Klaus Wißmann
ln allem Trubel um Fachtagungen, Planungen, Begrüßungen, Verabschiedungen und andere Überraschungen wollen wir nicht übersehen, dass „unser Chef" Josef Adrian dieser Tage einen Übergang zu bewältigen hat: Im Namen des Kollegiums wünschen wir dir, Josef: Mögen ereignisreiche, spannende und vielseitige Lebensjahre vor dir liegen, die du mit deiner vielseitigen Interessiertheit, mit spannenden Themen und viel Spaß anfüllen kannst!
Üblicherweise hält Josef ja selber die Laudatio auf die Kolleginnen und Kollegen, die einen neuen Lebensabschnitt oder ein neues Lebensjahrzehnt zu beschreiten beginnen. Da dieses Vorgehen in seinem aktuellen Falle wenig angezeigt zu sein scheint, werde ich als sein Stellvertreter ein paar Zeilen zu seinem Wirken am Landesförderzentrum Sehen, Schleswig - oder gewohnter und eingängiger: am LFS - aufschreiben.
Nachdem ihn sein beruflicher Werdegang schon in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts (ja, so lange ist das zumindest terminologisch schon her) an die damalige Staatliche Schule für Sehbehinderte nach Schleswig geführt und er anschließend einige Jahre lang selber ein kleineres, aber ähnlich ansetzendes Projekt unter schwierigen, damals reichlich integrationsfeindlichen Rahmenbedingungen in Düsseldorf initiiert und vorangetrieben hatte, kam Josef im Sommer 1995 wieder und nun als erster Stellvertretender Schulleiter nach Schleswig an die inzwischen so benannte Staatliche Schule für Sehgeschädigte. Damals übernahm er u. a. die Zuständigkeiten für das SB- (also das Team zur Unterstützung und Beratung sehbehinderter Schülerinnen und Schüleran allgemeinbildenden Schulen) und das GE-Team (also das Team zur Unterstützung und Beratung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf Sehen und zusätzlichem Förderbedarf im Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung") sowie für das noch heute vierzehntägig erscheinende „Info", unserem internen Mitteilungsblatt. Wie kaum ein anderer stritt Josef im Landes- und Bundesrahmen für das Konzept eines überregionalen Förderzentrums, war und ist diskussionsfreudig und -erprobt, vertrat und lebte, dass Widerstände gegen die Konzeption unserer Einrichtung systemisch bedingt sind und wir uns diesen stellen müssen, um das Konzept zum Wohle der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, mit denen wir arbeiten dürfen, weiterzuentwickeln.
Josefs Identifikation mit der Idee, die hinter der inzwischen zum Landesförderzentrum Sehen Schleswig (= LFS) umbenannten Bildungseinrichtung stand und steht, ist ebenso beeindruckend wie seine unbedingte Verlässlichkeit für diese Sache, aber auch für die Angelegenheiten, die seine Kolleginnen und Kollegen betrafen und betreffen.
Folgerichtig wurde er im Frühjahr 2002 in der Nachfolge von Dr. Peter Appelhans mit den Aufgaben des Schulleiters betraut und übernahm die Leitung des Förderzentrums - eine Funktionsbeschreibung, die ihm wesentlich
Josef Adrian
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zu sehen sind zwei Bilder. Auf dem ersten guckt Josef ins Verwaltungsgebäude hinein und im zweiten Bild zieht er einen weißen Schutzanzug an.
angenehmer von der Zunge geht als sein offizieller Titel Sonderschulrektor - im Frühjahr 2003. Im Zuge der damals notwendigen Umstrukturierungen übernahm er die Zuständigkeitfür das berufsbildende B-Team, während das SB- wie auch das Kurs-Team nachfolgend erst Patrick Temmesfeld und später Ute Hölscher als neue Ansprechpartner bzw. -partnerin der Leitung erhielten. Josef lebt das Landesförderzentrum Sehen. Mit diesem Satz lässt sich wohl treffend beschreiben, was das LFS ihm, aber auch, was er für unsere Einrichtung und die Kolleginnen und Kollegen, die sie ausfüllen und gestalten, bedeutet. Absolut in dieses Bild passt die Tatsache, dass es ihm ein Gräuel ist, wenn in Gesprächsrunden mit anderen Schul- oder Förderzentrumsleitungen Formulierungen fallen, wie z. B.: „Ich habe die Schule vor xx Jahren übernommen ...!" oder „... in meiner Schule ...".
