einmal, zur Demonstration, welche Bedeutung eine präzise Erfassung der Details der Bilder erhalten kann, die den Geschmack und die Phantasie des Autors getroffen haben. Fast jedes noch so kleine, suggestive Detail wird später als anonyme Beschreibung des prächtigen Ambientes verwendet, das mit Kunstwerken geschmückt ist: die akribische Optik erreicht in einigen Notizen das Ziel, die psychologische Projektion zu übertreffen, unschlagbar allerdings, wenn es sich um weibliche Porträts handelt, vor allem der französischen und italienischen Meister. Das Innere der Paläste und Galerien findet sich später - wenn es sich auch um perspektivische Reproduktionen und architektonischen Pomp berühmter Gemälde oder Fresken handelt - als prunkvolles décor um die Protagonistin der Göttinnen wieder. In dieser Periode entstand sicherlich auch die Sammlung von künstlerischen Reproduktionen - hauptsächlich Postkarten oder Detailphotographien - der italienischen Meisterwerke, die Heinrich Mann zum Teil bis 1933 aufbewahrt hat und wovon einige wenige - Ausschnitte der Stanza di Segnatura von Raffael, Gemälde Veroneses, eine Incoronazione Sano di Pietros des Museums von Siena, ein Porträt des Perugino d.J. etc. - im Archiv aufbewahrt sind. Die Reproduktion eines weiblichen Porträts, einer italienischen Prinzessin des Cinquecento, sollte die Münchner Wohnung Heinrich Manns schmücken, die nach den vielen Reisen endlich zum Hauptwohnsitz werden sollte; so erzählt der Freund W. Herzog. Erst später, im Exil, kehrt die Erinnerung zur Suggestionskraft der Kunstwerke zurück: die visive Erinnerung der Kreuzigung Tintorettos wird derartig intensiv ausfallen wie die Trauer um die verloren geglaubte Ausgabe Promenades dans Rome Stendhals oder die Histoire de la peinture en Italie (Champion), die sich allerdings wohlbehalten in Prag befanden.
VI.

Geschrieben in Rom in den ersten Tagen des Jahres 1895 (Heinrich Mann verzeichnet am Seitenende: 24./25. Januar 1895). Das Gedicht Schönheit ist nicht Teil der ersten jugendlichen Sammlung. Das Berliner Archiv enthalt etwa 200 Gedichte, wahrscheinlich die gesamte lyrische Produktion des Autors, getrennt in 2 Sammlungen; die erste beinhaltet etwa 100 lyrische Kompositionen der Jahre 1887 bis 1889, die zweite Gedichte von 1888 bis 1891, die wiederum etwa 100 enthält.

Der Tonfall dieser ersten poetischen Experimente (Im Werden) ist von einer gesuchten Imitation Heines, in der sich allerdings die Echos der „großen“ Franzosen des 19. Jahrhunderts finden lassen, V. Hugo und Musset. Heinrich Mann wollte seine „poetische[n] und novellistische[n] Versuche“ nicht anerkennen. Die Gedichtsammlung ist wie auch die frühesten Novellen unveröffentlicht.

Das Gedicht Schönheit (Archivnummer 441) hat eine besondere Bedeutung für die Chronologie als auch für die stilistische Geschichte der Werke Heinrich Manns; Inspiriert von Primavera Botticellis, findet es sich teilweise in Venus, dem letzten Teil der Göttinnen wieder, paraphrasiert in der Märchen-Allegorie der Venus, Kurtisane des Himmels, des Meeres und der Erde, mit der Jean Guignol-D’Annunzio die ungreifbare Schönheit der Herzogin von Assy feiert. „Das weiße Licht, hart und unmenschlich, machte aus ihrer Gestalt einen brennenden Marmor […] den Silber reif unter den Brüsten […] Ihr Gesicht war aus solcher Nähe steinern und grausam“ (S. 633, Zitat nicht nachgeprüft, Anmerk. d. Übers.] Die Wiedergabe der Einzelheiten belegt wieder einmal die unauflösliche Intention der figurativen „Vorlage“, auch dort wo ein bekanntes Gemälde in zerstreuten Details aufgelöst wird entlang mehrerer Seiten und Bilder nur in ihrer Kohärenz der Wiederholung wieder zusammengesetzt werden können. Flora, die Grazien, der Faun und der Wald der Renaissance, waren in Venus vom dekadentistischen Ästhetizismus geschwächt.

In der Prosaübersetzung der späteren Jahre ist die von präraffaelitischen Tönen kolorierte Atmosphäre durch die symbolistische Poesie der Franzosen, zwischen Mallarmé und Henri de Régnier ersetzt.
VII.

In der Zeitschrift „Die Zukunft“ (LV, S. 61-68), erschienen in Berlin am 5. Mai 1906, stellt Der Fall Murri - in journalistischer und polemischer Weise, mit der ganzen literarischen und psychologischen Kraft der späteren Essays, die unter dem auch auf die Beobachtungen der italienischen Gesellschaft anwendbaren Formel Geist und Tat zusammengefaßt wurden - die heftige und vernichtende Zusammenfassung der Kritik an der italienischen Eigenart, an konstruierte Personlichkeiten zu glauben, dar, die Verurteilung der bürgerlichen Doppelmoral, die im florentinischen Gewand zum Hauptargument des Romans Zwischen den Rassen wird. In „Die Neue Gesellschaft“ (II, N. 14, 1906, S. 164-65), spricht Heinrich Mann im Artikel Tullio und Linda bereits, als Antizipator von vielen mißverstanden, von der „skeptischen Generation“, eine Formel, die später häufig verwendet und auf die deutsche Generation angewendet wird: zu Beginn des Jahrhunderts ist die „skeptische Generation“ die italienische, „noch keineswegs zur Entrüstung bereit, zu müde für den Enthusiasmus. Die Väter unter Garibaldi, vergeudeten auch den Idealismus ihrer Söhne. Diese jedoch machen nur Geschäfte und beten die soziale Ordnung an, obwohl sie im Grunde eine brutale moralische Revolution verbirgt, lehnen sich nicht an die Gerechtigkeit und die Wahrheit an, sondern an die Gendarme, an die Richter und den König. Es kann sein, daß dies ein der ganzen europäischen Generation gemeinsamer Zustand ist und nicht nur einer einzelnen Bourgeoisie: und dennoch sehe ich es, mit Schrecken, sich gänzlich im Fall Murri enthüllen.“ Das ist der präfaschistische Staat, der Heinrich Mann Italien verleidet und durch die kristallisierte Aufklärung der Figuren aus Florenz der ersten Streiks, wird sein für das Phänomen geschärfter Blick auf die noch nicht skeptische Kritik der Bourgeoisie unter Wilhelm II. zurückgeführt.

Der Fall Murri präsentiert theoretisch die Widerspiegelungen, die, in den literarischen Kontext des Romans Zwischen den Rassen eingebaut, den Figuren Lola und Arnold in diversen Variationen anvertraut sind und schließen somit die Periode direkter „Verwandtschaft“ des Autors mit Italien. Die Beobachtung, daß Italien tatsächlich äußerst selten Genies hervorgebracht hat, sondern nur durch die Bedingungen ihrer Zeit potenzierte Talente, wie diejenige, daß die Energie der Rasse sich in einem hohen Mittelmaß an Intelligenz und Persönlichkeit erschöpfe, aber keine Kraft habe, Kolosse zu erschaffen, trägt dazu bei, die Ermüdung nachzuvollziehen, gefolgt von einer Revision, die allerdings eine klarere, motivierte und definitive Neuinterpretation der Tatsachen und Ereignisse ist, die Heinrich Mann vom dekadenten Enthusiasmus der Göttinnen zur fast entfremdeten Anonymität der Kleinen Stadt führt.
VIII.

Archivnummer 332, TNI, datierte Notizen, ohne Ortsangabe: 8./10.7.1918.

Der Hinweis stammt von U. Weisstein. Einst an der Piave wurde im „Berliner Tageblatt“ veröffentlicht mit Datum vom 18. August 1918, zwei Wochen nachdem im gleichen Blatt das Gespräch mit Talleyrand erschienen war. Die Originalnotizen sind von einiger Bedeutung, vor allem bezüglich des Datums. Heinrich Mann kann auf die Bedeutung der Piave für die italienische Geschichte nur durch das „Einst“ anspielen, das außerordentlich wichtig ist für die Rekonstruktion der längst vergangenen Ereignisse und Eindrücke, als es die erste Assoziation von Ort - die Piave - und Datum - 1918 - suggeriert. Die Atmosphäre, die das Exil Caterina Cornaros und der Asolaner hervorruft, führt zur noch unveröffentlichten Novelle zurück, deren Manuskript sich im Nachlaß des Autors befindet, Die Königin von Cypern, zu den Studien der Gemälde Tizians und zum gesamten Material, das der Dokumentation des venezianischen Ambientes in den Göttinnen diente. Die wiederholte Aufmerksamkeit für die Fresken des Veronese, außerhalb derjenigen, die gemeinhin dem Touristen oder auch dem nicht spezialisierten Gelehrten bekannt sind, bestätigt die Technik der Recherche und der Fixierung von Bildern (wie auch die raschen Züge der Zeichnung von der Villa Maser zeigen, in der Illustration Nr. 7 wiedergegeben und die Notiz über die Dame mit dem Hermelin), die während der kompositorischen Entstehung der literarischen Werke konstant geblieben ist. Mit gleicher historischer Genauigkeit und einer künstlerisch-figurativen Neugierde, die bereits zu weit ausgebildet ist, als daß sie sich an allgemein bekannten Kunstwerken aufhielte, sucht Heinrich Mann hingegen das persönliche Detail, das der Figur angeheftet werden kann, um sie in seiner psychologischen Geschichte zu rekonstruieren. Auf dieselbe Weise verfolgt Heinrich Mann von 1927 bis 34 zwischen Béarns und Pau dem Weg seines Henri IV.

Jeder dieser impressionistischen Feuilletons mit ihrer präzisen Bemühung, technisch die zu direkte Involvierung der ersten Person zu vermeiden, ist begleitet, wie bereits in den ersten literarischen Versuchen Februar und Florenz, von der Feindschaft Heinrich Manns gegenüber der unmittelbaren Autobiographie, die tatsächlich im unpersönlichen X des Erzählers des Zeitalters mündet, dem anonymen Besucher einer Epoche, der bereits hier dem indiskreten Gast der Villa Maser ähnelt.


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