Wesentliche Merkmale der Schulleiters Josef Adrian sind seine unbedingte Verlässlichkeit und sein uneingeschränktes Pflichtbewusstsein. Er lebt das LFS, aber er lebt auch für das LFS. Ganz selbstverständlich war es ihm, an jenem Sonntagmorgen im Jahre 2007, als der Schwelbrand im Verwaltungsgebäude des LFS entdeckt wurde, nach Schleswig zu fahren, nach dem Rechten zu sehen und vor Ort Verantwortung zu übernehmen. Wie unverständlich muss es für ihn gewesen sein, als er mich an jenem Tage um kurz vor 10 Uhr anrief, um mich über den Brand zu informieren, dass ich mich dagegen entschied, nach Schleswig zu fahren, und ihm eher davon abraten wollte: „Wir können da jetzt eh nichts machen und stehen der Feuerwehr nur im Wege 'rum, Josef, und wenn die Feuerwehr fertig sein wird, wird nachfolgend erst einmal die Kripo ermitteln. Vor Montag nutzen wir da nichts." Josef aber fuhr nach Schleswig und zeigte Präsenz. Für uns freigegeben wurde das vom Brandschaden gezeichnete Verwaltungsgebäude allerdings erst, nachdem die Feuerwehr und die Spurensicherung ihre Arbeiten abgeschlossen hatten: am Montagmittag.
Josef siehtsich als Teil des LFS, der seine Aufgabe dort zu erfüllen hat. Wir sehen ihn als sehr, sehr wesentlichen Teil an, auf den wir uns immer und unbedingt verlassen konnten.
Sein Leitungsverständnis war und ist geprägt von flachen Hierarchien und von größtmöglicher Transparenz des Leitungshandelns, was nicht immer umsetzbar ist, wenn diese Handlungsmaxime mit anderen Rechtsgrundsätzen, etwa der Fürsorgepflicht oder dem Datenschutz, in Konkurrenz gerät. Weitere wesentliche Bestandteile seiner Art zu leiten waren und sind Partizipation und Delegation. Bezeichnender Weise ist seine Autorität im LFS unumstritten. Er musste sie nicht aus der Funktion seines Amtes ableiten, sondern er hatte sie kraft seiner Persönlichkeit inne. Josefs Wort galt, seinen Rat einzuholen, war wichtig, seine Art mitzudenken führte weiter, oft weil er quer dachte, Denkstrukturen aufbrach, schräge Fragen stellte.
Dass diese berufliche Ara in den kommenden Stunden zu Ende gehen wird, ist noch nicht fassbar. Welche Lücke du, Josef, am LFS hinterlassen wirst, ist im wahrsten Sinne des Wortes unvorstellbar, denn viele Kolleginnen und Kollegen - übrigens auch ich - haben am LFS bisher
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immer nur mit dir gemeinsam gearbeitet, gedacht und gestritten - noch niemals aber ohne dich!
Sicherlich schreibe ich im Namen aller Kolleginnen und Kollegen, wenn ich dir für deinen neuen Lebensabschnitt weiterhin die so zu dir gehörende Aktivität, jede Menge Glück, widerstandsfähige Gesundheit und nicht nachlassende Tatkraft wünsche: Habe Dank für unsere gemein
samen Arbeitsjahre, genieße den nächsten Lebensab-schnitt, aber lasse es dir bloß nicht einfallen, dem LFS den Rücken zu kehren oder ihm die kalte Schulter zu zeigen! Ich weiß, dass du dich nicht einmischen und aufdrängen willst, aber ich wünsche uns, dass du uns mit deiner Erfahrung und deinem Geschick beistehen wirst, wenn wir dich um einen Rat bitten werden.
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